Erschienen in:
05.07.2023 | Distale Radiusfraktur | Operative Techniken
Die konservative Behandlung der distalen Radiusfraktur
verfasst von:
Alexander Ruzicka, Peter Kaiser, Gernot Schmidle, Stefan Benedikt, Dr. Tobias Kastenberger, Rohit Arora
Erschienen in:
Operative Orthopädie und Traumatologie
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Ausgabe 6/2023
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die distale Radiusfraktur kommt über alle Altersgruppen hinweg häufig vor. Die Behandlung durch Reposition und Ruhigstellung kann bei sorgfältiger Abwägung von Indikationen und Kontraindikationen im individuellen Fall speziell beim älteren Patienten große Vorteile gegenüber dem häufig eingesetzten operativen Vorgehen aufweisen.
Therapieprinzip und -ziel
Durch Ruhigstellung nach geschlossener Reposition wird eine individuell zufriedenstellende Funktion des Handgelenks ermöglicht.
Indikationen
A. Patient:innen mit a. signifikanten Komorbiditäten, b. hohem Operationsrisiko aus anästhesiologischer Sicht (ASA > 3), c. geringem funktionellen Bedarf, d. niedrigem Anspruch an Kosmetik bei residualer sichtbarer Deformität. B. Junge Patient:innen mit einer Extensionsfraktur und zusätzlich: a. < 10° dorsale Abkippung bei extraartikulären Frakturen nach geschlossener Reposition, b. < 5 mm radiale Verkürzung nach geschlossener Reposition, c. < 2 mm intraartikuläre Stufe nach geschlossener Reposition
Kontraindikationen
A. Patient:innenenalter < 65 Lebensjahren mit einer Extensionsfraktur und zusätzlich: a. > 10° dorsale Abkippung bei extraartikulären Frakturen nach geschlossener Reposition, b. > 5 mm radiale Verkürzung nach geschlossener Reposition, c. > 2 mm intraartikuläre Stufe nach geschlossener Reposition. B. Fraktur vom Flexionstyp, bei der Ligamentotaxis für geschlossene Reposition nicht möglich ist. C. Offene distale Radiusfrakturen. D. Luxationsfrakturen. E. Einschränkungen von peripherer Durchblutung, Motorik oder Sensibilität der Hand nach Reposition
Operationstechnik
Nach Punktion des Frakturhämatoms und Infiltration des Bruchspaltes mittels Lokalanästhetikum erfolgt der Aushang des Unterarmes mittels Extensionshülsen am Daumen und Mittelfinger. Ein konstanter Zug in der Längsachse des Unterarms erfolgt durch das Anlegen eines Gewichts über eine breite gepolsterte Manschette am distalen Oberarm. Hierauf erfolgt die Reposition unter Zuhilfenahme des zusätzlichen Repositionseffekts der Ligamentotaxis. Nach sparsamer Polsterung des Unterarms mit Watte und Krepp wird eine dorsale Gipslonguette anmodelliert. Nachdem der Gipsverband ausgehärtet ist, erfolgt eine Kontrolle der peripheren Durchblutung, Motorik und Sensibilität. Das Repositionsergebnis wird im Röntgen überprüft und dokumentiert.
Weiterbehandlung
A. Allgemeine abschwellende Maßnahmen, ausreichende Analgesie sollte rezeptiert werden. B. Der zirkuläre Gipsschluss erfolgt bei ausreichender Abschwellung in der Regel nach 2 bis 3 Tagen. C. Die gesamte Gipsbefristung ist mit 5 Wochen zu planen.
Ergebnisse
Es wurden 73 Patient:innen (55 Frauen und 18 Männer) im Alter zwischen 65 und 88 Jahren über einen Beobachtungzeitraum von 12 Monaten hinsichtlich des funktionellen Outcomes nach Operation bzw. konservativer Therapie untersucht. Während die operierten Patient:innen im Zeitraum bis zu 12 Wochen nach Behandlungsbeginn bessere Ergebnisse in den funktionellen Scores zeigten, konnte in den 6‑ und 12-Monats-Kontrollen kein signifikanter Unterschied mehr erhoben werden. Die gemessene Griffstärke zeigte sich in der operativ behandelten Gruppe durchwegs signifikant besser. In der konservativ behandelten Gruppe wurden in 78 % der Fälle klinisch offensichtliche Deformitäten festgestellt, jedoch waren die Proband:innen mit dem funktionellen oder kosmetischen Ergebnis zufrieden. In der operativ versorgten Gruppe wurden postoperativ keine Deformitäten festgestellt. Alle Frakturen zeigten sich nach 6 Monaten vollständig verheilt. Die Verteilung der Komplikationen zeigte sich signifikant erhöht in der operativen Gruppe, mit insgesamt 13 im Vergleich zu 5 in der konservativen Gruppe.