Erschienen in:
01.02.2014 | Leitthema
Körperwahrnehmung bei tiefer Hirnstimulation und Organtransplantation
Leibphänomenologie als Zugang zum Selbst
verfasst von:
F. Krause, O. Müller
Erschienen in:
Clinical Epileptology
|
Ausgabe 1/2014
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die tiefe Hirnstimulation (THS) ist mittlerweile eine gängige Therapieform, um die Symptome von Patienten mit M. Parkinson oder Epilepsie zu verbessern bzw. zu unterdrücken. Aus philosophischer Sicht sind Verfahren wie die THS interessant, weil die möglichen Nebenwirkungen des mit ihr einhergehenden Eingriffs in Verbindung mit Grundsatzfragen der Philosophie und der Ethik stehen, etwa mit Fragen nach der „Identität von Personen“ oder dem „Selbst“. Während der Aspekt der persönlichkeitsverändernden Effekte der THS kein Novum in der neuroethischen Diskussion darstellt, wird die Rolle des Körpers oder der Körperwahrnehmung als Zugang zum Selbst bislang nicht hinreichend verhandelt.
Ziel der Arbeit
In diesem Beitrag wird die Frage untersucht, inwiefern sich die Körper- bzw. Leibwahrnehmung durch THS verändern. Um das Spezifische des technischen Implantats im Körper herauszuarbeiten, wird die THS mit der Inkorporation eines organischen Transplantats verglichen.
Material und Methoden
Anhand der Selbstbeschreibungen von Dubiel (THS nach M.-Parkinson-Diagnose) und Nancy (Herztransplantation) wird die spezifische Körper- bzw. Leibwahrnehmung herausgearbeitet, um sie in den Bezug zum Selbstbild von Personen zu setzen, die mit einer Elektrode oder einem Transplantat etwas „Fremdes“ in ihren Körper zu integrieren haben.
Ergebnisse und Schlussfolgerung
Die THS und die Herztransplantation unterscheiden sich v. a. in den Aspekten der Reversibilität und Steuerbarkeit, die sich auch auf die Leibwahrnehmung von Personen auswirken. Es kann gezeigt werden, dass und inwiefern phänomenologische sowie narrative Zugänge zum Selbst und seiner leiblichen Verfasstheit ein über neurologische und psychologische Untersuchungen hinausgehendes Verständnis für die subjektive Perspektive der Patienten sowie die entsprechenden Selbstverhältnisse und Leiddimensionen bieten.