Erschienen in:
25.06.2019 | Adrenogenitales Syndrom | Leitthema
Operationsverbot bei Varianten der Geschlechtsentwicklung bis zur Einwilligungsfähigkeit
Diskussion aus dem Blickwinkel von Patientenorganisationen
verfasst von:
Christian Dahlmann, Gerda Janssen-Schmidchen
Erschienen in:
Monatsschrift Kinderheilkunde
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Ausgabe 7/2019
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Zusammenfassung
Hintergrund
Frühzeitige geschlechtsangleichende Eingriffe an Kindern mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung sollen gesetzlich verboten werden.
Fragestellung
Einige medizinische Themen benötigen zur Rechtssicherheit aller Beteiligten einen engen gesetzlichen Rahmen. Ob und wie dieser Rahmen in dem Bereich Varianten der Geschlechtsentwicklung („differences/disorders of sex development“, DSD) mit einem Verbot von Operationen an Kindern geregelt werden sollte, ist seit Langem strittig.
Material und Methode
Menschen aus Patientenorganisationen haben aus persönlicher Betroffenheit heraus in der Thematik sehr unterschiedliche Blickwinkel für oder gegen frühzeitige Normierungsoperationen. In der Diskussion über diese konträren Meinungen lassen sich dennoch Berührungspunkte finden, wie im Fall der Eltern-Selbsthilfe der XY-Frauen/intersexueller Menschen und der AGS-Eltern- und Patienteninitiative.
Ergebnisse/Schlussfolgerung
Ein gesetzliches Verbot von nicht medizinisch notwendigen geschlechtsangleichenden Eingriffen an minderjährigen Kindern würde die heute von Erwachsenen beklagten körperlichen und seelischen Spätfolgen vermutlich vermeiden. Doch die Gefahr der psychischen Beeinträchtigung des Kindes durch ein Aufwachsen in einer bipolaren und unaufgeklärten Gesellschaft sowie mit einer vom Umfeld als andersartig angesehenen geschlechtlichen Entwicklung, ohne einen entsprechend zusätzlichen Rahmen zur Unterstützung der Familien, ist nicht zu vernachlässigen. In einem evidenzschwachen medizinischen Bereich und ohne bindende Leitlinien wäre deshalb die Schaffung von entsprechend hohen Hürden zur rechtlichen Regelung und Rahmengestaltung vor irreversiblen Eingriffen beim Kind ein adäquates Ziel, das sowohl die Freiheit des Einzelnen als auch das Gleichheitsrecht für alle Kinder gewährleisten könnte.