01.09.2023 | Pädiatrie | Leitthema
„Hiobsbotschaften“ – Kommunikation schlechter Nachrichten
Beitrag mit praktischen Bezügen
verfasst von:
F. Seidel, S. Nolte-Buchholtz, PD Dr. phil. J. Reichert
Erschienen in:
Monatsschrift Kinderheilkunde
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Ausgabe 10/2023
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Zusammenfassung
Lange Zeit galt eine Nachricht als schlecht, wenn dem Patienten oder der Patientin oder den Angehörigen – hier den Eltern – eine Diagnose, verbunden mit einer infausten Prognose, überbracht werden musste. Immer wieder kam die Frage auf, ob diese „schlechte Nachricht“ ärztlicherseits überhaupt überbracht werden sollte, weil vermutet wurde, dass die adressierten Personen Hoffnung und Lebenswille verlieren würden sowie Minderjährigen eine Botschaft über geringe Heilungschancen oder gar Versterben nicht zu vermitteln sei. Dies kommt einem paternalistischen Übergriff gleich, weil Kranken und Angehörigen wichtige Informationen vorenthalten werden und Kindern bzw. Jugendlichen ein altersentsprechendes Gesundheits- bzw. Krankheitsverständnis abgesprochen wird. Was sind also „schlechte Nachrichten“? Zunächst sind sie nichts anderes als Informationen, die das Feststellen und Benennen einer Erkrankung sowie die sich daran anknüpfenden Behandlungsmöglichkeiten betreffen. Erst durch die beteiligten Personen erhalten sie Bewertungen – gut oder schlecht – und können sich dann in vielen Facetten unterscheiden. Während z. B. eine strenge diätetische Ernährung aus ärztlicher Sicht Hoffnung auf Besserung/Heilung verspricht, kann die Familie diese Maßnahme als desaströse Zumutung bewerten. Mitunter kann eine infauste Prognose den Eltern ein Gefühl von Orientierung in einer durch sie nicht mehr zu kontrollierenden Situation kindlichen Leidens verschaffen. Umstände und Art des Überbringens einer solchen Nachricht werden im Folgenden diskutiert und anhand von Fallvignetten in ihrer Umsetzung skizziert. Die partizipative Entscheidungsfindung soll modellhaft zeigen, wie es gelingen kann, ärztlicherseits Kind und Eltern in diagnostische und therapeutische Entscheidungen so einzubeziehen, dass alle Wege der Behandlung gemeinsam gestaltet werden können.