11.07.2019 | Polyneuropathie | Leitlinie
S1-Leitlinie: Diagnostik bei Polyneuropathien
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
Erschienen in: DGNeurologie | Ausgabe 5/2019
Einloggen, um Zugang zu erhaltenAuszug
-
In einer Untergruppe von Patienten mit einer chronisch inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie (CIDP) wurden spezifische Antikörper (NF 155, NF 186 [NF: Neurofaszin] und Contactin 1) gegen Moleküle des nodalen/paranodalen Komplexes entdeckt, die die Nervenerregungsleitung entlang myelinisierter Fasern blockieren. Patienten mit immunvermittelten Neuropathien und diesen Antikörpern haben besondere Phänotypen und sprechen oft schlechter auf Standardtherapien der CIDP, aber sehr gut auf Rituximab an [1, 2].
-
Neue Medikamente in der Krebstherapie, die sog. Immuncheckpointinhibitoren (wie z. B. Ipilimumab, Nivolumab und Pembrolizumab), können selten mit schweren zentralen und peripheren neurologischen Nebenwirkungen einhergehen, darunter den akuten inflammatorischen demyelinisierenden oder axonalen Polyneuropathien (AIDP [akute entzündliche demyelinisierende Polyradikuloneuropathie]/ASMAN [akute sensomotorische axonale Neuropathie]/AMN [Adrenomyeloneuropathie]) und der CIDP. Sogar enterische autonome Neuropathien können durch Immuncheckpointinhibitoren verursacht werden.
-
In den letzten Jahren wurden dysimmune Neuropathien, insbesondere eine CIDP, nach Organtransplantation beschrieben.
-
Der Antikörper Anti-FGF3 („antifibroblast growth factor receptor 3 antibody“) wurde in einer Untergruppe von Neuronopathien und Kleinfaserneuropathien als ursächlich beschrieben.
-
Das Hepatitis-E-Virus und das Zikavirus können ein Guillain-Barré-Syndrom verursachen.
-
Bei einer „small fiber neuropathy“ (SFN) lässt sich studienabhängig in 10–30 % der Fälle durch Analyse der für die spannungsgesteuerten Natriumkanäle kodierenden Gene SCN9A („sodium voltage-gated channel alpha subunit 9“), SCN10A und SCN11A eine kausale Mutation nachweisen.
-
Es wurden verbesserte Algorithmen für die genetische Testung bei Verdacht auf hereditäre Neuropathien entwickelt [3].
-
Aufgrund der therapeutischen Relevanz (Enzymersatztherapie) sollte bei Patienten mit Polyneuropathien mit ausgeprägten neuropathischen Schmerzen auch an einen M. Fabry mit Mutationen im GLA-Gen (GLA: Galaktosidase A) gedacht werden.
-
Die Beurteilung der Nervenquerschnittsfläche mittels Ultraschall oder MRT (Magnetresonanztomographie) kann bei der Diagnose einer CIDP oder CMT (Charcot-Marie-Tooth-Erkrankungen) hilfreich sein.
-
Die Diagnose einer hATTR-Neuropathie (hATTR: „hereditary transthyretin amyloidosis“) ist mittlerweile auch gerade deshalb von großer Bedeutung, weil neue Therapien in Form einer mit RNA (Ribonukleinsäure) interferierenden Substanz (Patisiran) und in Form eines Antisense-Oligonukleotids (Inotersen) zur Verfügung stehen [4, 5].