Erschienen in:
01.05.2012 | Originalien
Auswirkungen des Betreuungsgesetzes im wiedervereinigten Deutschland (1992–2009)
verfasst von:
Dr. J. Valdes-Stauber, H. Deinert, R. Kilian
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 5/2012
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Zusammenfassung
Hintergrund
Das im Jahr 1992 in Kraft getretene Betreuungsrecht löste das langjährige Entmündigungs-, Vormundschafts- und Gebrechlichkeitspflegschaftsrecht mit der Intention ab, das überkommene paternalistisch-restriktive Modell durch ein partnerschaftlich angelegtes Hilfesystem zu ersetzen.
Methoden
Es werden insgesamt 12 verschiedene Betreuungsparameter auf Bundesebene aggregiert im Sinne einer Vollerhebung untersucht (1992–2009). Die Hauptquelle für die Rohdaten sind Gesamtübersichten des Bundesjustizministeriums bzw. des Bundesamtes für Justiz. Die Zeitreihen werden mit Veränderungsraten versehen, graphisch dargestellt und mittels Regressionsanalysen auf signifikante Veränderungen untersucht.
Ergebnisse
Es steigen alle untersuchten Parameter weitgehend parallel. Die höchsten Anstiege sind für Erweiterung der Aufgabenkreise (+606%) und für Genehmigung von unterbringungsähnlichen Maßnahmen (+868%) zu verzeichnen. Mit Ausnahme der Unterbringungsraten liegen die mittleren Werte aller Variablen in den neuen Bundesländern höher als in den alten, hier aber mit einer höheren Streuung. Die Erstbetreuungsraten stiegen nur für die alten Bundesländer signifikant (T(9)=6,64; p=0,007), die Betreuungskosten lagen in den neuen nicht signifikant höher als in den alten.
Diskussion
Trotz der Veränderungen in die Richtung eines dynamischen Instrumentes im Dienste der Patienten zeigt die Praxis der Anwendung des neuen Betreuungsrechts eine stetige expansive Tendenz in der Anordnung von neuen Betreuungen. Da bislang keine Abflachung des Anstiegs der Betreuungsanordnungen in Sicht ist, erscheint den Autoren notwendig zu sein, die für die Umsetzung des Betreuungsrechts Verantwortlichen zu einer kritischen Reflexion ihrer alltäglichen Praxis aufzurufen.