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Glutathion-S-Transferasen

Verfasst von: A. M. Gressner und O. A. Gressner
Glutathion-S-Transferasen
Synonym(e)
EC 2.5.1.18; GST
Englischer Begriff
glutathione-S-transferases; GST
Definition
GST sind dimere Enzyme in vielen Geweben und Zellen, die unter Bildung von Thioethern die Konjugation von reduziertem Glutathion mit einem breiten Spektrum organischer, elektrophiler Moleküle katalysieren, was zu deren Inaktivierung bzw. Entgiftung führt.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Es werden fünf Klassen der humanen Leber GST (Molmasse 45–55 kDa) unterschieden, die auf Grund ihrer differenten isoelektrischen Punkte (pI; Isoelektrischer Punkt) in basische (pI 7,3–9,0), neutrale (pI 5,5–6,5) und saure (pI 4,5–5,3) Klassen eingeteilt werden (Tab. 1). Sie setzen sich als Homo- oder Heterodimere aus Untereinheiten der Molmassen von 24,8–26,7 kDa zusammen.
Tab. 1
Hauptformen der Glutathion-S-Transferasen
Klassen
Formen
Alternativnamen
Untereinheiten-Molmasse (kDa)
pI
Vorkommen
α
GST-A1-1
GST-A2-2
GST-A1-2
B1B1-Typ
B2B2-Typ
B1B2-Typ
25,9
25,9
25,9
8,9
8,75
8,4
Hepatozyten (Ligandin)
μ
GST-M1a-M1a
GST-M1b-1b
μ
ψ
26,7
26,6
6,1
5,5
Leberzellen, Leukozyten
θ
GST-Theta
θ
26,6
Ca. 8,0
π
GST-P1-1
GST-3
24,8
4,8
Plazenta, Gallengangsepithel
GST der Leber sind im Zytosol der Hepatozyten in hoher Konzentration vorhanden (3–4 % der löslichen Leberproteine), eine kleine Fraktion ist im endoplasmatischen Retikulum vertreten. Es dominiert die (basische) α-Klasse. Die (saure) π-Klasse ist nur in geringen Mengen, nicht in Hepatozyten, sondern in der Leber in Gallengangsepithelzellen vertreten. Die Funktion besteht in der Konjugation von reduziertem Glutathion (Tripeptid der Struktur γ-Glutamyl-Cysteinyl-Glycin) mit einem breiten Spektrum elektrophiler Xenobiotika, die dadurch inaktiviert, entgiftet und biliär eliminiert werden. Die Produkte der GST-Reaktion werden stufenweise durch Abspaltung des γ-Glutamylrests und von Glycin degradiert, wobei das entstehende Cysteinkonjugat entweder renal ausgeschieden oder in Leber und Niere zur Merkaptursäure acetyliert und dann renal oder in geringem Umfang biliär eliminiert wird. 40 % der Personen haben einen Mangel an der μ-Form (GST M1) aufgrund einer Gendeletion. Da dieses Enzym an der Entgiftung mutagener karzinogener Substanzen besonders stark beteiligt ist, hat ihre Abwesenheit eine verminderte individuelle Entgiftungsfähigkeit und damit ein erhöhtes Risiko bei Belastung mit toxischen und karzinogenen Substanzen zur Folge (Risikofaktor für die Entstehung verschiedener Tumoren, z. B. raucherinduziertes Lungenkarzinom, Kolorektal- und Urothelialkarzinom). Weitere Funktionen der GST beruhen auf ihrer hohen Bindungsaffinität für nichtpolare Moleküle, z. B. Bilirubin, Gallensäuren, Bromsulphthalein (Bromsulphthalein-Test). Als Ligandin übernimmt eine Form der GST intrazelluläre Bilirubin-Transportfunktionen und kann als „Puffer“ dem plötzlichen Influx nichtpolarer Xenobiotika durch Bindung entgegenwirken und damit deren effektive Konzentration vermindern (Schutzfunktion). Die Halbwertszeit in der Zirkulation beträgt <90 Minuten (für die α-Klasse).
Funktion – Pathophysiologie
Die hohe zytosolische Konzentration der α-Klasse der GST in Hepatozyten und der π-Klasse in Gallengangsepithelien ermöglicht bei diesbezüglichen Zellschädigungen (Nekrosen) den Austritt der nicht strukturgebundenen Enzyme in die Zirkulation und deren Nutzung als Kenngröße hepatobiliärer Schädigungen.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Serum, EDTA-Plasma.
Probenstabilität
Der Analyt ist bei 4 °C und bei −20 °C über längere Zeit stabil.
Analytik
Enzymimmunoassay mit monospezifischen Anti-α- bzw. Anti-π-GST-Antikörpern. Intraassay-VK 7 %, Nachweisgrenze 91 ng/L (α-GST) bzw. 15 μg/L (π-GST).
Referenzbereich – Erwachsene
α-GST: <7,5 μg/L; π-GST: <100 μg/L.
Indikation
  • α-GST: sensitive Erfassung aller Formen hepatozellulärer Schädigungen (Nekrosen) im Rahmen toxischer, ischämischer, viraler Erkrankungen
  • Überwachung von Lebertransplantaten
  • π-GST: sensitive Diagnostik hepatobiliärer Erkrankungen im Rahmen von Gallengangsobstruktionen, ischämischen Schädigungen, Cholangiokarzinomen und Lebertransplantatüberwachungen.
Interpretation
Der Anstieg der α-GST in der Zirkulation ist ein besonders sensitiver Parameter hepatozellulärer Nekrosen, der im Zusammenhang mit der Alanin-Aminotransaminase (ALT) die Diagnose der Leberzellschädigung bei Hepatitis C wesentlich verbessert. Die Kombination von α- und π-GST korreliert signifikant mit der Qualität des Lebertransplantates; beide sind gute Indikatoren akuter Abstoßung.
Diagnostische Wertigkeit
Bei Hepatitis C werden eine diagnostische Sensitivität von 0,64 und eine Spezifität von 0,85 für die α-GST angegeben, die etwa den Kriterien der ALT (Sensitivität 0,68; Spezifität 0,88) entspricht. Aufgrund der wesentlich kürzeren Halbwertszeit der α-GST reagiert diese Kenngröße empfindlicher auf aktuelle Leberzellschädigungen als die ALT.
Literatur
Beckett GJ, Hayes JD (1987) Plasma glutathione S-transferase measurements and liver disease in man. J Clin Biochem Nutr 2:1–24CrossRef