In dem vorgestellten Fall handelt es sich um einen bilateralen Fall arteriovenöser Irismalformationen, auch bekannt als razemöses Irishämangiom [
7]. Unter arteriovenösen Gefäßveränderungen versteht man angeborene oder erworbene Kontinuitäten zwischen Arterien und Venen ohne Zwischenschaltung eines Kapillarbetts. AV-Malformationen können im ganzen Körper vorkommen, sind aber im Bereich der Iris sehr selten. Hier beschreiben sie mindestens ein abnormal großes Irisgefäß, das vom Kammerwinkel zur Pupille und unter Bildung einer Schleife zurück zum Kammerwinkel zieht [
1]. Im vorliegenden Fall präsentierten sich – eingeteilt nach Shields et al. – komplexe Gefäßmalformationen. Davon abzugrenzen wären einfache AV-Malformationen ohne Kreuzungen oder Schlängelungen [
1]. Für retinale AV-Malformationen wurde von Archer et al. eine Klassifikation in drei Gruppen entworfen. Möchte man diese Klassifikation für retinale Malformationen auf Irismalformationen übertragen, kann anhand des angiographischen Bildes mit leichter Gefäßleckage und reduzierter Irisperfusion im Bereich der Veränderung von AV-Malformationen der Gruppe 2 gesprochen werden [
2]. Diese Gruppe beschreibt Malformationen mit direkter Verbindung zwischen dem arteriellen und venösen Schenkel ohne die Zwischenschaltung eines arteriolären oder kapillären Elements [
8].
Nach Shields et al. treten AV-Irismalformationen etwas häufiger in der temporalen Hemisphäre auf und nehmen weniger als ein Viertel der Iris ein. Warum diese Verteilung bevorzugt vorliegt, ist nicht geklärt [
1]. Zudem finden sich die Veränderungen öfter bei hellen Augen, was wohl auf die leichtere Erkennbarkeit zurückzuführen ist [
1]. Malformationen in dunklem Irisstroma könnten damit möglicherweise unterdiagnostiziert sein. Ein bilaterales Vorliegen von Irisveränderungen ist selten [
9]. Um die Malformation komplett darstellen zu können, ist die Vordere-Augenabschnitts-Fluoreszenzangiographie das diagnostische Mittel der Wahl [
1]. In 50 % der Fälle traten bei Shields et al. „sentinel vessels“ im Quadranten der Irisveränderung auf, die möglicherweise mit der Irismalformation zusammenhängen [
1], was in Einzelfällen dargestellt werden konnte [
2]. Auch am linken Auge der dieser Patientin fand sich ein erweitertes episklerales Gefäß, wenn auch nicht im gleichen Quadranten wie die Malformation. Differenzialdiagnosen im Rahmen von Neovaskularisationen und retinaler Ischämie müssen ausgeschlossen werden. Auch hierfür dient die Fluoreszenzangiographie: Bei AV-Irismalformationen zeigt sich eine frühe Hyperfluoreszenz ohne starke extravasale Komponente [
6] bei reduzierter Perfusion im Bereich des Irissektors mit der Malformation [
10]; erworbene Gefäßveränderungen, wie Irisneovaskularisationen, weisen hingegen eine starke Gefäßleckage auf [
1]. Risikofaktoren für okuläre Ischämie (z. B. arterielle oder venöse Gefäßverschlüsse, das okuläre Ischämiesyndrom oder Vaskulopathien) sollten abgeklärt werden [
6]. Dasselbe gilt für maligne Differenzialdiagnosen: Iris‑, Ziliarkörpermelanome oder andere Irisgefäßtumoren [
1] sollten aufgrund der Gefäßnetzneubildung bei malignem Geschehen mittels multimodaler Bildgebung [
11] ausgeschlossen werden. Auch die Durchführung einer Optische-Kohärenztomographie-Angiographie könnte zur Darstellung der Malformationen genutzt werden, da sie eine schnellere, nichtinvasive Beurteilung der Irismikrovaskularisation erlaubt. Gleichzeitig ist diese Untersuchungsmethode jedoch durch Bewegungsartefakte und die Unfähigkeit, Flussmuster, insbesondere Gefäßleckagen, zu detektieren, limitiert [
12]. Vor allem bei Einbettung der vaskulären Strukturen in das Irisstroma und der dadurch erschwerten Diagnostik kann die multimodale Bildgebung in der Differenzialdiagnostik hilfreich sein [
13]. Die vorwiegende Lokalkomplikation stellen vorübergehende Hyphämata dar [
5], oft rezidivierend [
13]. Eine Assoziation zu systemischen oder ophthalmologischen Krankheiten bei razemösen Irishämangiomen ist nicht bekannt [
11]. Zudem wird eine Magnetresonanztomographie des Schädels zum Ausschluss zerebraler Gefäßanomalien empfohlen.