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Trimethylamin

Verfasst von: G. F. Hoffmann, C. -D. Langhans und A. Schulze
Trimethylamin
Synonym(e)
N,N,-Dimethylmethanamin; TMA
Englischer Begriff
trimethylamine
Definition
Trimethylamin ist bei Raumtemperatur ein farbloses, unangenehm stechend riechendes Gas, das in wässriger Lösung basisch reagiert. Trimethylamin ist schleimhautreizend und schwach giftig. Im Urin liegt es als Trimethylammoniumsalz vor.
Struktur
C3H9N; Strukturformel:
Molmasse
59,11 g.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Trimethylamin wird durch Enterobakterien im Verdauungstrakt gebildet. Ausgangsprodukte für die bakterielle Zersetzung sind dabei Nahrungsmittelkomponenten wie Trimethylamin-N-Oxid (aus dem Muskelfleisch von Meerwasserfischen) sowie Cholin, Carnitin und andere Betaine, die besonders in Eiern, Innereien und Hülsenfrüchten vorkommen.
Trimethylamin wird in der Leber durch Enzyme aus der Familie der Flavin-abhängigen Monooxygenasen in das geruchlose Trimethylamin-N-Oxid (TMAO) umgewandelt und in dieser Form effizient über den Urin ausgeschieden.
Funktion – Pathophysiologie
Trimethylamin hat im menschlichen Organismus keine bekannte Funktion.
Eine Störung der N-Oxidation, verursacht durch einen Defekt der Flavin-Monooxygenase 3 (FMO3), führt dazu, dass Trimethylamin nicht mehr effizient in TMAO überführt werden kann. Das sich anstauende Trimethylamin wird in großen Mengen über Urin, Schweiß und Atem ausgeschieden. Die Trimethylaminurie, auch „fish odour syndrome“ genannt, ist eine autosomal rezessiv vererbte Stoffwechselstörung.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
5–10 mL Urin mit 4N HCl angesäuert. Eine längere Lagerung sollte bei −20 °C erfolgen.
Präanalytik
Um eine reduzierte N-Oxidationskapazität zu erkennen, empfiehlt sich die Bestimmung vor und nach einer Belastung mit Cholin oder vor und nach einer Seefischmahlzeit.
Präanalytik
Für die Bestimmung von Trimethylamin wird die Dampfraumanalyse („headspace“) eingesetzt. Dabei wird gasförmiges Trimethylamin durch Alkalisieren aus dem im Urin vorliegenden Trimethylammoniumsalz freigesetzt und direkt oder nach Adsorption/Desorption an einer Solid-Phase-Microextraction-(SPME-)Faser gaschromatographisch getrennt.
Die Detektion erfolgt mittels Flammenionisationsdetektor (FID). Eine massenspektrometrische Stabilisotopen-Verdünnungsanalyse ist ebenfalls möglich.
Direkte Messmethoden für Trimethylamin sind die NMR-Spektrometrie oder die Elektrospray-Tandemmassenspektrometrie (ESI-MSMS; Massenspektrometrie) nach Derivatisierung mit Ethylbromoacetat.
Referenzbereich
Bei gesunden Probanden liegt der Trimethylamingehalt im Urin <1 mmol/mol Kreatinin. Der Gehalt unterliegt ernährungsbedingten Schwankungen.
Im pathologischen Fall ist der Gehalt im Urin deutlich erhöht.
Valide Normwerte und Cut-off-Werte sind nicht veröffentlicht.
Indikation
Unangenehm fischartiger Körpergeruch aufgrund vermehrter Trimethylaminausscheidung über Urin, Schweiß und Atem.
Interpretation
Eine erhöhte Trimethylaminkonzentration bei gleichzeitig erniedrigter N-Oxidationsaktivität ist hinweisend auf das Vorliegen einer Trimethylaminurie.
Die primäre Trimethylaminurie kann auf einen durch Mutationen im FMO3-Gen verursachten Defekt der Flavin-Monooxygenase 3 (FMO3) zurückgeführt werden.
Polymorphe Variationen im FMO3-Gen sind dagegen eher die Ursache einer intermittierenden (sekundären) Trimethylaminurie, bei der ein nahrungsbedingtes Überangebot an Trimethylamin nicht effizient abgebaut werden kann. Bakterielle Überwucherung des Darms oder andere Darmerkrankungen sind häufig die Ursache für eine übermäßig hohe Trimethylaminbildung aus Nahrungskomponenten.
Diagnostische Wertigkeit
Die alleinige Bestimmung der Trimethylaminkonzentration im Urin ist ohne diagnostische Relevanz.
Eine pathologisch erniedrigte Aktivität der Flavin-Monooxygenase kann nur durch die gleichzeitige Betrachtung von freiem und oxidiertem Trimethylamin (Trimethylamin-N-Oxid) in Form der TMA/TMAO-Ratio erkannt werden.
Die Ergebnisse einer biochemischen Urinanalytik muss durch eine molekulargenetische Untersuchung bestätigt werden.
Literatur
Blau N, Duran M, Gibson KM, Dionisi-Vici C (Hrsg) (2014) Physician’s guide to the diagnosis, treatment, and follow-up of inherited metabolic diseases. Springer, Berlin/Heidelberg
Chalmers RA, Bain MD, Michelakakis H et al (2006) Diagnosis and management of trimethylaminuria (FMO3 deficiency) in children. J Inherit Metab Dis 29:162–172CrossRefPubMed