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Erschienen in: Die Ophthalmologie 8/2023

Open Access 21.04.2023 | Fehlsichtigkeit | Bild und Fall

Unklare Sehverschlechterung nach Laserbehandlung?

verfasst von: Barbara S. Brunner, Stefan Kassumeh, Siegfried G. Priglinger, Felix Hagenau

Erschienen in: Die Ophthalmologie | Ausgabe 8/2023

Hinweise
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Anamnese

Die Erstvorstellung eines 34-jährigen männlichen Patienten in unserer Ambulanz erfolgte zur Zweitmeinung bei vermehrtem Trockenheitsgefühl und Brennen der Augen. Zudem beklagte er eine erhöhte Blendempfindlichkeit und eine schleichende Sehverschlechterung über die letzten Jahre hinweg.
Die Anamnese gestaltete sich aufgrund einer Sprachbarriere erschwert und wenig detailreich. Der Patient berichtete von einem Lasereingriff vor etwa 5 Jahren in Frankreich, den er zunächst nicht näher definieren konnte. Die letzte augenärztliche Untersuchung lag am Untersuchungstag mindestens 1,5 Jahre zurück.

Klinischer Befund und Diagnostik

Der bestkorrigierte Visus lag am rechten Auge bei 0,63 (objektive Refraktion: +0,25/−1,25/160°), am linken Auge bei 1,25 (objektive Refraktion: −0,75/−1,75/12°). Es zeigte sich klinisch sowie anamnestisch kein Hinweis auf eine zugrunde liegende Amblyopie am rechten Auge. Eine fingerperimetrische Untersuchung zeigte keine groben Gesichtsfelddefekte.
Bei der Untersuchung an der Spaltlampe zeigte sich ein sehr eindrücklicher Befund (Abb. 1: Spaltlampenfoto). Man erkennt eine peripher ringförmig betonte, stromale, grün-gräuliche Pigmentierung der Hornhaut mit Streuung einzelner Pigmente nach zentral bei ansonsten klarem Hornhautzentrum. Zudem lässt sich eine strichförmige Akkumulation der Pigmente superior und inferior darstellen. Nach Anfärbung mit Fluoreszein zeigte sich eine milde Keratopathie (Oxford Grad I–II) sowie eine mit 6 s beidseits reduzierte Aufrisszeit des Tränenfilms. Der restliche vordere sowie hintere Augenabschnitt waren beidseits unauffällig.
Im Zuge der Erstvorstellung wurden eine optische Kohärenztomographie (OCT) der Hornhaut (Abb. 2) sowie eine Topographie der Hornhaut (Abb. 3) durchgeführt.
Sehr deutlich kommen in der Hornhaut-OCT die hier dunkel in Erscheinung tretenden Farbpigmente peripher im Hornhautstroma zur Darstellung. In der Hornhauttopographie fallen ein zentral irregulärer Astigmatismus sowie eine scheinbar konzentrische Aufsteilung der peripheren Hornhaut auf.

Wie lautet Ihre Diagnose?

In dem hier aufgeführten Fall zeigt sich ein eindrücklicher Befund nach Femtosekundenlaser-assistierter Keratopigmentierung. Diese wurde auf Wunsch des Patienten aus rein ästhetischen Gründen zur Maskierung der ursprünglichen Augenfarbe vor 5 Jahren in Frankreich durchgeführt.
In der Zusammenschau der erhobenen Befunde sind die vom Patienten beschriebenen Sehbeschwerden auf die Oberflächenbenetzungsstörung nach dem operativen Eingriff zurückzuführen. Die klinisch zu beobachtende Pigmentausstreuung nach zentral kann einen Einfluss auf das zunehmende Blendungsempfinden haben, jedoch ist hier aufgrund der geringen Anzahl der Pigmente nur von einem milden Einfluss auf die visuelle Problematik auszugehen. Dazu kommt eine in der Hornhauttopographie sichtbare Irregularität des zentralen kornealen Astigmatismus, die auf den durchgeführten Eingriff zurückgeführt werden könnte. Eine vergleichende Refraktion oder Topographie präoperativ ist leider nicht vorhanden. Eine in vorherigen Studien als weitere mögliche Nebenwirkung beschriebene Gesichtsfeldeinschränkung gibt der Patient nicht an.

Therapieempfehlung

Die Optimierung der Augenoberfläche steht in diesem Fall an erster Stelle, weshalb die regelmäßige Anwendung von Tränenersatzmitteln unvermeidlich ist. Eine weitere, invasivere Therapie ist derzeit nicht notwendig. Käme es zu einer vermehrten Pigmentmigration nach zentral in den Bereich der optischen Achse, so wäre die Entfernung der Pigmente nur mithilfe einer Hornhauttransplantation mittels tiefer anteriorer lamellärer Keratoplastik (DALK) möglich. Die Verbesserung der Sehschärfe im Alltag durch den refraktiven Ausgleich mit einer Brille ist naheliegend, aber vom Patienten nicht gewünscht.
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen durch den Augenarzt sind hier empfehlenswert und unerlässlich.
Auf weiteres Nachfragen hin berichtet der Patient, dass er zuletzt eine Empfehlung und ein Angebot zum „refill“, also einer Auffrischung der Keratopigmentierung, durch den Operateur bekommen habe. Hier haben wir zu einem zurückhaltenden Verhalten geraten.

Diskussion

Die Keratopigmentierung ist ein Verfahren zur Maskierung der ursprünglichen Augenfarbe, welches in den meisten Fällen in den Bereich der ästhetischen Eingriffe fällt. Ähnlich einem Katalog kann man auf den Internetpräsenzen der Anbieter von Keratopigmentierungen zwischen fantasievollen Farbtönen wie „Riviera Blue“, „Snow White“ oder „Honey Gold“ wählen [4].
Jedoch gibt es auch Situationen, in denen eine Keratopigmentierung aus psychosozialer oder medizinischer Indikation durchgeführt wird, beispielsweise bei pathologisch veränderten Augen durch Narben oder Entzündungen. Zudem ist die Keratopigmentierung auch eine Therapieoption bei Patienten mit kompletter oder partieller Aniridie. Häufiger wird in solchen Fällen jedoch zu farblich veränderten Kontaktlinsen als nichtinvasive Möglichkeit oder im Falle einer Aniridie zu künstlichen Irissegmenten gegriffen [5].
Mit der Etablierung neuer chirurgischer Techniken und der Weiterentwicklung der verwendeten Pigmente haben sich die postoperativen Ergebnisse nach Keratopigmentierung zunehmend verbessert [1].
Initial wurde die hier dargestellte Femtosekundenlaser-assistierte Technik als mögliche Therapie der Presbyopie unter Zuhilfenahme des Effektes einer stenopäischen Lücke ähnlich der propagierten Funktionsweise des KAMRA Inlays (AcuFocus Inc., Irvine, CA, USA) vorgestellt [2].
Weitere Veröffentlichungen im Hinblick auf diesen Therapieansatz sind jedoch nicht zu finden.
Trotz der in der Literatur beschriebenen hohen Patientenzufriedenheit und der geringen Komplikationsrate ist von einer generellen Empfehlung zu einem derartigen Eingriff aus rein ästhetischen Gründen, nicht zuletzt mangels größerer Studien, abzusehen.
Die beschriebene lokale Toxizität der Pigmente kann in weiterer Folge zur Gewebeschädigung führen. Chemische Reaktionen können Farbveränderungen und -abblassungen, ein Schmelzen der Farbe oder korneale Vaskularisationen bedingen. Nicht zuletzt ist eine mögliche unerwünschte Pigmentmigration nach zentral beschrieben, wie sie auch bei unserem Patienten an der Spaltlampe eindrücklich zum Vorschein kam [3].
Diagnose: Irregulärer Astigmatismus nach Femtosekundenlaser-assistierter Keratopigmentierung
Aufgrund der nach einigen Jahren auftretenden Abblassung der Pigmentringe wird den Patienten in vielen Fällen eine Auffrischung der Pigmentierung mittels erneuter operativer Pigmenteingabe angeboten.

Fazit für die Praxis

  • Die Keratopigmentierung ist ein insgesamt seltenes Verfahren, das im ästhetischen Bereich durch Einbringen von Farbpigmenten in das Hornhautstroma für eine Maskierung der ursprünglichen Augenfarbe verwendet wird. Zu den medizinischen und psychosozialen Indikationen zählen beispielsweise eine Aniridie oder die Anpassung eines pathologisch veränderten Auges an das Partnerauge.
  • Das Risikoprofil ist gering, es kann jedoch im Laufe der Zeit zu einer Veränderung und auch Migration der Farbpigmente kommen.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

B.S. Brunner, S. Kassumeh, S.G. Priglinger und F. Hagenau geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien. Für Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts, über die Patient/-innen zu identifizieren sind, liegt von ihnen und/oder ihren gesetzlichen Vertretern/Vertreterinnen eine schriftliche Einwilligung vor.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de.

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Literatur
1.
Zurück zum Zitat D’oria F, Alio JL, Rodriguez AE et al (2021) Cosmetic keratopigmentation in sighted eyes: medium- and long-term clinical evaluation. Cornea 40:327–333CrossRefPubMed D’oria F, Alio JL, Rodriguez AE et al (2021) Cosmetic keratopigmentation in sighted eyes: medium- and long-term clinical evaluation. Cornea 40:327–333CrossRefPubMed
2.
Zurück zum Zitat Ferrari F, Letsch J, Morin L et al (2013) Annular keratopigmentation (PresbyRing®) for treating presbyopia: postmortem animal feasibility study. J Fr Ophtalmol 36:481–487CrossRefPubMed Ferrari F, Letsch J, Morin L et al (2013) Annular keratopigmentation (PresbyRing®) for treating presbyopia: postmortem animal feasibility study. J Fr Ophtalmol 36:481–487CrossRefPubMed
3.
Zurück zum Zitat Hasani H, Es’haghi A, Rafatnia S et al (2020) Keratopigmentation: a comprehensive review. Eye (Lond) 34:1039–1046CrossRefPubMed Hasani H, Es’haghi A, Rafatnia S et al (2020) Keratopigmentation: a comprehensive review. Eye (Lond) 34:1039–1046CrossRefPubMed
5.
Zurück zum Zitat Weissbart SB, Ayres BD (2016) Management of aniridia and iris defects: an update on iris prosthesis options. Curr Opin Ophthalmol 27:244–249CrossRefPubMed Weissbart SB, Ayres BD (2016) Management of aniridia and iris defects: an update on iris prosthesis options. Curr Opin Ophthalmol 27:244–249CrossRefPubMed
Metadaten
Titel
Unklare Sehverschlechterung nach Laserbehandlung?
verfasst von
Barbara S. Brunner
Stefan Kassumeh
Siegfried G. Priglinger
Felix Hagenau
Publikationsdatum
21.04.2023
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Die Ophthalmologie / Ausgabe 8/2023
Print ISSN: 2731-720X
Elektronische ISSN: 2731-7218
DOI
https://doi.org/10.1007/s00347-023-01855-z

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