Erschienen in:
01.05.2010 | Originalien
Leitlinienkonformität in der Behandlung schizophrener Patienten
Einführung eines IT-gestützten Behandlungspfades
verfasst von:
PD Dr. F. Godemann, K. Blittersdorf, M. Poschenrieder, H. Klimitz, I. Hauth, H. Gutzmann
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 5/2010
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Zusammenfassung
Hintergrund
Mit der Publikation der S3-Leitlinie für Schizophrenie wurde eine Verbesserung der Behandlung von Patienten mit schizophrenen Psychosen angestrebt. Allerdings sichert die Publikation von Leitlinien allein noch nicht deren verlässliche Nutzung. Als ein Weg wird die Implementierung von Behandlungspfaden vorgeschlagen, um die Umsetzung der in den Leitlinien formulierten komplexen Behandlungsempfehlungen zu erreichen. Es ist erstmals gelungen, einen IT-gestützten Behandlungspfad für schizophrene Psychosen im Alltag von psychiatrischen Versorgungskliniken zu verankern. In einer dieser Kliniken wurden die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Leitlinienkonformität systematisch untersucht.
Material und Methoden
Auf der Basis der S3-Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde für Schizophrenie wurden diagnostische und Behandlungsprozesse von einer multiprofessionellen Arbeitsgruppe aus Mitarbeitern von 5 Kliniken definiert und in ein vorhandenes Krankenhausinformationssystem (KIS) eingebunden. Eine Klinik wurde ausgewählt, den Effekt dieser Maßnahmen systematisch innerhalb einer Pilotstudie zu überprüfen. Jeweils ca. 100 Patienten zweier Stationen der Klinik wurden im Jahr 2007 in einem Parallelgruppendesign mit bzw. ohne Nutzung eines IT-gestützten Behandlungspfades behandelt. Diese beiden Gruppen, die sich jeweils über den Wohnort definierten, wurden untereinander hinsichtlich der Leitlinienkonformität ihrer Behandlung untersucht. Zusätzlich war aufgrund der vorliegenden Daten ein historischer Vergleich mit den Patienten der Jahre 2004 und 2005 möglich.
Ergebnisse
Die Veränderungen der Leitlinienkonformität zwischen den beiden Stationen waren heterogen und in manchen Punkten kontraintuitiv. So fanden sich in der Pfadgruppe entsprechend den Erwartungen vermehrte Laborkontrollen, ein häufigeres Drogenscreening bei Aufnahme und eine adäquatere neuroleptische Dosierung, dagegen war die verminderte Teilnahme an psychoedukativen Maßnahmen enttäuschend. Je schwerer der Patient bei Aufnahme krank war, desto geringer zeigte sich die Leitlinientreue in der psychopharmakologischen Behandlung. Im historischen Vergleich fand sich dagegen eine gleichsinnige, wenn auch nur leichte Zunahme der Leitlinienkonformität unter den Bedingungen eines Behandlungspfades gegenüber der bisherigen Standardbehandlung.
Schlussfolgerung
Die Implementierung von S3-Leitlininien-orientierten, IT-basierten Behandlungspfaden in ein KIS ist möglich und wird von den Nutzern akzeptiert. Die initialen Effekte im Sinne einer besseren Leitlinienorientierung sind in ihrer Mehrheit positiv, aber wenig ausgeprägt. Außerdem kommt es zu einer Verkürzung der Liegezeit. Der Einfluss krankheitsimmanenter Faktoren wie Krankheitsschwere scheint die Leitlinienorientierung zu beeinflussen.