Bald personalisierte Therapie nach Gicht-Phänotypen?

Das medikamentöse Management von Patienten im Grenzbereich zwischen Gicht und Herzerkrankungen ist herausfordernd, solange die Kausalität nicht geklärt ist. Wie es dennoch gelingen kann, beide Erkrankungen besser zu behandeln, war beim ACR-Kongress ein Thema. Die Gichtepidemie geht bekanntermaßen maßgeblich auf den westlichen Lebensstil zurück, insbesondere in den USA. Wie Prof. Dr. Hyon Choi, Harvard Medical School, Director Gout and Crystal Arthropathy Center, Massachusetts General Hospital, Boston, MA, USA, in der Sitzung zum Gicht-Management betonte, spielen daneben nicht nur der sitzende Lebensstil mit resultierendem Übergewicht und Metabolischem Syndrom, die wiederum mit Hypertonie, Bauchfett, Dyslipidämie und Insulinresistenz einhergehen, sondern auch bei Gicht-Patienten häufige Komorbiditäten eine Rolle. Allen Faktoren sei gemeinsam, dass sie die Harnsäurespiegel steigen lassen und letztlich zur Gicht führen – unter Umständen zusätzlich befeuert durch Harnsäure-steigernde Medikamente wie Diuretika, niedrig dosiertes Aspirin oder nach Organtransplantationen eingesetzte Immunsuppressiva. Die Prävalenz typischer Komorbiditäten ist hoch und wird oft unterschätzt. An einer Hypertonie leiden laut Erhebungen von Choi und anderen 74%, am Metabolischen Syndrom 63%, an Übergewicht 53%, an einem Typ-2-Diabetes 26%, an einer koronaren Herzerkrankung 25%, an einer chronischen Nierenerkrankung 20% und an Nierensteinen 15%. Bisher sei trotz vieler Studien nicht abschließend geklärt, ob die Assoziation zwischen erhöhten Harnsäurewerten/Gicht und den Komorbiditäten bzw. kardiovaskulären Ereignissen eine kausale ist oder nicht. Die Hinweise in diese Richtung seien aber vielfältig. Pleiotrope Effekte der Medikation nutzen Choi riet zu breiter gefächerten Interventionen, die sich an den Subgruppen der Gicht-Patienten orientieren und die günstigen pleiotropen Effekte von, in dieser Patientengruppe oft eingesetzten, Medikamenten nutzen und mit einer Harnsäure-senkenden Therapie (ULT) kombinieren. So könnten beispielsweise durch Gabe von SGLT2 (Sodium dependent glucose c-transporter 2)-Inhibitoren – unabhängig vom Vorliegen eines Diabetes – günstige metabolische Effekte (Reduktion von Glukose- und HbA1c-Spiegeln, Insulinresistenz und Gewicht bei Erhöhung des HDL-Cholesterins) erzielt werden. Zudem könne das Fortschreiten der chronischen Nierenerkrankung durch Reduktion von GFR (glomeruläre Filtrationsrate)-Verlust, Albuminurie, intraglomerulärem Druck, Flüssigkeitsüberlastung sowie Verbesserung der vaskulären Funktion verlangsamt werden. Darüber hinaus könne durch SGLT2-Inhibitoren die Rate von kardiovaskulären Ereignissen durch Senkung von Blutdruck und Entzündung bei Verbesserung der endothelialen Funktion reduziert werden und schließlich über Senkung von Harnsäure und Entzündung auch die Gicht günstig beeinflusst werden. Gicht im Kontext der Komorbiditäten behandeln Eine personalisierte Therapie der Gicht könnte nach Choi wie folgt aussehen: Phänotyp 1 mit isolierter Gicht: nicht-pharmakologische Therapie in Form einer gesunden Ernährung (DASH- oder mediterrane Diät), die an die individuellen/kulturellen Nahrungsmittelpräferenzen adaptiert werden sollte Phänotyp 2 mit Übergewicht und Hypertonie: DASH-Diät plus Gewichtsreduktion plus körperliche Aktivität plus medikamentöse Therapie mit Losartan, Calciumkanal-Blockern und eventuell SGLT2-Inhibitoren Phänotyp 3 mit zusätzlich Typ-2-Diabetes: mediterrane Diät plus Gewichtsreduktion und körperlicher Aktivität plus SGLT2-Inhinbitor Phänotyp 4 mit Dyslipidämie: mediterrane oder DASH-Diät (viel Protein, ungesättigte Fette) plus Fenofibrat und eventuell SGLT2-Inhibitor Phänotyp 5 mit kardiovaskulärer Erkrankung und chronischer Nierenerkrankung: mediterrane Diät plus Nierenschutztherapie, SGLT2-Inhibitor und Losartan. Für die ULT (Urate-Lowering Therapy) riet Choi in Anlehnung an die Leitlinien im ersten Schritt zu Allopurinol. Reicht dies nicht, setzt er auf Basis der FAST-Studie recht freizügig Febuxostat ein. Auch Colchicin sollte aus seiner Sicht häufiger zum Einsatz kommen, da es sowohl auf die Gicht als auch kardiovaskuläre Erkrankungen positive Effekte entfalte. Choi riet zudem dazu, bei Patienten mit hohem Risiko für Infektionen Anakinra für 3-5 d zu geben, zumal wenn NSAR und Steroide nicht effektiv waren. basierend auf: ACR Convergence 2021, 03. - 10.11.21, Management of Gout in Challenging Cardiac Patients & Gout Imaging Advances Alle Kongressberichte 23.11.2021 | ACR 2021 | Kongressbericht | Online-Artikel Arthrose – Tanezumab als neuer Hoffnungsträger 25.11.2021 | ACR 2021 | Kongressbericht | Online-Artikel Bald personalisierte Therapie nach Gicht-Phänotypen? 22.11.2021 | ACR 2021 | Kongressbericht | Online-Artikel Denosumab erste Wahl bei RA-Patienten mit Glukokortikoid-induzierter Osteoporose 26.11.2021 | ACR 2021 | Kongressbericht | Online-Artikel Psoriasis-Arthritis – bei IL-12/23-Inhibition kein Bedarf für MTX als Add-on 24.11.2021 | ACR 2021 | Kongressbericht | Online-Artikel Rheumatoide Arthritis – Strategiestudien mit Bedeutung für die Praxis

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