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Erschienen in: Herzschrittmachertherapie + Elektrophysiologie 2/2019

Open Access 25.04.2019 | Magnetresonanztomografie | Schwerpunkt

Magnetresonanztomographie und aktive kardiale Implantate

verfasst von: Dr. med. T. Reiter, Prof. Dr. med. Dr.rer.nat. W. R. Bauer

Erschienen in: Herzschrittmachertherapie + Elektrophysiologie | Ausgabe 2/2019

Zusammenfassung

Das Zusammentreffen von Magnetresonanztomographie (MRT) und aktiven kardialen Implantaten wie Schrittmacher und implantierbaren Kardioverter-Defibrillatoren (ICD) stellt seit Jahren eine anspruchsvolle Herausforderung an Bildgebung und Elektrophysiologen dar – diagnostische und therapeutische Möglichkeiten auf der einen und technische Gefahren auf der anderen Seite führen eindrücklich die Notwendigkeit von Weiterentwicklungen und sicheren Behandlungsalgorithmen vor Augen. Mit der Einführung von sog. bedingt MRT-sicheren Implantaten eröffnet sich für zumindest einen Teil der Betroffenen die Möglichkeit einer sicheren MRT-Untersuchung, und neue Daten ermutigen den Kliniker bei dringlicher Notwendigkeit trotz konventioneller kardialer Implantate, diese Art der Schnittbilddiagnostik nicht grundsätzlich auszuschließen. Das gemeinsame Konsensuspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie und der Deutschen Gesellschaft für Radiologie gibt Empfehlungen für das Vorgehen bei vorhandenem aktivem kardialem Implantat, die – zusammen mit einer Zusammenfassung der aktuellen Datenlage bezüglich der Langzeitverläufe der Geräteparameter nach einer MRT-Untersuchung – im Folgenden diskutiert werden sollen.
Technischer Fortschritt ist ein wesentliches Merkmal der Moderne und findet auch innerhalb der Medizin kontinuierlich statt. Verbesserungen im Bereich der MRT-Diagnostik erlauben eine schnelle und detailreiche Gewebecharakterisierung ebenso wie funktionelle Untersuchungen bei zunehmenden magnetischen Feldstärken. Dies kann z. B. für den Nachweis von strukturellen Veränderungen des Herzens als einem möglichen Risikofaktor für rhythmogene und potenziell lebensbedrohliche Ereignisse genutzt werden.
Die Device-Therapie ermöglicht dann den Schutz vor Brady- aber auch Tachykardien [1]. Die Zahl der Patienten, die mit einem Device versorgt werden, nimmt weltweit zu. In Deutschland wurden 2016 insgesamt 110.100 Schrittmacher und 27.000 implantierbare Kardioverter-Defibrillatoren (ICD) neu implantiert [11]. Damit nimmt aber auch die Zahl der Fälle zu, in denen es zu einer Abwägung zwischen diagnostischer Methode für eine spezifische medizinische Fragestellung und technischen Begrenzungen und Risiken aufgrund eines vorhandenen aktiven kardialen Implantats kommt. Frühe Berichte zeigten bereits vor Jahren, dass eine MRT-Untersuchung unter strengen Vorsichtsmaßnahmen durchgeführt werden kann, demonstrierten aber auch, dass Fehler im Umgang mit aktiven kardialen Implantaten für den Patienten tödliche Folgen haben kann [15, 3].

Technischer Hintergrund

Die Interaktionen von aktiven kardialen Implantaten mit den Magnetfeldern eines Magnetresonanztomographen sind oft beschrieben und diskutiert worden. Sie sind vielfältig und äußerst komplex, lassen sich aber auf drei wesentliche Aspekte eingrenzen: ferromagnetische Effekte, Induktion von Spannungen und fokale Erwärmungen. Die ferromagnetischen Interaktionen spielen bei den modernen Implantaten die geringste Rolle, da die Zug- oder Drehkräfte, die beim Hineinfahren in die Scannerbohrung bzw. im Inneren der Bohrung zwar Missempfindungen, aber keine Dislokationen des Aggregats auslösen können [4]. In früheren Aggregatmodellen verwendete Reed-Schalter, die für die Aktivierung eines asynchronen Stimulationsmodus oder der antitachykarden Funktionen genutzt wurden, sind bei den modernen Geräten durch elektrische Hall-Sensoren ersetzt worden. Die Reed-Schalter öffneten und schlossen sich im Umfeld eines MRT unvorhersehbar, mit daraus resultierendem wechselhaftem Stimulationsverhalten des Aggregats oder, im Fall von ICD, Reaktivierung der antitachykarden Funktion. Hall-Sensoren bleiben dagegen unbeeinflusst von äußeren Magnetfeldern [5].
Merke.
Die wichtigsten Interaktionen von aktiven kardialen Implantaten mit den Magnetfeldern eines Magnetresonanztomographen sind ferromagnetische Effekte, Induktion von Spannungen und fokale Erwärmung.
In der MRT-Bildgebung sind variable Magnetfelder, die sog. Gradienten, und Radiofrequenzimpulse für die Bilderzeugung unerlässlich. Allerdings können Gradienten und Radiofrequenzimpulse aufgrund ihrer zeitlichen und teilweise repetitiven Veränderungen elektrische Spannungen induzieren, die entweder vom Aggregat als Herzeigenaktionen interpretiert werden oder zu einem Zurücksetzen in die Werkseinstellungen (elektrischer Reset) führen. Kritische Spannungen können auch durch die Bewegung des Patienten selbst, noch vor Beginn der eigentlichen Bildaufnahmen beim Hineinfahren des Patienten in die Scannerbohrung, induziert werden.
Der dritte Effekt, die fokale Erwärmung, kann durch die Radiofrequenzpulse, die Teil der Bildsequenzen sind, entstehen. Diese Radiofrequenzpulse sind elektromagnetische Wellen, die im menschlichen Körper eine Wellenlänge zwischen etwa 50 cm bei 1,5 T und 25 cm bei 3,0 T haben. Da die Sonden annähernd dieselbe Länge bzw. ganzzahlige Vielfache der halben Wellenlänge haben, können sich die energiereichen Wellen an eben diesen Sonden wie an einer Radioantenne sammeln. Dabei kommt es zu einer Bündelung der Energie, die an der einzigen unisolierten Stelle der Sonde, nämlich dem Kontaktpunkt zum Myokard, abfließt und einen lokalen thermischen Effekt bis hin zur Schädigung des Myokards erzeugen kann [6, 10].
Als Antwort auf diese Interaktionen zwischen konventionellen Implantaten und MRT sind von Seiten der Hersteller kardialer Implantate technische Neuerungen eingeführt worden. Seit 2008 lassen sich bei Schrittmachern und ICD grundsätzlich 2 Gruppen unterscheiden, die der konventionellen und die der MRT bedingt sicheren Schrittmacher und ICD.
MRT bedingt sichere Implantate sind Schrittmacher- und ICD-Systeme, die eine CE-Zertifizierung für den Einsatz in einem klinischen MRT erhalten haben, allerdings nur unter streng definierten Bedingungen und mit einer sorgfältigen Vor- und Nachbereitung des zu untersuchenden Patienten. Die konventionellen Schrittmacher und ICD sind grundsätzlich nicht für die Untersuchung im MRT zugelassen, da sie hierfür nicht geprüft worden sind. Eine MRT-Untersuchung bleibt daher in diesem Fall immer ein Off-label-Use mit grundsätzlich schwierig einzuschätzendem Risiko für den Patienten und ohne Garantie auf eine langfristig korrekte Funktion des implantierten Schrittmacher- oder ICD-Systems.

Datenlage

Daten zu MRT-Untersuchungen mit konventionellen aktiven kardialen Implantaten sind bereits seit 2000 verfügbar. Neuere Daten wurden z. B. 2014 in einer Studie mit 356 Schrittmacherträgern veröffentlicht [8]. Im Jahr 2017 folgten mit der multizentrisch angelegten Registerstudie MagnaSafe Registry und einer Arbeit an der University of Pennsylvania, USA, fallzahlstärkere Studien, bei denen jeweils etwa 1500 Patienten mit konventionellen Schrittmachern oder ICD eingeschlossen wurden [9, 12]. In der MagnaSafe-Registry-Studie (1000 Patienten mit Schrittmachern, 500 Patienten mit ICD) wurden nur nichtthorakale MRT durchgeführt, 75 % waren Kopf- oder Wirbelsäulen-MRT. In der Studie von S. Nazarian et al. mit einer ähnlichen Fallzahlstärke wurden 875 Patienten mit einem Schrittmacher und 634 mit einem ICD untersucht, dabei waren 257 thorakale MRT-Untersuchungen (12 %) eingeschlossen [9]. In einer kleineren Studie, die sich am Protokoll der MagnaSafe-Registry-Studie orientierte, untersuchten S. Mason et al. unter anderem 111 Patienten mit konventionellem Schrittmacher, sowie 52 Patienten mit ICD, wobei Untersuchungen des Thorax insgesamt 13 % aller MRT-Scans ausmachten [7]. Zu beachten ist, dass diese Studien nur an MRT-Scannern mit einer Feldstärke von 1,5 T durchgeführt worden waren.
Die Ein- und Ausschlusskriterien dieser Studien ähneln sich stark, insbesondere werden epikardiale, defekte oder diskonnektierte Sonden ausgeschlossen sowie ICD-Aggregate, bei denen ein asynchrones Pacing nicht möglich ist oder Patienten mit ICD, die vollständig schrittmacherabhängig sind. Gemessen an der Gesamtzahl der untersuchten Patienten beschränkt sich das Auftreten eines elektrischen Resets auf eine geringe Anzahl von Fällen. In der Studie von Muehling et al. waren bei 37 Aggregaten (10,4 %) der Fall elektrischer Resets dokumentiert worden, in den postprozeduralen Abfragen konnte aber eine regelrechte Funktion wiederhergestellt werden [8]. In der MagnaSafe-Registry-Studie traten 6 Fälle auf, die ohne weitere Konsequenzen blieben [12]. In der Studie von Nazarian et al. war insgesamt bei 9 Patienten ein Reset dokumentiert worden, davon konnte bei 7 dennoch die Untersuchung abgeschlossen werden. Ein vorab bereits im sog. Modus ERI („Elective Replacement Indicator“) befindliches Aggregat wurde anschließend ausgetauscht. Bei einem der Patienten bestand eine vollständige Schrittmacherabhängigkeit, die zu einer kurzen Pause im Rahmen des Power-on-Resets führte, sodass das MRT abgebrochen wurde. Ein weiterer Fall mit thorakalen Missempfindungen im Bereich des Aggregats wurde ebenfalls vorzeitig abgebrochen. Bei älteren Aggregaten mit Reed-Schalter wurden zudem ein Wechsel in die schrittmacherspezifische Grundfrequenz (meist 85/min) beobachtet, was jedoch nicht zu einer Störung in der Durchführung des MRT führte [9]. In der Untersuchung von Mason wurden keine Ereignisse innerhalb des MRT wie einem Power-on-Reset dokumentiert [7].
In keiner dieser Studien verursachten die MRT-Untersuchungen Veränderungen, die eine Sonden- oder Aggregatrevision oder Umprogrammierungen des Schrittmacher- oder ICD-Systems notwendig machten. In der Studie von Muehling wurde ein Reizschwellenanstieg um max. 40 % bei 46 Patienten dokumentiert, was jedoch keine Umprogrammierungen erforderte [8]. Detektierbare Veränderungen direkt nach der MRT-Untersuchung traten in der Studie von Nazarian et al. bei einer Reihe von Patienten auf eine Abnahme der gemessenen P-Amplitude um mehr als 50 % wurde bei 1 % der Patienten dokumentiert, Veränderungen in anderen Parametern wie Reizschwellen traten wesentlich seltener auf [9]. In der MagnaSafe-Registry-Studie wurden ebenfalls Veränderungen in der Amplitude der P‑Welle, der R‑Welle, von Impedanzen und Reizschwellen bei jeweils unter 1 % der Patienten festgestellt; auch hier wurden keine Umprogrammierungen notwendig [12].
Eine weitere Studie, die 2017 veröffentlicht wurde, konzentrierte sich auf die Durchführung kardialer MRT auch bei Patienten mit einer Kontraindikation im Sinne von z. B. diskonnektierten Sonden, schrittmacherabhängigen ICD-Trägern und implantierten Gerätesystemen, für die es Herstellerwarnungen gab [2]. Aus der Gruppe von 142 Patienten hatten lediglich 4 ein vollständig MRT-sicheres Aggregatsystem implantiert; 32 Patienten hatten entweder Sonden oder Aggregate, für die es Rückrufaktionen und Warnungen gegeben hatte. Eine Woche nach der MRT-Untersuchung konnte bei 8 der 142 Patienten eine signifikante Zunahme eine der Reizschwellen um mehr als 50 % sowie signifikante Veränderungen im Sensing um mehr als 40 % in 17 Patienten nachgewiesen werden. Bei der Verlaufskontrolle nach 3 Monaten hatten sich diese Veränderungen, sofern Nachsorgedaten vorhanden waren, vollständig rückgebildet. Erwähnenswert ist der Fall eines ICD, für den es eine Warnung des Herstellers bezüglich der Kapazitatorladungszeit gegeben hatte und der bei einer spezifischen Absorptionsrate (SAR) nahe an der erlaubten Obergrenze von 2 W/kg untersucht worden war. Bei diesem kam es zu einem nichtreversiblen Umspringen in eine dauerhafte Stimulationsfrequenz von 50/min, was letztlich einen Aggregatwechsel erforderte [2].
Merke.
Spezifische Absorptionsrate (SAR) beschreibt, wie viel der Radiofrequenzenergie, die im Rahmen der MRT-Untersuchung vom Scanner generiert wird, vom biologischen Gewebe (also z. B. dem Patienten) aufgenommen wird und aus gerätespezifischen Parametern berechnet – eine direkte Messung ist nicht möglich. Die absorbierte Energie führt zu einer Erwärmung. Dabei gilt: Je mehr SAR, desto mehr Erwärmung.

Langfristige Veränderungen nach MRT

Bedenkt man den bekannten Ablauf der Gewebeveränderung nach einer thermischen Ablation mit der Entstehung zunächst von Ödemen und Nekrosen und mit zeitlichem Versatz auch der Bildung von Narben oder Fibrosearealen, stellt sich die Frage nach der Langzeitsicherheit infolge einer MRT-Untersuchung sowie auch die Frage nach dem Effekt mehrfacher MRT-Untersuchungen und einem möglichen kumulativen Schaden am Herzen.
Daten zu Verlaufskontrollen bis 12 Monate nach der MRT-Untersuchung sind in den vorgestellten Studien erhoben worden, wobei leider nicht immer alle Patienten zur Nachsorge am Bildgebungszentrum gesehen wurden. In der Studie von Horwood et al. hatten sich im Verlauf nach 3 Monaten die initial nach MRT detektierten Veränderungen nicht mehr nachweisen lassen [2]. In der Studie von Muehling et al. hatten sich keine signifikanten Veränderungen der Geräteparameter bis 12 Monate nach der MRT-Untersuchung gezeigt [8]. In der MagnaSafe-Registry-Studie wurden die Patienten 6 Monate nachkontrolliert; hier waren in der Verlaufskontrolle die Patientenzahlen mit persistierenden Veränderungen rückläufig gewesen [12]. In der Studie von Nazarian, bei der etwa 80 % der Teilnehmer entweder vor Ort oder per Telefon nachbeobachtet wurden, zeigten sich nach 12 Monaten eine Zunahme der Veränderung in der gemessenen P‑Welle um mehr als 50 % bei 4 % der Patienten sowie eine Zunahme der Reizschwellen [9].

Mehrfache MRT-Untersuchungen

Die größte Gruppe an Patienten, die mehr als ein MRT erhalten hatte, findet sich in der Studie von Nazarian. Hier wurden insgesamt 320 Patienten mindestens zweimal mittels MRT untersucht, die sich in den Ergebnissen bezüglich der Device-Settings nicht wesentlich von den nur einmal untersuchten unterschieden [9]. In der MagnaSafe-Registry-Studie waren 176 Patienten mehrfach untersucht worden, bei denen ebenfalls keine Veränderungen im Vergleich zu den einmal untersuchten festgestellt werden konnten [12]. In der Studie von Mason et al. wurden 18 Patienten mehrfach gescannt und zeigten jeweils nach den Untersuchungen keine Veränderungen ihrer Geräte- oder Sondenparameter [7].
Die bisher veröffentlichen Daten implizieren, dass eine MRT-Untersuchung bei konventionellen Devices ohne Schaden für den Patienten selbst oder für die Funktionen seines Devices durchgeführt werden können. Aus dieser Schlussfolgerung darf sich aber keinesfalls ableiten lassen, dass MRT-Untersuchungen routinemäßig durchgeführt werden können, da man bei der Bewertung der Daten bedenken muss, dass diese Studien mit hohem Aufwand bezüglich personeller und gerätetechnischer Überwachung erfolgt sind. Besteht trotzdem eine dringende klinische Indikation für die Durchführung einer MRT-Untersuchung, die alternativlos und von therapeutische Konsequenz sein sollte, bieten sowohl die Leitlinie der ESC von 2013, und das Konsensuspapier der Deutschen Radiologischen und Kardiologischen Fachgesellschaften eine Orientierungshilfe und Vorschläge zum Vorgehen [1, 1314].

Konventionelle Schrittmacher und ICD im MRT

Bei der Untersuchung von konventionellen aktiven kardialen Implantaten ist trotz aller verfügbarer Daten zu bedenken, dass es keine Garantie für eine komplikationslose Untersuchung ohne Schaden am Patienten und Aggregat geben kann. Daher ist auf eine sehr strenge Indikationsstellung zu achten, bei der das MRT alternativlos und von therapeutischer Sequenz sein sollte. Bei der Vorbereitung müssen alle beteiligten Abteilungen, also die kardiologisch-elektrophysiologische ebenso wie die bildgebende, involviert werden. Das elektrophysiologische Risiko mit Rücksicht auf eine etwaige Schrittmacherabhängigkeit des Patienten, vulnerablem Myokard, Abweichungen von der vorgesehen Sondenanzahl und -funktion, Batteriestatus und Implantationsalter muss gegen den erwarteten Benefit der MRT-Untersuchung abgewogen werden.
Die Durchführung einer MRT-Untersuchung mit einem konventionellen aktiven kardialen Implantat muss auch die Vorbereitung, insbesondere die Anpassung der Geräteprogrammierung und die Betreuung während der Untersuchung berücksichtigen.
Als Vorbereitung auf die MRT-Untersuchung muss, abhängig vom zugrundeliegenden Rhythmus des Patienten und einer eventuell bestehenden Schrittmacherabhängigkeit, der Schrittmacher oder ICD so umprogrammiert werden, dass der Patient möglichst sicher vor Bradykardien oder Asystolien geschützt ist. Bei schrittmacherabhängigen Patienten sollte ein asynchroner Stimulationsmodus genutzt werden – in diesem Fall, sowie bei der Wahl eines VVI- oder DDI-Modus kann die Umprogrammierung vor dem MRT mit zeitlicher Verzögerung erfolgen. Hat der Patient einen ausreichenden Eigenrhythmus, ist zur Minimierung von konkurrierenden Erregungen ein ODO- oder ein OOO-Modus empfohlen, alternativ könnte der bereits erwähnte VVI oder DDI überlegt werden. Bei den Modi VVI oder DDI könnte es aber potenziell zu konkurrierenden elektrischer Erregung zwischen dem Eigenrhythmus des Patienten und einer Schrittmacheraktion kommen (Siehe Infobox 1; [13]).
Infobox 1 Checkliste „Konventionelle Schrittmacher und ICD im MRT“
  • Zwingende Indikation vorhanden, keine sinnvolle alternative Bildgebung
  • Besondere Risikofaktoren?
    • Schrittmacherabhängigkeit
    • Vulnerables Myokard
    • Untersuchungsareal (Thorax vs. Nicht-Thorax)
    • Abweichungen von der normalen Sondenkonfiguration
    • Frisch implantiert (<6 Wochen)
    • Batterie-Status ERI oder ERO
  • Umprogrammierung vor der MRT-Untersuchung
    • Schrittmacherabhängig oder permanent bradykard: DOO, VOO
    • Keine Schrittmacherabhängigkeit: ODO, OOO, VVI, DDI
    • Stimulationsimpuls: Vierfaches der Reizschwelle oder 5,0V/1,0 ms
    • Bipolare Wahrnehmungs- und Stimulationspolarität
    • Deaktivierung aller zusätzlicher Stimulationsfunktionen
    • Bei ICD: Deaktivierung der antitachykarden Funktionen
  • MRT-Scanner
    • 1,5 T, keine lokalen Sende-Empfangs-Spulen
    • SAR < 2 W/kg im Ganzkörperbereich
  • Überwachungsmöglichkeit
    • Personal: qualifiziertes ärztliches Personal. Bei erhöhtem Risiko oder ICD: Kardiologe vor Ort
    • Kontinuierliche Pulsoxymetrie und EKG (beides bedingt MRT-sicher)
    • Externer Defibrillator
    • Passendes Programmiergerät
  • Umprogrammierung nach der MRT-Untersuchung
    • Rückführung in das ursprüngliche Programm
    • Termin in 3 Monaten zur Kontrolle vereinbaren
Eine solche vorübergehende Deaktivierung kann aber nur direkt vor der Untersuchung und im Vorbereitungsbereich des Scanners erfolgen. In jedem Fall muss nach dem MRT direkt das Aggregat ausgelesen und die ursprüngliche Programmierung wiederhergestellt werden. Es sollte zudem nach 3 Monaten eine zusätzliche Kontrolle erfolgen.
Eine wesentliche Komponente ist die Zusammenstellung des Teams, das die eigentliche MRT-Untersuchung betreut. Hier muss zwingend qualifiziertes ärztliches Personal vorhanden sein, das die Überwachung mit Hilfe einer bedingt MRT-sicheren Pulsoxymetrie und EKG durchführt. Ein Kardiologe muss im Standby-Modus verfügbar sein. Im Bereich des Scanners muss zudem ein externer Defibrillator und ein passendes Programmiergerät verfügbar sein. Liegt ein erhöhtes Risiko vor, wie z. B. eine vollständige Schrittmacherabhängigkeit, vulnerables Myokard (wie bei ICD-Trägern!), oder ist eine thorakale MRT-Untersuchung geplant, muss ein Kardiologe vor Ort sein, und die Überwachung des Patienten durchführen. Ein konventioneller ICD ist immer mit einem besonderen Risiko verbunden, insbesondere deshalb, weil die antitachykarde Funktion des ICD für die MRT-Untersuchung deaktiviert werden muss. Ein Schutz des Patienten vor malignen tachykarden Rhythmusstörungen ist also nicht mehr gegeben. Sollte sich eine MRT-Untersuchung wirklich nicht vermeiden lassen, muss in jedem Fall ein Kardiologe durchgehend bei der MRT-Untersuchung anwesend sein. Die notwendige Geräte-Umprogrammierung muss direkt erfolgen. Auch bei dieser Gruppe sollte nach 3 Monaten eine zusätzliche Kontrolle der Gerätefunktion erfolgen [13, 14].

Vorgehen bei bedingt MRT-sicheren Devices

Die Untersuchung von bedingt MRT-sicheren Schrittmachern und ICD im MRT entspricht den vorgesehenen Anwendungen der Implantate und Sonden. Allerdings ist die bedingt MRT-sichere Situation nur innerhalb sehr genau definierter Rahmenbedingungen gegeben, die sowohl patientenbezogen, gerätebezogen und auch scannerbezogen sind.
Für die Aufrechterhaltung der CE-Zertifizierung sind die vom jeweiligen Hersteller empfohlenen Kombinationen von Aggregat und Sonden notwendig, zudem dürfen keine deaktivierten, defekten oder konventionellen Sonden vorhanden sein. Wie bei den konventionellen Systemen muss das Aggregat links- oder rechtsthorakal implantiert worden sein, sollte eine ausreichende Batterieladung besitzen und nicht vor weniger als 6 Wochen implantiert worden sein.
Die bedingt sicheren Schrittmachersysteme dürfen nur in Scannern mit einer geschlossenen Bohrung untersucht werden, zudem ist für jedes Aggregat die erlaubte Feldstärke (1,5 oder 3,0 T) sowie die maximale erlaubte Amplitude und Anstiegsrate (sog. Slewrate) der verwendeten Gradientenfelder und die maximale Energieabgabe des Scanners (SAR) vorgegeben. Man sollte zudem vor einer MRT-Untersuchung überprüfen, ob Körperregionen, in der Regel der Thorax, definiert worden sind, die nicht untersucht werden dürfen, und ob sich zwischenzeitlich Veränderungen oder Erweiterungen in den Zulassungsbestimmungen des jeweiligen Gerätes und der Sonden ergeben haben. Vor der MRT-Untersuchung sollte daher kurzfristig beim Hersteller geprüft werden, was als „in-label use“ vorgesehen ist [13, 14].
Vor der MRT-Untersuchung muss geprüft werden, ob die vom Implantathersteller vorgegebenen technischen Bedingungen gegeben sind und es keine Kontraindikationen für die Durchführung einer MRT-Untersuchung gibt. Zudem sollte das zeitliche Zusammenspiel von MRT-Untersuchung und vorheriger und anschließender Schrittmacher- bzw. ICD-Kontrolle organisiert sein.
Teil der bedingten MRT-Sicherheit ist auch die korrekte Programmierung der Implantate vor der Durchführung einer MRT-Untersuchung – ähnlich wie bei den konventionellen Geräten muss z. B. bei den ICD die antitachykarde Funktion deaktiviert und ein Stimulationsmodus entsprechend des zugrundeliegenden Eigenrhythmus gewählt werden. Die Geräte haben einen speziellen MRT-Modus, der bis auf die Wahl des Stimulationsmodus alle notwendigen Parameterveränderungen bereits hinterlegt hat. Wie bei den konventionellen Schrittmachern ist DOO oder VOO für schrittmacherabhängige oder symptomatisch bradykarde Patienten, und OOO oder OVO für Patienten mit einem ausreichenden Eigenrhythmus vorgesehen. Die Modi VVI oder DDI sind nicht Teil der CE-Zertifizierung – bei ihrer Wahl ist die MRT-Untersuchung als „off-label“ einzustufen [13].
Auch wenn bedingt MRT-sichere Schrittmacher und ICD grundsätzlich für eine Untersuchung im MRT zugelassen sind, ist auch diese MRT-Untersuchung mit einem höheren Überwachungsaufwand als andere Untersuchungen verbunden, bei denen kein aktives Implantat vorhanden ist. Dieser Mehraufwand ist der Tatsache geschuldet, dass für die MRT-Untersuchung grundlegende Funktionen, wie der Schutz vor Tachykardien oder eine adäquate Reaktion auf Veränderungen des Eigenrhythmus, deaktiviert werden müssen. Die Überwachung mit kontinuierlicher Pulsoxymetrie oder EKG muss grundsätzlich durch qualifiziertes ärztliches Personal erfolgen, wobei ein Kardiologe im Notfall verfügbar sein muss. Bei einem bedingt MRT-sicherem ICD muss ein Kardiologe vor Ort sein, der die Überwachung übernimmt; in diesem Fall muss dann auch ein externer Defibrillator im Bereich vor dem MRT-Raum verfügbar sein. Ein passendes Programmiergerät sollte ebenfalls vorhanden sein. Nach der Untersuchung muss der MRT-Modus des Aggregats wieder beendet werden – bei ICD und deaktivierten Schrittmachern muss die Umprogrammierung sofort nach der MRT, bei asynchroner Stimulation zumindest tagesgleich erfolgten (siehe Infobox 2; [13, 14]).
Infobox 2 Checkliste „bedingt MRT-sichere Schrittmacher und ICD“
  • Alle Herstellervorgaben bezüglich des Aggregats und der Sonden sind erfüllt
    • Korrekte Kombination von Aggregat und Sonden
    • Typische Implantationslage (links- oder rechtspektoral)
    • Implantation vor mehr als 6 Wochen
    • Ausschluss (verbliebener) konventioneller Komponenten oder defekter/inaktivierter Sonden
    • Korrekte Aggregat- und Sondenfunktion
  • Geschlossenes MRT-Gerät
    • Feldstärke 1,5 oder 3,0T, je nach Vorgabe des Implantatherstellers
    • Gradientenamplitude und Anstiegsrate im erlaubten Rahmen
    • Keine anderen Implantate oder Kontraindikationen
    • Zulassung des Implantatsystems für die geplante Untersuchungsregion (Thorax?)
    • SAR 2,0 W/kg für den Ganzkörper, 4,0 W/kg für den Kopf
  • Umprogrammierung vor der Untersuchung in den geräteeigenen MRT-Modus
    • Deaktivierung der antitachykarden Funktion bei ICD
    • Asynchrones Pacing bei Schrittmacherabhängigkeit
    • Vorübergehende Deaktivierung bei ausreichendem Eigenrhythmus
  • Überwachung während der MRT-Untersuchung
    • Personal: qualifiziertes ärztliches Personal
    • Kontinuierliche Pulsoxymetrie oder EKG (beides bedingt MRT-sicher)
  • Umprogrammierung nach der MRT-Untersuchung
    • Rückführung in das ursprüngliche Programm

Fazit für die Praxis

  • Dank technischer Neuerungen ist die ehemals absolute Kontraindikation „Schrittmacher oder implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD)“ für die Durchführung einer MRT-Untersuchung gelockert worden – bei einem Teil der Patienten ist nun auch eine solche Schnittbilddiagnostik möglich, ohne die Grenzen des Zugelassenen zu überschreiten.
  • Neuere, auch größere Studien unterstreichen die Möglichkeit, mit entsprechender Aufklärung des Patienten und Vorsichtsmaßnahmen, auch konventionelle aktive kardiale Implantate bei der MRT zu akzeptieren.
  • Daten zu Langzeitverläufen bis zu 12 Monaten nach einer MRT-Untersuchung bei implantiertem konventionellem Schrittmacher oder ICD zeigen keinen Hinweis, dass es hier zu einer besonderen Gefährdung kommen könnte.
  • Die Gefahren und die absolute Notwendigkeit einer guten Vorbereitung und Überwachung des Patienten dürfen aber nie vergessen werden.
  • Spezielle Maßnahmen im Sinne von Umprogrammierungen und Restriktionen in der Durchführung sind auch für bedingt MRT-sichere Implantate notwendig.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

W.R. Bauer erhält ein Beraterhonorar von Biotronik GmbH Co. KG. T. Reiter gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access. Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.

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Literatur
1.
Zurück zum Zitat Brignole M et al (2013) ESC Guidelines on cardiac pacing and cardiac resynchronization therapy: the Task Force on cardiac pacing and resynchronization therapy of the European Society of Cardiology (ESC). Developed in collaboration with the European Heart Rhythm Association (EHRA). Eur Heart J 34(29):2281–2329 (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23801822)CrossRef Brignole M et al (2013) ESC Guidelines on cardiac pacing and cardiac resynchronization therapy: the Task Force on cardiac pacing and resynchronization therapy of the European Society of Cardiology (ESC). Developed in collaboration with the European Heart Rhythm Association (EHRA). Eur Heart J 34(29):2281–2329 (https://​www.​ncbi.​nlm.​nih.​gov/​pubmed/​23801822)CrossRef
11.
Zurück zum Zitat Raatikainen MJP et al (2017) A Decade of Information on the Use of Cardiac Implantable Electronic Devices and Interventional Electrophysiological Procedures in the European Society of Cardiology Countries: 2017 Report from the European Heart Rhythm Association. Europace 19(suppl_2):ii1–ii90 (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28903470)CrossRef Raatikainen MJP et al (2017) A Decade of Information on the Use of Cardiac Implantable Electronic Devices and Interventional Electrophysiological Procedures in the European Society of Cardiology Countries: 2017 Report from the European Heart Rhythm Association. Europace 19(suppl_2):ii1–ii90 (https://​www.​ncbi.​nlm.​nih.​gov/​pubmed/​28903470)CrossRef
13.
Zurück zum Zitat Sommer T et al (2017a) MR-Untersuchungen bei Patienten mit Schrittmachern und implantierbaren Kardioverter-Defibrillatoren. Konsensuspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologen (DGK) und der Deutschen Röntgengesellschaft. Kardiologe v(1):97–113CrossRef Sommer T et al (2017a) MR-Untersuchungen bei Patienten mit Schrittmachern und implantierbaren Kardioverter-Defibrillatoren. Konsensuspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologen (DGK) und der Deutschen Röntgengesellschaft. Kardiologe v(1):97–113CrossRef
Metadaten
Titel
Magnetresonanztomographie und aktive kardiale Implantate
verfasst von
Dr. med. T. Reiter
Prof. Dr. med. Dr.rer.nat. W. R. Bauer
Publikationsdatum
25.04.2019

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