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Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik
Info
Verfasst von:
T. Arndt
Publiziert am: 18.08.2017

Chromatographie

Chromatographie
Englischer Begriff
chromatography
Definition
Physikalisch-chemisches Trennverfahren, bei dem die zu trennenden Substanzen zwischen 2 Phasen verteilt werden. Dabei ist eine Phase fixiert (Stationäre Phase), während sich die andere in einer bestimmten Richtung bewegt (Mobile Phase).
Physikalisch-chemisches Prinzip
Die chromatographische Trennung der Probenbestandteile beruht auf der in Abhängigkeit von ihrer physikochemischen Natur unterschiedlich stark ausgeprägten, wiederholten Adsorption und Desorption an der stationären Phase. Dabei führen starke Wechselwirkungen zu einer langsamen, schwach ausgeprägte zu einer schnellen Elution der entsprechenden Substanzen.
Einsatzgebiet
Die Chromatographie ist nahezu universell zur Analyse einfacher und komplexer Stoffgemische einsetzbar. In Abhängigkeit von ihrer Zusammensetzung kann die Probe direkt, das heißt ohne Probenvorbereitung oder nach entsprechender Probenaufbereitung mit Flüssig-Flüssig-Extraktion oder Festphasenextraktion (SPE: „solid phase extraction“) in den Chromatographen injiziert werden.
Im klinisch-chemischen Labor wird die Chromatographie, stets auf die jeweiligen Anforderungen optimiert, zur qualitativen und quantitativen Analyse von niedrig- und hochmolekularen Substanzen, wie Drogen und Medikamente, Vitamine und Hormone, Nahrungsbestandteile und Stoffwechselprodukte, eingesetzt.
Untersuchungsmaterial
Blut und alle aus ihm gewonnenen Materialien wie Serum, Plasma, Zelllysate etc., Urin, Mageninhalt, Extrakte aus Faeces-, Gewebs- und Haarproben, Asservate von Nahrungsmitteln und Pharmaka/Drogen.
Instrumentierung
Die Chromatographie wird mit einem Chromatographen durchgeführt. Dieser besteht in seiner allgemeinsten Form aus einem Reservoir für die mobile Phase (Eluent), einer Einrichtung zum Transport des Eluenten, einem Probenaufgabemodul, einem analytischen Trennbett (stationäre Phase) und einem Detektor mit Registriereinheit.
Die Vielfalt der Einsatzgebiete und Applikationen führte zu zahlreichen Modifikationen der Chromatographie mit einer auf verschiedenen Einteilungskriterien beruhenden, relativ unübersichtlichen Terminologie.
Terminologie und Einteilungskriterien
1.
Nach dem Aggregatzustand der mobilen und stationären Phase:
Dabei werden nacheinander die Aggregatzustände von mobiler und stationärer Phase genannt:
  • Gas-Flüssig-Chromatografie (GLC: „gas liquid chromatography“).
  • Gas-Fest-Chromatografie (GSC: „gas solid chromatography“).
  • Flüssig-Flüssig-Chromatografie (LLC: „liquid liquid chromatography“).
  • Flüssig-Fest-Chromatografie (LSC: „liquid solid chromatography“).
Allerdings werden insbesondere die Abkürzungen nicht konsistent angewandt, sodass z. B. die LSC (als derzeit wohl am häufigsten eingesetzte Technologie) gewöhnlich als LC oder in ihrer wichtigsten Sonderform als HPLC bezeichnet wird.
 
2.
Nach der Art des Trägers der stationären Phase:
  • Säulenchromatographie, bei der sich die stationäre Phase in einer Säule befindet.
  • Dünnschichtchromatographie (DC), bei der die stationäre Phase auf einem ebenen Träger fixiert ist. Bei der (heute seltener angewandten) Papierchromatographie sind die planare stationäre Phase und der Träger des Trennbettes identisch.
 
3.
Polarität der Oberfläche der stationären Phase:
  • Normalphasenchromatografie (NPC), bei der die stationäre Phase (z. B. Kieselgel oder Al2O3) polarer als die mobile Phase ist.
  • Umkehrphasenchromatografie (RPC: „reversed-phase chromatography“), bei der die stationäre Phase unpolarer als die mobile Phase ist. Hier werden die polaren Gruppen der stationären Phase durch chemische Modifikation, z. B. mit Alkylgruppen der Kettenlänge C8 oder C18, maskiert. Man spricht dann von einer RP-C8- oder RP-C18-Umkehrphase oder -Umkehrsäule.
 
4.
Nach dem Aggregatzustand der mobilen Phase:
  • Flüssigchromatografie (LC: „liquid chromatography“), sprachlich exakter, aber selten verwandt, Flüssigkeitschromatografie. Untergruppen der LC sind die Säulenchromatographie und Dünnschichtchromatographie.
Moderne Formen der Flüssigkeitschromatographie nutzen sehr kleine Teilchen (Durchmesser meist 3–10 μm) als stationäre Phase, die dicht gepackt auf einer Säule (2–20 cm Länge) einen hohen Eingangsdruck erzeugen. Der daraus resultierende hohe Druck im System (nicht selten über 100 at) führte zum Begriff Hochdruck-Flüssigkeitschromatographie (HPLC: „high pressure liquid chromatography“). Allerdings ist diese Bezeichnung veraltet. Stattdessen wird heute mit dem Begriff Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC: „high performance liquid chromatography“) das hohe Trennvermögen dieser Systeme angesprochen. Analog spricht man von Hochleistungs-Dünnschichtchromatographie (HPTLC: „high performance thin layer chromatography“).
Befindet sich die mobile Phase in einem überkritischen flüssigen Zustand wird der Terminus überkritische Fluidchromatographie (SFC: „super critical fluid chromatography“) benutzt.
 
5.
Nach der zeitlich konstanten oder veränderlichen Zusammensetzung der mobilen Phase:
  • Isokratische Chromatographie.
  • Gradientenchromatographie: Dabei kann der Gradient kontinuierlich oder stufenweise variiert werden (Chromatografie mit kontinuierlichem Gradienten oder Stufengradienten).
 
6.
Nach den Retentionsmechanismen
 
Instrumentierung in Reihenfolge des Flussschemas eines Chromatographen (Abb.1)
Das Reservoir für die mobile Phase besteht bei der Gaschromatographie aus einem Gasdruckbehälter mit entsprechenden Reduzier- und Regelventilen, die einen kontrollierten Volumenstrom von mobiler Phase (Trägergas, meist Stickstoff) in das Gerät einspeisen. In der Flüssigkeitschromatographie bilden ein Behälter mit der bereits vollständig gemischten mobilen Phase oder 2–4 Behälter mit den nach einem Programm vom System zu mischenden Komponenten das Eluentenreservoir.
Der Transport der mobilen Phase wird bei der Gaschromatographie durch den Druck des Trägergases und bei der Flüssigkeitschromatographie durch eine oder mehrere pulsationsfrei arbeitende Pumpen realisiert.
Wird die mobile Phase durch die systeminternen Pumpen gemischt, ist diesen eine Mischkammer vor- oder nachgeschaltet. Man spricht dann von Niederdruck- oder Hochdruckmischung. Auch bei isokratischer Arbeitsweise wird dadurch eine stets frische und in der Zusammensetzung reproduzierbare mobile Phase erhalten.
Mitunter beinhaltet ein Chromatograph auch einen sog. Degasser zur Entgasung der mobilen Phase. Hierdurch wird verhindert, dass Gase aus der mobilen Phase im chromatographischen System austreten, die Kapillaren blockieren und/oder zu Störungen am Detektor führen.
Im Flussschema ist nach Pumpen und Mischkammer das Probenaufgabemodul positioniert. Dies kann im einfachsten Fall eine Pipette (DC), am häufigsten jedoch ein Sechswegeventil, z. B. für die manuelle, einmalige Probeninjektion, oder eine Pipettierstation für die mechanisierte, sequenzielle und ggf. wiederholte Applikation von bis zu mehreren Hundert Proben sein (GC, LC).
Bei der sog. Direktinjektion erfolgt die Probenaufgabe unmittelbar in den Strom der mobilen Phase. Bei der indirekten Injektion wird mittels Probenschleifen (sog. „bypass injector“) die Probe zunächst in eine vom Strom der mobilen Phase durch ein Ventil getrennte Schleife („loop“) gefüllt. Durch Umschalten des Ventils wird die mobile Phase durch die Schleife umgeleitet. Dadurch wird die Probe aus der Schleife in die Kapillare, die Probenaufgabemodul und Trennsäule miteinander verbindet, geschoben.
Eine Vorsäule schützt die Trennsäule vor Abrieb und starker Verschmutzung. Hierdurch wird die Haltbarkeit der vergleichsweise erheblich teureren Trennsäule verlängert.
Die Trennsäule („column“) ist ein Rohr mit einem Innendurchmesser von 0,1–1,0 mm (GC) bzw. 2–5 mm (HPLC). Ihre Länge beträgt wenige Zentimeter (LC) bis mehrere Meter (GC). Die Trennsäule fixiert die stationäre Phase. Man unterscheidet gepackte Säulen, die möglichst dicht mit stationärer Phase gefüllt sind, und offene Kapillarsäulen, bei denen die innere Wand selbst als stationäre Phase wirkt oder ein dünner Flüssigkeitsfilm bzw. eine dünne Schicht eines Festkörpers als stationäre Phase dient.
Das Packungsmaterial einer Trennsäule (stationäre Phase) ist ein Festkörper, ein mit Trennflüssigkeit imprägniertes Trägermaterial oder ein gequollenes Gel. Der Festkörper kann vollständig porös sein oder aus einem kompakten Kern mit einer dünnen porösen Außenschicht bestehen. Oft wird die Oberfläche der stationären Phase durch geeignete chemische Verfahren modifiziert, weshalb heute eine unüberschaubare Vielfalt an Trennsäulen mit speziellen Oberflächeneigenschaften verfügbar ist.
Man unterscheidet zwischen differenziellen und integralen Detektoren. Der zumeist eingesetzte differenziell arbeitende Detektor registriert jede Veränderung der Zusammensetzung der mobilen Phase, die hier gewöhnlich als Eluat bezeichnet wird. Man unterscheidet konzentrationsempfindliche Detektoren, deren Signal der Konzentration des Analyten in der Probe proportional ist, und massenstromempfindliche Detektoren, deren Signal der Stoffmenge, die pro Zeiteinheit den Detektor erreicht, proportional ist. Stoppt man bei einem konzentrationsempfindlichen Detektor den Eluentenstrom, bleibt das Signal erhalten, bei einem massenstromempfindlichen Detektor dagegen nicht. Im Allgemeinen werden in der Chromatographie konzentrationsempfindliche Detektoren eingesetzt. Dabei steht das am Detektorausgang anliegende Signal im Zusammenhang mit der in der Messzelle des Detektors gerade vorhandenen Konzentration der zu bestimmenden Substanz. Im Idealfall ist dieser Zusammenhang linear proportional.
Wie die chromatographischen Techniken werden auch die Detektoren nach verschiedenen Kriterien unterteilt. Dies können u. a. die Selektivität (Selektivität) oder Spezifität (Spezifität, analytische) sowie das physikalische und/oder chemische Prinzip sein, auf dem der Detektor beruht. Wichtige Detektorentypen (mit zumeist einer Vielzahl von Untertypen) sind:
  • Brechungsindexdetektor
  • Flammenionisationsdetektor
  • Elektrochemischer Detektor
  • Fluoreszenzdetektor
  • Leitfähigkeitsdetektor
  • Massenspektrometrischer Detektor
  • UV- und UV/VIS-Detektor
Durch Registrierung der Konzentrationsveränderungen in der Messzelle in Abhängigkeit von der Zeit nach Probenaufgabe und deren graphische Darstellung wird ein Chromatogramm gewonnen. Heute erfolgen Auswertung und Integration der Messsignale eines Chromatogramms gewöhnlich computerunterstützt.
Der Anschluss der Trennsäulen an das Probendosiersystem und den Detektor erfolgt zumeist mit Edelstahlkapillaren mit Innendurchmessern im Bereich von 0,10–0,25 mm, um Rückvermischungseffekte zu minimieren.
Spezifität
In Abhängigkeit von der Qualität der chromatographischen Trennung und der Selektivität und Spezifität des Detektors ist die Spezifität der Analyse ausreichend bis außerordentlich hoch. Dies führt dazu, dass chromatographische Verfahren in Kombination mit geeigneten Detektoren auch als Referenzverfahren eingesetzt werden können. So wird z B. die Kombination aus GC oder LC und Massenspektrometrie (MS) als GC-MS, LC-MS oder LC-MS/MS als rechtssicheres Mittel zum Nachweis oder Ausschluss eines Drogenkonsums eingesetzt.
Sensitivität
Die Sensitivität der Methode ist abhängig von der jeweiligen Applikation, das heißt der Probenverdünnung infolge einer Probenaufbereitung, dem injizierten Probenvolumen und insbesondere vom Detektortyp. Heute sind Nachweisgrenzen im ng/L-Bereich erreichbar.
Fehlermöglichkeit
Fehler in der Probenvorbereitung, z. B. durch Analytverluste, können durch Einsatz eines internen Standards (Standard, interner) oder durch das Prinzip der Standardaddition kompensiert werden.
Eine unzureichende Spezifität des Detektors bei ungenügender chromatographischer Trennung von mehreren Probenkomponenten kann zu Fehlbestimmungen des Analyten führen. Dies kann durch eine Veränderung der Eigenschaften der mobilen und/oder stationären Phase, durch eine modifizierte Flussrate der mobilen Phase, durch längere oder dichter gepackte Trennsäulen etc. verhindert werden. Die Spezifität einer chromatographischen Analyse hängt in entscheidendem Maße von der Qualität der chromatographischen Trennung der Probenbestandteile ab.
Praktikabilität – Automatisierung – Kosten
Heutige LC-Systeme basieren zumeist auf dem Prinzip der HPLC. Hierfür stehen eine Vielzahl von Einzelkomponenten, aber auch Komplettanlagen zur Verfügung. Die Anschaffungspreise betragen mehrere 10.000 Euro. Komplettkits zur Durchführung von HPLC-Analysen sind teurer (oft zwischen 5–10 Euro/Analyse) als Eigenentwicklungen mit oft geringen Materialkosten. Bei letzteren wird die HPLC-Säule mit 250–600 Euro die größten Verbrauchskosten erzeugen. Allerdings sind gewöhnlich mehrere Hundert bis 1000 (bei sog. Mikrobore-HPLC-Systemen mehrere 10.000) Analysen mit einer Trennsäule durchführbar.
Bewertung – Methodenhierarchie (allg.)
Die GC und HPLC sind ausgereifte Analysenmethoden mit hoher Robustheit im Routinebetrieb und langer Standzeit. Derzeit hält die Kombination aus LC und Massenspektrometrie als LC-MS oder LC-MS/MS einen breiten Einzug in das klinisch-chemische und toxikologische Laboratorium. Anschaffungskosten von mehreren Hunderttausend Euro bremsen diese Entwicklung noch ab. Es scheint jedoch wahrscheinlich, dass massenspektrometrische Detektoren in naher Zukunft einen wesentlichen Anteil der in der Chromatographie eingesetzten Detektoren ausmachen.
In der Methodenhierarchie sind chromatographische Methoden bzgl. Spezifität in oberster Reihe einzuordnen. Siehe auch Ultra-Performance-Flüssigkeitschromatographie.
Literatur
Ettre LS (1993) Nomenclature for chromatography. Pure Appl Chem 65:819–872CrossRef
Unger KK (Hrsg) (1989) Handbuch der HPLC. Teil 1 Leitfaden für Anfänger und Praktiker. GIT Verlag, Darmstadt