Erschienen in:
01.09.2014 | Originalarbeit
„Innerer Richter“ und „Herzenskündiger“ im Wandel der Zeit
Metaphern für das archaische Über-Ich im Einzelnen und in der Kultur
verfasst von:
Léon Wurmser
Erschienen in:
Forum der Psychoanalyse
|
Ausgabe 3/2014
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Zusammenfassung
In den letzten Jahren vertiefte sich das Studium der Denk- und Sprachform der Metapher zuerst in den kognitiven Wissenschaften und schließlich auch in der Psychoanalyse. Was früher als eine unpräzise Weise des Denkens und Formulierens betrachtet wurde, rückte mehr und mehr ganz ins Zentrum dessen, „how the mind functions“, nämlich als etwas, was sich im Geistig-Seelischen ganz vom Anfang des Lebens an abspielt. Der wichtigste Schritt in der Entwicklung des Denkens über Metaphern in den letzten drei Jahrzehnten besteht darin, metaphorische Vorgänge von Metaphern im traditionellen Sinn zu unterscheiden. Der Begriff der Metapher selbst ist an Sprache gebunden und ist eine Form der Symbolisierung, der Symbolbildung. Der erste Begriff, der von den metaphorischen Vorgängen, betrifft hingegen einen biologisch tief verankerten Vorgang von Gleichsetzungen, die verschiedene Modi der Sinneserfahrung überbrücken und bereits bei Neugeborenen zu beobachten sind.
Dabei können wir von Kernmetaphern sprechen, die einen besonders wichtigen Platz einnehmen, bildlichen Ausdrücken, die in dem Diskurs über die Innenwelt und mitmenschlichen Beziehungen besonders wertvoll sind und Brücken zur Welt der Literatur, der Religion und der Ideengeschichte schlagen. Im Aufsatz werden besonders die hervorgehoben, die mit Über-Ich-Konflikten zu tun haben, sowie jene, die sich mit dem Graben befassen, der sich aufreißt zwischen denen, die der Innerlichkeit, dem Seelischen einen ganz wichtigen Platz in ihrem Leben einräumen, und denen, deren Interesse vor allem auf Dinge gerichtet ist, auf das Sachliche, Äußere, auch auf den Erfolg, also die Antithese von Dingmenschen und Seelenmenschen.