Das endoplasmatische Retikulum (ER) ist mit zahlreichen Chaperonen bestückt, die durch Überladung des ER (exzessive Biosynthesen), Glukose- und Kalziummangel sowie oxidativen und endoplasmatischen Stress (
Stress, oxidativer) hochreguliert werden. Das „binding immunoglobulin protein“ (BiP, „glucose-regulated protein 78“) ist gemeinsam mit HSP40 ein wichtiger Regulator, verhindert Aggregationen und faltet kotranslational mit hoher Geschwindigkeit unter Mitwirkung der Proteindisulfid-Isomerase die neu synthetisierten Proteine. Außerdem ist BiP am Import von
Polypeptiden in das ER-Lumen/Membran sowie den retrograden Transport aus dem ER von falsch gefalteten Proteinen zum Abbau im Zytosol beteiligt. GRP94 ist ein stark vertretenes Glykoprotein im ER und ist spezialisiert auf die Faltung und Reifung von komplizierten Proteinen, wie μ-Ketten, Integrin und Toll-like-Rezeptoren, und spielt eine wichtige Rolle im Immungeschehen. Die Kalzium-abhängigen Lektin-Chaperone Calreticulin und Calnexin sind Komponenten der Proteinqualitätskontrolle. Wenn
Glykoproteine im ER falsch gefaltet sind, binden sie an ein verbliebenes Glukosemolekül der Oligosaccharidkette, verhindern den Weitertransport zum Golgi-Komplex und unternehmen weitere Faltungsversuche. Das Golgi-Chaperon Clusterin (
Apolipoprotein J) erleichtert unabhängig von ATP die Faltung von sezernierten Proteinen und ist an Lipidtransport, Recycling von Membranen und der
Apoptose beteiligt. HSP100-Chaperone gehören zur Gruppe der AAA+-ATPasen (Triple-A-ATPasen) und bilden Ringe mit zentralem Kanal, in dem die Proteine oder Aggregate entfaltet und für den Proteasomabbau vorbereitet werden.
Die Familie der Chaperonine (HSP60/10, sog. „holdases“) bilden im Zytosol und Mitochondrien fassähnliche Strukturen aus 2 Halbkreisen mit 8
Untereinheiten. Damit werden große ungefaltete Proteine, wie Actin und Tubulin, von der Umgebung abgeschirmt und unter Mitwirkung von Prefoldin gefaltet. Nach Spaltung von ATP ändert der Komplex die
Konformation und gibt das Protein frei.
Cochaperone interagieren mit Chaperonen bei der Faltung von Proteinketten oder übergeben sie der Proteolyse, wenn die Refaltung nicht möglich ist. Erwähnt sei das „cysteine string protein“ als Mitglied der J-Proteinfamilie, die die Energiegewinnung aus ATP regulieren. Es unterstützt die Refaltung von fehlgefalteten Synapseproteinen und spielt eine Rolle bei der
zystischen Fibrose und der Huntington-Krankheit.
Die Geschwindigkeit der
Proteinfaltung wird durch den Wechsel der
cis-
trans-Konfiguration der Säureamidbindung des
Prolins bestimmt. Als Faltungshelfer sind deshalb Peptidyl-Prolyl-cis-trans-Isomerasen notwendig, von denen beim Menschen 33 Isoformen bekannt sind. Die Stabilisierung der dreidimensionalen Struktur erfolgt mit der Protein-Disulfid-Isomerase, die freie SH-Gruppen zu Disulfidbrücken oxidiert und falsche Brücken korrigiert. Beide
Enzyme sind in Chaperon-Netzwerke eingebunden.
Von den Molekularen Chaperonen sind Pharmakologische Chaperone (helfen direkt bei Faltung und Stabilisierung durch Bindung an die Proteine) und Chemische Chaperone (verhindern unspezifisch z. B. die Aggregation durch Erhöhung der Löslichkeit) zu unterscheiden. So wurde 2009 Sapropterin zur Behandlung der
Phenylketonurie zugelassen (Erfolgsquote 30–50 %).
Defekte oder Funktionsstörungen der Chaperone wurden bei mehreren Krankheiten und im Alter gefunden. Mit den neuen sensitiven Methoden (ELISA, Blotting, LC-MS) können Chaperone auch im
Plasma und Liquor (nach Zelltod oder Sekretion) gemessen werden. Weitere Studien sind nötig, um die Eignung für Diagnostik und Monitoring zu klären. Außerdem wird jetzt erforscht, ob die Bildung von
Autoantikörpern gegen Chaperone zu klinischen Veränderungen führt.