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Kryoglobuline

Verfasst von: H. Renz und B. Gierten
Kryoglobuline
Englischer Begriff
cryoglobulins; cryoglobulinemia
Definition
Kryoglobuline sind Immunglobuline, die spontan und reversibel bei Temperaturen unterhalb der Körperkerntemperatur präzipitieren.
Struktur
Immunglobuline oder -ketten aller Immunglobulinklassen.
Funktion – Pathophysiologie
Nachgewiesen sind 3 Formen der Kryoglobuline:
  • Typ 1: monoklonale Immunglobuline, häufig Typ IgM/κ:
    • Ca. 25 % der Fälle
    • Häufig assoziiert mit multiplem Myelom, Morbus Waldenström u. a. immunoproliferativen Erkrankungen mit IgM-Komponenten, idiopathisch
    • Vollblut kann bereits bei Abnahme gelieren, da große Mengen Kryoglobuline (>5 mg/dL Serum) nachweisbar sind
    • Schwere Symptomatik (z. B. Raynaud-Symptomatik, Gangrän ohne Nachweis anderer Ursachen)
  • Typ 2: gemischte Kryoglobulinämie: monoklonale Immunglobuline mit Anteilen mindestens einer polyklonalen Immunglobulinklasse (meist IgM/IgG), immer Nachweis von Rheumafaktor (RF)
    • Ca. 25 % der Fälle
    • Assoziiert mit lymphoproliferativen und Autoimmunerkrankungen, chronischer Hepatitis-C-Infektion, Sjögren-Syndrom, Immunkomplexnephritis
    • RF in hoher Konzentration ohne rheumatische Symptomatik
    • Komplementkomponente C4 erniedrigt
  • Typ 3: gemischte polyklonale Kryoglobulinämie (meist IgM/IgG)
    • Ca. 50 % der Fälle
    • Nachweisbar in geringen Mengen (<1 mg/dL Serum) in Gesunden
    • Assoziiert mit lymphoproliferativen Erkrankungen, Bindegewebserkrankungen (SLE), Vaskulitis und/oder Nephritis im Rahmen chronisch entzündlicher Darmerkrankungen, Hepatitis, persistierende Infektionen (bakterielle Endokarditis, Hepatitis-C-Infektion, Pilze, Parasiten)
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Präanalytik
Interpretationsschwierigkeiten bei Antikoagulanzientherapie (bes. Heparin i.v.) und vorangegangener Plasmapherese. Entnahme und Gerinnung der Proben bei 37 °C. Nach Zentrifugation wird das Serum dekantiert und erneut zentrifugiert.
Analytik
Das nach Zentrifugation gewonnene Serum wird für 1 Woche bei 4 °C gelagert und täglich auf Präzipitate untersucht. Treten innerhalb dieser Woche keine Präzipitate auf, wird die Kryoglobulinämie ausgeschlossen. Bei Auftreten von Präzipitaten werden diese in 0,9 % NaCl gelöst und z. B. mittels Immunfixation aufgetrennt. Durch Inkubation mit Antiseren gegen Ig-κ-, Ig-λ-, Ig-α-, Ig-γ- oder Ig-μ- Kette kann der Kryoglobulintyp charakterisiert werden.
Andere Trennmethoden:
Konventionelle Einheit
mg/dL.
Internationale Einheit
mg/dL.
Referenzbereich – Erwachsene
Kein Nachweis von Kryoglobulinen.
Referenzbereich – Kinder
Kein Nachweis von Kryoglobulinen.
Indikation
  • Purpura
  • Meltzer-Triade aus Purpura, Arthralgie, Schwäche
  • Unspezifische neuronale und/oder renale Symptome
  • Sicca-Symptomatik
  • Arthritis
Interpretation
s. Funktion – Pathophysiologie.
Diagnostische Wertigkeit
Durch Identifikation des Kryoglobulintyps mittels Immunfixation können bei unklarer klinischer Symptomatik Rückschlüsse auf die Grunderkrankung gezogen werden.
Literatur
Kallemuchikkal U, Gorevic PD (1999) Evaluation of cryoglobulins. Arch Pathol Lab Med 123:119–125PubMed
Monti G et al (1995) Cryoglobulinaemias: a multi-center study of the early clinical and laboratory manifestations of primary and secondary disease. Q J Med 88:115