Jeder achte stationär behandelte Patient mit Grippeerkrankung hatte nach Daten einer US-Studie während des Klinikaufenthalts ein akutes kardiovaskuläres Ereignis. Experten mahnen verbesserten Impfschutz an.
Die hohe Morbidität und Mortalität bei schwerem Verlauf von Influenza geht vor allem auch auf das Konto der damit assoziierten kardiovaskulären Ereignisse. Das berichten Forscher um Dr. Eric J. Chow von den US-Centers for Disease Control (CDC). Das Team hat Registerdaten des „FluSurv-NET“ in den USA analysiert.
In die von den CDC finanzierte Datenbank gehen landesweite Krankenhausdaten von Patienten mit laborbestätigter Influenza ein. Für die Analyse wurden Daten von 80.261 Erwachsenen aus den Grippewintern von 2010/11 bis 2017/18 herangezogen. Für diese lagen komplette Datensätze mit ICD-Codes zu Influenza und Herzkreislauf-Erkrankungen sowie zum Impfstatus vor.
Akute Herzinsuffizienz steht an der Spitze
Ergebnis: Insgesamt hatten 11,7 Prozent der Influenza-Patienten ein kardiovaskuläres Ereignis. Am häufigsten fanden sich dabei eine akute Herzinsuffizienz (6,2 %) sowie ein akutes Koronarsyndrom (5,7%), gefolgt von hypertensiver Krise (1,0%), kardiogenem Schock (0,3%), akute Peri- und Myokarditits (0,1% und 0,05%) sowie Herzbeuteltamponade (0,02%).
Grippepatienten mit Komorbiditäten wie KHK, Vorhofflimmern, Herz- oder Niereninsuffizienz sowie Diabetes entwickelten besonders häufig kardiovaskuläre Ereignisse, ebenso alte Patienten und Raucher. Betroffene verbrachten im Schnitt fünf Tage in der Klinik, etwa jeder Dritte musste intensivmedizinisch betreut werden und 7,3 Prozent der Betroffenen starben im Krankenhaus.
Gefahr durch direkte und indirekte Effekte
Die Liste möglicher Erklärungen für die erhöhte kardiovaskuläre Morbidität bei Influenza ist lang, kommentiert Professor Chandini Raina MacIntyre von der University of New South Wales (NSW) in Sydney die Studienergebnisse: Die Infektion kann bisher unerkannte kardiovaskuläre Krankheiten aufdecken oder bereits bekannte verschlimmern, so der australische Infektiologe.
Ereignisse wie Herzinfarkte und Schlaganfälle werden zum einen getriggert durch direkte virale Effekte auf Myokard, Gefäße und Rezeptoren. Zum anderen begünstigen indirekte Effekte des Virus die kardiovaskulären Ereignisse. Dazu gehören Zytokin-Produktion, Plaqueruptur, akute Thrombosen, Vasokonstriktion, Tachykardie und Hypoxie.
Patienten mit (subklinischen) atherosklerotischen Krankheiten sind bei Influenza besonders gefährdet. Die Erkrankung kann zum Beispiel eine akute Thrombosierung bei unkritischer Stenose in einer Koronararterie beschleunigen oder auch eine akute Herzinsuffizienz im Kontext einer bisher stabilen linksventrikulären Dysfunktion verursachen.
Die Influenza-Impfung ist daher auch zur Sekundärprävention bei Herzerkrankungen eine besonders wichtige Maßnahme, betonen die Studienautoren. Sie appellieren an Ärzte, ihre Patienten umfassend zu impfen. Auch wenn sich mit dem Impfschutz nicht jede Influenza verhindern lässt, sinkt nach den aktuellen Studiendaten bei Grippepatienten mit Impfung das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse.