In der Literatur wurden wiederholt „Frostbeulen“-ähnliche, akrale Hautveränderungen im Zusammenhang mit einer möglichen SARS-CoV-2-Infektion beschrieben. Es scheint sich um eine spezifische Hautveränderung zu handeln, welche laut Beobachtungen der spanischen Arbeitsgruppe um Marzano fast ein Fünftel (19 %) der beobachteten Hautveränderungen einnimmt [
27]. Überwiegend betroffen waren die Füße mit bis zu 1 cm messenden livid-erythematösen Papeln und Nodi. Die Hautveränderungen traten insbesondere im späteren Krankheitsverlauf auf, meist nach Krankheitshöhepunkt [
16] und waren oft asymptomatisch oder nur wenig symptomatisch, mit leichtem Juckreiz oder brennenden Schmerzen einhergehend [
6]. Es fanden sich selten Hinweise auf „Frostbeulen“ in der Krankheitsvorgeschichte, sodass die Hautveränderungen überwiegend erstmanifestierend waren. Freeman et al. dokumentierten bei 18 % der Patienten Chilblain-artige Hautveränderungen, welche durchschnittlich über 14 Tage persistierten [
15]. Häufig war ein junges Patientenkollektiv (19,9 Jahre) mit leichten COVID-19 spezifischen Symptomen betroffen. In der Arbeitsgruppe um Bouaziz wurden die Hautveränderungen zudem bei 40 Patienten mit unklarem oder negativem COVID-19-Status beobachtet [
12]. Aufgrund der meist asymptomatischen Hautveränderungen und des selbstlimitierenden Verlaufes war eine Therapie häufig nicht notwendig. Einige Autoren berichteten von der erfolgreichen topischen Anwendung von Glukokortikosteroiden oder auch Vasodilatatoren wie beispielsweise Nitroglycerin [
29,
41]. Histologisch zeigten sich die Chilblain-artigen Hautveränderungen laut der Übersichtsarbeit von Kaya et al. als diffuses dichtes lymphozytäres Infiltrat der oberflächlichen und tiefen Dermis mit einem perivaskulären Muster und Zeichen endothelialer Aktivierung [
23]. Eine erste Hypothese zur Pathogenese der Hautveränderungen schließt eine durch das SARS-CoV-2-Virus ausgelöste Immunkomplexbildung mit folgender Vaskulitis und Thrombosierung von kleinen Gefäßen ein [
7]. Die Hautveränderungen sind vor diesem Hintergrund als eine überschießende Immunreaktion auf das Virus anzusehen. Unterstützend hierfür fand die Arbeitsgruppe um Lee et al. in histologischen Proben der Chilblain-artigen Hautveränderungen Hinweise darauf, dass in den Läsionen bei Kontakt zu SARS-CoV‑2 eine schnelle und lokale Abwehr stattfindet: Sie fanden erhöhte Konzentrationen von Proteinen und Kinasen, welche durch Typ-I-Interferon aktiviert werden [
24]. Typ-I-Interferon als Teil des angeborenen Immunsystems spielt eine wichtige Rolle in der Abwehr von Viren. Bei hohen Konzentrationen ist also von einer intakten und schnellen Abwehr auszugehen, was die kurzen und milden Krankheitsverläufe der betroffenen Patienten erklären würde.