Verfasst von: Beatrice Amann-Vesti, Adriano Fontana, Peter Kuhlencordt und Justus G. Müller
Die Panarteriitis nodosa wurde von Kussmaul und Maier 1866 beschrieben und damals Periarteriitis nodosa genannt aufgrund der vielen kleinen Knötchen, die entlang einer muskulären Arterie zu finden sind. Als man die wahre Natur der Knötchen erkannte, wurde die Krankheit in Pan- oder Polyarteriitis nodosa (PAN) umbenannt. Es handelt sich um eine nekrotisierende Arteriitis, die kleine und mittelgroße Arterien der meisten Organe befallen kann. Typischerweise sind die Nieren und Viszeralarterien betroffen. Bei der klassischen PAN sind die Pulmonalarterien nicht mitbetroffen, Bronchialgefäße können aber beteiligt sein.
Die Panarteriitis nodosa wurde von Kussmaul und Maier 1866 beschrieben und damals Periarteriitis nodosa genannt aufgrund der vielen kleinen Knötchen, die entlang einer muskulären Arterie zu finden sind. Als man die wahre Natur der Knötchen erkannte, wurde die Krankheit in Pan- oder Polyarteriitis nodosa (PAN) umbenannt. Es handelt sich um eine nekrotisierende Arteriitis, die kleine und mittelgroße Arterien der meisten Organe befallen kann. Typischerweise sind die Nieren und Viszeralarterien betroffen. Bei der klassischen PAN sind die Pulmonalarterien nicht mitbetroffen, Bronchialgefäße können aber beteiligt sein.
Häufigkeit
Die PAN ist eine seltene Erkrankung, typischerweise tritt sie zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr auf, Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen, die Angaben variieren zwischen 1,6:1 bis 3:1. Eine genaue Angabe über die Inzidenz der Krankheit ist schwierig, da die vorliegenden Literaturangaben noch die heute getrennten PAN und die mikroskopische Polyangiitis zusammenfassen. Der Ausdruck mikroskopische Polyangiitis (Abschn. 2) wird für eine nekrotisierende Vaskulitis der kleinen Gefäße (Kapillaren, Venolen, Arteriolen) verwendet, bei der man keine oder nur sehr wenige Immunkomplexe findet, und die ANCA-positiv sind (Guillevin und Lhote 1995; Segelmark und Selga 2007). Die PAN dagegen ist ANCA-negativ.
Pathophysiologie
Histologisch besteht eine sehr charakteristische fibrinoide Nekrose der Media der kleinen und mittelgroßen muskulären Arterien. Die Arterien sind segmental und häufig im Bereich von Bifurkationen und Seitenästen betroffen. Die immer vorhandene Entzündung der Adventitia kann die benachbarte Vene involvieren. Im akuten Stadium finden sich polymorphkernige neutrophile Infiltrate in Umgebung der fibrinoiden Nekrose. Die Medianekrose führt auch zur Zerstörung der Intima mit lokalen Thrombosen, die dann revaskularisiert werden, mit dem Endeffekt einer „Intimaproliferation“ und eventuell einer Stenose/einem Verschluss des Gefäßlumens. Die Medianekrose kann auch zur Ausbildung von Aneurysmen und eventuell zur Gefäßruptur führen.
Die PAN ist überwiegend idiopathisch und nicht mit Immunkomplexen assoziiert. Aber bei 20–30 % der Patienten mit PAN kann man das Hepatitis-B-Antigen (HBs-Antigen) und/oder Anti-HBs-Antigen im Serum und in einigen Fällen sogar in den betroffenen Gefäßabschnitten nachweisen (Glück et al. 1997). In etwa 5 % der Patienten wurde eine Hepatitis-C-Infektion gefunden. Treten PAN-ähnliche Krankheitsbilder bei Tumoren (v. a. Haarzell-Leukämie) oder der rheumatoiden Arthritis, HIV-Erkrankung oder dem Sjögren-Syndrom auf, spricht man von sekundärer PAN.
Klinik
In der Mehrzahl der Patienten manifestiert sich die Erkrankung mit Gewichtsverlust, Fieber und Müdigkeit. Diese Allgemeinsymptome können mit einem oder mehreren organspezifischen Symptomen wie abdominalen Beschwerden, Myalgien, Arthralgien oder Parästhesien kombiniert sein. Hautveränderungen in Form einer Livedo reticularis können auftreten. Der Gastrointestinaltrakt ist häufig betroffen, so dass neben Abdominalschmerzen Übelkeit, Erbrechen und Durchfall häufig vorkommen. Schwerwiegendere gastrointestinale Komplikationen der PAN können intestinale Blutungen, Perforationen oder Mesenterialinfarkt sein. Es gibt auch eine PAN als histologischen Zufallsbefund, z. B. bei Cholezystektomien, die dann ohne systemische Entzündungszeichen auftritt (Burke und Virmani 2001).
Die Niere ist das am meisten betroffene Organ (bis 75 %) und am häufigsten für den letalen Verlauf der Erkrankung verantwortlich. Die Vaskulitis der Arteria renalis oder der größeren intrarenalen Gefäße (A. arcuata, interlobuläre Arterien) führt zu renaler Hypertonie und Nierenfunktionsstörung. Flankenschmerzen können Ausdruck von Niereninfarkten sein.
Bei etwa einem Drittel der Patienten kommt es zu kardialen Manifestationen aufgrund der entzündlichen Veränderung der Koronararterien mit Angina pectoris, Myokardinfarkt oder Herzinsuffizienz. Viele Patienten klagen über neuropathische Symptome im Verlaufe der Erkrankung, die sich typischerweise als Mononeuritis multiplex äußern. Eine Beteiligung der zentralen Nerven ist selten. Retinablutungen, Skleritis, Uveitis oder Chorioiditis können auftreten.
Diagnose
Typischerweise findet sich eine erhöhte BSR, eine Leukozytose und Thrombozytose, eine Anämie und bei der mikroskopischen Polyarteriitis ein pathologisches Urinsediment (Hämaturie mit dysmorphen Erythrozyten). Ein positiver Titer für Rheumafaktoren kann bei etwa einem Drittel der Patienten gefunden werden. Die Angaben zu der Häufigkeit von positiven Hepatitis-B-Antigenen (HBs Antigene) und/oder Anti-HBs-Antigenen im Serum variieren stark. Hepatitis-B-assoziierte PAN sind meist Rheumafaktor-positiv und zeigen eine Verminderung von Komplement C3 und C4.
Die Diagnose der PAN beruht hauptsächlich auf der typischen Histologie mit fibrinoider Nekrose der Media kleiner und mittelgroßer Arterien. Die Schwierigkeit liegt darin, ein betroffenes Gefäßstück zu erhalten, die Trefferquote liegt gemäß einigen Autoren bei nur etwa 20 % und wiederholte Biopsien können manchmal notwendig werden. Die Angiografie zeigt im Bereich der betroffenen Gefäße eine sehr typische Veränderung, was zusammen mit dem klinischen Bild bereits für die Diagnosestellung genügen kann (Abb. 1). Aneurysmen der großen Gefäße sind nicht typisch für die PAN. Können Biopsien von symptomatischen Organen entnommen werden, z. B. von Hautläsionen mit schmerzhaften Noduli (tiefe Biopsie!), schmerzhaften Muskelgruppen oder von schmerzenden Hoden oder Nebenhoden, ist die Trefferquote für einen positiven Befund deutlich erhöht.
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Therapie
Die Therapie der PAN (wie auch die der mikroskopischen Polyangiitis) hängt vom Schweregrad der Erkrankung ab. Bei Beteiligung von Niere, Herz, Magen-Darm-Trakt oder Nervensystem ist die Kombination von Kortikosteroiden und Cyclophosphamid zu wählen. Bei hochakuter Erkrankung werden initial die Kortikosteroide intravenös verabreicht (Tag 1–4: je 1 g Solumedrol), gefolgt von Prednison 1 mg/kg KG. Cyclophosphamid (Endoxan) wird der Toxizität und des rascheren Wirkungseintrittes wegen alle 2 Wochen intravenös gegeben (0,5–0,7 g/m2) und bis zum Erreichen der Remission, mindestens aber 3 Monate (maximal 6 Monate oder 12 Infusionen). Danach wird das Cyclophosphamid ersetzt durch Azathioprin (Imurek) per os (2 mg/kg KG).
Prognose
Unbehandelt ist die Prognose der PAN sehr schlecht. Es kommt in der Regel zu einer fulminanten Progression der Erkrankung mit Nierenversagen und gastrointestinalen und kardiovaskulären Komplikationen. Die 5-Jahres-Überlebensrate bei unbehandelten Patienten liegt nur bei etwa 10–15 %, mit Behandlung verbessert sie sich auf etwa 50–80 %. Die Beteiligung der Nieren, des Magen-Darm-Traktes, des Nervensystems oder kardialer Befall ist prognostisch ungünstig.
Bei der PAN finden sich neben Allgemeinsymptomen häufig eine renale, gastrointestinale und neurologische Symptomatik. Die Biopsie ist für die Diagnose wichtig, kann aber häufig falsch-negativ ausfallen. Zeigt die Angiografie der Nieren- und Viszeralgefäße die sehr typischen kleinen Aneurysmen, kann sie diagnostisch wegweisend sein. Bei der mikroskopischen Polyangiitis sind das Vorliegen einer Glomulonephritis und der Nachweis von ANCA diagnostisch wegweisend. Die Therapie mit Steroiden und Cyclophosphamid hat die schlechte Langzeitprognose deutlich verbessert.
Klassifikationskriterien des ACR (American College of Rheumatology) für PAN bei Patienten mit Vaskulitis
Anhaltspunkte für Hepatitis-B-Infektion (positive HBs-Antigene und/oder Anti-HBs-Antigene im Serum)
Typische Veränderungen in der Arteriografie (Aneurysmen der kleinen bis mittelgroßen Gefäße)
Histologischer Befund einer kleinen bis mittelgroßen Arterie mit polymorphkernigen Zellen
Die Sensitivität und Spezifität für die Diagnose einer PAN beträgt 82 % resp. 87 % bei Patienten mit Vaskulitis, bei denen mindestens 3 der oben genannten Kriterien vorliegen.
Mikroskopische Polyangiitis
Definition
Die mikroskopische Polyangiitis (MPA) wurde, wie der Name sagt, lange Zeit als „mikroskopische“ Variante einer Panarteriitis nodosa betrachtet, wie z. B. noch in der Klassifikation des ACR 1990. Nach der Entdeckung der ANCA durch van der Woude 1985 (van der Woude et al. 1985) wurde zunächst die granulomatöse Polyangiitis (früher: Wegener-Granulomatose) als eigene Krankheitsentität bestätigt. Und dann wurde aus dem großen Topf der PAN zunächst eine ANCA-positive PAN abgegrenzt, die heute als MPA definiert ist. Dafür wurde die ursprüngliche Beschränkung auf „Kleingefäße“ zugunsten einer gelegentlichen Mitbeteiligung mittelgroßer Arterien und Venen erweitert.
Pathologie
„Mikroskopisch“ charakterisiert die Erkrankung gut, denn hier sind die „kleinen“ Gefäße, also Arteriolen, Venolen und Kapillaren, betroffen. Es gibt aber auch Ausnahmen mit Befall von (mikroskopisch kleinen) Arterien. Histologisch bestehen im akuten Stadium granulozytäre Infiltrate in der Wand und in der Umgebung der Gefäße, und zumeist sind mehrere Gefäße in einer Biopsie betroffen. Manchmal kann der Befund rein histologisch einer leukozytoklastischen Vaskulitis ähneln, wenn dem Pathologen bei der Auswertung keine klinischen Angaben mitgeteilt wurden. Die Vaskulitis führt zu Mikroinfarkten und Blutungen in wenigen Millimetern Umkreis um das betroffene Gefäß.
Klinik
Klinisch weisen die Panarteriitis nodosa und die mikroskopische Polyangiitis eine breite Überlappung auf. Unterschiede ergeben sich durch den Befall kleiner Gefäße bei der mikroskopischen Polyangiitis: rapid progrediente Glomerulonephritis, oder Befall der Lungen mit alveolärer Kapillaritis und blutigem Sputum sind Beispiele. Die Kombination Glomerulonephritis und Lungenhämorrhagie wird als pulmorenales Syndrom bezeichnet. Diese Kombination ist aber nicht pathognomonisch für die MPA, denn sie kann auch bei anderen ANCA-positiven Vaskulitiden, oder beim SLE, der Purpura Schönlein-Henoch und beim Goodpasture-Syndrom auftreten. Gut die Hälfte bis zwei Drittel der MPA-Patienten weisen Myalgien, Arthralgien oder Arthritiden Monate bis Jahre vor der Diagnosestellung auf. Eine Nierenbeteiligung wird in 75–100 % (in nephrologischen Serien), eine Hautbeteiligung in 60 %, eine Beteiligung des Gastrointestinaltraktes in 30 %, eine Sinusitis in 11 %, und eine periphere Neuritis in gut der Hälfte der Patienten beschrieben (Guillevin und Lhote 1995).
Labor
Bei der mikroskopischen Polyangiitis sind tieftitrig oft Rheumafaktoren und antinukleäre Antikörper sowie Immunkomplexe nachweisbar. Diagnostisch wegweisend sind aber die ANCA, wobei es sich in etwa 80 % der positiven Fälle um anti-MPO- und in etwa 20 % um anti-PR3-ANCA handelt. Gut 75 % der Fälle von MPA sind positiv für p-ANCA (während die granulomatöse Polyangiitis in 90 % positiv für c-ANCA ist).
Diagnose
Wenn über die Klinik und die ANCA-Serologie noch keine Diagnosesicherung möglich ist, wird häufig zur Diagnosesicherung eine Biopsie (Nieren-Biopsie, Hautbiopsie) durchgeführt. Morphologisch können in Hautbiopsien wegen des Befalles kleiner Gefäße und des überwiegend granulozytären Infiltrates Überlappungen zur leukozytoklastischen Vaskulitis bestehen. Dies lässt sich aber klinisch zumeist sicher durch das Alter, die ANCA-Serologie, und histologisch durch die fehlende Immunkomplex-Ablagerung ausschließen.
Prognose und Therapie
Rezidive werden in etwa einem Drittel aller Fälle beschrieben, mit einer medianen Zeit zwischen Primärdiagnose und Rezidiv von 24 Monaten (Guillevin et al. 1999).
Die Therapie muss der Schwere der Erkrankung angepasst werden, um schwere Nebenwirkungen (insbesondere opportunistische Infektionen) zu vermeiden. Von Guillevin wurde dazu 1996 ein „Five Factor Score“ vorgeschlagen: Proteinurie >1 g/24 h, SerumKreatinin >140 μmol/l, spezifische Beteiligung des Gastrointestinaltraktes (Ulzerationen, Blutungen), spezifische Kardiomyopathie, spezifische ZNS-Beteiligung. Bei Fehlen dieser Kriterien wird eine 5-Jahres-Überlebensrate von 88 %, 74 % bei einem und 54 % bei zwei oder mehr dieser Kriterien angegeben.
Die allergische Angiitis und Granulomatose wurde 1951 durch Churg und Strauss beschrieben und ist charakterisiert durch eine granulomatöse Vaskulitis mit Befall mehrerer Organe vor allem der Lunge. Sie ist charakterisiert durch Eosinophilie und extravaskuläre Granulome und ist assoziiert mit schwerem Asthma.
Häufigkeit
Es handelt sich um eine seltene Erkrankung, bei der die genaue Inzidenz nicht bekannt ist. Typischerweise sind Patienten um das 50. Lebensjahr betroffen, Männer etwas häufiger als Frauen (1,3:1).
Pathologie
Die eosinophile granulomatöse Polyangiitis (EGPA) betrifft vor allem kleine und mittelgroße Gefäße mit eosinophiler Infiltration des Gewebes und Bildung von extravaskulären Granulomen vor allem in der Lunge, im Herz, in der Leber, in der Haut und in der Milz. Venen und Arterien können mit betroffen sein. Die Gefäße sind in der Regel segmental betroffen und aneurysmatische Erweiterungen können vorkommen, sind aber deutlich seltener als bei der PAN.
Klinik
In der initialen Phase besteht eine allergische Erkrankung mit Asthma oder allergischer Rhinitis, die über Jahre andauern können. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Bluteosinophilie und Lungeninfiltraten. Im oberen Respirationstrakt ist neben der Rhinitis häufig eine Polypose oder eine Sinusitis vorhanden. Nach Jahren entwickelt sich dann eine Vaskulitis mit kutanen Manifestationen in Form einer Purpura oder nodulären Läsionen, welchen histologisch eine leukozytoklastische Vaskulitis zugrunde liegt. 70 % der Patienten erleiden eine akut einsetzende Mononeuritis. Das Herz ist bei etwa einem Drittel der Patienten betroffen (Myokarditis) und ist häufig die Ursache für den letalen Ausgang. Im Gegensatz zur PAN sind die Nieren seltener betroffen, die Vaskulitis kann aber den Gastrointestinaltrakt mit betreffen und zu ischämischen Perforationen, Blutungen oder Kolitis führen.
Labor
Typischerweise findet man bei der eosinophilen granulomatösen Polyangiitis (EGPA) eine Eosinophilie mit >1000 Eosinophilen/μl, kombiniert mit ANCA bei 50–80 % der Patienten (v. a. MPO-ANCA). Der Spiegel der Eosinophilen korreliert häufig mit der Krankheitsaktivität. Die übrigen Laborbefunde sind ähnlich wie bei der PAN, mit Anämie, Leukozytose, erhöhter BSR und positiven Rheumafaktoren.
Diagnose
Die Diagnose der EGPA wird durch das klinische Bild (Atopie-Anamnese, langjähriges Asthma, Eosinophilie und positive ANCA) gestellt. Bei atypischer Manifestation kann eine Biopsie zur Diagnose führen. Die Biopsie zeigt eine granulomatöse Vaskulitis mit eosinophilen Gewebeinfiltraten.
Klassifikationskriterien des ACR für eosinophile granulomatöse Polyangiitis (EGPA) bei Patienten mit Vaskulitis
Histologischer Befund mit Akkumulation von Eosinophilen im extravaskulären Raum
Die Sensitivität und Spezifität für die Diagnose der EGPA beträgt 85 % resp. 99,7 %, wenn 4 dieser Kriterien bei einem Patienten mit Vaskulitis vorliegen.
Die eosinophile granulomatöse Polyangiitis kompliziert ein langjährig vorbestehendes Asthma bronchiale und geht mit peripherer Eosinophilie, fluktuierenden Lungeninfiltraten und Mononeuritis sowie Hautvaskulitis einher. MPO-ANCA sind oft positiv.
Prognose
Die Prognose der eosinophilen granulomatösen Polyangiitis ist deutlich besser als die der PAN, unter Therapie mit Steroiden liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei 80–90 %, unbehandelt beträgt die jedoch nur 25 %.
Therapie
Kortikosteroide (Prednison 1 mg/kg KG) sind zur Behandlung meist genügend. Bei Beteiligung des Herzens, bei Vorliegen einer Mononeuritis (Schaublin et al. 2005) oder nach einem erneuten Schub unter tiefdosierten Kortikosteroiden ist zudem Cyclophosphamid (Endoxan) oder Azathioprin (Imurek) indiziert.
Die granulomatöse Polyangiitis (GPA) (früher: Wegener’sche Granulomatose) ist eine zumeist ANCA-positive, nekrotisierende granulomatöse Vaskulitis, die vor allem den oberen und unteren Respirationstrakt sowie die Nieren betrifft. Die Ätiologie dieses nekrotisierenden granulomatösen Prozesses ist nicht bekannt. Es ist eine seltene Erkrankung, die typischerweise etwa im 40. bis 50. Lebensjahr auftritt und Männer etwas häufiger betrifft als Frauen.
Pathologie
Das histologische Bild der granulomatösen Polyangiitis (GPA) ist von Gewebe zu Gewebe sehr unterschiedlich. Die typischsten Veränderungen finden sich in der Lunge. Es besteht eine chronisch-entzündliche Destruktion kleiner Arterien, Venen oder Kapillaren. Die Riesenzellen liegen dabei z. T. in dem betroffenen Gefäß, z. T. liegen sie aber auch abseits des Gefäßes frei im entzündeten Interstitium. Das histologische Bild bedarf einer breiten Differenzialdiagnose (Übersicht), da eine Fülle anderer Erkrankungen ganz ähnliche histologische Befunde verursachen können. Je nach der Größe des zerstörten Gefäßes kommt es zu einer makroskopisch sichtbaren Nekrose. Klinisch-radiologisch kann dieser Lungenherd das erste Symptom der granulomatösen Polyangiitis (GPA) sein und muss dann differenzialdiagnostisch von Tumoren oder anderen chronisch-entzündlichen Lungenprozessen, wie der Tuberkulose, abgegrenzt werden.
Histologische Differenzialdiagnose der granulomatöse Polyangiitis (GPA) (früher: Wegener’sche Granulomatose) in der Lunge
Infektiöse nekrotisierte Granulome (Tuberkulose, atypische granulomatöse Reaktion auf Pilze/Parasiten/andere Erreger, die bei chronischer Entzündung alle auch mit einer [sekundären] Vaskulitis einhergehen können)
Maligne Non-Hodgkin-Lymphome mit angiozentrischem Wachstum (B- und T-Zell-Lymphome)
Rheumagranulom
In der Nasenschleimhaut wird dagegen zumeist nur eine Ulzeration beobachtet, die für sich genommen unspezifisch ist. Manchmal geben eine Basophilie des Ulkusschorfes (durch DNA aus zerfallenden neutrophilen Granulozyten, extrazelluläre neutrophile Traps ENT) oder einzelne Riesenzellen im Ulkusgrund einen Hinweis auf eine granulomatöse Polyangiitis (GPA). Ein Vaskulitis findet sich in Nasenbiopsien zumeist nicht.
In der Niere ist das Bild wieder ganz anders. Hier kommt es zur fokalen segmentalen nekrotisierten Glomerulonephritis: ein Schlingenbereich des Glomerulums weist eine fibrinoide Nekrose und ein granulozytäres Exsudat auf. In der Immunfluoreszenz sind keine Immunkomplexe nachweisbar, sodass es sich um eine pauzi-immune Glomerulonephritis handelt. Es besteht eine halbmondförmige reaktive Proliferation der perikapillären Zellen/Bowman-Kapselzellen.
In 5 % der Fälle von granulomatöser Polyangiitis (GPA) besteht im Gewebe eine Eosinophilie. Die Differenzialdiagnose zur Churg-Strauss-Vaskulitis ergibt sich aus dem Fehlen eine Bluteosinophilie und dem Fehlen asthmatischer Veränderungen bei GPA.
Klinik
Die Erkrankung manifestiert sich mit Husten, Hämoptoe und Sinusitis, verbunden mit Allgemeinsymptomen wie Fieber und Arthralgien. Nasale Ulzerationen können zu Perforationen des Nasenseptums und zu einer sattelförmigen Nasendeformation führen. Sekundäre Infektionen der paranasalen Sinus und des Mittelohrs treten oft auf. Bei Befall des Mittelohrs durch Granulome und Vaskulitis kann es zu Destruktionen bis ins Mastoid kommen. Ein Exophthalmus bei retroorbitalen Granulomen mit Zerstörung des Nasenseptums ist charakteristisch.
Die granulomatöse Polyangiitis ist charakterisiert durch positive c-ANCA sowie die drei am häufigsten befallenen Organe (Tab. 1): Nase (deformierende Ulzera), Lunge (radiologisch sichtbare Herde) und Nieren (pauzi-immune Glomerulonephritis). Unbehandelt verläuft die Erkrankung fulminant und die Patienten versterben in der Regel im ersten Jahr nach Diagnosestellung.
Tab. 1
Klinische Manifestationen der granulomatöse Polyangiitis (GPA) (Daten von Hoffman et al. 1992; Reinhold-Keller et al. 2000)
Bei Befall der Lungen bestehen radiologisch zumeist etwa 2–3 cm große, manchmal aber auch über 10 cm große noduläre Infiltrate. Bei Anschluss der Nekrose an einen Bronchus kann es zur Kavernenbildung kommen. Die größeren Lungenherde der granulomatöse Polyangiitis müssen reseziert werden.
Die Nierenbeteiligung kann sich als Glomerulonephritis oder nephritisches Syndrom manifestieren und fulminant verlaufen. Augensymptome wie eine milde Konjunktivitis bis zu einer schweren Episkleritis oder granulomatösen Sklerouveitis kommen bei etwa der Hälfte der Patienten vor. Selten kommt es zu einer kardialen Beteiligung mit Perikarditis, koronarer Vaskulitis, oder AV-Blockierung und auch die Beteiligung des Nervensystems mit Mononeuritis ist selten.
Die Inzidenz wird mit etwa 0,3 Fällen (Cotch et al. 1996) bzw. 8–9 Fällen (Reinhold-Keller et al. 2005) pro Million Einwohner angegeben. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 50 Jahren, die Erkrankung kann selten aber auch bei Kindern und Jugendlichen auftreten.
Diagnose
Bei Patienten mit den typischen Symptomen des oberen und unteren Respirationstrakts kann die Diagnose mittels Biopsie von betroffenem Gewebe gesichert werden. Drei Biopsie-Stellen kommen in Betracht: die Nase, die Lunge, und die Nieren. Die histologischen Veränderungen in der Nasenbiopsie müssen dabei immer im klinischen Kontext interpretiert werden, da hier so gut wie nie das Vollbild einer nekrotisierenden granulomatösen Vaskulitis besteht.
Nasen- und Lungenbiopsien müssen immer gezielt, also aus sichtbaren Herdbefunden, gewonnen werden, da die GPA fokal ausgebildet ist. Die Nierenbiopsie ist zwangsläufig eine ungezielte Biopsie. Ihre Trefferquote hängt von der Größe der Biopsie ab – trotzdem kann natürlich wegen des fokalen Befalles auch eine ausreichend große Nierenbiopsie falsch negativ sein.
Im Labor finden sich Zeichen der chronischen Entzündung mit erhöhter BSR, Leukozytose, Thrombozytose und Anämie. Bei über 90 % der Patienten sind die ANCA (v. a. PR3-ANCA) positiv (Abschn. 2 in Kap. „Vaskulitiden: Terminologie, Klassifikation und Diagnostik“). Bei der auf den Nasopharynx beschränkten granulomatösen Polyangiitis können die ANCA negativ sein. Als Verlaufsparameter der Erkrankung sind die ANCA oft unzuverlässig, da sie bei einem akuten neuen Schub eventuell nur verzögert positiv werden oder in Remission nicht verschwinden.
Die Sensitivität der Immunfluoreszenz für die aktive (!) granulomatöse Polyangiitis wird mit 90–100 %, die Spezifität mit 80–90 % angegeben. Bei c-ANCA-ELISA-Test wird die Sensitivität mit 80–90 % und die Spezifität mit 97 % angegeben; der p-ANCA-ELISA hat eine Sensitivität von gut 20 % der aktiven Fälle von GPA (Tab. 2).
Tab. 2
Häufigkeit und Art der antineutrophilen zytoplasmatischen Antikörper (ANCA)
Unbehandelt verläuft die granulomatöse Polyangiitis innerhalb von Monaten meist letal, therapiert liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei über 80 %, wobei ein renaler Befall prognostisch ungünstig ist (Lane et al. 2005; Mahr et al. 2005).
Therapie
Die noch heute gültige Therapie der granulomatösen Polyangiitis mit täglich Cyclophosphamid und Glukokortikoid wurde von Fauci 1983 beschrieben. In seiner Originalstudie erreichten 79 von 85 Patienten (93 %) eine komplette Remission, mit einer mittleren Remissionsdauer von 48 Monaten. Das heißt, dass nach 2 Jahren die Mehrzahl der Patienten, auch nach kompletter Remission, ein Rezidiv erlitten hatten. Dosierungen sind wie bei der Panarteriitis nodosa (Abschn. 1).
Methotrexat kann als Substitution für Cyclophsophamid bei den nicht maximal schweren Verläufen, insbesondere, wenn keine Nierenbeteiligung besteht, zu gleichartigen Therapieergebnissen führen (Villa-Forte et al. 2007). Dann besteht die Therapie meist aus der Kombination von Kortikosteroiden (Prednison 1 mg/kg KG p.o. über 1 Monat, dann Reduktion auf die Erhaltungstherapie 7,5–10 mg) und Methotrexat (einmal pro Woche 15–20 mg subkutan).
In der Untersuchung von Reinhold-Keller konnten etwa 50 % der Patienten in eine komplette Remission gebracht werden (83 von 155 Patienten, bei einem mittlerem Nachbeobachtungszeitraum von 7 Jahren; Reinhold-Keller et al. 2000). In der prospektiven Untersuchung von Hoffman 1992 konnten 75 % von 158 Patienten in eine komplette Remission gebracht werden. Allerdings kommt es auch heute noch häufig zu Rezidiven – auch nach kompletter Remission. Von den 99 Patienten, die mehr als 5 Jahre beobachtet werden konnten, hatten „nur“ 44 (45 %) eine rezidivfreie, 5 Jahre andauernde komplette Remission. In der Untersuchung von Hoffman hatten fast alle Patienten bleibende Schäden, entweder durch die Erkrankung (86 % aller Patienten) oder durch die Therapie (42 % aller Patienten).
Noch wenig bekannt ist, ob Therapien mit Rituximab (Antikörper gegen ein B-Lymphozyten-Antigen CD20) oder Tumornekrosefaktor-alpha-Blocker (TNF-α-Blocker-; Infliximab) in schweren Fällen erfolgreich sind (Antoniu 2007).
Purpura Schönlein-Henoch
Definition
Charakteristisch für die Purpura Schönlein-Henoch ist die palpable Purpura, häufig über dem Gesäß und den unteren Extremitäten, Arthralgien, gastrointestinale Symptome und eine Glomerulonephritis. Sie betrifft die kleinen Gefäße (Saulsbury 2007).
Häufigkeit
Die Purpura Schönlein-Henoch tritt typischerweise bei Kindern zwischen 4–7 Jahren auf, sie kann aber auch bei kleineren Kindern und bei Erwachsenen auftreten. Sie ist in der Pädiatrie ein nicht selten vorkommendes Krankheitsbild, das männliche Geschlecht ist etwas häufiger betroffen als das weibliche (1,5:1).
Pathologie
Die Purpura Schönlein-Henoch ist häufig eine selbstlimitierende Erkrankung, ausgelöst durch zirkulierende IgA-Immunkomplexe. IgA-Immunkomplexe können in der Nierenbiopsie und in der Biopsie von frisch aufgetretenen Purpuraläsionen in der Regel nachgewiesen werden. Diese Immunkomplex-Diagnostik lässt sich zwar prinzipiell am Paraffinmaterial (z. B. mit der Immunperoxidase oder alkalischen Phosphatase) durchführen. Sensitiver ist diese histologische Diagnostik aber am Nativmaterial mit der Immunfluoreszenz, sodass der Kliniker vor der Biopsie die entsprechende Aufarbeitung mit dem Pathologen abklären sollte. Im Serum ist das IgA oft erhöht. Die ANCA sind negativ.
Klinik
Die Purpura tritt typischerweise an den unteren Extremitäten auf, in etwa 50 % der Fälle am Gesäß. Fußödeme sind häufig. Arthritis, Abdominalschmerzen mit teilweise blutiger Diarrhö und Übelkeit sind oft zu beobachten. Die intestinale Vaskulitis kann zu Perforationen führen. Die Nierenbeteiligung (Glomerulonephritis) ist in der Regel auf eine asymptomatische Hämaturie limitiert, kann sich aber zu einer dialysepflichtigen Niereninsuffizient entwickeln. Während bei Kindern das Vollbild der Erkrankung vorliegt, zeigen Erwachsene oft nur einzelne Manifestationen wie z. B. Purpura und Arthritis oder Arthritis und Nierenbeteiligung.
Therapie
Die Prognose der Purpura Schönlein-Henoch ist sehr gut, die meisten Patienten erholen sich vollständig und benötigen nur eine symptomatische Therapie. Steroide verbessern die Arthralgien und die abdominale Symptomatik, haben aber kaum einen Effekt auf die Nierenmanifestationen.
Kryoglobulinämie
Kryoglobuline sind Immunglobuline, die bei einer Temperatur unter 37 °C ausfallen. Dieses Phänomen kann bei Paraproteinen schon bei hohen Temperaturen, z. B. über 20 °C auftreten, also bei Temperaturen, welche im Winter an den Fingern, an Nase und Ohren auftreten und deshalb zu kälteassoziierten Veränderungen der Mikrozirkulation führen (Akrozyanose, Ulzera). Bei den gemischten Kryoglobulinen braucht es üblicherweise tagelang Temperaturen von unter 10 °C bis sich eine signifikante Kryopräzipitation einstellt, was intravital nie auftritt. Die Kryoglobuline werden nach Brouet klassifiziert. Beim Typ 1 handelt es sich um ein isoliertes monoklonales Immunglobulin, das heißt ein Paraprotein z. B. IgMκ. Typ 2 und 3 sind gemischte Kryoglobulinämien mit monoklonaler Komponente, z. B. IgMκ-IgG (Typ 2) oder Komplexe von polyklonalen Immunglobulinen wie z. B. IgG-IgM oder IgG-IgA (Typ 3).
Kryoglobuline sind assoziiert mit verschiedenen Erkrankungen wie z. B. multiples Myelom, Lymphom, SLE, Infektionen oder chronisch entzündlichen Erkrankungen wie Sarkoidose oder Kolitis. Die Charakterisierung des Kryoglobulin-Typs ist wichtig und kann Hinweise auf die zugrunde liegende Erkrankung ergeben. Ein Großteil der Patienten mit gemischten Kryoglobulinen hat eine Hepatitis-C-Infektion. Hepatitis-C-Antigene und Anti-HCV-Antikörper können im Kryopräzipitat und in den betroffenen Gefäßen gefunden werden.
In Folge von Kryoglobulinen kommt es zu Purpura der Haut, Arthralgien, Mononeuritis, peripherer Neuropathie, aber auch zu einer Glomerulonephritis bei Nierenbefall. Diese Erkrankung wird auch als Purpura-Arthralgie-Nephritis-Syndrom bezeichnet. Schwere Raynaud-Attacken mit distalen Ulzerationen, arteriellen Verschlüssen und Hämorrhagien können ebenfalls auftreten. Da gemischte Kryoglobuline meist mit einer Hepatitis-C-Infektion einhergehen, sollte diese zuerst behandelt werden. Falls die Kryoglobulin-assoziierten Symptome sehr schwerwiegend sind (Paresen, schwere Glomerulonephritis), sind Kortikosteroide und oftmals Cyclophosphamid (Endoxan) notwendig. Neue Therapiestudien weisen auf Erfolge mit Rituximab, einem Antikörper gegen ein B-Lymphozyten-Antigen (CD20), hin (Korte et al. 2008).
Riesenzellarteriitis
Definition
Die Riesenzellarteriitis (RZA; früher Arteriitis temporalis) ist eine der häufigsten Formen der primären Vaskulitiden. Sie betrifft mittelgroße und große Arterien typischerweise bei über 50-jährigen Patienten. Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht ist die Riesenzellarteriitis nicht (!) spezifisch für die Arteria temporalis, sondern kann auch zahlreiche andere supraaortale Arterien, aber auch die Aorta selber und letztlich alle anderen Organarterien befallen. Bereits 1941 wurde deswegen empfohlen, die Bezeichnung als Arteriitis temporalis durch die bessere Bezeichnung als Riesenzellarteriitis zu ersetzen (Gilmour 1941).
Häufigkeit
Die Inzidenz der RZA variiert geografisch stark. In Skandinavien und Gebieten der Vereinigten Staaten ist sie deutlich höher als im südlichen Europa. So variiert die Inzidenz zwischen 1–30/100.000, die Erkrankung betrifft fast ausschließlich über 50-jährige Patienten. Die Temporalarterien sind am häufigsten involviert (Arteriitis temporalis), sämtliche Äste der Aorta inkl. die Gefäße der unteren Extremitäten und die Pulmonalarterien können aber mitbetroffen sein (Salvarani et al. 2002).
Pathologie
Es handelt sich um eine Entzündung aller Gefäßwandschichten (Intima, Media, und Adventitia), also um eine „Panarteriitis“. Charakteristisch ist das Auftreten von Riesenzellen um Fragmente der Membrana elastica interna. Die Ursache dieser Degradation der Elastica interna ist unbekannt. Die Entzündung verursacht eine Zerstörung der Gefäßwand einschließlich des Endothels, gefolgt von lokalen Thrombosen. Diese werden von einer Proliferation benachbarter Endothelzelen organisiert. Diese sog. Intimaproliferation führt zunächst zur Stenose und später zum Verschluss des Gefäßes. Klinisches Korrelat hierfür ist oft ein rezidivierender Verlauf, wobei die ersten Schübe noch nicht zu Gefäßverschlüssen und damit dem Vollbild der klinischen Symptomatik mit Pulslosigkeit/Infarkten führen müssen. In der Media kommt es zur Zerstörung der Mediamyozyten, und später zu Vernarbungen. Die Entzündung der Adventitia trägt sicher zu der tastbaren Verhärtung des Gefäßes, und evtl. auch zu den lokalen Schmerzen bei.
Diese Entzündung ist fokal, kann also auf sehr kleine Bereiche von 1–2 mm Länge des Gefäßes beschränkt sein, gefolgt von entzündungsfreien Gefäßabschnitten. Je länger das bei der Biopsie gewonnene Gefäßsegment ist, umso höher ist auch die statistische Trefferquote für eine diagnostische Läsion. Die Maximalforderung beträgt 3 cm, in der Praxis sollte aber 1 cm Gefäßlänge nicht unterschritten werden. Optimal für die Biopsie sind Bereiche mit aktiver Entzündung, die mit dem Ultraschall selektioniert werden können (Schmidt 2006). Biopsien müssen histologisch immer komplett aufgearbeitet werden. Und es muss histologisch nicht nur nach floriden Läsionen, sondern auch nach abgeheilten alten Narben der Media als Hinweis auf vorangegangene Schübe der RZA gesucht werden. In klassischen Fällen ist auch eine Schnellschnittdiagnose möglich.
Die Riesenzellarteriitis ist bei etwa 40–50 % der Patienten mit den Symptomen der Polymyalgia rheumatica verbunden. Für diese Muskelschmerzen findet sich kein histologisches Korrelat, insbesondere keine Hinweise für Myositis, sondern viel eher eine Synovitis im Bereiche des Schulter-und Beckengürtels. Hingegen findet man nur bei etwa 15 % der Patienten mit Polymyalgia rheumatica eine RZA. Die Ätiologie der RZA ist nicht bekannt, eine genetische Prädisposition wird aufgrund einer Assoziation mit HLA DR4 diskutiert, zirkulierende Immunkomplexe und Aktivierung von CD8-Lymphozyten im peripheren Blut wurden beschrieben.
Klinik
Die RZA tritt etwa doppelt so häufig bei Frauen wie bei Männern auf und präsentiert sich mit Fieber, Anämie, hoher BSR und Kopfschmerzen bei älteren Patienten. Weitere Manifestationen sind Schwäche, Gewichtsverlust, Nachtschweiß, Mononeuritis und Arthralgien. Kommt die Polymyalgia rheumatica hinzu, so leiden die Patienten unter morgendlicher Steifigkeit, symmetrischen Muskelschmerzen im Bereiche der Schultern, der Hüften und Oberschenkel. Ist die A. temporalis betroffen, ist Kopfschmerz das führende Symptom verbunden mit Druckdolenz der A. temporalis im ganzen Verlauf. Schmerzen beim Kauen (Kieferclaudicatio), Zungenschmerzen oder Ulzera der Zunge können auf die Mitbeteiligung der A. carotis externa oder ihrer Äste hinweisen. Die Kopfschmerzen treten häufig einseitig oder frontal auf, der Skalp kann sehr berührungsempfindlich sein und beim Auftreten von Verschlüssen der Temporalarterienäste kann es zu Skalpulzerationen kommen, die nur schwer abheilen (Simon et al. 2005). Die am meisten gefürchtete Komplikation ist die ischämische Optikusneuritis, die zu visuellen Symptomen bis zur plötzlichen Erblindung führen kann. Diese schwere Komplikation kann durch eine sofortige Steroidtherapie meist verhindert werden.
Bei der RZA können sowohl die extra- als auch die intrakraniellen Anteile der A. carotis interna und A. vertebralis betroffen sein und zu entsprechenden neurologischen Defiziten führen. Schlaganfälle aufgrund einer RZA sind aber selten: in einer Untersuchung von über 4000 Patienten mit Schlaganfall fanden sich 6 (0,15 %) mit einer primären Riesenzellarteriitis (Wiszniewska et al. 2007). Weitere extrakranielle Manifestationen sind Zungennekrosen/Schleimhautnekrosen/Hautnekrosen oder Nervenlähmungen.
Bei 15 % (Nesher und Nesher 2008) bis 25 % (Bongartz und Matteson 2006) der Patienten mit Riesenzell-Arteriitis der Temporalarterien sind extrakranielle Gefäße, einschließlich der Aorta, betroffen. Hierbei ist die häufigste Manifestation die Vaskulitis der A. subclavia und der A. axillaris, was sich als Pulsverlust, Blutdruckdifferenz und belastungsabhängige Armschmerzen manifestieren kann (Klein et al. 1975). Sind die Armarterien betroffen, findet sich angiographisch ein typisches Bild mit lang gezogenen glatten Stenosen (Abb. 2). Klinisch können Strömungsgeräusche über der A. axillaris und brachialis auskultiert werden. Die Armarterien sind in bis zu 15 % der Fälle betroffen.
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Eine späte und potenziell schwere Komplikation der RZA ist das Auftreten eines Aortenaneurysmas. Patienten mit RZA entwickeln etwa 17-mal häufiger ein thorakales und etwa 2,5-mal häufiger ein abdominelles Aortenaneurysma als nicht betroffene gleichaltrige Vergleichspersonen. Das gehäufte Auftreten von Aortendissektionen ist ebenfalls beschrieben. Bei etwa 10 % der Patienten mit RZA tritt ein nicht produktiver Husten auf, der häufig zu diagnostischen Schwierigkeiten führt.
Fallbeispiel einer Riesenzellarteriitis
67-jähriger Patient mit Anämie (Abgeschlagenheit), 38,5 °C Temperatur, 13.000 Leukozyten, CRP 5, BSG (?), Polymyalgie im Schultergürtel (Morgensteifigkeit, Muskelschmerzen) und Kopfschmerz (einseitig, neu aufgetreten); tastbare Verhärtungen der A. temporalis, plötzliche Visusminderung. Unter Kortisontherapie erfolgt ein Rückgang der Entzündungszeichen und Besserung des Visus. Nach 5 Jahren wird die Diagnose eines Aneurysmas der Aorta ascendens gestellt, in der Histologie (Operation wegen Aortenklappeninsuffizienz) findet sich der Nachweis einer Riesenzellaortitis.
Die Arterien der unteren Extremitäten sind nach herkömmlicher Meinung seltener betroffen. Hierbei ist jedoch eine hohe Dunkelziffer durch klinisch asymptomatische Verläufe und Verwechslungen mit einer klassischen, obliterierenden Arteriosklerose zu vermuten. So zeigte eine Studie, die die Entzündungsaktivität im Gefäßsystem mittels Ganzkörper Positronenemissionstomographie (18F-FDG-PET) untersuchte in 64 % der Patienten mit Riesenzellarteriitis (vs. 23 % in der Kontrollgruppen, geringe Spezifität) eine Anreicherung in den Beinarterien (Blockmans et al. 2000). Klinisch können diese Patienten durch eine rasch progrediente Claudicatio intermittens durch Beteiligung der femoropoplitealen und kruralen Arterien imponieren (Tato und Hoffmann 2006). Als gefürchtete Spätfolgen können Aortenaneurysmen und Aortendissektion auftreten (Bongartz und Matteson 2006; Evans et al. 1995).
Es gibt auch eine Riesenzellarteriitis ohne klinisch fassbare Beteiligung der A. temporalis. In einer Arbeit von Lie (1995) über 72 derartige Fälle hatten 39 % einen Befall der Aorta und des Aortenbogens, 26 % einen Befall der A. subclavia und/oder A. axillaris und 18 % hatten einen Befall der A. femoralis bzw. der Unterschenkelarterien. Bei 12 % der 72 Patienten musste eine Amputation im unteren Extremitätenbereich durchgeführt werden. Bei 25 % war eine klinisch stumme Mitbeteiligung der A. temporalis histologisch nachweisbar. 18 der 72 Patienten verstarben an den Komplikationen der extrakraniellen Vaskulitis, 6 an der Aneurysmaruptur, 6 durch Aortendissektion, 3 am Schlaganfall und 3 am Myokardinfarkt.
Bei Patienten über 50 Jahren mit erhöhter BSR, Anämie und Blutdruckdifferenz an RZA denken!
Labor
Neben einer erhöhten BSR und CRP findet sich eine normochrome Anämie, eine reaktive Thrombozytose kann ebenfalls vorliegen. In bis zu einem Drittel der Patienten mit RZA werden erhöhte Transaminasen und eine erhöhte alkalische Phosphatase gefunden. Erhöhte Serum-Interleukin 6-Konzentrationen, erhöhte α2-Globuline und erhöhte BSR scheinen mit der klinischen Krankheitsaktivität zu korrelieren. Die ANCA sind negativ.
Diagnose
Liegen die typischen Symptome wie Fieber, Anämie, hohe BSR, Symptome der Polymyalgia rheumatica oder einseitige Kopfschmerzen, Kieferclaudicatio oder druckdolente Temporalarterie bei älteren Patienten vor, ist die Diagnose einfach. Bestätigt wird sie durch die Biopsie der Temporalarterie, wobei, falls die Biopsie nicht mindestens 1–3 cm lang ist und in seriellen Schnitten aufgearbeitet wird, der segmentartige Befall zu häufig falsch-negativen Resultaten führen kann. Bis zu 42 % der Biopsien waren in der Untersuchung von Ashton-Key auch bei klassischem klinischem Bild negativ (Ashton-Key und Gallagher 1992). Kann die Biopsie im Bereich der schmerzhaften Temporalarterie entnommen werden, ist die Trefferquote besser, oft wird heute aber auf die Biopsie verzichtet und die Diagnose aufgrund des klinischen Bilds und des Gefäßbefalles gestellt. Bei Befall der Armarterien oder anderer aortaler Äste kann die Angiografie aufgrund der typischen langstreckigen glatten Stenosen die Diagnose bestätigen (Abb. 2). Die glatte Verdickung der Gefäßwand ist bereits in der Duplexsonografie als echoarme Struktur vor allem im Bereich der Karotiden und der Extremitätenarterien gut erkennbar (Abb. 3; Schmidt et al. 2008). Die genaue Ausdehnung der Wandverdickung kann mittels Magnetresonanztomographie bestimmt werden und kann zusammen mit dem klinischen Bild ebenfalls diagnostisch sein. Die PET-Untersuchung steht nur limitiert zur Verfügung, sie kann Auskunft über die Ausdehnung der Vaskulitis auf andere kranielle oder extrakranielle Gefäße geben. Hier muss aber streng darauf geachtet werden, dass die Untersuchung vor Beginn der Steroidtherapie durchgeführt wird.
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Exakte Untersuchungen zum Einfluss der Steroidtherapie auf den diagnostischen Wert der Temporalisbiopsie gibt es nicht. Man schätzt aber, dass die Sensitivität der Biopsie der A. temporalis vor der Steroidtherapie bei maximal 80 % liegt, eine Woche nach Beginn einer Steroidtherapie auf 60 % fällt und mehrere Wochen nach der Steroidtherapie bei unter 20 % liegt (Weidner 2001).
Klassifikationskriterien des ACR für RZA bei Patienten mit Vaskulitis
Alter ≥50 Jahre bei Krankheitsbeginn
Lokalisierter, neu aufgetretener Kopfschmerz
Druckdolenz oder verminderter Puls der Temporalarterie
Wenn 3 dieser 5 Kriterien vorliegen (und sicher eine Vaskulitis besteht), beträgt die Sensitivität und Spezifität für die Diagnose der RZA 95 resp. 91 % – was die Probleme der ACR-Kriterien gut verdeutlicht. Denn natürlich würden zahllose Patienten z. B. die Kriterien 1, 2 und 4 erfüllen, ohne eine Vaskulitis zu haben. Erst wenn andere Erkrankungen ausgeschlossen sind (in diesem Fall z. B. eine Stirnhöhlenentzündung) und der Verdacht auf eine Vaskulitis besteht, kommen die ACR-Kriterien zur Anwendung. Wenn sie nicht erfüllt sind, ist eine RZA unwahrscheinlich. Die ACR-Kriterien sind also unspezifisch, haben aber einen sehr hohen negativen prädiktiven Wert (>90 %).
Therapie
Die Symptome der RZA sprechen ausgesprochen gut auf eine Steroidtherapie an. Zu Beginn sollte 1 mg/kg KG/Tag per os verabreicht werden. Einzelne Studien weisen darauf hin, dass im Langzeitverlauf deutlich Steroide eingespart werden, wenn man zu Beginn hoch dosiert Steroide intravenös verabreicht (1 g pro Tag). Um die Steroiddosis möglichst niedrig zu halten, wird häufig gleichzeitig eine Therapie mit Methotrexat (15–25 mg subkutan einmal pro Woche) oder Azathioprin (2 mg/kg KG/Tag) eingeleitet oder im Verlauf der Therapie zusätzlich gegeben (Jover et al. 2001; Hoffman et al. 2002). Die BSR oder das CPR sind sehr nützliche Parameter, um die Krankheitsaktivität zu überwachen und die Steroidtherapie zu dosieren. Die Prognose der RZA ist gut, jedoch sollte die Therapie für mindestens 2 Jahre durchgeführt werden, da es sonst vermehrt zu Rezidiven kommt.
Bilden sich die Stenosen trotz korrekter immunsupprimierender Therapie nicht zurück und bestehen weiterhin stark beeinträchtigende Symptome wie z. B. belastungsabhängige Arm- oder Kieferschmerzen oder eine Claudicatio intermittens bei Befall der Beinarterien, können diese Stenosen mittels Angioplastie mit gutem Langzeitergebnis mittels Ballonangioplastie behandelt werden (Abb. 2). Über eine erfolgreiche Therapie mit TNFα-Blocker (Infliximab) liegen erste Berichte vor. Eine Infliximab-Therapie erscheint insbesondere sinnvoll bei steroidresistenter Riesenzellarteriitis, weniger zur Therapie von Patienten mit Erstmanifestation (Pipitone und Salvarani 2008; Warrington und Matteson 2007). Die Therapie mit einem Thrombozytenaggregationshemmer wird empfohlen, da die Rate zerebraler Ischämien hierdurch signifikant gesenkt werden kann (Hellmann 2004; Lee et al. 2006).
Unter Langzeit-Steroidtherapie sollte unbedingt an eine Osteoporoseprophylaxe (Kalzium/Vitamin D) und im Verlauf an regelmäßige Blutzuckerkontrollen (Gefahr des steroidinduzierten sekundären Diabetes mellitus) gedacht werden.
Takayasu-Arteriitis
Definition
Bei der Takayasu-Arteriitis (TA) handelt es sich um eine chronische Entzündung mit Befall der mittleren und großen Arterien typischerweise des Aortenbogens und seiner Äste, weshalb die Krankheit häufig Aortenbogensyndrom genannt wird. Da typischerweise die supraaortalen Äste betroffen werden mit Stenosen oder Verschlüssen der A. subclavia, wird die Krankheit auch „pulseless disease“ genannt.
Häufigkeit
Die Takayasu-Arteriitis ist eine seltene Erkrankung, deutlich seltener als die Riesenzellarteriitis. Sie tritt vor allem bei Mädchen in der Adoleszenz und jungen Frauen auf. Etwa 80 % der Patientinnen mit TA sind bei Beginn der Erkrankung zwischen 11 und 30 Jahre alt. Die größte Inzidenz findet sich in Asien, Indien und lateinamerikanischen Ländern, die Krankheit kommt aber weltweit vor. Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer, in Japan sind 9 von 10 Patienten Frauen, dieser Anteil variiert geografisch leicht.
Pathologie
Die RZA und die Takaysu-Arteriitis weisen eine identische Histologie auf. In der floriden Phase besteht eine Riesenzellreaktion um degradierte Fragmente der Membrana elastica interna sowie eine destruierende chronische Entzündung aller Gefäßwandschichten. Und in der chronischen Phase kommt es zur Wand- und Intimafibrose mit Stenosen und, bei kleineren Gefäßen, zu Gefäßverschlüssen. Die Abgrenzung dieser beiden Erkrankungen wird deswegen über das Befallsmuster und das Alter vorgenommen. Typisch für die Takaysu-Aortitis ist ein Befall der Aorta sowie deren Abgänge und ein Erkrankungsalter unter 50 Jahren, während man von einer Riesenzellarteriitis spricht bei einem Erkrankungsalter über 50 Jahren und einem Befall mittelgroßer und kleiner Arterien. Zwischen den beiden Erkrankungen gibt es eine breite Grauzone.
Klinik
Die TA ist eine Systemerkrankung, die zu Beginn charakterisiert ist durch Allgemeinsymptome wie Fieber, Schwäche, Gewichtsverlust, Arthralgien oder Myalgien. Hautveränderungen ähnlich einem Erythema nodosum können vorkommen. Diese initiale Phase kann mehrere Monate bis Jahre dauern. Nicht selten wird bei diesen jungen Frauen fälschlicherweise eine Depression diagnostiziert. Diesen Allgemeinsymptomen folgen mehr spezifische Beschwerden aufgrund der sich entwickelnden Gefäßobstruktionen mit Ischämie. Am häufigsten ist die A. subclavia betroffen (bei ca. 90 % der Fälle) und die Patientinnen klagen über belastungsabhängige Armschmerzen oder ein Raynaud-Phänomen, häufig werden auch zufällig fehlende Pulse an den Handgelenken bemerkt (Abb. 4).
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Bei über 90 % der Patientinnen findet man systolische Strömungsgeräusche über den supraaortalen Ästen oder der abdominalen Aorta, etwas seltener auch über den Becken-Bein-Arterien. Gerade an den oberen Extremitäten muss die Pulslosigkeit nicht unbedingt mit klinischen Symptomen einhergehen, da sich die Stenosen langsam entwickeln und so häufig eine sehr gute Kollateralisation vorliegt. Neurologische Symptome variieren stark, es können leichte Kopfschmerzen aber auch Synkopen und Schlaganfälle auftreten bei Befall der A. carotis oder A. vertebralis. Das Auftreten einer arteriellen Hypertonie ist häufig ein Hinweis für Befall der Nierenarterie. Ischämische Symptome des Gastrointestinaltraktes sind eher selten, da auch hier eine sehr gute Kollateralisierung stattfindet. Die Koronararterien sind bei der TA in weniger als 10 % der Fälle betroffen, meist sind sie am Abgang aus der Aorta verändert und können zu Angina pectoris oder Myokardinfarkt führen. Im Kindesalter ist die TA die häufigste Ursache von Myokardinfarkten! Nicht selten tritt zudem eine Myokarditis auf. Stenosen der Aorta oder Aneurysmabildung sind eine späte Komplikation der TA.
Fallbeispiel einer Takayasu-Vaskulitis
Eine 21-jährige asiatische Studentin fühlt sich schlapp und berichtet, in den letzten Wochen ungewollt 3 kg Gewicht verloren zu haben. Bei der Untersuchung finden sich eine Körpertemperatur von 38,7°C und ein Puls in Ruhe von 107 Schlägen pro Minute. Bei den Laborwerten finden sich eine erhöhte BSG und eine leichte Anämie. Die Ursache der Erkrankung und speziell des Fiebers wird nicht gefunden. Eine Abklärung auf Tuberkulose bleibt negativ.
2 Jahre später stellt sich die Patientin erneut vor, jetzt mit zusätzlichen Beschwerden: Sehverschlechterung, Pulsverlust am linken Arm, und einer Blutdruckdifferenz zwischen rechtem und linkem Arm von 40 mmHg. Weiterhin kommt es selten zu leichtem Bluthusten. Sie zeigt einen deutlichen Leistungsknick, die Kontakte zu ihren Kommilitonen hat sie eingeschränkt, eine Psychotherapie wegen vermuteter Depression hat keine Besserung gebracht. Eine MRT der thorakalen Aorta zeigt ein Aneurysma der Aorta ascendens und hochgradige Abgangsstenosen der Gefäße des Truncus brachiocephalicus mit ausgedehnter Kollateralversorgung.
Unter hoch dosierter Steroidtherapie geht die Entzündungskonstellation zurück, die Gefäßstenosen nehmen ab, aber eine vollständige Rekanalisation tritt auch nach 2 Jahren nicht mehr ein. Die Patientin leidet unter den Nebenwirkungen der Therapie: Osteoporose, Adipositas, gestörte Glukosetoleranz. Die Einleitung einer niedrigdosierten Erhaltungstherapie mit Prednison und Methotrexat sowie eine Osteoporoseprophylaxe können die Beschwerden weitgehend lindern.
Labor
Bei der TA findet man häufig eine normochrome normozytäre Anämie, eine erhöhte BSR und eine Thrombozytose. Die BSR korreliert gut mit der Krankheitsaktivität. Eine Hypergammaglobulinämie findet sich häufig, spezifische Antikörper hingegen nicht.
Diagnose
An die TA sollte bei Pulsabschwächung, Stenosegeräuschen über der Aorta und ihren supraaortalen Ästen oder bei unterschiedlichen Blutdruckwerten an den oberen Extremitäten bei jungen Frauen gedacht werden. Die Diagnose kann erhärtet werden durch charakteristische Veränderungen in der Angiografie. Die Magnetresonanzangiografie bietet zusätzlich zur konventionellen Angiografie den Vorteil, dass die typischen Wandverdickungen der betroffenen Gefäßsegmente sichtbar sind. Die betroffenen Gefäße sind stenosiert oder vollständig verschlossen mit ausgeprägter Kollateralenbildung, Aneurysmen oder Ektasien können vorkommen. Die betroffenen Gefäßsegmente können sehr kurz sein, es können aber auch längere Gefäßabschnitte diffus verändert sein. In der Regel sind mehrere Gefäße betroffen, deshalb lohnt es sich bei der initialen Diagnosestellung die gesamte Aorta mit ihren Ästen darzustellen. In der Duplexsonografie findet man ähnlich wie bei der Riesenzellarteriitis verdickte Gefäßwände, die in der Regel echoarm und nicht arteriosklerotisch verändert sind. Mittels Positronenemissionstomographie (PET) können entzündlich veränderte Gefäßareale bei diesen Patienten sehr gut identifiziert werden.
ACR-Klassifikationskriterien für TA bei Patienten mit Vaskulitis
Alter unter 40 Jahre bei Krankheitsbeginn
Claudicatio der oberen oder unteren Extremitäten
Verminderter Puls einer oder beider Brachialarterien
Mindestens 10 mmHg Blutdruckdifferenz an den Oberarmen
Systolisches Strömungsgeräusch über der A. subclavia einseitig oder beidseitig oder über der Bauchaorta
Stenose oder Verschluss der Aorta, ihrer großen Äste oder der großen Arterien der oberen oder unteren Extremitäten, die nicht durch Arteriosklerose bedingt sind
Sensitivität und Spezifität für die TA betragen 90,5 resp. 97,8 % beim Vorliegen von mindestens 3 dieser 6 Kriterien bei Patienten mit primärer Vaskulitis.
Therapie
Kortikosteroide in einer initialen Dosierung von 30–60 mg/Tag führen zu einer raschen Besserung der Allgemeinsymptome und Senkung der BSR. Nach einer initialen Phase von 1–3 Monaten kann unter Kontrolle der BSR die Dosis der Steroide in der Regel reduziert werden. Anderenfalls kann Methotrexat (10–25 mg subkutan 1× pro Woche) bei Steroidresistenz die Remission fördern. Etwa ¼ der Patientinnen benötigen eine über mehrere Jahre dauernde Immunsuppression, aber auch spontane Remissionen sind beschrieben. In neueren Arbeiten wurden auch TNFα-Blocker (Infliximab 3–5 mg/kg KG i.v. in Woche 1, 3, 6 und 10) in Kombination mit Methotrexat oder Azathioprin erfolgreich eingesetzt. Die Prognose ist vor allem abhängig von sekundären Komplikationen wie arterieller Hypertonie bei Befall der Nierenarterien, Aorteninsuffizienz und Aortenaneurysma. Ohne diese Komplikationen liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei über 90 %, es sind aber Mortalitätsraten von 10–75 % in 5 Jahren beschrieben.
Chirurgische oder endovaskuläre Interventionen sollten wenn immer möglich bei Patientinnen in Remission durchgeführt werden, da andernfalls vermehrt Anastomosen-Stenosen oder Aneurysmabildungen an den Anastomosen im Bereich entzündlich veränderter Gefäße auftreten. Die endovaskuläre Behandlung mittels Angioplastie und Stenting von Nierenarterienstenosen ist entscheidend für die Behandlung der arteriellen Hypertonie, welche die Morbidität dieser Patientinnen mitbestimmt. Treten Aneurysmen der thorakalen oder abdominellen Aorta auf, können diese chirurgisch behandelt werden, das Rupturrisiko wird bei der TA aber als etwas geringer eingeschätzt als bei arteriosklerotischen Aortenaneurysmen. Insgesamt sind chirurgische Interventionen sehr selten notwendig, in einem Register aus Japan mussten sich weniger als 10 % der Patientinnen mit TA einer chirurgischen Intervention unterziehen. Endovaskuläre Interventionen können durchgeführt werden, die Restenoserate wird aber als sehr hoch angegeben. Es finden sich kaum Angaben über den Gebrauch von Thrombozytenaggregationshemmer bei TA, bei Stenosen werden sie in der Regel verabreicht.
Die Takayasu-Arteriitis tritt vor allem bei jungen Frauen auf und äußert sich initial mit unspezifischen Allgemeinsymptomen, gefolgt von Durchblutungsstörungen im Bereiche der großen Äste der Aorta, häufig mit Pulslosigkeit oder deutlicher Blutdruckdifferenz an den oberen Extremitäten.
Isolierte Aortitis der thorakalen Aorta
Definition
2006 wurden von der Mayo-Klinik in Rochester 513 konsekutive Aneurysmaresektate der Aorta ascendens pathologisch nachuntersucht (Homme et al. 2006). 43 der 513 Fälle (9 %) zeigten eine idiopathische primäre Aortitis, 6 weitere Fälle eine infektiöse, also sekundäre Aortitis, und weitere 6 Fälle eine Vernarbung nach abgeheilter Aortitis. Die 45 Fälle einer primären Aortitis der Aorta ascendens waren bezüglich der Art der Vaskulitis heterogen: 31 % wurden als Riesenzellarteriitis klassifiziert, 14 % als Takayasu-Aortitis, 4 % als rheumatoide Aortitis, und 47 % wurden einer neuen Entität, der „isolierten Aortitis“ zugeordnet, weil sie in keine der etablierten Kategorien der Vaskulitiden passten.
Pathologie
Histologisch bestand eine lymphozytäre Infiltration der Media und Adventitia. Die Media war z. T. vollständig zerstört, und bei einem Teil der Patienten bestand die Aortenwand nur noch aus der sklerosierten Adventitia. Im Gegensatz zur Takayasu-Aortitis fehlten Abgangsstenosen im Truncus brachiocephalicus, und es bestand auch keine Riesenzellarteriitis. Die Lues-Serologie war negativ.
Klinik und Therapie
Die Patienten mit der neuen Kategorie der „isolierten Aortitis“ waren im Mittel 71 Jahre alt (also in der gleichen Altersgruppe wie die Patienten mit Riesenzellarteriitis, aber deutlich älter als die Patienten mit Takayasu-Aortitis, deren mittleres Alter bei 26 Jahren lag). 76 % waren Frauen, fast alle hatten ein Aneurysma der Aorta ascendens. Symptome bei Diagnose waren bei 35 % Rücken/Thoraxschmerz, 64 % Durchblutungsstörungen, und 20 % litten unter Fieber, Nachtschweiß und wiesen eine erhöhte BSG/CRP, Gewichtsverlust oder Arthritis auf (Miller et al. 2006).
Untersuchungen zu Therapie und Verlauf liegen noch nicht vor.
Inflammatorisches Aortenaneurysma der Bauchaorta
Definition
Das inflammatorische Aortenaneurysma wird der chronischen Periaortitis zugeordnet. Hierzu zählen auch die idiopathische retroperitoneale Fibrose (Morbus Ormond) und die perianeurysmatische retroperitoneale Fibrose. Gemeinsames Merkmal ist die fibroinflammatorische Reaktion, die von der Adventitia der Aorta abdominalis bzw. den Iliakalarterien ausgeht, und die die retroperinealen Strukturen miteinbeziehen kann. Der Unterschied zum arteriosklerotischen Bauchaortenaneurysma besteht in der allgemeinen Entzündungskonstellation. Eine Arteriosklerose kann fehlen, aber als Komorbidität durchaus zusätzlich bestehen (Kap. „Infiziertes arterielles Aneurysma“).
Pathologie
Histologisch besteht eine chronische perivaskuläre Entzündung, die mehrere Zentimeter weit in das perivaskuläre Gewebe hineinreichen kann. Diese Entzündung ist auch in der Bildgebung (Diffusions-gewichtete MRT) auffällig sichtbar. Diese Entzündung kann tumorähnlich die Aorta und ihre Nachbarstrukturen umgeben. Es besteht eine Proliferation von Fibroblasten in einer ödematösen, kapillarreichen Matrix mit einem entzündlichen Infiltrat durch Makrophagen, Lymphozyten und Plasmazellen.
Labor
In früheren Arbeiten waren Chlamydien, CMV und andere Erreger beschrieben und als pathogenetisch auslösende Ursache diskutiert worden. In aktuellen Arbeiten wird ein Teil dieser Erkrankungen jetzt mehr unter Gesichtspunkten der Autoimmunität gesehen, da 40–50 % der Patienten mit inflammatorischen abdominellen Aortenaneurysmen ein erhöhtes Serum-IgG4 (Normwert 4–110 mg/dl, bei Patienten >110–559 mg/dl) und im Gewebe zahlreiche Plasmazellen mit Produktion von IgG4 aufweisen (Kasashima et al. 2008; Sakata et al. 2008). Die Assoziation zu erhöhtem Serum-IgG4 bestätigte sich auch in weiteren Untersuchungen (Kasashima et al. 2008). Arteriosklerotische Aortenaneurysmen weisen dagegen Normwert für das Serum-IgG4 auf; 32–59 mg/dl in der Untersuchung von Kasashima et al. (2008).
IgG4 wird gegenwärtig als Marker für eine Vielzahl zunächst heterogener Erkrankungen diskutiert, die aber neben der Assoziation zu IgG4 die morphologische Gemeinsamkeit einer chronisch-sklerosierenden Entzündung, oft mit sklerosierender Phlebitis, und follikulärer lymphatischer Hyperplasie aufweisen. Hierzu gehören unter anderem: Autoimmun-Pankreatitis und Cholangitis, idiopathische retroperitoneale Fibrose (Morbus Ormond), chronisch sklerosierende Sialadenitis (Küttner-Tumor der Glandula submandibularis) sowie Entzündungen der Drüsen der Lunge, Prostata, und anderer Organe. Diese Erkrankungen sind gehäuft mit anderen Autoimmunerkrankungen oder Erkrankungen unklarer Ätiologie assoziiert: rheumatoide Arthritis, Vaskulitiden, idiopathische Lungenfibrose, etc. Es ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch offen, inwieweit sich hieraus pathogenetische und eventuell auch diagnostische und therapeutische Gemeinsamkeiten ergeben.
Klinik und Therapie
Klinische Hinweise auf diese Sonderform des Aortenaneurysmas sind: Fieber, CRP, BSG, Leukozytose (Feiner et al. 1984; Rose und Dent 2006). Oft haben diese Patienten auch diffuse Bauchschmerzen.
Aufgrund des unspezifischen klinischen Erscheinungsbildes stellt die Diagnose eines inflammatorischen Aortenaneurysmas häufig eine „Zufallsdiagnose“ dar. Hervorzuheben ist, dass durch den gefäßchirurgischen Ersatz und auch die endovaskuläre Ausschaltung nicht nur das Aneurysma saniert, sondern auch die Aortitis behandelt werden kann, die Inflammation nicht fortschreitet und die Entzündungsparameter (BSR, CRP) sich normalisieren. Detaillierte Studien zur Therapie und zum Verlauf liegen noch nicht vor.
Morbus Behçet
Definition
Beim Morbus Behçet liegt eine aphthöse Stomatitis vor, welche kombiniert sein kann mit genitalen Ulzera, Uveitis, Hautläsionen (Erythema nodosum, Follikulitis-ähnliche Pusteln), Synovitis oder Meningoenzephalitis (Yazici et al. 2007). In 20 % liegt eine Vaskulitis der großen Gefäße, insbesondere eine Aortitis oder Vaskulitis der Pulmonalarterien vor. Folge sind Aneurysmen oder bronchiale Fisteln mit Lungenblutung.
Pathologie
Pathologisch können Kapillaren, Arteriolen, Venolen, kleine Arterien, und große elastische und muskuläre Arterien betroffen sein. Hiermit unterscheidet sich der M. Behçet von allen anderen primären Vaskulitiden. Bei typischem klinischem Bild wird die Diagnose zumeist ohne Biopsie gestellt, sodass Pathologen Biopsien mit der Frage nach einem M. Behçet nur in differenzialdiagnostisch unklaren Fällen bekommen. Zumeist handelt es sich dann um Biopsien von Ulzerationen der Schleimhäute (oral, nasal, gastrointestinal, vaginal). Da es sich um eine histologisch uncharakteristische lymphozytäre Vaskulitis handelt, ist die pathologische Unterscheidung von einer sekundären Vaskulitis, die oft am Grund von Ulzerationen vorkommt, manchmal schwierig.
Der beste histologische Hinweis auf eine primäre Vaskulitis ist der Nachweis eines Schleimhautinfarktes. Bei der Biopsie sollte also der „Debris“ auf einer Ulzeration sorgfältig miterfasst und möglichst wenig alteriert werden. Dieses diagnostische Kriterium gilt auch bei Befall großer Arterien. Auch hier besteht letztlich eine Vaskulitis der Kapillaren, die jetzt aber zu Infarkten der Media großer Gefäße führt. Die Folge sind große Aneurysmen z. B. der Pulmonalarterien.
Aortitiden und inflammatorische Aortenaneurysmen können nicht nur wie oben besprochen bei der Takayasu-Arteriitis, der Arteriitis temporalis, der isolierten Aortitis der thorakalen Aorta oder dem inflammatorischen Aortenaneurysma der Bauchaorta auftreten, sondern sind auch beim Morbus Behçet und bei Spondylarthropathien (M. Bechterew, M. Reiter und im Rahmen der Psoriasisarthritis) beschrieben. Die entzündliche Wandveränderung bei Aortitis ist im MRT besonders gut erkennbar, kann aber auch im Kontrastmittel-verstärkten CT sichtbar sein (Abb. 5).
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Klinik und Therapie
Da keine ACR-Kriterien etabliert wurden, ist nach wie vor die Wertung eines M. Behçet als eigenständiges Krankheitsbild in der Diskussion. Hierzu trägt auch die uncharakteristische Histologie und das Fehlen typischer Labormarker bei. Insofern stellt sich die Differenzialdiagnose eines M. Behçet bei klinisch nicht weiter abklärbaren, rezidivierenden Ulzera der Schleimhäute oder bei anderen unklaren Großgefäß-Vaskulitiden.
Nach arteriellen Punktionen kann es ebenfalls zur Ausbildung von Aneurysmen kommen, deshalb muss die Indikation für eine arterielle Punktion sehr streng gestellt werden (Abb. 6). Bei etwa 20 % der Patienten treten entzündliche Veränderungen der Venen auf, die sich als Thrombophlebitis oder tiefe Venenthrombose manifestieren. Beschrieben sind oberflächliche und tiefe Thrombosen der oberen und unteren Extremitäten, Thrombosen der V. cava, der Retinagefäße, Sinusvenenthrombosen und das Budd-Chiari-Syndrom.
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Der „Angio-Behçet“ und der „Neuro-Behçet“ werden mit Cyclophosphamid und Kortikosteroiden behandelt in gleicher Weise wie bei der PAN (Abschn. 1) beschrieben. Klinisch unkomplizierte Behçet-Patienten werden mit Colchicin (1–2 mg/Tag) und, falls dessen Wirkung ungenügend ist, zusätzlich mit Azathioprin (Imurek) behandelt.
Hypersensitivitätsvaskulitiden
Definition
Hierbei handelt es sich um sekundäre Vaskulitiden, die aber aus differenzialdiagnostischen Kriterien hier tabellarisch erwähnt werden sollen.
Pathologie, Klinik, und Therapie
Betroffen sind meist Kleingefäße, mit dem entsprechenden klinischen Bild, das anderen Kleingefäß-Vaskulitiden ähneln kann. Als sekundäre Vaskulitis liegt der zentrale diagnostische Ansatz in der Vermeidung des auslösenden Agens (Tab. 3).
Tab. 3
Auswahl möglicher Auslöser für eine Hypersensitivitätsvaskulitis
*Es werden bei den einzelnen Medikamentengruppen nur einige Beispiele gegeben
Zerebrale Vaskulitiden
Fallbeispiel für eine zerebrale Vaskulitis
Eine typische Anamnese könnte so aussehen: Eine 23-jährige Frau erkrankt an Kopfschmerzen und Konzentrationsdefiziten. Sie sucht den Hausarzt auf, wird ophthalmologisch und internistisch-rheumatologisch und neurologisch abgeklärt. Nach 2 Monaten besteht trotz symptomatischer Therapie mit ASS und anderen Kopfschmerztabletten die Symptomatik weiter. Neu kommt es auch zu diskreten neurologischen Ausfällen. Daraufhin wird ein CT des Schädels veranlasst, die 5–10 mm große Hypodensitäten frontal, temporal und okzipital beidseits zeigt.
Der für eine zerebrale Vaskulitis wegweisende Befund sind Infarkte verschiedener Versorgungsgebiete unterschiedlichen Alters, zusammen mit einer Entzündungskonstellation im Labor bei einem jungen Patienten.
Eine aktuelle Untersuchung zur Histologie zerebraler Vaskulitiden bei 46 Patienten fand 4 Fälle (14 %) mit akuter nekrotisierender Vaskulitis, 8 Fälle (28 %) mit lymphozytärer Vaskulitis, 17 Fälle (58 %) mit granulomatöser Vaskulitis, und 8 Fälle (28 %) mit Vaskulitis mit Ablagerung von β-A4-Amyloid. Histologisch unterscheiden sich zerebrale Vaskulitiden also von extrazerebralen Vaskulitiden, so dass sie hier und in der Chapel Hill Consensus Classification 2012 als eigene Gruppe aufgeführt werden. Dafür spricht auch, dass bei den üblichen Vaskulitiden das ZNS so gut wie nie mitbetroffen ist. Ausnahmen sind Einzelfälle von Riesenzellarteriitis mit intravaskulärer Beteiligung (Salvarani et al. 2002) oder Fälle eines Behçet-Syndroms mit intrazerebraler Beteiligung (Siva et al. 2004). Trotzdem sollte vor der Diagnose einer isoliert intrazerebralen Vaskulitis eine generalisierte Vaskulitis ausgeschlossen sein.
Die diagnostische Sensitivität einer Hirnbiopsie bei Verdacht auf Vaskulitis schwankt von Fallkollektiv zu Fallkollektiv und wird mit bis zu 63 % angegeben (Miller et al. 2006). Bislang sind allerdings auch nur 43 Fälle von Miller et al. (2006) plus 65 Fälle in früheren Arbeiten (Literatur bei Miller et al. 2006) histologisch beschrieben worden.
Die histologische Gruppierung primärer zerebraler Vaskulitiden in akut nekrotisierend, lymphozytär, granulomatös oder assoziiert zu β-A4-Amyloid, hatte keine (!) Korrelation zur klinischen Aggressivität. Auch bei der granulomatösen Polyangiitis ist eine ZNS-Beteiligung beschrieben (Al Dhanhani et al. 2006).
Eine klinische Zusammenstellung von 101 Patienten der Mayo-Klinik in Rochester, USA, mit zerebraler Vaskulitis ergab eine Inzidenz von 2,4 Fälle pro 1.000.000 Personen/Jahre, und Rezidive bei etwa einem Viertel dieser Patienten. 70 Patienten wurden, bei entsprechendem klinischen Befall, aufgrund der Angiografie diagnostiziert, und 31 durch Biopsie (Salvarani et al. 2007).
Das diagnostische Prozedere schließt „diffusion and perfusion weighted imaging“, MR-Angiographie, und konventionelle Angiografie für die kleinkalibrigen Gefäße, die mit 1,5-Tesla-MR-Geräten nicht erfassbar sind, ein.
Vaskulitis der Venen
Die Vaskulitis kann nicht nur Arterien und Kapillaren und postkapilläre Venulen befallen sondern auch die Venen. Dies ist für den M. Behçet typisch, aber auch bei Patienten mit systemischem Lupus erythematodes, mit Sarkoidose, dem Morbus Buerger, sie kann aber auch als eigenständiges Krankheitsbild (idiopathische Phlebitis saltans) auftreten, bei Befall der Thoraxvenen auch Morbus Mondor genannt. Bei letzterer Erkrankung mit selbstlimitierendem Verlauf finden sich ein segmentärer oder multilokulärer Befall und histologisch lymphozytäre Infiltrationen in der Gefäßwand und der Adventitia.
Auszuschließen ist die im Rahmen von Malignomen (oft als erstes Symptom) auftretende Phlebitis saltans!
Thrombosen beim SLE können Ausdruck eines Antiphospholipid-Antikörper-Syndroms (APS) sein, das sekundär nicht nur beim SLE, sondern auch bei der Sklerodermie, der rheumatoiden Arthritis oder dem Sjögren-Syndrom auftreten kann. Das APS ist klinisch charakterisiert durch arterielle Thrombosen (A. carotis, A. vertebralis, Koronararterien, Leber-und Darmgefäße, Aortenbogen), rezidivierende Phlebitiden, tiefe Venenthrombosen an den Extremitäten, Thrombosen der Nieren- und Pulmonalvenen, der V. cava sowie Thrombopenie und rezidivierende Aborte. Diagnostisch sind der Nachweis von Antiphospholipid-Antikörper, Anticardiolipin-Antikörper, Anti-β2-Glykoprotein-Antikörper und funktionell der Nachweis des Lupus-Antikoagulans.
Die Phlebitis saltans kann diagnostisch wegweisend für den Morbus Buerger(Thrombangiitis obliterans) sein, bei dem neben dem Befall der Venen eine Vaskulitis der mittelgroßen und kleinen Arterien besteht, der bei jungen Rauchern auftritt und klinisch als prämature Arteriosklerose erscheint (Olin und Shih 2006; Wysokinski et al. 2000). Typisch ist ein initial peripherer Beginn an Fuß- und Handarterien, was zu schlecht heilenden Ulzera an Händen und Füßen, zu Fußclaudicatio und Raynaud-Phänomen führen kann. Die A. profunda femoris ist ebenfalls häufig mitbefallen. Die Krankheit schreitet langsam proximal aufsteigend fort, selten findet sich auch eine Vaskulitis der Koronar-, ZNS-, Nieren- und Mesenterialgefäße. BSR, CRP, Immunkomplexe, Rheumafaktoren, ANCA sind normal resp. negativ. Radiologisch zeigen sich multiple bilaterale segmentale Verschlüsse und korkenzieherartige Kollateralen. Ohne Sistierung des Nikotinabusus schreitet die Erkrankung unaufhaltsam fort und führt häufig zu Amputationen der Zehen, Füße, Unterschenkel und Finger. Zur Verbesserung der schweren Ischämien werden Infusionen mit Prostaglandinen, vor allem dem chemischen Prostazyklin-Analogon lloprost durchgeführt. Durch die Sympathektomie kann ebenfalls kurzfristig eine gewisse Verbesserung erzielt werden, sie wird vor allem auch zur Schmerzlinderung eingesetzt. Die Patienten sollten alle Aspirin erhalten, andere medikamentöse Therapieformen haben bis heute keinen Einfluss auf die Krankheitsprogredienz gezeigt.
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