Erschienen in:
19.09.2018 | Intoxikationen | Originalien
Intrauterine und perinatale Todesfälle bei maternalem Methamphetaminkonsum
verfasst von:
Dr. U. Schmidt, U. Flössel, J. Pietsch, J. Dinger, A. Engel, A. Forberger, K. Nitzsche
Erschienen in:
Rechtsmedizin
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Ausgabe 6/2018
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Zusammenfassung
Hintergrund
Auch Schwangere konsumieren zunehmend Methamphetamin (MA). In mehreren Fällen sind Kinder MA-abhängiger Mütter intrauterin bzw. sub partu verstorben (intrauteriner Fruchttod, IUFT). Zusätzlich wurden 4 perinatal verstorbene Kinder obduziert, bei denen eine akute MA-Beeinflussung bestand. In der Literatur finden sich nur sehr wenige Falldarstellungen verstorbener Säuglinge unter MA-Beeinflussung; toxikologische Daten sind äußerst rar.
Material und Methode
In der retrospektiven Untersuchung wurden alle Behandlungsunterlagen der Geburtsjahrgänge 2011–2017 (n = 16.577 mit insgesamt 17.363 Kindern) der Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Gynäkologie des Universitätsklinikum Dresden analysiert. In die Studie einbezogen wurden alle Totgeburten bei bekanntem mütterlichem MA-Konsum während der Schwangerschaft bzw. einem positiven MA-Nachweis bei der Mutter unter der Geburt.
Weiterhin wurden alle Sektionsprotokolle der zwischen 2001 und 2017 (n = 172) im Institut für Rechtsmedizin Dresden obduzierten Neugeborenen und Säuglinge bezüglich eines positiven MA-Befunds ausgewertet. Zu allen Fällen mit positiven MA- und/oder Amphetaminbefund wurden sämtliche zusätzlich verfügbaren Informationen zur Kindesmutter sowie zu Schwangerschafts- und Geburtsverlauf erfasst.
Ergebnisse
Im untersuchten Zeitraum entbanden 129 Frauen mit angegebenem bzw. nachgewiesenem MA-Konsum insgesamt 133 Kinder, wobei in 5 Fällen ein IUFT vorlag. In diesen 5 Fällen wurde der MA-Konsum der Kindesmütter erstmalig unter der Geburt bekannt und durch Urintests (teils immunologisch und teils durch Gaschromatographie/Massenspektrometrie) bestätigt. In 4 dieser Fälle wurde die Obduktion verweigert; in einem Fall erfolgte eine anatomisch-pathologische Sektion. In einem Fall konnten noch Urin sowie Nabelschnurblut und -gewebe toxikologisch untersucht werden (Urin: 0,185 µg/ml MA, 0,029 µg/ml Amphetamin; Nabelschnurblut: 118 ng/g MA, 14 ng/g Amphetamin).
Unter den 172 Sektionen von Kindern bis zum vollendeten ersten Lebensjahr fanden sich 4 Fälle (2,72 %) mit einem positiven Befund für MA (0,01–0,85 µg/ml Serum) und Amphetamin (0,07–0,38 µg/ml Serum). Alle Todesfälle ereigneten sich in der Perinatalperiode. In 2 Fällen lag ein IUFT vor; in einem Fall wurde eine MA-Intoxikation als Todesursache diagnostiziert. Im 4. Fall dieser Gruppe bestand ebenfalls eine erhebliche MA-Beeinflussung (0,7 µg/ml Serum), allerdings fanden sich bei der Sektion konkurrierende natürliche Todesursachen (floride, teils phlegmonöse Chorioamnionitis und Omphalovaskulitis, beginnende Aspirationspneumonie).
Schlussfolgerung
Perinatale MA-assoziierte Todesfälle sind ein seltenes, aber mutmaßlich zunehmendes Ereignis infolge des steigenden MA-Konsums. Zur Abklärung unklarer, insbesondere auch intrauteriner/perinataler Todesfälle ist eine Autopsie, einschließlich toxikologischer Untersuchung, unverzichtbar.