Ein Patient stellt sich mit folgendem Bild vor: Der Nierenfunktionsverlust erfolgt schnell, die Proteinurie kann bei 3,5 g pro Tag liegen. Dabei ist der Blutdruck oft allenfalls mäßig erhöht. Auch sonografisch erscheinen die Nieren unauffällig. Handelt es sich um einen Menschen dunkler Hautfarbe mit HIV-Infektion, könnte dies auf eine HIV-assoziierte Nephropathie (HIVAN) hinweisen. "In dieser Personengruppe ist sie die dritthäufigste Ursache für den Beginn einer Dialyse im Alter von 20 bis 64 Jahren", erklärt Dr. Ansgar Rieke, Koblenz. Trotz Hämodialyse stirbt ohne antiretrovirale Therapie (ART) etwa die Hälfte der Betroffenen [Nephrologe. 2020; 15: 240-7]. HIVAN tritt fast ausschließlich bei Menschen dunkler Hautfarbe auf. Grund dafür ist eine genetische Prädisposition. Das APOL1-Gen auf Chromosom 22, das für Apolipoprotein L1 (ApoL1) kodiert, ist in der Lage, T
rypanosoma brucei, den Erreger der Schlafkrankheit, zu lysieren. Die Wechselwirkung des APOL1-Gens mit dem benachbarten MYH9("nonmuscle myosin heavy chain 9")-Gen fördert jedoch HIVAN. HIVAN-Patienten haben mit weniger als 100 CD4-Zellen/Mikroliter meist einen schlechten Immunstatus. Die histologische Untersuchung eines Nierenbiopsats ergibt kollabierte Kapillaren, mikrozystische Tubuluserweiterungen sowie eine interstitielle Entzündung mit Ödem und gegebenenfalls Fibrose. Es sei jedoch umstritten, ob die HIVAN mit einer Nierenbiopsie gesichert werden müsse, berichtet Rieke. "Falls die ethnische Zugehörigkeit die Diagnose nahelegt, ist es gerechtfertigt, zunächst unverzüglich eine ART zu beginnen und den Therapieerfolg über drei Monate abzuwarten." Innerhalb dieses Vierteljahres sei ein vollständiges Absenken der Viruslast zu erwarten.
Trypanosoma brucei:
Wer genetisch dagegen geschützt ist, hat bei HIV einen Nachteil