Erschienen in:
30.08.2018 | Morbus Menière | Leitthema
Neurootologie: Grenzfälle zwischen Ohr und Gehirn
verfasst von:
PD Dr. A. Zwergal, V. Kirsch, J. Gerb, J. Dlugaiczyk, S. Becker-Bense, M. Dieterich
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 10/2018
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Zusammenfassung
Schwindel als häufiges Leitsymptom in der klinischen Praxis kann otologische, neurologische, internistische und psychiatrische Ursachen haben und stellt damit eine interdisziplinäre Herausforderung dar. Durch eine systematische Anamnese und umfassende klinische Untersuchung gelingt in aller Regel eine eindeutige Zuordnung zu peripher-, zentral- oder nicht-vestibulären Krankheitsbildern. Wichtige Unterscheidungskriterien sind dabei der zeitliche Verlauf, die Art der Symptome, modulierende Faktoren und begleitende Symptome. Für die klinische Untersuchung sind folgende Tests relevant: Kopfimpulstest, Untersuchung auf Spontannystagmus, Lagenystagmus, zentrale okulomotorische Zeichen und Romberg-Test. Dennoch gibt es neurootologische Grenzfälle, bei denen eine kombinierte peripher- und zentral-vestibuläre Störung vorliegt. Ein Verschluss der A. cerebelli anterior inferior führt zu einer Ischämie des Labyrinths und Zerebellums und verursacht dadurch einen akut auftretenden Schwindel mit unilateralem Hörverlust. Bei rezidivierend auftretenden Schwindelattacken mit Ohrsymptomen und Kopfschmerzen gibt es ein Überlappungssyndrom zwischen einem Morbus Menière und einer vestibulären Migräne, das häufig einer dualen prophylaktischen Therapie bedarf. Patienten mit chronischem Schwankschwindel und Gangunsicherheit können unter dem Krankheitsbild CANVAS leiden, bei dem eine bilaterale Vestibulopathie zusammen mit einer Polyneuropathie und einem zerebellären Syndrom auftritt. Chronische Schwindelbeschwerden mit peripher- und zentral-vestibulären Zeichen findet man auch bei Raumforderungen im Kleinhirnbrückenwinkel mit Kompression zentraler Strukturen. Zusammenfassend sollten in der Diagnostik bei Schwindel daher immer peripher- und zentral-vestibuläre sowie okulomotorische Funktionen geprüft werden.