Erschienen in:
24.10.2016 | Antibiotika | Originalien und Übersichten
Antibiotika-Verbrauchs-Surveillance und Antibiotic Stewardship – Stand der Umsetzung in Münchner Kliniken
Aktuelle Abfrage des Gesundheitsamtes München zur Umsetzung des § 23 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)
verfasst von:
Cornelia Otto, Dr. Bertrand Hirl, Dr. Stefan Schweitzer, Dr. Sabine Gleich
Erschienen in:
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
|
Ausgabe 12/2016
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Hintergrund
Am 4.8.2011 trat eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes in Kraft, mit der die Durchführung einer Antibiotika-Verbrauchs-Surveillance (AVS) und die Bewertung der erhobenen Daten unter Berücksichtigung der lokalen Resistenzsituation für Krankenhäuser verpflichtend wurde. Ziel der Abfrage des Gesundheitsamts München war es, vier Jahre nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung den Stand der Umsetzung der Antibiotika-Verbrauchs-Surveillance in den Münchner Kliniken zu erfassen und festzustellen, welche Antibiotic-Stewardship(ABS)-Strukturen bereits etabliert sind.
Methode
Es erfolgte eine Abfrage in Form eines Fragebogens bei den Münchner Kliniken zu den Strukturdaten des Antibiotikamanagements und dem Stand der Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen.
Ergebnisse
Nur 32 % der Kliniken verfügen bisher über fortgebildete ABS-Experten, in 76 % der Kliniken sind für AVS zuständige Personen benannt, bei 12 % sind die für AVS Zuständigen für diese Tätigkeit freigestellt. 21 Kliniken (84 %) führten eine Antibiotika-Verbrauchs-Surveillance unter Berücksichtigung aller in der Empfehlung des Robert Koch-Instituts (RKI) genannten Antiinfektiva durch, 19 davon (76 %) taten dies auf Basis des ATC/DDD-Systems (anatomisch-therapeutisch-chemisches [ATC] Klassifikationssystem mit definierten Tagesdosen [DDD, defined daily doses]) der Weltgesundheitsorganisation. 72 % der Kliniken bewerten die erhobenen Daten zum Antibiotikaverbrauch, 68 % berücksichtigen dabei die lokale Resistenzsituation. 96 % verfügen über hauseigene Antibiotikalisten, 80 % über hauseigene Behandlungsleitlinien zur Antibiotikatherapie. An einer übergeordneten Surveillance nehmen 44 % der Krankenhäuser teil.
Schlussfolgerungen
Erstmals wurden Daten zur Umsetzung der seit vier Jahren gesetzlich vorgeschriebenen Antibiotika-Verbrauchs-Surveillance in Krankenhäusern erhoben. Dabei zeigte sich eine noch unvollständige Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben. Insbesondere fehlende personelle und strukturelle Voraussetzungen, fehlende Freistellung der Mitarbeiter für diese zusätzliche Aufgabe und fehlende oder nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Bewertung der erhobenen Daten sind festzustellen.
Die infektionshygienische Überwachung von Krankenhäusern durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) wurde um ein zusätzliches Themenfeld erweitert. Um diese sehr spezialisierte Aufgabe kompetent wahrnehmen zu können, ist aus Sicht der Autoren eine ABS-Qualifizierung auch der ÖGD-Mitarbeiter erforderlich.