Erschienen in:
01.05.2011 | Historisches
Bernhard von Gudden zum 125. Todestag
verfasst von:
R. Steinberg, Prof. Dr. H. Hippius
Erschienen in:
Der Nervenarzt
|
Ausgabe 5/2011
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Zusammenfassung
Vor 125 Jahren starb Bernhard von Gudden zusammen mit seinem Patienten König Ludwig II. von Bayern. Die Prominenz des „Märchenkönigs“, die Umstände der Entmachtung, der Internierung samt der Errichtung der Regentschaft Luitpolds, vor allem das katastrophale Ende des bayerischen Königsdramas überstrahlen bis heute die eigentliche Bedeutung Guddens für die Psychiatrie. Er hat die wissenschaftliche Entwicklung des jungen Fachs Nervenheilkunde nicht nur als gesuchter akademischer Lehrer und Neuroanatom mitgestaltet. Als den Patienten zugewandter Vertreter des No-restraint-Prinzips und als Anstaltsleiter hat er der Verbesserung des Irrenwesens im 19. Jahrhundert in Deutschland wichtige Impulse gegeben. 14 Jahre behandelte er Prinz Otto, den psychisch kranken Bruder Ludwigs. Gudden hat 1886 mit drei bayerischen Psychiatern das Gutachten zur Entmündigung Ludwigs verfasst.
Über die Berechtigung der Amtsenthebung des Königs gibt es auch in jüngster Zeit noch sehr unterschiedliche und strittige Argumentationen aus staatsrechtlicher und psychiatrischer Sicht. Es festigt sich allerdings die Überzeugung, dass Ludwig II. wegen einer psychischen Erkrankung regierungsunfähig war. Die Entmachtung folgte dem in der Verfassung vorgeschriebenen Weg. Gudden und seine Kollegen haben ein auch unter heutigen Gesichtspunkten valides und den Umständen angemessenes Gutachtensverfahren durchgeführt. Die mit dem Tode von Patient und Gutachter endende Königskatastrophe ist allerdings einer Fehleinschätzung Guddens zuzurechnen, die in der Rollendiffusion zwischen Gutachter und behandelndem Arzt begründet ist.