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Erschienen in: Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie 1/2013

01.02.2013 | Originalarbeit

Was sagen „objektive“ Messverfahren über Sexualstraftäter?

Forschung, Praxis, Rezeption und Kritik sexualphysiologischer und indirekter Präferenzmessungen

verfasst von: Prof. Dr. med Peer Briken, Dr. Martin Rettenberger, Dr. Arne Dekker

Erschienen in: Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie | Ausgabe 1/2013

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Zusammenfassung

In den vergangenen Jahren gab es verstärkte Bemühungen, sog. objektive Messverfahren bei Männern einzusetzen, die Kinder missbraucht haben. Bisher wird damit v. a. das Ziel verfolgt, die Messung der sexuellen Präferenz für Kinder zu objektivieren. Die Angaben von Probanden bzw. Patienten sollen damit ergänzt und weniger täuschungsanfällig werden. Im vorliegenden Beitrag wird den Fragen nachgegangen, warum die Forschung im Bereich objektiver Messverfahren und deren Anwendung zunimmt und was objektive Messverfahren über Sexualstraftäter sagen können. Es wird diskutiert, inwiefern die Erweiterung um diese Verfahren in gutachterlichen und therapeutischen Kontexten hilfreich oder hinderlich sein könnte.
Fußnoten
1
In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff der „objektiven Verfahren“ als Sammelbezeichnung sowohl für im engeren Sinne sexualphysiologische als auch für „indirekte“ Messmethoden verwendet. Obwohl an der Objektivierbarkeit sexueller Interessen und sexueller Präferenz aus Sicht der Autoren erhebliche Zweifel bestehen, wurde dieser etablierte Begriff beibebehalten.
 
2
Die Arbeit erhebt nicht den Anspruch, einen systematischen Überblick über die Bedeutung objektiver Messverfahren in der Diagnostik und für die Verlaufsbeobachtung von Sexualstraftätern zu geben.
 
3
Aus soziologischer Perspektive lässt sich dieser Prozess als Naturalisierung beschreiben, als eine diskursive Konstruktion sexueller Natur.
 
4
Auffallend dabei ist, dass Dimensionalität und Variabilität der überwiegenden Mehrheit psychologischer und psychiatrischer Merkmale mittlerweile als allgemein akzeptierte Realität bezeichnet werden können. Bei der Betrachtung und wissenschaftlichen Untersuchung der menschlichen Sexualität erscheint die Annahme distinkter Kategorien in Form von messbaren Entitäten aber unerschütterlich zu sein.
 
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Metadaten
Titel
Was sagen „objektive“ Messverfahren über Sexualstraftäter?
Forschung, Praxis, Rezeption und Kritik sexualphysiologischer und indirekter Präferenzmessungen
verfasst von
Prof. Dr. med Peer Briken
Dr. Martin Rettenberger
Dr. Arne Dekker
Publikationsdatum
01.02.2013
Verlag
Springer-Verlag
Erschienen in
Forensische Psychiatrie, Psychologie, Kriminologie / Ausgabe 1/2013
Print ISSN: 1862-7072
Elektronische ISSN: 1862-7080
DOI
https://doi.org/10.1007/s11757-012-0192-1

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