Erschienen in:
01.09.2015 | Originalien
Moral oder Doppelmoral?
Das Berufsethos des Psychiaters im Spannungsfeld zwischen Selbstbestimmung, Rechten Dritter und Zwangsbehandlung
verfasst von:
Prof. Dr. T. Pollmächer
Erschienen in:
Der Nervenarzt
|
Ausgabe 9/2015
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Die aktuelle intensive Diskussion von rechtlichen und moralischen Aspekten der Behandlung psychiatrischer Patienten gegen ihren Willen wirft grundlegende berufsethische Fragen auf. Ärzte sind eindeutig und ausschließlich dem Patienten, seinem Wohl und seiner Autonomie verpflichtet. Für den Psychiater können durch krankheitsbedingte Einschränkungen der Selbstbestimmungsfähigkeit der Patienten und Verhaltensweisen, welche die Rechte Dritter gefährden, moralische Konflikte entstehen, die diese Eindeutigkeit gefährden. Nicht selten ist deshalb von einer Doppelfunktion der Psychiatrie die Rede, welche ordnungspolitisch auch die Rechte Dritter zu schützen habe. Die Akzeptanz einer solchen Doppelfunktion birgt aber die Gefahr einer Doppelmoral, die den Psychiater außerhalb der restlichen Ärzteschaft und sein unbedingtes Eintreten für seine Patienten infrage stellt. Der vorliegende Artikel formuliert eine moralische Position, die den Psychiater – wie alle anderen Ärzte – berufsethisch ausschließlich an die Seite der Patienten stellt und diskutiert die sich hieraus ergebenden praktischen Probleme.