76-Jähriger suizidiert sich mit Feuerwerkskörper

Ein 76-jähriger Mann holt ein Objekt aus seiner Tasche, steckt es sich in den Mund und zündet es an. Zeugenaussagen zufolge explodierte das Objekt – ein Feuerwerksböller – fast sofort danach im Mund des Mannes. Er starb vor Ort, in einem Flur des Amtsgerichts der Stadt Tshwane in Südafrika. Laut den Autoren des Fallberichts gibt es in der (gerichts-)medizinischen Literatur Südafrikas keine publizierten Daten, in denen der Tod eines Zivilisten durch einen Feuerwerkskörper beschrieben würde. Es gäbe auch keine Berichte über selbst-zugefügte Sprengstoff-Tode durch Feuerwerkskörper. Sie nahmen den Fall zum Anlass, den enormen Schaden zu betonen, den ein kommerziell erhältlicher Sprengstoff verursachen kann. Am Ort des Geschehens wurde der Tote in Bauchlage mit der linken Seite seines verstümmelten Gesichts flach am Boden gefunden. In seiner rechten Hand befand sich ein Feuerzeug. Nach caudal verteilt wurden Fragmente des Schädelknochens, Weichgewebe, eine Zahnprothese und eine Brille gefunden. Etwa 30 cm vom Kopf des Toten entfernt lag ein Teile eines Böllers. Papierschnipsel und Kartonfragmente verteilten sich um den Körper. Autopsie zeigt Verletzungsbild Bei der Autopsie etwa 19 Stunden nach dem Tod des Mannes fanden die Rechtsmediziner explosionsbedingte Verletzungen des mittleren und unteren Drittels des Gesichts mit Fleischwunden und Prellungen von Lippen, Zahnfleisch, Zunge, Gaumen, Nase und Augenhöhlen sowie Trümmerbrüche von Unter- und Oberkiefer. Der Unterkiefer war entlang der Sagittalebene geteilt und die Kiefergelenke waren getrennt. An der oro-pharyngealen Mukosa hafteten Ruß und grau-schwarze Körnchen. An den Ohren waren keine Verletzungen festzustellen und die Trommelfelle waren intakt. Im Oro-Pharynx fanden sich Glassplitter der beschädigten Brille, jedoch keine Papier- oder Plastikteile. Gewebefragmente – hauptsächlich Lippen, Nase, Knochen und ein Auge – wurden vom Körper abgetrennt geborgen. Das linke Auge ragte aus der Augenhöhle hervor und am Rand der linken Augenhöhle befanden sich Fleischwunden. Die rechte Augenhöhle zeigte neben einer Fleischwunde eine periorbitale Hämorrhagie. Die Luftröhre war frei. Die vordere Schädelgrube zeigte eine Fraktur mit einer zentralen Höhle der Siebplatte (des Siebbeins) und Sella turcica. Im Gehirn fanden sich diffuse akute subarachnoidale Hämorrhagien, Nadelspitz-Hämorrhagien verschiedener Größen in der weißen Substanz der Frontallappen und im Genu des Corpus callosum sowie fokal zerebrale kortikale Prellungen der Frontallappen. Die anderen Organe waren unauffällig. Bild & Fall Die komplette Falldarstellung inkl. aller Abbildungen finden Sie im Originalbeitrag. Als Todesursache stellten die Rechtsmediziner – wenig überraschend – Sprengstoff-induzierte Verletzungen durch einen Feuerwerkskörper fest. Beziehungsprobleme als Grund für den Selbstmord Es stellt sich die Frage, warum der 76-jährige Weiße sich suizidiert hat. Der Mann – er wurde anhand seiner Fingerabdrücke und persönlicher Besitzgegenstände identifiziert – hatte Beziehungsprobleme. In seiner Wohnung fand sich eine geöffnete Packung „Gorilla Bombs“, in der nur ein Kracher fehlte. Gorilla Bombs YT002 werden in einer aus sechs Böllern bestehenden Packung verkauft. Das südafrikanische Sprengstoffgesetz von 2003 kennt zwei Kategorien Feuerwerkskörper: jene pyrotechnische Substanzen wie die Gorilla Bombs, die Bürger einfach erwerben können und jene, die nur zur Unterhaltung produziert und nicht an die Bevölkerung verkauft werden. Jeder dieser Böller, wie ihn auch der Selbstmörder benutzt hat, enthält 8 bis 9,5 g Blitzlichtpulver und hat eine Visco-Lunte – eine Zündschnur aus Schwarzpulver oder einem schwarzpulverähnlichen Gemisch und einem meist auf Nitrocellulose basierenden Lack, der sie wasserabweisend macht. Blitzlichtpulver zerfällt durch Verpuffung mit etwa 2000 m/s abhängig von der Mischung. Schwarzpulver ebenso wie Blitzlichtpulver sind niederwertige Sprengstoffe, die mit einer Geschwindigkeit von 0,4 bis 1,0 km/s eher verpuffen als detonieren. Zum Vergleich: Der Sprengstoff TNT (Trinitrotoluol) detoniert mit einer Geschwindigkeit von 6,9 km/s. Bei dem explosiven Selbstmord kamen keine unbeteiligten Zuschauer zu Schaden. Besorgniserregend ist den Autoren zufolge jedoch, dass die Tat an einem öffentlichen Ort stattfand. Dort sollten striktere Eingangskontrollen stattfinden, um Unbeteiligte vor physischem und psychischem Schaden zu bewahren. Noch mehr Rechtsmedizin Open Access 23.04.2024 | Leichenschau | Kasuistiken Fälschliche Todesfeststellung durch Fehler bei der ärztlichen Leichenschau 23.04.2024 | Suizid | Topic Suizidalität in der Onkologie 19.04.2024 | Assistierter Suizid | Themenschwerpunkt Suizidprävention im Alter 10.04.2024 | Suizid | Originalarbeit Suizide in deutschen Gefängnissen während der COVID-19-Pandemie 08.04.2024 | Suizid | Nachrichten KI sagt Suizidrisiko vorher

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76-Jähriger suizidiert sich mit Feuerwerkskörper

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

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