Erschienen in:
01.11.2012 | Originalien
Tumorpathophysiologie
verfasst von:
Prof. Dr. L.A. Kunz-Schughart, W. Mueller-Klieser, P. Vaupel
Erschienen in:
Strahlentherapie und Onkologie
|
Sonderheft 3/2012
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Auszug
Die Gewebehypoxie ist die „klassische“ metabolische Ursache der Strahlenresistenz bösartiger solider Tumoren. Zwischen 1970 und 1990 wurden von uns im Wesentlichen die multifaktorielle Pathogenese der heterogenen Oxygenierung von Transplantationstumoren (einschließlich der versorgungsbestimmenden Parameter, z. B. Vaskularisation, Durchblutung, Diffusionskoeffizienten u. a.) und der Sauerstoffverbrauch in vivo untersucht, hypoxische bzw. anoxische Gewebeareale mit Hilfe von sauerstoffsensitiven Mikroelektroden und anderer Mikrodetektionssysteme erfasst und charakterisiert, mit tumorbiologischen Parametern (z. B. Tumorgröße, Proliferationsrate) korreliert, Hypoxiesubtypen identifiziert und kritische Versorgungssituationen theoretisch analysiert. Weiterhin wurden in dieser Zeit mit Hilfe einer kryospektrophotometrischen Mikromethode Oxygenierungsstudien an menschlichen Karzinomen (Rektum, Mundhöhle) durchgeführt und die heterogene Verteilung hypoxischer Areale untersucht. Seit Beginn der 1990er Jahre haben wir zahlreiche klinische Untersuchungen an Zervix-, Mamma- und Vulvakarzinomen mit Hilfe der Feinnadelhistographie durchgeführt, die übereinstimmend gezeigt haben, dass hypoxische Areale ein Charakteristikum menschlicher Tumoren sind [
14,
26,
27,
28]. Am Beispiel des lokal fortgeschrittenen Zervixkarzinoms konnten wir zeigen, dass etwa 60% der untersuchten Tumoren hypoxische Areale aufwiesen. Das Auftreten der Hypoxie war unabhängig von der klinischen Tumorgröße, vom FIGO-Stadium, der Histologie (Plattenepithelkarzinome vs. Adenokarzinome), dem Differenzierungsgrad und dem Lymphknotenbefall. Hypoxische Areale wiesen zudem keine typische „topologische“ Verteilung auf (Zentrum vs. Peripherie). Lokalrezidive waren deutlich hypoxischer als die entsprechenden Primärtumoren, und Tumoren von anämischen Patientinnen zeigten eine stärker ausgeprägte Sauerstoffmangelversorgung. Der mediane Sauerstoffpartialdruck der Zervixkarzinome lag weit unter dem des normalen Zervixgewebes (9 mmHg vs. 42 mmHg) und wurde in einer multivariaten Analyse als unabhängiger, robuster Prognosefaktor für das Gesamtüberleben und das krankheitsfreie Überleben identifiziert [
13]. …