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Zytokine

Verfasst von: A. M. Gressner und O. A. Gressner
Zytokine
Synonym(e)
Cytokine
Englischer Begriff
cytokines
Definition
Meist niedermolekulare, lösliche (Glyko-)Proteine, die in einer Vielzahl von Zellen exprimiert und von diesen sezerniert werden, um in pico- oder nanomolaren Konzentrationen über spezifische Rezeptoren auf nichtenzymatische Weise pleiotrope Wirkungen auf Zellfunktionen auszuüben.
Beschreibung
Ursprünglich wurde der Begriff Zytokine zur Klassifikation einer Gruppe von gelegentlich auch als Immunotransmitter bezeichneten Proteinen mit immunregulatorischen Eigenschaften verwendet, um sie von anderen Wachstumsfaktoren zu unterscheiden, welche die Proliferation von Nichtimmunzellen modulieren. Sie sind strukturell sehr unterschiedliche, oft glykosylierte Polypeptide mit Molmassen zwischen 7 und 60 kDa, die von verschiedensten Zellen nach Stimulation sezerniert werden und parakrine, autokrine, juxtakrine und endokrine Wirkungen vermitteln:
  • Parakrin: Zielzelle ist dem Syntheseort unmittelbar benachbart
  • Autokrin: Zielzelle und Syntheseort sind identisch
  • Juxtakrin: Zytokin bleibt membrangebunden am Syntheseort und wirkt auf unmittelbare Nachbarzelle
  • Endokrin: Zielzelle ist vom Syntheseort weit entfernt, Zytokinverbreitung erfolgt über systemische Zirkulation
Sie sind kurzlebige lokale und systemische Mediatoren der interzellulären Kommunikation und bilden durch ihre pleiotropen und redundanten biologischen Aktivitäten ein funktionelles Netzwerk. Bildungsorte für immunrelevante Zytokine (Th-1-Typ für zelluläre Immunität, Th-2-Typ für humorale Immunität) sind neben Lymphozyten (Lymphozyt) und Monozyten/Makrophagen auch nicht immunologische Zellen wie Endothelzellen, Fibroblasten, Keratinozyten, Hepatozyten, Thymuszellen und glatte Muskelzellen. Zytokineffekte werden über spezifische, hochaffine Zelloberflächenrezeptoren vermittelt, die der Typ-1- oder Typ-2-Zytokin-Rezeptorfamilie angehören. Neben membrangebundenen Rezeptoren sind auch lösliche Rezeptoren in Gewebe und Körperflüssigkeiten vorhanden, letztere entstehen durch proteolytische Abspaltung der Transmembranrezeptoren („shedding“) und führen zur Hemmung der Zytokinaktivität durch Bindung des Liganden. Zusätzliche Bindung an Plasmaproteine (z. B. α2-Makroglobulin) und an zirkulierende Blutzellen (z. B. Erythrozyten).
Hinsichtlich ihrer Wirkung auf Entzündungsprozesse sind proinflammatorische (z. B. IL-1, IL-2, IFN-γ, TNF-α) von antiinflammatorischen Zytokinen (z. B. IL-1-Rezeptorantagonist, IL-10, TGF-β) zu unterscheiden. Eine verbindliche Einteilung (s. nachfolgende Tabelle) und Nomenklatur ist derzeit nicht verfügbar.
Einteilung der Zytokine:
Typ
Vertreter
IL-1 bis IL-30, IL-1RA u. a.
Interferone (IFN)
IFN-α, -β, -γ
Kolonie-stimulierende Faktoren (CSF)
M-CSF, GM-CSF, G-CSF, SCF, Erythropoetin, Thrombopoetin u. a.
Tumornekrosefaktoren (TNF)
TNF-α, -β, Lymphotoxin-β
Ca. 40 Einzelchemokine: GRO, MCP, MIP, RANTES u. v. a.
Lösliche Rezeptoren (R)
TNF-R, IL-1R, IL-4R u. v. a.
Transformierende Wachstumsfaktoren (TGF)
TGF-β, -α, Activine, bone morphogenetic proteins (BMPs)
Qualitative Nachweisverfahren und quantitative Bestimmungsmethoden auf der Zell- bzw. Gewebeebene und in Körperflüssigkeiten sind auf der RNA- bzw. Proteinebene mit verschiedenen Methoden möglich (Tab. 1). Eine Reihe von Zytokinen haben erhebliche pathogenetische Relevanz – z. B. Tumornekrosefaktor-α (TNF-α), Transforming Growth Factor β (TGF-β), Interleukin-6 – und sind das Ziel therapeutischer Interventionen (z. B. TNF-α-Antagonisierung, IL-1-Rezeptorantagonisten). Eine klinisch-diagnostische Relevanz ihrer Bestimmung in Körperflüssigkeiten im Rahmen von Akute-Phase-Reaktionen (Akute-Phase-Reaktion), Sepsis, entzündlichen Darm- und Gelenkerkrankungen ist auf wenige Zytokine beschränkt, z. B. IL-6, IL-8, IL-10 (Interleukin-10), TNF-α.
Tab. 1
Bestimmungs- und Nachweismethoden von Zytokinen auf RNA- und Proteinebene
Methode
Ebene
Vorteile
Nachteile
In-situ-Hybridisierung
RNA
Identifizierung des zellulären Expressionsorts
Aufwendig
Nicht quantifizierbare RNA-Expression
Nicht beweisend für Proteinexpression
RT-PCR
RNA
Hohe Sensitivität
Routinetauglich
Im Standardverfahren nicht quantifizierbar
Kontaminationsanfällig
Northern blotting
RNA
Robuste Methode
Aufwendig
Geringe Sensitivität
Immunzytochemie
Protein
Identifizierung der exprimierenden Zelle
Routinetauglich
Falsch positive und falsch negative Befunde
Hohe Abhängigkeit von Antikörperqualität
Enzymimmunoassay und Varianten
Protein
Hohe Sensitivität
Routinetauglich
Hohe Abhängigkeit von Antikörperqualität
Bestimmung der Masse, nicht der Aktivität
Zytokinbindungen an Proteine (z. B. α2-Makroglobulin) und lösliche Rezeptoren können zu falsch negativen Ergebnissen führen
Western blotting
Protein
Routinetauglich
Geringe Sensitivität
Nur semiquantitative Ergebnisse
Proteinfunktion
Nachweis der Funktionalität
Störanfällig durch Interferenz mit löslichen Rezeptoren, Bindungsproteinen u. a.
Nicht routinetauglich
Literatur
Horst Ibelgaufts COPE: Cytokines online pathfinder encyclopaedia. www.​copewithcytokine​s.​de, Version 45.1, Springer 2016 Edition