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Monoaminooxidase im Serum

Verfasst von: A. M. Gressner, O. A. Gressner und W. Hubl
Monoaminooxidase im Serum
Synonym(e)
EC 1.4.3.4; MAO; Monoamin-O2-Oxidoreduktase
Englischer Begriff
monoamine oxidase
Definition
Es handelt sich um eine im Blut auftretende lösliche MAO, die die oxidative Desaminierung von Monoaminen katalysiert und bei fibroproliferativen Erkrankungen mit erhöhter Aktivität im Serum vorkommt (Fibrosekenngrößen). Die Monoaminooxidase bewirkt u. a. den Abbau und die Inaktivierung der Katecholamine.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Die MAO des Blutes desaminiert ein breites Spektrum von Monoaminen wie Benzylamin, Tyramin, Tryptamin, Dopamin und Phenylethylamin. Weder die physiologische Funktion noch die Herkunft der zirkulierenden Form der MAO sind bekannt. In ihrer Substratspezifität ähnelt sie dem Typ B der in der äußeren Mitochondrienmembran lokalisierten MAO, aber die Hemmung durch Lathyrogene wie β-Aminopropionitril und die elektrophoretische Mobilität lassen deutliche Unterschiede zwischen den beiden Enzymen erkennen. Außerdem ist die Serum-MAO unempfindlich gegenüber Kupferionen, wohingegen die mitochondriale Leber-MAO deutlich inhibiert wird.
Die Monoaminooxidase (MAO, EC 1.4.3.4) kommt in den Mitochondrienmembranen fast aller Gewebe einschließlich der Nervenendigungen vor. Sie zeichnet verantwortlich für die Regulation der Katecholaminspeicher in den peripheren sympathischen Nervenendigungen und stellt ein wesentliches Enzym des Abbaus und der Inaktivierung der Katecholamine dar.
Die MAO hat eine Molmasse von 60 kDa und existiert in 2 Formen als MAO-A und MAO-B. Trotz einer Übereinstimmung der Aminosäuresequenzen von 70 % zeigen beide Enzymtypen hinsichtlich ihrer Geschwindigkeit der Inaktivierung (Halbwertszeiten für MAO-A: 3 Minuten, MAO-B: 8 Stunden) deutliche Unterschiede.
Der enzymatische Abbau der Katecholamine erfolgt mit 2 unterschiedlichen Enzymen, die oxidative Desaminierung mit der Monoaminooxidase (MAO) und die O-Methylierung durch die Catechol-O-Methyltransferase (COMT).
Im Detail wird Adrenalin zunächst mit der COMT zu Metanephrin und mit der MAO zu 3,4-Dihydroxymandelsäure metabolisiert. In einem zweiten Schritt werden beide Metaboliten mit der MAO bzw. der COMT zum Hauptabbauprodukt der Katecholamine, der Vanillinmandelsäure, umgewandelt.
Das Noradrenalin wird analog zunächst zum Normetanephrin bzw. zur 3,4-Dihydroxymandelsäure und anschließend zur Vanillinmandelsäure abgebaut.
Das Dopamin wird mit der MAO zur 3,4-Dihydroxyphenylessigsäure desaminiert. Nach der O-Methylierung entsteht hieraus die Homovanillinsäure (HVS). Parallel hierzu wird aus Dopamin mit der COMT das 3-Methoxytyramin gebildet, das ebenfalls zur Homovanillinsäure abgebaut wird.
MAO ist die Zielsubstanz zahlreicher Medikamente, den Mononaminooxidase-Hemmern, die bei neurologischen Erkrankungen eingesetzt werden.
Die Zunahme der MAO-Aktivität bei älteren Menschen führt über einen verstärkten Abbau zur Absenkung von Noradrenalin und Dopamin. Dieser Abfall wird in Zusammenhang gebracht mit neurodegenerativen Erkrankungen, wie Alzheimer und Parkinson, sowie mit allgemeinen Alterungsprozessen. Mit MAO-Hemmern versucht man, diesen Prozess aufzuhalten bzw. zu verringern.
Funktion – Pathophysiologie
Eine früher postulierte Rolle der MAO bei der Kollagen- (Kollagene) und Elastin-Qervernetzung, in Analogie zur Lysyloxidase, ist unwahrscheinlich, da die gereinigte Aminooxidase natives Kollagen als Substrat nicht nutzt. Anstiege der Serum-MAO finden sich bei fibroproliferativen Lebererkrankungen, zu deren (Verlaufs-)Beurteilung das Enzym früher diagnostisch eingesetzt wurde.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Probenstabilität
Abnahme der Enzymaktivität innerhalb von 48 Stunden bei Raumtemperatur um ca. 30 %/Tag. Im tiefgefrorenen Zustand und bei 4 °C bleibt die Aktivität über ca. 1 Woche weitgehend stabil.
Analytik
Direkte Aktivitätsbestimmung durch enzymatische Konversion von Benzylamin in Benzaldehyd erfolgt spektrophotometrisch bei 242 nm, indirekt kann MAO über eine Indikatorreaktion mit Nachweis des entstehenden NH3 oder H2O2 gemessen werden. Alternativ steht eine kolorimetrische Methode im Tris-HCL-Puffer, pH 7,2, mit einem Aminomethyl-Phenylazo-Naphtholsubstrat zur Verfügung, bei der das entstandene Formylphenylazonaphthol nach Cyclohexanextraktion fotometrisch bei 500 nm gemessen wird. Der intraserielle VK bewegt sich bei etwa 4 %, interseriell bei 12 %.
Referenzbereich – Frauen
Messtemperatur: 37 °C: 106–674 U/L.
Referenzbereich – Männer
Messtemperatur: 37 °C: 148–612 U/L.
Indikation
Diagnose und Verlaufskontrolle fibroproliferativer Lebererkrankungen.
Interpretation
Das früher zur Diagnose und Verlaufskontrolle fibroproliferativer Lebererkrankungen eingesetzte Enzym wird heute aufgrund methodischer Probleme, unzureichender diagnostischer Kriterien und unklarer pathophysiologischer Hintergründe nicht mehr in der Klinik eingesetzt. Hierfür stehen andere Fibrosekenngrößen zur Verfügung. Signifikante Aktivitätserhöhungen der MAO sind bei chronisch-aktiven Hepatitiden in 60 % der Fälle und bei 80 % der Patienten mit Leberzirrhose feststellbar.
Diagnostische Wertigkeit
Für Leberzirrhose wurden eine diagnostische Spezifität von 90–95 % und eine Sensitivität von nur 60 % ermittelt. Normale Aktivitäten treten hingegen bei akuter Hepatitis, chronisch-persistierender Hepatitis, Verschlussikterus sowie bei den ohne Bindegewebsproliferation einhergehenden Neoplasien der Leber auf. Eine Korrelation zwischen erhöhter MAO und abnormalen Cholestase-, Nekrose- und Syntheseparametern der Leber besteht nicht. Die kombinierte Bestimmung von MAO mit N-Acetyl-beta-D-Glukosaminidase, ggf. auch mit β2-Mikroglobulin und Fibronectin verbessern die diagnostischen Kriterien für Zirrhose bzw. Fibrose.
Monoaminooxidase-A-Mangel: Brunner Syndrom
Ein X-chromosomal rezessiv vererbter MAO-A-Mangel führt zur Erkrankung des Brunner-Syndroms mit Verhaltensstörungen und mentaler Retardierung.
Literatur
Gressner AM (1980) Evaluation of the assay for serum monoamine oxidase – an index of hepatic fibrosis. J Clin Chem Clin Biochem 18:921–927PubMed
Nicotra A, Pierucci F, Parvez H et al (2004) Monoamino oxidase expression during development and aging. Neurotoxicology 25:155–165CrossRefPubMed