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Interleukin-1

Verfasst von: A. M. Gressner und O. A. Gressner
Interleukin-1
Synonym(e)
B-Zellen-Aktivierungsfaktor; Endogenes Pyrogen (IL-1α); Katabolin (IL-1β)
Englischer Begriff
interleukin-1; B-cell activating factor
Definition
Zwei differente Genprodukte (IL-1α, IL-1β) umfassende, in aktivierten Makrophagen und anderen Zellen produzierte Zytokine mit außerordentlich vielseitigem, proinflammatorischem Wirkungsspektrum.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Synthese in Monozyten, aktivierten Makrophagen verschiedener Gewebe (Kupffer-Zellen, peritoneale und alveolare Makrophagen, Milz), peripheren neutrophilen Granulozyten, Endothelzellen, Fibroblasten, glatten Muskelzellen, Keratinozyten, Astrozyten u. a. Stimulation durch TNF-α, Interferon-α, -β, -γ, bakterielle Endotoxine, Viren und Antigene. Syntheseinhibition durch Kortikoide, Prostaglandin E2, Interleukin-6, IL-1-Rezeptorantagonist, α2-Makroglobulin u. a. IL-1 besteht aus zwei strukturell differenten, funktionell jedoch weitgehend äquivalenten Formen:
  • IL-1α: Molmasse 17 kDa, 159 Aminosäuren, IEP 5,0, Genlokalisation auf Chromosom 2q13
  • IL-1β: Molmasse 17 kDa, 153 Aminosäuren, IEP 7,0, Genlokalisation auf Chromosom 2q13-q21
Etwa 27 % Aminosäuresequenzhomologie zwischen IL-1α und IL-1β, jedoch weitgehend identische dreidimensionale Struktur. Synthese als höhermolekulare Präkursoren mit der Molmasse 35 kDa und nachfolgender partieller proteolytischer Prozessierung. Intrazelluläre Vorstufen enthalten keine hydrophobische sekretorische Signalsequenz. Zusätzlich biologisch aktive Zellmembran-assoziierte Form (Molmasse 22 kDa), die in juxtakrine Wachstumskontrollen benachbarter Zellen involviert ist und niedermolekulare Formen der Molmassen 11,4 und 2 kDa. Bindung an zwei differente IL-1-Rezeptoren mit intrazellulärer Signalübertragung durch cAMP (Adenylatcyclase), Proteinkinase A (PKA) und NF-kappa-B. Außerordentlich breites biologisches Wirkungsspektrum:
  • Mediator von Entzündungsreaktionen, einschließlich Sekretionsstimulation inflammatorischer Proteine (Akute-Phase-Proteine)
  • Stimulation von T-Helferzellen zur Sekretion von IL-2
  • Proliferation von B-Zellen und Stimulation der Immunglobulinsynthese
  • Proliferation und Aktivierung von NK-Zellen, Fibroblasten, Thymozyten, Glioblastomzellen, Astroglia und Mikroglia
  • Stimulation der Expression von Adhäsionsmolekülen bei neutrophilen Granulozyten, Monozyten, T- und B-Zellen
  • Chemoattraktion von Leukozyten und Aktivierung des oxidativen Stoffwechsels in neutrophilen Granulozyten
  • Wachstumshemmung von Endothelzellen, Hepatozyten und einigen Tumorzelltypen
  • Zytotoxizität für Insulin-produzierende β-Zellen der Langerhans-Inseln des Pankreas
  • Alteration der Endothelzellfunktionen mit Förderung thrombotischer Prozesse und Hemmung antikoagulatorischer Mechanismen. Förderung venöser Thrombose, Atherosklerose, Vaskulitis und disseminierter intravaskulärer Koagulation
  • Modulation des elektrophysiologischen Verhaltens von Neuronen
Einige biologische Aktivitäten von IL-1 werden indirekt vermittelt durch Induktion der Synthese anderer Mediatoren wie Adrenokortikotropes Hormon (ACTH), Prostaglandin E2, Thrombozytenfaktor 4 (PF-4), colony stimulating factor (CSF), IL-6 und IL-8.
Funktion – Pathophysiologie
Die pleiotrope Funktionalität von IL-1 definiert dieses Zytokin als einen wichtigen Mediator inflammatorischer Prozesse, der Immunabwehr, der Gerinnung, der Wundheilung u. a. Sowohl lokale wie auch systemische Wirkungen sind ausschlaggebend.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Präanalytik
Lipämie- und Hämolyse-freies Serum/Plasma.
Analytik
  • Immunchemische Methoden zur Quantifizierung der Zytokinmasse: Enzymimmunoassay, Radioimmunoassay (ELISA, RIA)
  • Funktionelle Methoden (Bioassay); unter Anwendung verschiedener Zelllinien, z. B. A375, D10, Mono-Mac u. a., indirekter Nachweis durch IL-1-induzierte Zytokinfreisetzung.
Referenzbereich – Erwachsene
Methodenabhängig.
Indikation
Ergänzungsdiagnostik systemischer Entzündungsreaktionen, z. B. Sepsis.
Interpretation
Eine eindeutige klinische Indikation zur Messung der Konzentration von IL-1 im Blut gibt es derzeit nicht. Als wichtiger proinflammatorischer Mediator kann die Konzentrationsbestimmung lediglich als Surrogat-Kenngröße systemischer Entzündungsreaktionen, z. B. Sepsis, angesehen werden.
Diagnostische Wertigkeit
Eine klare klinische Bedeutung hat die IL-1-Bestimmung im Serum aktuell noch nicht.
Literatur
Bomford R, Henderson B (Hrsg) (1989) Interleukin-1, inflammation and disease. Elsevier, New York