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Familiendiagnostik in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie

Verfasst von: Marc Schmid
Ein wesentlicher Aspekt jeder kinder- und jugendpsychiatrischen/-psychotherapeutischen Behandlungsplanung ist es, die auslösenden und aufrechterhaltenden Bedingungen, aber auch die Ressourcen innerhalb eines Familiensystems zu erkennen und damit für eine Behandlungsplanung nutzbar zu machen. Der Sinn und Nutzen von diagnostischen Prozessen besteht darin, Kategorien zu bilden, die es erlauben, die gewonnenen Informationen für sich selbst zu ordnen und zu gewichten, um diagnostische Fragestellungen dadurch gezielt zu beantworten. Des Weiteren ermöglichen es diagnostische Kategorien relevante Informationen mit Mit-, Nachbehandlern und Kollegen, z. B. in Visiten oder Berichten, zu teilen. Schon die diagnostische Beschreibung von Symptomen und Persönlichkeitseigenschaften sind nicht einfach. Die Beschreibung von Familien ist noch herausfordernder, weil die Familieninteraktionen sehr komplex sind und verschiedene Quellen aus unterschiedlichen Perspektiven oft in sehr vertraulichen Gesprächen erhoben werden. Deshalb müssen auch ethische und datenschutzrechtliche Aspekte im Rahmen der Familiendiagnostik beachtet werden. Im Rahmen dieses Beitrags werden verschiedene Aspekte der Diagnostik von Familien, ihrer Struktur und Kommunikation beschrieben, wobei verschiedene Methoden wie Beobachtung, Befragung und Anwendung von ausgewählten, projektiven, systemischen und psychometrischen Testverfahren erläutert werden.

Einleitung

Der Großteil der kinder- und jugendpsychiatrischen/-psychotherapeutischen Behandlung wird von den besorgten Eltern initiiert. Schon früh im Erstgespräch bekommt man einen Eindruck, wie die Familie miteinander interagiert (Wer eröffnet das Gespräch, wie sensibel und aufeinander bezogen werden die Symptome geschildert?).
Die wesentlich intensivere Zusammenarbeit mit dem Herkunftssystem der Kinder und Jugendlichen ist ein Hauptunterschied zwischen kinder- und jugendpsychiatrischem/ -psychotherapeutischem Vorgehen und Erwachsenenpsychiatrie und -psychotherapie. Familiäre Strukturen und Kommunikationsmuster können, müssen aber nicht, auslösende und aufrechterhaltende Bedingungen für psychopathologische Symptome sein (Döpfner et al. 2018; Zimmermann et al. 2016). Diese komplexen Zusammenhänge zeigen sich auch kulturübergreifend (Seiffge-Krenke et al. 2019), weshalb dem Verständnis, der Beobachtung und der Beschreibung von Kommunikationsstrukturen und Familieninteraktionen eine wichtige Bedeutung zukommt. Dennoch wird die systemische und psychometrische Diagnostik von Familieninteraktionen oft vernachlässigt (Homes und von Sydow 2019). Homes und von Sydow (2019) stellten fest, dass gerade 10 % der sozialpädiatrischen Zentren angeben einzelne familienzentrierte Testverfahren zu benutzen und quasi keine diagnostischen Standards implementiert sind.
Wichtig ist dabei aber auch zu beachten, dass das Vorhandensein einer psychischen Erkrankung von einem Familienmitglied sehr schnell zu Veränderungen im Familiensystem und in der Kommunikation führen kann. Diese Anpassungen können funktional und dysfunktional sein (Shimshoni et al. 2019). Es ist daher wichtig, sich bei Überlegungen zur Familiendiagnostik von kausalem Denken von Ursache und Wirkung oder gar der Zuweisung von Schuld zu verabschieden, weil es primär um eine deskriptive Beschreibung von veränderbaren Kommunikations- und Interaktionsmustern geht. Die psychische Symptomatik und die familiären Interaktionsmuster beeinflussen sich gegenseitig. In einem bidirektionalen Prozess können Interaktionsmuster psychische Störungen begünstigen und aufrechterhalten, andererseits können psychische Störungen auch zur Entwicklung und Chronifizierung von dysfunktionalen und maladaptiven Interaktionsmustern führen.
Gerade auch für die Triage von Fällen, bei der Übergabe, der Überweisung und im Rahmen von stationärer Behandlung ist es sehr wichtig, eine gemeinsame Sprache und Einschätzung dafür zu entwickeln, welche Kommunikations- und Interaktionsmuster für das Fallverständnis wichtig sind, da viele Beobachtungen im Alltag für die Behandlungsplanung bedeutsam sind oder sein könnten.
Interessanterweise scheint es viel einfacher zu sein, jene Aspekte der familiären Interaktion zu beschreiben, die nicht so gut laufen, als eine gelingende, aufeinander bezogene Kommunikation.
Tolstoi hatte mit seinem berühmten Zitat
„Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Art unglücklich“
also vermutlich einen wichtigen Punkt beschrieben.
Für die kinder- und jugendpsychiatrische Diagnostik und individuelle Behandlungs- und Therapieplanung ist es von entscheidender Bedeutung, einerseits die Ressourcen und Schutzfaktoren einer Familie zu erfassen, sowie andererseits auch eine genaue Beschreibung der Risikofaktoren und potenziell belastenden oder die Symptome verstärkenden Interaktionen vorzunehmen, weil gerade diese im Verlauf einer Behandlung mit verschiedenen Interventionen adressiert werden sollten. Sprich, Wege zu finden, um die Ressourcen der Familie zu stärken, belastende Interaktionen zu bemerken, zu vermeiden bzw. zu unterbrechen und gegebenenfalls alternative Kommunikations- und Lösungsmöglichkeiten aufzubauen. Deshalb ist die Familiendiagnostik ein wesentlicher Bestandteil der kinder- und jugendpsychiatrischen/ -psychotherapeutischen Diagnostik und des Fallverständnisses.
Wie für jeden diagnostischen Prozess ist es auch für die Familiendiagnostik wichtig, die zu beantwortende diagnostische Fragestellung zu explizieren und die dafür notwendigen Informationen systematisch zu sammeln, zu gewichten und die Frage dann auch gezielt zu beantworten. Leider ist oft zu beobachten, dass versäumt wurde, sehr relevante diagnostische Fragen zu Beginn der Behandlungsplanung konsequent zu erheben. Bei einem stockenden Therapieverlauf tauchen dann plötzlich neue Informationen aus der Familie auf und Hypothesen, die die Symptomatik aufrechterhalten. Es lässt sich nicht ganz vermeiden, dass im Verlauf einer ambulanten oder stationären Therapie neue Informationen zum Vorschein kommen und Behandlungsentscheidungen korrigiert werden. Aber um grobe Behandlungsfehler zu vermeiden, ist wichtig, zentrale familiendiagnostische Fragestellungen bereits zu Beginn einer Behandlung sorgfältig zu klären. Ein wesentliches Problem der Diagnostik von Familieninteraktionen besteht darin, dass die meisten Familien nicht gewohnt sind, ihre Beziehungen und Kommunikationswege zu beschreiben. Gerade hoch belastete Familien, die sich in kinder- und jugendpsychiatrische/-psychotherapeutische Behandlung begeben, haben es überhaupt nicht gelernt, sich über Emotionen und ihr Beziehungserleben auszutauschen.
Für viele Familien, die bereits über mehrere Generationen hinweg mit psychischen Belastungsfaktoren zu kämpfen haben und Schwierigkeiten haben, effizient zu kommunizieren sowie soziale Probleme gemeinsam aufeinander bezogen zu lösen, ist es daher wichtig, im Rahmen des diagnostischen Prozesses und der daraus resultierenden Therapieplanung auch ein Gefühl dafür zu bekommen, über welche Ressourcen sie verfügen und was die Familien konkret lernen müssen, um effektiver und sensitiver zu kommunizieren. Die Familiendiagnostik ist daher ein Prozess, der nur schwer gänzlich von der Interventionsplanung zu trennen ist. Gleichzeitig ist es wichtig, die Diagnostik der Interventionsplanung und -durchführung vorauszustellen.

Begriffsklärung und Definition

Den Begriff Familiendiagnostik definierte Cierpka (1987, vom Autor um die multisystemische Ebene ergänzt) folgendermaßen: Die Familiendiagnostik untersucht und beschreibt Interaktionen (Kommunikation und Verhalten) sowie Veränderungen zwischen Familienmitgliedern und analysiert die Dynamik der Familie und relevante, mit der Familie verbundene Subsysteme als systemisches Ganzes. Sie untersucht Visionen, Fantasien, Wünsche und Ängste der Familie auf dem Hintergrund der Familiengeschichte und den Lebensentwürfen für die Zukunft, um zu einem Verständnis für bedeutsame Interaktionssequenzen und deren Funktionalität zu bekommen.

Ebenen der Familiendiagnostik

Cierpka (1996, 3. Aufl. 2008) beschreibt ein Drei-Ebenen-Modell der Familiendiagnostik. Dieses Modell unterscheidet eine individuelle Ebene, die dyadische und triadische Ebene und eine Ebene des Gesamtsystems. In einem ersten Schritt wird vor allem das Individuum betrachtet: Symptomatik, Ressource, Kommunikations-, Problemlösungsmuster, Selbstwert und Strukturniveau (Mentalisierungsfähigkeit, psychische Struktur, Selbstregulationsfähigkeit). Auf der nächsten Ebene werden dann die einzelnen Dyaden, Triaden und die Subsysteme einer Familie analysiert.
  • Wie ist das Verhältnis der einzelnen Familienmitglieder zueinander, wie interagieren diese miteinander?
  • Was machen die einzelnen Familienmitglieder gemeinsam?
  • Wie sensitiv und liebevoll gehen die einzelnen Mitglieder einer Dyade miteinander um? Welche Hindernisse für einen sensitiveren, liebevolleren Umgang gibt es auf individueller und auf Beziehungsebene?
  • Welche Konflikte gibt es und mit welchen Strategien werden diese gegebenenfalls gelöst?
Ein sehr wichtiger Aspekt der systemischen Diagnostik besteht in der Frage, wie sich Beziehungen verändern, wenn sich Triaden bilden, also, wenn weitere Menschen dazu kommen (z. B. was passiert, wenn der Vater und ein Kind einen Konflikt haben und die Mutter dazukommt). Entstehen dann stabile Koalitionen innerhalb der Generationengrenzen oder über diese hinweg? Mit dem genaueren Analysieren der Koalitionen und der Grenzen der Familie, insbesondere der Generationengrenzen, befinden wir uns dann auf der Ebene des Gesamtsystems und seiner Subsysteme.
Bei der Analyse des Systems wird besonders Wert auf die Elternebene und die Grenzen nach außen sowie zwischen den Generationen gelegt. Auf der Ebene des Gesamtsystems ist z. B. von Interesse, wie offen oder geschlossen bzw. isoliert das System ist. Für den Zusammenhalt der Familie und die Einhaltung von Generationengrenzen spielen das Elternsubsystem und das Geschwistersubsystem eine entscheidende Rolle. Die Bedeutung der Grenzen im Familiensystem, von Subsystemen, Koalitionen und insbesondere die besondere Bedeutung der Elternebene hat Salvador Minuchin (1995, 1997) in die Familientherapie eingebracht und wird von fast allen nachfolgenden Autoren und systemischen Diagnostikern, so auch von Cierpka mit seinem Drei-Ebenen-Modell, aufgegriffen.
Das Modell wurde bereits von anderen Autoren (Benninghoven et al. 1996) mit einer vierten institutionellen Ebene versehen. Der Autor dieses Beitrags findet eine Erweiterung sinnvoll und notwendig, möchte diese Ebene aber nicht auf einen institutionellen Rahmen beschränken, sondern alle, mit der Familie regelmäßig kooperierenden Subsysteme von Relevanz, mit einbeziehen und hat das Modell daher noch um eine vierte multisystemische Ebene ergänzt (Abb. 1). Diese Ebene ist gerade bei den Familien, die um intensivere kinder- und jugendpsychiatrische Unterstützung nachsuchen und in der Regel bereits Erfahrungen mit verschiedenen psychosozialen Helfersystemen haben, notwendig und sinnvoll, da sich psychische Störungen häufig auch außerhalb der Familie in Form von Problemen in der Schule, Nachbarschaft, Arbeitsplatz und/oder in Kontakten mit der Polizei zeigen und die Interaktionen mit den Menschen dort den Verlauf der Störung beeinflussen. Die Bedeutung der Analyse der Rolle von weiteren Helfersystemen haben insbesondere Evan Imber-Black (2006) und Patricia Minuchin (Minuchin et al. 2000) in die Diskussion um die systemische, familientherapeutische Diagnostik und Therapie eingebracht.
Cierpka (1996, 3. Aufl. 2008) und andere Arbeitsgruppen, die sich mit der Diagnostik von Familiensystemen beschäftigten, beschreiben die Dimensionen Kohäsion und Hierarchie/Organisation der Familie sowie die Fähigkeit einer Familie, sich weiterzuentwickeln und den sich veränderten Aufgaben anzupassen. Die Organisation einer Familie kann aber nicht unabhängig von Verhaltens- und Selbstkontrolle der beteiligten Individuen betrachtet werden. Andere angloamerikanische Autoren beschreiben ähnliche Konzepte. Das Circumplex-Modell von Olson (2000) beschreibt die Familienkohäsion und die Adaptivität. Andere Modelle betonen die Verhaltenssteuerung noch deutlicher. So differenzieren Miller et al. (2010) die Dimensionen Problemlösung, Rollenklarheit, Kommunikation, Verhaltenskontrolle. Skinner et al. (2000) heben zusätzlich zu diesen Dimensionen noch die Bedeutung von Normen und Werten in einer Familie hervor und wie diese gemeinsam diskutiert und weiterentwickelt werden. Sulz und Heekeren (2002) betonen die Bedeutung der Kohäsion und der Kontrolle sowie den Umgang mit Emotionen und Bedürfnissen innerhalb einer Familie, wobei der Zusammenhalt einer Familie und die Kontrolle der Familieninteraktionen bei belastenden Ereignissen von außen zumeist ein protektiver Faktor sein kann. Bei zu starren Außengrenzen und körperlicher oder sexueller Gewalt innerhalb der Familie kann dies aber auch einer der gravierendsten Belastungsfaktoren mit entsprechenden Langzeitfolgen darstellen (Hughes et al. 2017; Hillis et al. 2017).
Auf der Ebene der Dyaden interessiert, wie die einzelnen Beziehungen gelebt werden und funktionieren sowie nach welchen wiederkehrenden Mustern sich gegebenenfalls angenehme und belastende Interaktionen entwickeln. Auf Ebene des Gesamtsystems ist von Bedeutung, ob die Außengrenzen der Familien funktionieren, wer die Macht hat und ob die Generationengrenzen intakt sind, was oft damit einhergeht, dass die Eltern- und Paarebenen ausreichend präsent sind.

Grenzen von und in Familiensystemen

Beispiele für zu offene Familiengrenzen wären etwa, wenn plötzlich andere Personen in der Familie übernachten könnten, ohne dass das mit den anderen Familienmitgliedern abgesprochen wird oder dass ein Elternteil plötzlich längere Zeit weg wäre, ohne dass dieses allen Familienmitgliedern altersentsprechend erklärt wird.
Eine funktionierende Elternebene ist nicht an ein klassisches Familienmodell gebunden. Auch ein alleinerziehender Elternteil oder getrenntlebende Eltern können allein, mit dem Ex-Partner oder mit Freunden elterliches Verhalten reflektieren.
Eine funktionierende Elternebene bedeutet, dass sich die Eltern gemeinsam über das Wohl des Kindes austauschen, sich in es hineinversetzen, dann eine gemeinsame Strategie verfolgen, dabei als Elterneinheit authentisch und präsent sind sowie unter Umständen in Konfliktfällen ausgleichen und vermitteln können. Nicht selten kann man in Familiensystemen die Entwicklung von Symptomen und Erziehungsproblemen beobachten, wenn es Eltern aus unterschiedlichen Gründen nicht ausreichend gut gelingt, eine gemeinsame Strategie festzulegen und durchzuhalten. Oft haben Eltern bereits voneinander abweichende Vorstellungen in Erziehungsfragen und/oder eines oder beide Elternteile ist/sind psychosozial oder psychisch so belastet, dass sie die Elternrolle nicht mehr mit der ausreichenden Aufmerksamkeit und Energie ausfüllen können. Deshalb ist es wichtig, die beiden Elternteile nacheinander offen nach ihren Hypothesen zum Verhalten des Kindes bzw. seiner Symptomatik sowie einzelnen und gemeinsamen Bewältigungsstrategien zu fragen. Falls es Ansätze für eine gemeinsame Strategie gibt, sollte diese Zusammenarbeit als Stärke für die weitere Behandlung positiv konnotiert werden, selbst wenn die gewählte Strategie vielleicht noch nicht zielführend war und fachlich andere Ideen viel erfolgsversprechender sind, da die gemeinsame Suche nach Problemlösungen eine Ressource für die weitere Behandlung darstellt.
Eine weitere Aufgabe der Elternebene besteht darin, ihre Paarbeziehung gemeinsam zu schützen, hier eine klare Generationengrenze einzuführen und sich z. B. auch Zeiten als Paar zu reservieren sowie ein Eindringen der Kinder (oder Großeltern) in diese Paarebene gemeinsam zu beenden, z. B. indem das Paar gemeinsam interveniert, wenn eines der Kinder über einen längeren Zeitraum jede Nacht im Elternbett schlafen möchte. Das Beispiel mit dem Bett zeigt gut, dass es einen flexiblen und angepassten Umgang braucht. Es kann durchaus sinnvoll sein, dass ein Kind, wenn es schlecht schläft, ein paarmal bei seinen Eltern im Bett schlafen kann. Es wäre ein Beispiel für eine zu rigide Grenze, wenn das Kind einfach harsch zurück ins Bett geschickt wird. Eine zu labile Grenze wäre, wenn das Kind dauerhaft im Ehebett der Eltern schläft.
Die Generationengrenzen können auch transgenerational zwischen den Großeltern einen wichtigen Einfluss haben. Insbesondere wenn Großeltern räumlich sehr nahe wohnen, ist es wichtig, wie die Eltern diese Einflussnahme erleben und ob sie dadurch in ihrer eigenen Elternrolle und als Paar geschwächt werden, z. B. indem die Großeltern übergebührenden Einfluss auf Entscheidungen bezüglich des Elternpaares und deren Kinder nehmen. Ein funktionierendes, aufeinander bezogenes Spiel zwischen den Geschwistern und eine Unterstützung der Geschwister untereinander bei Interessenskonflikten mit den Eltern deutet auf eine intakte Generationengrenze hin. Bei Migrationsfamilien bestehen teilweise sehr starre Außengrenzen und eine enge Verbindung zwischen Subsystemen der Familie. Die Familien bleiben oft unter sich oder haben nur sehr wenige Kontakte, oft nur innerhalb ihres Kulturkreises oder mit Verwandten, und wenige in die Lebenswelt ihrer Kinder. Teilweise lässt sich in Migrationsfamilien eine Paradoxie im Umgang mit Subsystemgrenzen beobachten, weil einerseits die Väter kulturell eindeutig die Macht in der Familie für sich reklamieren, andererseits den Kindern im Jugendalter die Akkulturation aber teilweise viel besser gelingt und die Eltern dadurch manchmal auf die Hilfe der Kinder angewiesen sind. Diese reale Macht der Kinder schlägt sich aber oft nicht in vermehrten Partizipationsmöglichkeiten und einem größeren Zutrauen in die Selbstbestimmung nieder, was nicht selten zu Konflikten führen kann.
Hinweise für unklare Generationengrenzen wären z. B., wenn sich ein Kind um einen Elternteil oder seine Geschwister sorgt und eigentlich elterliche Aufgaben im Haushalt und in der Erziehung übernimmt. Manchmal teilt ein Elternteil auch seine Sorgen aus der Erwachsenenwelt zu stark mit seinen Kindern. In vielen Studien wurden die negativen Folgen von Parentifizierung auf die Identitätsentwicklung und die psychische Gesundheit aufgezeigt (Jurkovic 1998; Schier et al. 2015; Hooper et al. 2011; Titzman 2012).
Wichtig ist aber, dieses parentifizierte Verhalten nicht grundsätzlich mit Psychopathologie gleichzusetzen, da repräsentative Studien zeigen, dass viele Menschen solche Erfahrungen in ihrer Kindheit gemacht haben, ohne daraus psychopathologische Symptome zu entwickeln (Hooper et al. 2011).
Eine andere Form der nicht funktionierenden Generationsgrenzen wäre es, wenn Eltern mit ihren Kindern ausgehen, ein zu freundschaftliches Verhältnis pflegen und vielleicht gar ihre elterliche Kontrollfunktion aufgeben, indem sie z. B. Alkohol und Drogen oder nicht altersgerechte Filme und Videospiele mit ihnen konsumieren.
Ein Hinweis auf zu starre dysfunktionale Generations- oder Subsystemgrenzen könnten Gefühle von Eifersucht eines (Stief-)Elternteils auf ein Kind sein, z. B. wenn eine neue Beziehung den Kontakt zu leiblichen Kindern behindert oder die liebevolle Pflege eines Kleinkindes zu Gefühlen der Eifersucht führt.

Entwicklungsaufgaben und Anpassungsleistungen von Familiensystemen

Ein anderer diagnostischer Fokus besteht darin zu beobachten, inwiefern sich das gesamte Familiensystem und seine einzelnen Mitglieder an gewisse Entwicklungsaufgaben anpassen und sich gemeinsam weiterentwickeln. Gerade die Fähigkeit eines Systems auf Belastungen und neue Herausforderungen gemeinsam ausreichend flexibel zu reagieren, ist eine wichtige Ressource und ein Resilienzfaktor.
Wichtige Entwicklungsphasen, die Familien durchlaufen müssen, sind z. B. die Übergänge, wenn die Kinder selbstständiger werden, sich mehr von den Eltern ablösen müssen und sich dadurch auch die Paardynamik als Liebes- und Elternpaar verändert. Psychische Störungen entstehen oft in Lebensphasen, in denen sich ein System gemeinsam weiterentwickeln muss.
Wichtige Entwicklungsphasen können sein:
  • Entwicklung einer stabilen Partnerschaft ohne Kinder,
  • Entwicklung eines gemeinsamen Kinderwunsches,
  • Übergang vom Paar zu Familie und die erfolgreiche Triangulation mit einem Kind,
  • Geburt weiterer Kinder,
  • Familien mit Kleinkindern,
  • Familien mit Kindern im Schulalter,
  • Familien mit Kindern in der Pubertät und Adoleszenz,
  • Familien im Ablöseprozess der Kinder,
  • Familien nach der Ablösung der Kinder,
  • Verlust von Familienmitgliedern,
  • Geburt der Enkelkinder,
  • Familie im Alter bis zum Tod.
Beispielsweise kann schon die Geburt eines Kindes, die nicht gelingende Triangulation (von Klitzing und Stadelmann 2011) und die intensive Pflege eines Kleinkindes dazu führen, dass sich Väter zurückgesetzt und Mütter überfordert fühlen (von Klitzing und Stadelmann 2011). Trennungsängste und aggressives Verhalten zeigen sich oft erstmals beim Besuch des Kindergartens und der Schule. Essstörungen, Störungen des Sozialverhaltens und Depressionen entwickeln sich mit ganz unterschiedlichen Familiendynamiken oft mit dem Beginn der Pubertät. Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis und Suchterkrankungen entstehen oder eskalieren oft im jungen Erwachsenenalter, wenn die Ablösung aus dem Elternhaus erfolgen sollte (Stierlin 1994). Auch Johnson (2004) hat in Längsschnittstudien für junge Erwachsene mit Persönlichkeitsstörungen beobachtet, dass diese trotz hoch belasteter Familienbeziehungen im jungen Erwachsenenalter häufig noch bei ihren Eltern leben oder täglich mit ihnen interagieren. Eltern mit Kindern in der Adoleszenz müssen ihre Beziehung durch den Ablöseprozess oft neu definieren. Auch wenn die Kinder eigene Kinder bekommen, kann es eine Herausforderung sein, das richtige Maß an Unterstützung und Freiheit für die junge Familie zu finden.
Es ist folglich notwendig und sinnvoll, sich einen Eindruck zu verschaffen, weshalb es einer Familie gelang, diese Herausforderungen zu bewältigen, und sich im diagnostischen Prozess zu vergegenwärtigen, welche Entwicklungsaufgaben die Familie aktuell als Ganzes und welche die einzelnen Mitglieder der Familie zu bewältigen haben. Cierpka (1990) greift hier das Konzept Koevaluation von Jürg Willi (1978, 1985) auf und wendet es konsequent auf alle Familienbeziehungen an. Inzwischen gibt es auch eine Vielzahl von empirischen Studien, die beschreiben, dass Flexibilität, emotionale Bezogenheit und Sensitivität (Lunkenheimer et al. 2011) einen protektiven Faktor darstellen, respektive das rigide Muster in der Familie bzw. Eltern-Kind-Interaktion, sehr leicht zu externalisierenden und internalisierenden Symptomen führen kann (Hollenstein et al. 2004; Review Hollenstein und Lewis 2006).

Methoden der Familiendiagnostik

Eine systemische Diagnostik umfasst sehr viele verschiedene Bereiche und Methoden, die sich im klinischen Alltag bewährt haben und wissenschaftlich untersucht wurden. Um den Prozess interaktiv und fruchtbar zu gestalten, ist es von Seiten des Diagnostikers wichtig, eine sehr offene, wertschätzende, aufrichtige und neugierig-interessierte Grundhaltung an den Tag zu legen und nicht zu bewerten.
Sehr viele wichtige Informationen erhält man durch das Beobachten und das Einsammeln von Informationen sowie durch gezieltes Nachfragen in der Exploration.
Die Exploration der Familie und die Beobachtungen der Interaktionen in der Familie sind das zentrale Mittel, um sich ein Bild von den Ressourcen und Belastungen einer Familie zu machen.
Das Anwenden von spezifischen systemisch-familientherapeutischen Techniken (z. B. skulpturbasierten diagnostischen Verfahren, systemische Fragetechniken) oder der Einsatz von psychometrischen Methoden sind ebenfalls wichtige Informationsquellen für viele familiendiagnostische Fragestellungen.
Quellen und Methoden der Familiendiagnostik
  • Persönliche Berichte und anamnestische Informationen über die subjektive und objektive psychosoziale Lebenslage der Familie
  • Exploration und direkte Beobachtung der Interaktionen zwischen den Familienmitgliedern
  • Strukturierte Beobachtungen von vorgegebenen Situationen (auch mit Videos)
  • Aussagen von allen Beteiligten zu ihrem aktuellen Beziehungserleben in der Familie und den Umgang mit der Symptomatik
  • Beobachtung und Analyse der Interaktionen zwischen den einzelnen Familienmitgliedern und dem Therapeuten (Übertragung und Gegenübertragung)
  • Rekonstruktion erlebter und gemeinsam geschaffener Familiengeschichte
  • Skulpturorientierte systemische Testverfahren
  • Psychometrische Testverfahren
  • Berichte von Vorbehandlern, anderen Helfern und Kollegen über die Familiensituation
  • Grafische Darstellungen, Fotos, gemalte Bilder, Stammbäume, Genogramme können zur Unterstützung der Exploration herangezogen werden

Exploration als zentrale Methode der Familiendiagnostik

Ein wesentlicher Schritt besteht natürlich darin, die zentralen Informationen zur Lebenssituation der Familie zu erheben und sich ein Bild von der Familie zu machen.
Die Informationen zur Familienanamnese sollten relativ früh im Behandlungsprozess erhoben werden. Oft ist es sinnvoll, hierfür ein zweites Gespräch mit den Eltern auszumachen und sich ein paar offene Leitfragen zurechtzulegen und die Familie viel erzählen zu lassen (typischer Tagesablauf etc.).
Aus systemischer Perspektive geht es bei der Familiendiagnostik aber neben dem Beziehungsaufbau zu jedem einzelnen Familienmitglied vor allem auch darum, die Definition des Problems oder noch besser den Veränderungswunsch aus Perspektive der verschiedenen involvierten Familienmitglieder zu erheben:
1.
das Herausarbeiten der Problemstellung auf Familienebene (z. B. Umgang mit der Symptomatik) bzw. des Veränderungsbedarfs,
 
2.
den Abgleich der Perspektiven der einzelnen Familienmitglieder,
 
3.
die Sammlung von relevanten Informationen zur Lebenssituation der Familie,
 
4.
die Definition des weiteren Vorgehens und der vorläufigen Interventionsziele.
 
Kommunikationsmuster und Strukturen einer Familie, insbesondere der Umgang mit Symptomen, ist immer wertfrei und auf eine solche Art und Weise zu beschreiben, dass die Beschreibung auch Veränderungen durch Interventionen oder durch das Auftreten und die Reduktion von Symptomen impliziert (z. B. Momentan reagieren Sie noch …?).

Diagnostische Betrachtung der Lebenssituation von Familien

Bei der Erfassung der Lebensform der Familie ist es wichtig, biologische und psychosoziale Belastungsfaktoren, sowie Risiko- und Schutzfaktoren zu erfassen. Es ist interessant zu wissen, wie das Leben rund um die Kinder, insbesondere um das vorgestellte Kind, abläuft und ein Gefühl dafür zu bekommen, wie die Familie lebt und sich organisiert. Es ist wichtig, empathisch und dennoch direkt nach Problembereichen, belastenden Ereignissen und Sorgen in der Familie zu fragen, schon um zu zeigen, dass solche Themen hier relevant sein könnten und nicht tabuisiert werden müssen. Es hat sich im Rahmen einer Familienanamnese bewährt, mehrmals ein mögliches „Fenster“ zu öffnen, um belastende Dinge anzubringen („Gibt es noch etwas Anderes, was XY/Sie als Eltern belasten könnte/besorgt?“, „Ich stelle mir das sehr herausfordernd vor mit einem Kind, das so viel Energie der Eltern einfordert und Probleme hat, Grenzen zu akzeptieren. Wie schaffen Sie es als Eltern, da ruhig zu bleiben?“…).
Diagnostisch Tätige sollten deshalb über ein ausreichendes Fachwissen über bedeutsame biologische und psychosoziale Risiko- und Schutzfaktoren für die Entstehung und Aufrechterhaltung von psychischen Störungen verfügen (Hohm et al. 2017; Petermann 2019). Viele Familien akkumulieren über Generationen hinweg viele verschiedene psychosoziale Risikofaktoren, wobei neben einer psychischen Erkrankung der Eltern oft eine geringere soziale Teilhabe der ganzen Familie sowie Armut einhergeht und letztlich zu einem höheren Risiko für psychische Erkrankungen der Kinder führt (Fitzsimons et al. 2017; Reiss et al. 2019; Besser et al. 2019).
Relevante familienanamnestische Informationen, zu denen man nach einer Familienanamnese einen Eindruck haben sollte
  • Wer lebt zusammen in einem Haushalt?
  • Wie leben Sie räumlich und organisatorisch? Wie ist und war die Kinderbetreuung geregelt?
  • Berufliche Situation der Eltern? Wovon lebt die Familie? Gibt es bezüglich Finanzen, Arbeit und Wohnsituation Belastungen?
  • Wie sieht ein typischer Wochentag/ein typisches Wochenende aus? Wie sind das Essen und das Zubettgehen organisiert? Welche gemeinsame Mahlzeiten/Rituale gibt es?
  • Womit beschäftigt sich ein Kind/Jugendlicher in seiner Freizeit (inklusive Medienkonsum)?
  • Was macht die Familie gern gemeinsam?
  • Wer besucht die Familie? Wer besucht das Kind (Kindergeburtstage)? Wie ist das Verhältnis von X zu den Kindern in der Nachbarschaft/Schulklasse?
  • Wie wird die Familieninteraktion beschrieben?
  • Wie ist die Beziehung des Klienten zu seinen Eltern(-teilen)? Zu seinen Geschwistern?
  • Können die Eltern die Bedürfnisse ihrer Kinder erkennen und darauf adäquat reagieren?
  • Bei getrennten Eltern: Wie wird die Trennung (Eltern, Kind) erlebt? Wie ist die Besuchsregelung? Wie wird das organisiert? Was läuft dabei gut, was könnte, insbesondere aus Perspektive des Kindes, noch besser laufen?
  • Wie ist das Verhältnis zu den Großeltern geregelt?
  • Liegen somatische/psychische Erkrankungen in der Familie vor?
  • Wie geht die Familie mit diesen Erkrankungen um? Wie werden diese behandelt?
  • Gibt es Sorgen oder Probleme, über die wir bisher noch nicht gesprochen haben?
  • Gibt es Familiengeheimnisse? Könnte Gewalt in der Familie, in der Erziehung oder zwischen den Eltern, eine Rolle spielen?
  • Wie geht die Familie mit der herausfordernden Symptomatik/Situation um? Wie löst die Familie sonst Probleme? Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten gibt es im individuellen Umgang mit der Situation/Symptomatik?
  • Wie geht die Familie mit dem Symptom des Kindes um? Wie finden die Eltern zu einer gemeinsamen Strategie im Umgang mit dem Symptom?
  • Über welche Ressourcen und Stärken verfügt die Familie?
  • Was denken Sie, wie Ihr Mann/Ihre Frau Ihre Beziehung zu Ihrem Sohn/Ihrer Tochter, Ihren Umgang mit der Symptomatik sieht/beschreiben würde?
  • Wie erleben Sie gerade die Beziehung von X zu Y auf einer Skala von 0–10? Was denken Sie, wie würden die Beiden die Beziehung auf dieser Skala einschätzen? Was müsste passieren, dass Sie (dass X und dass Y) einen Punkt mehr vergeben können?
  • Wie kann die Familie über belastende Themen sprechen? Gibt es Dinge, über die man in der Familie nicht gut sprechen kann (Familiengeheimnisse)?

Lebenslinien und Familienbiografien

Als Explorationshilfe für ein komplexes Familiensystem, mit dem bereits ein gewisses Vertrauensverhältnis aufgebaut werden konnte, kann es, um die Entwicklung der Familie nachvollziehen zu können, hilfreich sein, mit dieser eine familienbiografische Lebenslinie über eine Zeitachse zeichnen zu lassen und dort wichtige Ereignisse und das Befinden der Familie visualisieren zu lassen. Eine solche visualisierte Rekonstruktion einer Familienbiografie mittels einer Lebenslinie strukturiert die Evaluation, macht sie lebhafter, und es entsteht ein Gefühl für die Bewältigungsmuster und gemeinsame Kommunikation über die Wahrnehmung von Entwicklungsaufgaben, Problemen und Belastungen. Durch die Visualisierung einer Lebenslinie werden besonders erfreuliche und belastende Phasen hervorgehoben, und es ist neben der Würdigung und Verstärkung von Bewältigungsstrategien und Ressourcen möglich, einen visionären, hoffnungsvollen Ausblick in die Zukunft zu wagen. Eine solche Lebenslinie kann auf einem normalen Papier oder Flip-Chart in einem Büro mit einem Seil oder auf einem sehr großen Papier oder einer Tafel gezeichnet werden. Freudige oder belastende Ereignisse können mit Symbolen hervorgehoben werden (etwas malen, runde und eckige Metaplankarten, Blumen oder Steine).
Für das Verständnis von Familien in Krisen ist es wichtig, die Bewältigungsmodelle der Familien kennen zu lernen und ein Gefühl dafür zu bekommen, wie offen die Familienmitglieder miteinander kommunizieren oder ob es Geheimnisse gibt, was man durch eine gemeinsame Rekonstruktion der Familienbiografie oft relativ schnell beurteilen kann. Es ist bedeutsam, wie Familie von belastenden Erfahrungen (Unfälle, Trennungen, Tod eines Familienmitglieds), heftigen Konflikten, Fremdplatzierungen oder dem Überwinden einer psychischen Erkrankung eines Familienmitgliedes berichten. Von diagnostischem und therapeutischem Interesse ist, ob eine Familie ein gemeinsames Narrativ entwickeln und erzählen kann und gegebenenfalls mit der Familie gemeinsam weiterentwickelt oder umgeschrieben werden muss.
Eine gemeinsame Geschichte über schwierige Erlebnisse kann einer Familie viel Kraft geben, da diese die Bewältigung von belastenden Situationen für alle fassbar machen und den Zusammenhalt symbolisieren kann. Es macht Sinn, beim Kennenlernen einer Familie über den Umgang und die Kommunikation von bestimmten, insbesondere belastenden Ereignissen zu sprechen. Allgemein geht man natürlich davon aus, dass Familiengeheimnisse in einer Familie viel Energie binden und die Kohäsion und Entwicklung von Nähe unterbinden (Imber-Black 2000; Schmid und Pérez 2013).

Ordnen und Strukturieren von anamnestischen Informationen

Ein sehr wesentlicher Aspekt der Familiendiagnostik besteht darin, die Vielzahl der erhaltenen diagnostischen Informationen zu ordnen, zu bewertet und für einen Klienten und seine Familie eventuell auch visuell aufzubereiten. Viele dieser Verfahren, die gemeinsam mit einem Klienten und seiner Familie ausgefüllt und ergänzt werden, dienen der Informationssammlung, sind aber teilweise durch die Bewusstmachung und gemeinsame Bewertung auch bereits ein erster Interventionsschritt. Es ist aber auch sinnvoll, die Informationen für die eigene Fallreflexion/Fallbesprechung vorzubereiten und zur Verfügung zu haben.

Ordnung mittels einer Vier- oder Sechs-Feldermatrix

Eine sehr einfache, aber hoch effiziente Methode, diagnostische Informationen zu ordnen, ist ein simples Vier-Felder-Schema (vgl. Gahleitner und Pauls 2013), in welchem man auf einer Person zwischen Klient und Umwelt entscheidet und dort Ressourcen und Belastungsfaktoren aufträgt. Bei den Umweltbedingungen ist es aus Sicht des Autors teilweise sinnvoll, noch zwischen dem engeren Familiensystem und weiteren Umwelteinflüssen zu unterscheiden und quasi ein Sechs-Felder-System anzuwenden (Tab. 1). In ein solches System können sowohl Informationen aus der Familienanamnese als auch aus weiteren diagnostischen Prozessen (z. B. testpsychologische Befunde) eingepflegt werden. Die so gesammelten Informationen erlauben/geben rasch einen Überblick über die wesentlichen sozialen Risiko- und Schutzfaktoren, die auf eine Familie einwirken.
Tab. 1
Sechs-Felder-System zur Ordnung diagnostischer Informationen
 
Klient X
Familie
Umwelt der Familie
Ressourcen und Schutzfaktoren
Überdurchschnittliche Intelligenz, sportlich, erfolgreicher Volleyballspieler, Gerechtigkeitssinn
Sehr gutes Verhältnis zu beiden Großeltern;
enge, warmherzige Beziehung zwischen Mutter und X
Hat viele Freunde, ist in der Klasse und im Sportverein beliebt
Herausforderungen/Belastungen und Risikofaktoren
Ausgeprägtes ADHS;
Schulleistungen liegen weit unter seinem Potenzial;
Neigung zum Klassenclown, um Selbstwert zu schützen
Eltern leben getrennt – Verhältnis der Klient-Eltern noch angespannt;
nur sehr sporadischer Kontakt zum Klient-Vater
Klient-Mutter fällt es schwer, Grenzen zu setzen
Viele Konflikte mit Klassenlehrerin und Deutschlehrer;
Verbleib auf Schule ist gefährdet;
finanzielle Situation der Familie ist angespannt

Genogramm

Eine gute Möglichkeit, die Informationen aus einer Familienanamnese aufzubereiten, ist ein Genogramm. Ein Genogramm ist ein Stammbaum von in der Regel zwei bis drei Generationen, welcher um wichtige, für den Therapieplan notwendige Informationen ergänzt wird. Murray Bowen (1966) soll als einer der ersten familienorientierten Therapeuten Skizzen aus den Informationen über die Familien seiner in der Menningerklinik behandelten Patienten in Form eines Genogramms festgehalten haben. Heute wird dieses nicht nur in der systemisch orientierten Psychiatrie breit eingesetzt (Cierpka 2008; DeMaria et al. 2017; Majhi et al. 2018; Hildenbrand 2018).
McGoldrick und KollegInnen (McGoldrick et al. 2009) haben diese therapeutische Technik dann weiter verfeinert und das erste Buch nur zur Genogrammarbeit publiziert. Im deutschsprachigen Raum hat sich Bruno Hildenbrand (2018, 2020) sehr mit der Genogrammarbeit auseinandergesetzt. Letztlich ist ein Genogramm ein schlichter Stammbaum, wie er bereits seit der Antike zur Beschreibung von Verwandtschaftsbeziehungen bekannt ist. Für die diagnostischen Prozesse spannend werden Genogramme, wenn diese gewisse Eigenschaften und Interaktionsmustern im Sinne von Delegationen erfassen. Durch die multigenerationale Perspektive und die klare Struktur des Genogramms können Eltern auch leichter und offener über ihre eigenen Erziehungserfahrungen berichten, und es kann reflektiert werden, inwiefern diese für ihr eigenes Erziehungsverhalten von Bedeutung sind. Leider gibt es viele Hinweise darauf, dass Eltern, die selbst Gewalt in ihrer Erziehung erfahren haben, auch ein höheres Risiko für die Anwendung solcher Erziehungsmethoden haben (Savage et al. 2019; Widom et al. 2015). Ein empathisches, strukturiertes Ansprechen und die Einnahme einer transgenerationalen Perspektive kann es Eltern erleichtern, sich zu öffnen und über ihr eigenes dysfunktionales, gewalttätiges oder vernachlässigendes Erziehungsverhalten zu sprechen (Goodman 2013).
Insgesamt sollte die Arbeit mit dem Genogramm aber vor allem dazu genutzt werden, den Familien auch Ressourcen, Zusammenhalt, Bindung und Resilienzfaktoren aufzuzeigen und bei der Erhebung von belastenden Faktoren vorerst gezielt auf eine umschriebene Benennung der Belastungen und vor allem auf Bewältigungsstrategien zu fokussieren (McGoldrick et al. 2009; DeMaria et al. 2017, 2019; Hildenbrand 2018). Eine Darstellung und Anleitung zum Vorgehen findet man bei Cierpka (2008) und Hildenbrand (2018).

Ecomap und Netzwerkkarte

Es gibt eine Vielzahl von kreativen Möglichkeiten, die sozialen Beziehungen, die ein Mensch in seinen verschiedenen Ökosystemen hat, z. B. (Kern-)Familie, Nachbarschaft, Freizeit, Schule etc. (Bronfenbrenner 1981), darzustellen. Viele dieser Methoden bauen auf dem Konzept von Moreno (1996) auf, welcher erstmals die bedeutsamen Beziehungen eines Menschen mittels eines Soziogrammes visuell darstellte, wobei die Nähe zum Klienten im Zentrum auch die Intensität der Beziehung symbolisiert. Es gibt auch Variationen, in denen man die emotionale Bedeutung und Intensität differenziert und die emotionale Bedeutung z. B. durch Größe und Farben symbolisiert.
Hartman (1975) hat die Ideen von Moreno und Bronfenbrenner aufgegriffen und für den Einsatz mit belasteten Familien adaptiert. Die Ecomap ist ein sehr einfaches, aber wirkungsvolles Modell, in welchem wichtige Personen in verschiedenen relevanten Lebensbereichen als Ressourcen herausgearbeitet und einer Familie bewusstgemacht werden. Dabei können verschiedene Vorgaben zur Struktur gemacht werden, z. B. ob diese eher grafisch, symbolisch oder tabellarisch dargestellt werden (McCormick et al. 2016; Pantuček 2009). Pantuček (2009, 2011) beschreibt eine Vielzahl sehr konkreter Varianten des Umgangs mit Netzwerkkarten und Ecomap.
Das Erstellen einer Ecomap/Netzwerkkarte ist vom praktischen Vorgehen denkbar simpel. Die Führung der Klienten durch die Methode und Exploration profitiert aber von etwas praktischer Übung und Fachwissen. In die Mitte eines leeren Blatt Papiers wird ein Punkt gemacht, der Namen des Klienten geschrieben und nun werden nach und nach relevante Personen ergänzt. Dies kann auf die gesamte Lebenssituation oder nur einen Teilbereich, z. B. die Klasse, angewendet werden. Man kann auch verschiedene Sektoren vorgeben und dadurch ein strukturierteres Gesamtbild entwickeln (Abb. 2). Pantuček (2011) hat ein Formular entwickelt, welches acht Sektoren für verschiedene Lebensbereiche differenziert. Um bedeutsame soziale Beziehung abzubilden, sind natürlich auch Tabellen, VIP-Visitenkarten für wichtige Bezugspersonen oder ein Bild, in welchem die wichtigen Bezugspersonen symbolisiert werden, möglich.
Die Beziehungen zwischen den einzelnen Personen und dem Klienten können zusätzlich mit unterschiedlich dicken Strichen/Farben symbolisiert werden.
Eine Ecomap wird in manchen hochwirksamen standardisierten Behandlungsverfahren/Behandlungsprogrammen, wie der multisystemischen Therapie, als manualisierter Baustein in der diagnostischen Phase zu Beginn einer Therapie eingesetzt (Eigenheer et al. 2016), um die Ressourcen in den verschiedenen Systemen zu erkennen (z. B. kann es sinnvoll sein, auch Lehrer, die wenig Probleme mit dem Verhalten eines/einer PatientIn haben, zu Gesprächen und Interventionen in der Schule einzuladen).
In einigen wissenschaftlichen Studien wurde das Ecomapping, neben der weiteren Verbreitung in den sozialwissenschaftlichen Bereich, auch gezielt zur Erfassung der sozialen Netzwerke von Kindern mit psychischen Störungen eingesetzt. Dort konnte auch aufgezeigt werden, dass dieses die schulische Reintegration (Emam 2014), die soziale Unterstützung und das Stresserleben von Eltern gut abbilden kann.

Verhaltens- und Interaktionsbeobachtung

Ganz wesentliche Informationen können aus der Beobachtung der Familieninteraktion gezogen werden. Bei der Beobachtung kann man zwischen strukturierter und unstrukturierter Beobachtung unterscheiden. Unstrukturierte Beobachtungen in alltäglichen Situationen sind Beobachtungen, die man bereits im Wartezimmer oder im Untersuchungszimmer beiläufig macht. Es ist im Rahmen der Untersuchung/Behandlung auch möglich, Situationen herzustellen, in der gezielte unstrukturierte Beobachtungen von ähnlichen Situationen möglich sind. Wichtige Beobachtungen im Erstgespräch sind z. B. schon die Sitzordnung, die eine Familie einnimmt. Viele Familientherapeuten raten auch dazu, das Gespräch offen zu eröffnen und nach einer Begrüßung der einzelnen Familienmitglieder auch Fragen an die ganze Familie zu richten, um zu sehen, wer die Initiative übernimmt und wie, bezogen auf die anderen Familienmitglieder, kommuniziert wird.
Auch bei Erziehungsfragen, die sich anhand der Untersuchungssituation ergeben können, kann es interessant sein, an wen sich das Kind wendet oder welches Elternteil wie interveniert, wie sich die Eltern verständigen (wenn z. B. das Kind beginnt, das Bücherregal auszuräumen, ist es interessant zu schauen, wie die Eltern nonverbal ausmachen wer reagiert oder ob gar niemand reagiert) und zu beobachten, wer wann spricht und vor allem wer wen unterbricht und wer wem gegebenenfalls zur Hilfe kommt. Um Bindungsverhalten zu beobachten, kann es auch bei kleineren Kindern sinnvoll sein, wenn sich der Untersucher kurz mit dem Kind alleine unterhält, um zu sehen, wie Eltern und Kinder mit dieser Situation der Trennung und Wiedervereinigung umgehen. Interessant kann auch sein, ob, wann und zu wem das Kind körperliche Nähe sucht, wenn das Kind Stress oder Langeweile bekommt.
Im Rahmen der stationären Behandlungen kommt hier den Beobachtungen von Besuchen der Eltern, dem Abholen und Bringen der Kinder und dem Bericht der Kinder und der Eltern von den Aktivitäten in den Wochenendbeurlaubungen eine besondere Bedeutung zu. Wie begrüßt sich eine Familie? Gibt es Körperkontakt, sind sie gelöst? Freut sich die Familie, das Kind nach Hause zu holen oder ist sie eher gestresst? Wie wird das Wochenende geplant, inwiefern kann das Kind bei der Planung partizipieren?

Strukturierte Beobachtungen und Videoanalysen

Die strukturierte Interaktionsbeobachtung von Familien, die möglichst auch noch videografiert wird, birgt natürlich ein großes Potenzial, da sich durch die Standardisierung einerseits Vergleichsmöglichkeiten ergeben, die Beobachter mehr Erfahrung sammeln und man andererseits auf Basis der Erfahrung den Familien auch eine gezielte Rückmeldung geben und Interventionen ableiten kann (Steininger 2010; Aspland und Gardner 2003). Letztlich sind solche videobasierten Interventionen für die Verbesserung der Eltern-Kind-Interaktion mit die effektivsten Behandlungsansätze, die es in der Kinder- und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie gibt (z. B. Thomas et al. 2017; Gubbels et al. 2019). Eine umfassende diagnostische Einschätzung des Interaktionsverhalten ist eine wichtige Voraussetzung für deren systematischen Einsatz. Verhaltensbeobachtungen zeigen auch, dass diese auf manchen Dimensionen zwischen belasteten Familien mit einem Kind, welches unter einer psychischen Störung leidet, und unbelasteten Familien mit gesunden Kindern differenzieren (Steininger 2010).
Als standardisierte Interventionen (Tab. 2) haben sich, etwas abhängig vom Entwicklungsalter, folgende Interaktionsaufgaben ab dem Schulalter bewährt (Steininger 2010). Bei jüngeren Kindern würde man vielleicht eher noch mehr Aufgaben, die das Pflegeverhalten der Kinder abbilden, analysieren (z. B. das Füttern oder Wickeln).
Tab. 2
Standardisierte Interventionen
Interaktionsaufgabe
Instruktion
Gemeinsames Spiel
Bitte spielen Sie gemeinsam ein Spiel, das Ihnen allen Spaß macht.
Gemeinsames Planen einer Aktivität
Bitte planen Sie gemeinsam etwas, was Sie als Familie gemeinsam machen oder unternehmen könnten.
Ein Gespräch mit Verhandlungen über ein konfliktbelastetes Thema
Bitte besprechen Sie gemeinsam ein aktuelles Thema, bei dem es immer wieder zu Konflikten kommt. Wählen Sie bitte ein Thema mit einer mittleren Konfliktschwere aus.
Gemeinsamer Familientest (Skulptur), z. B. Familienbrett/Familiensystemtest
Bitte stellen Sie Ihre Familienbeziehungen so dar, wie sie typischerweise sind.
Zuerst müssen die Figuren aufgestellt werden, um zu zeigen, wie nah sich die Familienmitglieder sind. Danach können Sie die Figuren mit Klötzchen erhöhen, um zu zeigen, wie viel Macht/Einfluss jedes Familienmitglied in der Familie hat. Unterschiedliche Einschätzungen der Beziehungen sollen diskutiert werden.
Wenn möglich, sollten Sie sich auf eine gemeinsame Darstellung einigen.
Hausaufgabensituation oder strukturierte Situation, bei der ein Kind konzentriert alleine lernen/machen/basteln soll
Bitte machen Sie mit Ihrem Kind gemeinsam die Hausaufgaben oder lernen etwas bzw. führen Sie das Kind in eine Aufgabe ein.
Elterngespräch
Bitte besprechen Sie miteinander ein aktuelles Erziehungsthema.
Beim Betrachten einer solchen standardisierten Interaktion wirken sehr viele Eindrücke auf den Betrachter, und es geht darum, die Eindrücke zu ordnen, um einen diagnostischen Eindruck zu gewinnen.
Prinzipiell zielen diese Interaktionsbeobachtungen darauf ab, Ressourcen einer Familie zu erkennen oder sehr gezielte Analysen von Interaktionen zu machen, um Alternativverhalten aufzeigen und in ähnlichen Situationen konkret ausprobieren zu können. Dies bedeutet, dass es notwendig ist, auch eine genaue Vorstellung vom erwünschten und normalen Verhalten in solchen Situationen zu haben, um positive Aspekte auch gut identifizieren und rückmelden zu können. Die meisten Verfahren fokussieren sehr auf die elterliche Feinfühligkeit und Sensitivität, sich dem Rhythmus und den Bedürfnissen des Kindes anzupassen (Ziegenhain et al. 2004) und wurden anfangs vor allem zur Behandlung von sehr jungen Kindern mit Regulationsstörungen verwendet, dann aber zunehmend auch für Schulkinder adaptiert (Gloger-Tippelt et al. 2014).
George Downing (Downing et al. 2014; Facchini et al. 2016) schlägt bei der Analyse von Videosequenzen vor, einmal eher technisch zu analysieren, wie sich die Interaktionspartner im Raum organisieren und welcher Rhythmus sich während der Interaktion, ausgehend von wem, mit welcher Sensitivität entwickelt. Die Familie selbst sollte Situation und Vorgehen beschreiben. Gemeinsam sollten dann funktionale Verhandlungs- und Problemlösestrategien der Familie beachtet und schwierige Sequenzen identifiziert werden. Oft werden zu früh, ohne diagnostisches Verständnis der Motive, bereits Verbesserungsvorschläge gemacht. In weiteren Analysen kann die Familie dann mentalisieren, wie sich andere Familienmitglieder in der Situation fühlten, welche Bedürfnisse die Kinder hatten und wie sie diese signalisierten. Es kann auch Sinn machen, auf die eigenen biografischen Erfahrungen der Eltern sowie auf Emotionen und körperliche Empfindungen während der Interaktion einzugehen, um dadurch auf eine tiefere, emotional besetztere Ebene zu gelangen.

Projektive Verfahren als Evaluationshilfe

Projektive Verfahren wie Zeichnungen (z. B. Familie in Tieren, Familienwappen) oder Satzergänzungstests sollten als Verfahren sicher nicht überinterpretiert werden, sind aber oft eine gute Möglichkeit, mit Kindern und Jugendlichen über ihr Erleben der Familiensituation ins Gespräch zu kommen und um mehr über die einzelnen Familienbeziehungen zu erfahren. Die Kinder bekommen dabei die Instruktion, dass ein Zauberer die Familie in Tiere verwandelt hätte oder es sich seine Familie als Tiere vorstellen und diese zeichnen solle. Interpretiert wird dabei, welche Familienmitglieder mit welchem Bezug zueinander gezeichnet werden, welche typischen Eigenschaften man den Tieren zuschreibt und in welchem Verhältnis die Tiere zueinanderstehen. Insbesondere ist natürlich interessant, wenn Tiere gewählt werden, die gar nicht miteinander interagieren können, da sie in unterschiedlichen Elementen oder Regionen leben:
  • Welche Familienmitglieder werden gezeichnet? Welche werden in der gleichen Ebene angeordnet?
  • Wer wendet sich wem zu? Wer wendet sich von wem ab?
  • Welche räumlichen Distanzen bestehen zwischen den Familienmitgliedern?
  • Wie groß sind die Tiere dargestellt? Wie sind diese auf dem Blatt angeordnet?
  • Welche Übereinstimmungen bzw. Unterschiede gibt es hinsichtlich der Gattung der gezeichneten Tiere (z. B. Haus- oder Wildtiere, Säugetiere, Insekten etc.)?
Das Ansprechen der Kinder über eine nonverbale, kreative Ebene löst weniger Widerstand aus. Der/die anwendende Kinder- und JugendpsychiaterIn/-psychotherapeutIn kann sich auch authentisch für das Werk interessieren und es entsteht oft leichter ein Gespräch über Familienbeziehungen. Die ursprüngliche Intention der Entwickler (vgl. Brem-Gräser 2020; Kos und Biermann 2017), dass die Kinder ihr Unbewusstes in den Zeichnungen ausdrücken und man allein durch die Wahl der Tiere und deren Anordnung auf dem Blatt auf Beziehungen und innerpsychische Konflikte schließen kann, lässt sich empirisch nicht bestätigen (Petermann 1997; Baumgärtel und Thomas-Langel 2014).
Diagnostische Entscheidungen sollten daher keinesfalls von Interpretationen der „Familie in Tieren“ abhängig gemacht werden (Petermann 1997; Baumgärtel und Thomas-Langel 2014) und alle potenziellen Interpretationen sollten im diagnostischen Gespräch sowie mit anderen validierten und reliablen Verfahren nochmal bestätigt und validiert werden. Als Explorationshilfe bei Patienten, die nur wenig über ihre Familien erzählen, kann das Verfahren aber durchaus wertvoll sein. Die wichtigeren diagnostischen Informationen liefert dabei aber eher das Gespräch mit dem Kind über sein Bild. Es ist interessant, mit dem Kind darüber zu sprechen, warum es die Personen gerade so gemalt hat. Natürlich sind der Fantasie dabei keine Grenzen gesetzt, und es gibt auch andere Formen und Aufgaben, eine Familie zeichnen zu lassen und damit ins Gespräch zu kommen. Eine schöne Möglichkeit, den grafischen, symbolischen Ausdruck mit konkreten ressourcenorientierten Fragen zu verbinden, ist z. B. das Malen eines Familienwappens mit vier Feldern (vgl. Kaufmann 2010 – Fragen vom Autor). Aus jedem Feld kann dann eine Frage beantwortet werden, indem ein Symbol dafür gezielt ausgesucht und gemalt wird (z. B. Was macht uns als Familie aus? Was machen wir als Familie gerne zusammen? Welche Stärken haben wir als Familie? Wie lösen wir in unserer Familie Probleme?).

Systemische Verfahren aus der Familientherapie

Aus der systemischen Familientherapie selbst entwickelten sich verschiedene Verfahren, die es erlauben, zentrale Kategorien unmittelbar zu beobachten sowie Veränderungen durch die Therapie abbilden und dokumentieren zu können. Viele der Interventionen stammen direkt von therapeutischen Interventionen ab. Insbesondere die von Virginia Satir (Satir 2018; Satir und Bosch 2013) entwickelte Methode der Familienskulptur kann Aufschluss über die Einschätzung der Familiensituation und das emotionale Erleben der aktuellen Familiensituation liefern (Kruse 1984). Durch das Bilden einer Skulptur aus den Familienmitgliedern sieht man rasch die Beziehungen und Verbundenheit der einzelnen Familienmitglieder, bekommt die Möglichkeit, sehr schnell relevante Informationen aus verschiedenen Perspektiven zu erheben und kann daraus auch recht unmittelbar Ideen für eine gewisse Verbesserung der Situation ableiten. Die breiten Einsatzmöglichkeiten, auch mit Figuren oder Stühlen und dem unmittelbaren Bezug zum emotionalen Erleben der Familiensituation, führten zu einer weiten Verbreitung dieser Methodik nicht nur in der Familientherapie, sondern zunehmend auch in der Einzeltherapie (Foertsch 2004; von Sydow 2007).

Skulpturorientierte Verfahren

Klassische Familienskulpturen lassen sich eigentlich nur in der Familientherapie oder mit Stellvertretern in der Gruppentherapie realisieren. Um das Verfahren auch für Einzeltherapien und klassische Untersuchungssituation zu adaptieren, fand man bald kreative Wege, diese Skulpturen auch mit Holzklötzchen, Münzen, Tieren oder Playmobilfiguren aufbauen zu können, was auch eine gewisse emotionale Distanzierung ermöglichte. Recht bald entwickelte sich die Idee, solche Skulpturverfahren zu standardisieren, insbesondere um den Verlauf und die Veränderungen der Familienstruktur von systemischen Therapien dokumentieren, die diagnostischen Erkenntnisse leichter zwischen Behandlern kommunizieren sowie somit auch für systemische Forschung nutzen zu können. So entwickelte sich das sog. Familienbrett (Ludewig et al. 1983). Es ist ein Brett mit einer festgelegten Größe (Quadrat mit 50 cm-Seiten mit einem Innenfeld von 45 × 45 cm) und verschiedenen Figuren (männliche, weibliche Kinder und Erwachsene sowie Experten), bei denen ein Gesicht und eine Blickrichtung angedeutet wurde. Chehade und von Sydow (2016) und von Sydow (2014) verwenden in einem ähnlichen Testverfahren Familienskulpturen mit Playmobilfiguren, d. h. verschiedenen Spielfiguren und ein Schachbrett mit einem detaillierten Coding- und Dokumentationssystem, da die bekannten Materialien einen höhen Aufforderungscharakter haben und stärker verändert und ausgewählt werden können.
Es ist möglich, sowohl verschiedene Perspektive der einzelnen Familienmitglieder aufstellen zu lassen oder die Familie aufzufordern, gleich ein gemeinsames Bild zu entwickeln. Die Autoren selbst betonen das prozesshafte Projektiv dieses Vorgehens und sehen den Vorteil darin, dass das Familienbrett gerade nicht ein abgeschlossenes, „eingefrorenes“ diagnostisches Ergebnis erbringt, sondern verflüssigt ist, Veränderungen aufzeigt und die Kommunikation zwischen der Familie und dem Diagnostiker, aber auch zwischen den Familienmitgliedern anregt. Andere Autoren griffen das Konzept auf, wobei oft auch die Figuren und verwendeten Bretter leicht verändert wurden.
Der Familiensystemtest (FAST) (Gehring 1998) verfolgt ebenfalls die Idee eines skulpturorientierten Testverfahrens, hat aber einen wesentlich höheren Anspruch an Dokumentation, Testgütekriterien und empirischer Aussagekraft, sodass mit diesem Test viele wissenschaftliche Studien durchgeführt wurden (Gehring und Page 2000; Gehring und Marti 2004; Blatter-Meunier et al. 2016). Der FAST arbeitet auch mit kleinen Holzfiguren. Beim FAST werden neben der Position aber auch Hierarchien interpretiert, welche durch eine Erhöhung der Figuren symbolisiert werden können. Das Feld, auf das die Figuren aufgestellt werden, ist in einer Art Schachbrettmuster mit 20 × 20 Feldern vorgegeben, sodass die genaue Position, Abstände und Blickrichtung jeder Figur genau dokumentiert und analysiert werden können. Die Dokumentationsbögen fragen auch noch sehr systematisch die Erkenntnisse der Besprechung und die Beobachtungen des Versuchsleiters ab und erlaubt eine qualitative und eine quantitative Auswertung.
Mit dem Familiensystemtest konnten auch Unterschiede zwischen einer kinder- und jugendpsychotherapeutischen Inanspruchnahmepopulation und einer Kontrollgruppe aufgezeigt werden (Gehring und Marti 1993). Es zeigen sich auch systematische Unterschiede zwischen den Perspektiven der Kinder und der Eltern (Gehring et al. 1994).

Psychometrische Verfahren zur Familiendiagnostik

Es gibt eine Vielzahl von psychometrischen Verfahren, die wichtige und klinisch relevante Informationen für die Arbeit mit Familien liefern, weshalb es unmöglich ist, alle Verfahren in einem solchen Lehrbuchbeitrag darzustellen. In der Praxis liefert das Buch von Richter und Kollegen (2015) einen umfassenden Überblick. Sie haben sich die Mühe gemacht, alle familienorientierten Verfahren zusammenzutragen und vorzustellen. Hier sollen nur einige Verfahren exemplarisch herausgegriffen und aufgezeigt (Tab. 3) werden, welche Facetten vielleicht von Interesse für eine vertiefte familienorientierte Diagnostik sein könnten und welche Indikationen es dafür geben kann.
Tab. 3
Familiendiagnostische Fragebögen (nach Richter et al. 2015)
Familiendiagnostische Fragebögen
Autoren
Zielgruppe
Anzahl der Items & Skalen
Erfasste Merkmale
Familie als Ganzes
 
Familienbögen (FB)
Cierpka und Frevert (1995)
Kinder ab 12 Jahren, Erwachsene
28 Items, 7 Skalen: Kontrolle, Werte/Normen, Aufgabenerfüllung, Rollenverhalten, Kommunikation, Emotionalität, affektive Beziehungsaufnahme
Funktionsniveau der Familie
Familienklimaskalen (FKS) (Family Environment Scale, FES)
Moos und Moos 1981; Schneewind (1988)
Kinder ab 14 Jahren, Erwachsene
116 Items, 10 Skalen Kohäsion, Offenheit, Konfliktneigung, Selbstständigkeit, Leistungsorientierung, intellektuelle/kulturelle Orientierung, Freizeitgestaltung, Normen/Werte, Organisation, Kontrolle
Subjektives Erleben der Familienumwelt
Family Adaptability and Cohesion Scales (FACES(-I-IV))
Olson et al. (1985)
Kinder ab 12 Jahren, Erwachsene
20 Items, 10 Skalen: emotionale Bindung, Familiengrenzen, Zeiteinteilung, Freundschaften, Entscheidungsfindung, Interessen/Freizeit, Kontrolle/Familienführung, Disziplin, Rollenaufteilung, Regeln
Familientypen
Family Assessment Device (FAD)
Epstein (1978)
Kinder ab 12 Jahren, Erwachsene
53 Items, 6 Skalen, Problemlösung, Kommunikation, Rollen, Emotionalität, affektive Beziehungsaufnahme, Verhaltenskontrolle
Funktionsniveau der Familie
Konfliktverhalten in der Familie (KV-Fam.)
Klemm und Pietrass (2008)
Eltern
85 Items, 10 Skalen: Selbstsicherheit/Stoizismus, Besorgtheit/Unsicherheit, Verbundenheit/Verstrickung, Affektivität/Aggressivität, Kommunikation/Durchsetzungsschwäche, Zurückhaltung/Rückzug, Unterstützung/Aufopferung, Rollenteilung/Abgrenzung, Zufriedenheit/Oberflächlichkeit, Körperkontakt/Somatisierung
Konfliktmuster und Konfliktlösungsmuster in familiären Situationen
Family Relation Test –Kinder und Jugendliche (FRT-KJ)
Schürmann und Döpfner (2018)
Kinderversion 6–12 Jahre
Jugendlichenversion 13–18
87 (Kinder) bzw. 94 Items (Jugendliche)
Ausgehende und eingehende positive und negative Gefühle zu Familienmitgliedern
Beziehungsqualität gegenüber Familienmitgliedern
Paarbeziehungen
Fragebogen zur Erfassung der Partnerschaftsqualität (FPQ)
Bodenmann (2010)
Paar, Erwachsene
26 Items, 5 Skalen: Faszination, Engagement, Sexualität, Zukunftsperspektive, Misstrauen mit Einschränkung Freiheit/Unabhängigkeit
Partnerschaftsqualität
Partnerschaftsfragebogen (PFB)
Hahlweg (1996, 2015)
Paar, Erwachsene, 16–70 Jahre
30 Items, 3 Skalen Gemeinsamkeit/Kommunikation, Streitverhalten, Zärtlichkeit
Partnerschaftsqualität, subjektive Bewertung der partnerschaftlichen Beziehung
Quality of Marriage Index
Zimmermann et al. 2015, 2019
Paare 16–99 Jahre
6 Items Globaleinschätzung
Partnerschaftsqualität
Eltern-Kind-Beziehung (einschl. Erziehungsstil)
 
Erziehungsfragebogen (EFB, EFB-K)
Naumann, Hahlweg, Döpfner et al. (2010)
Eltern von Kindern im Alter von 1–7 Jahren
35 Items, 3 Skalen Überreagieren, Weitschweifigkeit, Nachsichtigkeit
Dysfunktionales Erziehungsverhalten
Erziehungsstilinventar (ESI)
Krohne und Pulsack (1995)
Mutter-/Vaterversion, Kinder ab 8 Jahren
60 Items, 6 Skalen: problematisches Erziehungsverhalten, Unterstützung, Einschränkung, Lob/Tadel, Inkonsistenz, Strafintensität
Vom Kind erlebte elterliche Erziehung
Skala zur Messung eines entwicklungsförderlichen Elternverhaltens (EFE Skala)
Peterander (1993)
Eltern
16 Items, 5 Skalen: Kind orientiert, Fröhlichkeit/Gemeinsamkeit, Klarheit, Übernahme Kind Perspektive, entwicklungsangemessen/geduldig, Gefühle erkennen
Entwicklungsförderliches Elternverhalten, elterliche Verhaltensweisen
Zürcher Kurzfragebogen zum Erziehungsverhalten
Reitzle et al. 2001
Jugendliche 11–17 Jahre
32 Items auf drei Subskalen
Wärme und Unterstützung, Psychologischer Druck und Regeln und Kontrolle.
Erziehungsverhalten im Sinne des Konzepts der autoritativen Erziehung
Elterliche Belastung und Kindeswohlgefährdung und Konfliktverhalten
 
Konfliktverhalten in der Familie (KV-Fam.)
Klemm und Pietrass (2008)
Eltern
85 Items, 10 Skalen: Selbstsicherheit/Stoizismus, Besorgtheit/Unsicherheit, Verbundenheit/Verstrickung, Affektivität/Aggressivität, Kommunikation/Durchsetzungsschwäche, Zurückhaltung/Rückzug, Unterstützung/Aufopferung, Rollenteilung/Abgrenzung, Zufriedenheit/Oberflächlichkeit, Körperkontakt/Somatisierung
Konfliktmuster und Konfliktlösungsmuster in familiären Situationen
Fragebogen zur Erfassung Familienbezogener Belastung (Skala Geschwister) (FABEL)
Ravens-Sieberer, Morfeld, Stein et al. (2001)
Eltern chronisch kranker und behinderter Kinder/Jugendlichen
33 Items, 5 Skalen tägliche Belastung, persönliche Belastung, Belastung der Geschwister, finanzielle Belastung, Bewältigungsprobleme
Familiäre Belastung bei chronischer Krankheit und Behinderung
Eltern-Belastungs- Inventar (EBI)
Tröster (2010)
Eltern
48 Items, 2 Skalen: Verhalten des Kindes welches mit Belastungen für Eltern einhergeht, Beeinträchtigung elterlicher Funktionsbereiche
elterliche Belastung durch Versorgung des belasteten Kindes
Parental Stress Scale
Berry und Jones (1995) dtsch, Schmid und Kölch 2009
Eltern
17 Items Positive (emotionale Zugewinne, Selbstbereicherung, persönliche Weiterentwicklung) und negative Aspekte der Elternschaft (erhöhte Belastung, Zusatzkosten und sonstige Einschränkungen)
Belastung und Befriedigung durch Elternschaft
Eltern Belastungsinventar zur Kindeswohlgefährdung
Deegener et al. (2009)
Eltern
63 Items inklusiver einer Inkonsistenzskala (Tendenz zu sozial erwünschte Antworten)
Elterliche (Über-)Belastung und Gefährdung des Kindeswohles
Conflict Tactic Scale (CTS)
Straus (1979)
Eltern-Kind
Paar
35 Items. Physische und psychische Gewalt, Gewaltfreie Konfliktlösungen, eigene gewaltvolle Beziehungserfahrungen
Verhalten in Konfliktsituationen bis hin zur Gewaltanwendung
Grob kann man zwischen beziehungsorientierten, familienorientierten, erziehungsorientierten und eher am Kinderschutz bzw. an Erziehungsrisiken orientierten psychometrischen Fragebögen unterscheiden. Bei den familienorientierten Fragebögen lassen sich solche, welche primär systemische Konzepte erfassen, und solche, die Familieninteraktionen und das Familienklima eher breiter erfragen, unterscheiden.
Hamilton und Carr (2016) geben einen Überblick über verbreitetere familienzentrierte systemische Testverfahren. Allgemein erfährt die psychometrische Familiendiagnostik gerade eine Renaissance, und es werden neue Verfahren entwickelt sowie manche bewährte Verfahren einer neuen Normierung unterzogen. Neben Fragebögen, die explizit Familienbeziehungen und Erziehungsverhalten beleuchten, gibt es ja auch viele Fragebögen, die im Selbst- und Elternurteil vorliegen. Die unterschiedlichen Perspektiven können ebenfalls wichtige familiendiagnostische Informationen darstellen.

Arbeit mit Differenzen zwischen Fremd- und Selbsturteil

Ein sehr wesentlicher, oft vernachlässigter Aspekt der Familiendiagnostik ist es, im Rahmen des Rückmeldegesprächs auf die häufig im Klinikalltag verwendeten psychopathologischen Screeningverfahren (z. B. SDQ, CBCL, YSR) und auf die verschiedenen Perspektiven auf ein Verhalten oder eine Dimension einzugehen. Allgemein korrelieren Selbst- und Fremdurteil in solchen Screeningverfahren nur auf einem mittleren Niveau. Differenzen sind ganz normal, wobei die Unterschiede mit der Höhe der psychischen Belastung steigen (Döpfner et al. 2012; Handwerk et al. 1999; Schmid 2007).
Leider werden die Möglichkeiten, die eine Gegenüberstellung von verschiedenen Perspektiven für das Verständnis von Symptomen und Interaktionsproblemen bietet, oft nicht ausreichend genutzt. Es kann ein sehr wertvoller Prozess sein, zu besprechen, warum die Eltern ein Verhalten anders einschätzen als ein Jugendlicher oder vice versa kann es gerade Familien mit eingeschränkter Selbstwahrnehmung helfen, sich gegenseitig realistischer wahrzunehmen und eine gemeinsame Perspektive auf ein Problem zu entwickeln (Schmid 2013, 2020).

Fragebogen zur Erfassung der Familieninteraktion bzw. -struktur

Es gibt verschiedene Testverfahren für Familien, welche sich auf die oben beschriebenen systemischen Konzepte beziehen oder explizit Beziehungen zu einzelnen Familienmitgliedern sowie die Atmosphäre in einer Familie abbilden (Tab. 3).
Die Familienbögen (FB) wurden von der Arbeitsgruppe um Cierpka (Cierpka und Frevert 1994) entwickelt und erfassen folglich sein familiendiagnostisches Modell mit individueller Ebene, Beziehungs- und Gesamtsystemebene aus Perspektive der Eltern und der Kinder, ab einem Alter, in dem Selbstbeurteilungsinstrumente (12 Jahre) eingesetzt werden können. Der Fragebogen zielt darauf ab, das Funktionsniveau der Familie zu beschreiben, in dem Sinne, dass Grenzen, Aufgaben und Strukturen klar sind, ein emotional warmer Zusammenhalt in der Familie entsteht und Probleme geklärt werden können. Der Fragebogen erfasst die Dimensionen Aufgabenerfüllung, Rollenverhalten, Kommunikation und affektive Beziehungsaufnahme, Emotionalität und Kontrolle sowie Werte und Normen aus verschiedenen Perspektiven. Die Familienbögen liegen inzwischen auch in einer validierten Kurzform mit nur 14 Items vor (Sidor und Cierpka 2016), was den (Routine-)Einsatz in der Forschung deutlich vereinfacht.
Die Fragebögen Family Adaptability and Cohesion Scales (FACES(-I-IV) (Olson et al. 1985) und Family Assessment Device (FAD) (Epstein et al. 1983) verfolgen einen ähnlichen Ansatz wie der Fragebogen von Cierpka, in dem die Familieninteraktion aus verschiedenen Perspektiven erfragt wird. Beiden Fragbögen liegen aber andere theoretische Konzepte und Dimensionen zu Grunde. Im deutschsprachigen Raum wird zumeist der Fragebogen von Cierpka für solche systemische Fragestellungen zur Funktionalität der Familie verwendet.
Der Family Relations Test wurde von Anthony und Bene (1957) bereits in 1950er-Jahren entwickelt und nun völlig neu aufgelegt und normiert (Family Relations Test – Kinder und Jugendliche (FRT-KJ) (dtsch. Döpfner et al. 2018). Der Family Relations Test verfolgt einen interessanten Ansatz, in dem Item-Kärtchen mit positiven oder negativen Gefühlen („... spielt gerne mit Dir“, „… glaubt, dass Du böse bist“) erfragt und Familienmitglieder, symbolisiert durch Faltkästchen mit Bildern, zugeordnet werden können, sodass die Zahl der Zuordnungen Aufschluss über Familienbeziehungen geben kann, aber natürlich auch qualitativ interpretiert werden muss. Eher positive und nur wenig negative Aussagen über enge Familienmitglieder gehen mit einer geringeren psychischen Belastung einher (Döpfner et al. 2018). Der Family Relations Test ist durch seine kreative Art der Vorgabe leicht durchzuführen und ist eines der wenigen Verfahren, welches die emotionale Verarbeitung von konkretem Verhalten im Alltag erfasst, was sowohl für psychotherapeutische als auch gutachterliche Fragestellungen in familienrechtlichen Verfahren relevant sein kann.
Die Familienklimaskalen (FKS) (Family Environment Scale, FES) (Schneewind 1988) sind ein Selbstbeurteilungsinstrument für Jugendliche ab 14 Jahren, welches die Atmosphäre in der Familie erfragt sowie einerseits Wärme, aber andererseits auch Kontrolle und Erwartungen sowie gemeinsames Freizeitverhalten erfasst. Es wurde auch eine Kurzform entwickelt (Roth 2002). Trotz ihrer Entwicklung in 1980er-Jahren werden die Familienklimaskalen immer noch in vielen epidemiologischen Studien im deutschsprachigen Raum, z. B. in der KiGGS-Studie des Robert Koch Institutes, erfolgreich verwendet (Hölling et al. 2012).

Fragebogen zur Beschreibung der Interaktionen in Beziehungen

Zur Beschreibung der Paarzufriedenheit und -interaktion gibt es psychometrische, international etablierte Fragebögen. Weit verbreitet ist insbesondere der Partnerschaftsfragebogen von Hahlweg (2015). Der Fragebogen gibt einen Überblick über die globale Zufriedenheit mit der Partnerschaft und fokussiert auf Kommunikationsmuster, Problemlösungsstrategien und Zärtlichkeit.
Eine etwas andere Strategie wählt der Fragebogen zur Erfassung der Partnerschaftsqualität (Siffert und Bodenmann 2010). Hier werden verschiedene Funktionsbereiche und Quellen für potenzielle Unzufriedenheit beschrieben (Engagement, Faszination, Misstrauen, Sexualität, gemeinsame Zukunftsperspektive, Unabhängigkeit). Vor allem für die Forschung und als Screening ist die deutschsprachige Adaptation/Kurzform des Quality of Marriage-Index (QMI-D) bedeutsam, da das nur aus 8 Items bestehende Verfahren sehr ökonomisch recht verlässliche Aussage darüber trifft, ob es in einer Beziehung Probleme gibt (Zimmermann et al. 2015, 2019; Locher et al. 2016).
Zur strukturierten Erfassung der Beziehung zwischen Kindern und einem Elternteil wurde mit dem strukturierten Interview zur Erfassung der Eltern-Kind-Interaktion ein standardisiertes Interviewverfahren entwickelt, welches dem Diagnostiker erlaubt, quantifizierbare Aussagen über die Intensität und Qualität sowie über die negativen emotionalen Komponenten einer Beziehung zu treffen. Es wurde vor allem aus dem Bedürfnis heraus entwickelt, in familienrechtlichen Gutachten mit hochstrittigen Eltern ein strukturierendes, standardisiertes Verfahren zu haben (Kliem und Barkmann 2018), wird nun aber zunehmend auch in der kinder- und jugendpsychiatrischen Forschung eingesetzt (Greve et al. 2020). Alle hier vorgestellten Verfahren verfügen über ausreichend gute Testgütekriterien.

Fragebogen zur Beschreibung des Erziehungsstils und den Umgang mit Konflikten

Es gibt Fragebögen, die das Erziehungsverhalten der Eltern aus Perspektive ihrer Kinder im Jugendalter in den Fokus nehmen. Relativ weit verbreitet, auch in der kinder- und jugendpsychiatrischen Forschung, ist hier insbesondere der Zürcher Kurzfragebogen zum Erziehungsverhalten (Reitzle et al. 2001). Der Fragebogen bildet das Erziehungsverhalten sehr ökonomisch auf den Dimensionen „Wärme und Unterstützung“, „Psychologischer Druck“ sowie „Regeln und Kontrolle“ ab.
Es zeigte sich auch, dass Kinder, die das Erziehungsverhalten ihrer Eltern positiver beschrieben haben, weniger Symptome im Eltern- und Selbsturteil (Reitzele et al. 2001) aufweisen. Das kontrollierendere und weniger warme Erziehungsverhalten könnte natürlich zu einem gewissen Grad auch eine Reaktion der Eltern auf die Symptomatik der Kinder sein. Weibliche Jugendliche mit selbstverletzendem Verhalten und Jugendliche mit Störung des Sozialverhalten berichten, dass sie das Erziehungsverhalten ihrer Mütter als weniger warm und unterstützend erleben (Tschan et al. 2019). Jugendliche Straftäter mit Migrationshintergrund berichten hingegen von mehr psychologischem Druck (Kilchmann et al. 2015). Durch die Perspektive der Jugendlichen auf das Elternverhalten können die Ergebnisse in der Eltern- und Familientherapie dazu genutzt werden, Bedürfnisse der Jugendlichen zu adressieren.
Der Erziehungsfragebogen (EFB, EFB-K) (Naumann et al. 2010) ist insbesondere in der Evaluation von Elterntrainings für Kinder weit verbreitet, da er eigentlich problematisches Elternverhalten wie Weitschweifigkeit, Überreaktionen und Nachgiebigkeit erfasst, an denen solche Interventionen ansetzen. Der verhaltensnahe Fragebogen gibt einen guten Überblick, in welchen Bereichen das Erziehungsverhalten der Eltern gefördert werden könnte und ist somit eine gute Grundlage für die Therapieplanung mit den Eltern.
Es gibt auch Ansätze, die in erster Linie förderliches Elternverhalten abbilden wollen, um den Aufbau von positiven Erziehungskompetenzen schon im diagnostischen Prozess zu unterstützen und einen Zugewinn an Beziehungskompetenzen dokumentieren zu können. Die Skala zur Messung eines entwicklungsförderlichen Elternverhaltens (EFE Skala) (Peterander 1993, 1994) geht diesen Weg und fokussiert auf positives Verhalten und Freude an der Eltern-Kind-Interaktion. Das Konzept erfuhr nun auch im Rahmen der Bundesinitiative für frühe Hilfen eine Renaissance und eignet sich, um einen Zugewinn an positivem Elternverhalten abzubilden, wenn intensiver an der Eltern-Kind-Interaktion gearbeitet wurde.
Die Conflict Tactics Scale (CTS) (Straus 1979, dtsch. Pérez et al. 2015) ist das meistverwendete Erhebungsinstrument, um Konfliktlösungsverhalten in Krisensituationen in Familien inklusive der Anwendung von häuslicher Gewalt zu erfassen. Es gibt eine Version für die Paarinteraktion und wird für Eltern und Kinder verwendet (CTS PC). Dieses Instrument erfasst anhand von 35 Items verschiedene Methoden oder Verhaltensweisen, die Eltern während einer Konfliktsituation gegenüber ihrem Kind anwenden. Dabei gibt es in der CTS PC die Kategorien physische Tätlichkeit (z. B. Kind schlagen), psychische Aggression (z. B. Kind verfluchen) und gewaltfreie Bestrafung (z. B. Kind ins Zimmer schicken). Zudem werden die Vernachlässigung des Kindes durch die Eltern und die eigenen Gewalterfahrungen der Eltern in ihrer Kindheit erfragt. Wegen der Neigung, die Fragen sozial erwünscht zu beantworten, muss der Fragebogen aber gut eingeführt werden. Es kann sinnvoll sein, den Fragebogen einzusetzen, wenn bereits ein Verdacht auf körperliche Misshandlung im Raum steht, um diesen zu erhärten oder zu relativieren, da die CTS als eines der wenigen Verfahren adaptive und gewalttätige Konfliktlösungsstrategien auch aus Perspektive der Kinder erfragt. Die CTS hat sich dann aber sowohl in der klinischen Arbeit als auch in der Forschung in Hochrisikosampeln bewährt und wird bis heute mit verschiedenen Adaptationen, Übersetzungen und Überarbeitungen sehr häufig im Kontext der Diagnostik und Erforschung von häuslicher Gewalt verwendet (Archer 1999; Musa et al. 2019). Es liegen leider bisher noch keine deutschen Normen vor.
Im deutschen Sprachraum hat Klemm (2008) einen Fragebogen Konfliktverhalten in der Familie (KV-Fam.) entwickelt, der das Konfliktverhalten der einzelnen Familienmitglieder umfassender erfasst und auch Rückzugstendenzen und Konfliktvermeidung abdeckt.
Der Fragebogen ist relativ umfangreich und komplex und deshalb in der kinder- und jugendpsychiatrischen Forschung nicht sehr weit verbreitet. Gerade wenn maladaptive Konfliktlösungen vermutet werden, die sich im Gespräch mit einer Familie nur schwer herausarbeiten lassen, kann ein Einsatz aber berechtigt sein.

Fragebogen zur Einschätzung von Erziehungsrisiken (elterlicher Stress, Vernachlässigung)

Zur Einschätzung von Erziehungsrisiken liegen inzwischen mehrere Verfahren vor. Die meisten fokussieren dabei auf Konstrukte von elterlichem Stress und Überforderung, um dadurch indirekt auch Risiken für das Kindeswohl im Sinne von Vernachlässigung und Misshandlungsrisiko abzubilden und nicht zu anfällig für sozial erwünschte Antworten zu sein. Das Elternbelastungsinventar (EBI) (Tröster 2020) ist die deutsche Übersetzung des Parental Stress Index, erfasst mit 48 Items den elterlichen Stress und unterscheidet zwischen Stress aufgrund von Verhaltensweisen/Symptomen des Kindes und Stress aufgrund von Einschränkungen elterlicher Funktionen, die die Ressourcen für elterliche Aufgaben nachhaltig beeinträchtigen. Der Fragebogen verfügt über sehr gute Testgütekriterien und ist international weit verbreitet (Theule et al. 2013).
Ein anderer, international weit verbreiteter Fragebogen, der elterlichen Stress erfasst, ist die deutsche Version der Parental Stress Scale (Berry und Jones 1995; Leung und Tsang 2010; Oronoz et al. 2007), welche sehr ökonomisch mit nur 16 Items auch im Bereich von hoch belasteten, psychisch kranken Eltern differenziert (Stadelmann et al. 2010; Kölch und Schmid 2008; Pérez et al. 2011) und Veränderungen abbildet (Hefti et al. 2020).
Das Eltern-Belastungs-Screening zur Kindeswohlgefährdung (EBSK) (Deegener et al. 2009) quantifiziert als Screeningverfahren das Risiko für Vernachlässigung und Misshandlung. Es fragt direkter nach maladaptiven Erziehungspraktiken und wurde, um sozial erwünschte Antworten zu erkennen, mit einer Skala, die solche Antworttendenzen oder auch ein gleichförmiges Durchkreuzen oder Durchklicken des Fragebogens erkennen kann, ergänzt. Der Test kann in circa 10 Minuten ausgefüllt werden und verfügt über eine sehr gute Reliabilität und Validität.
Außerdem gibt es noch einige Verfahren, die eher als Expertenurteil von Fachkräften, eingesetzt werden können, um insbesondere das Risiko von Vernachlässigung standardisiert einschätzen zu können und ein verlässliches Screening zu haben. Gerade der systematische Einsatz solcher Expertenurteile scheint die Qualität der Entscheidung, ob Kinderschutzmaßnahmen eingeleitet werden müssen, zu verbessern, da sie weniger anfällig für sozial erwünschte Antworten sind und sicherstellen, dass die Experten in einer oft schwer zu strukturierenden Untersuchungssituation alle wichtigen Aspekte in ihrem Urteil berücksichtigen (Kindler 2010).
Zunehmend werden solche Verfahren aber auch für Verlaufsmessungen im Kinderschutz eingesetzt. Der Child Neglect Index (Trocmé et al. 1995) ist ein solches Verfahren, welches erlaubt, das Risiko für Vernachlässigung (Bildungsbereich, Medizin, körperlich) zu erfassen und hat den besonderen Charme, dass es das Alter des Kindes beim Score berücksichtigt. Je jünger und abhängiger die Kinder von der Förderung der Eltern sind, desto höher wird der Score für das Misshandlungsrisiko.
Das Home Observation Measurement of the Environment Inventory (Bradley und Caldwell 1984) ist eine Art Checklisten-Screening-Verfahren, in dem auch die Kindergerechtigkeit und der Anregungsgehalt in der Umwelt des Kindes im Expertenurteil (Bradley und Caldwell 1984) beurteilt werden kann. Das halbstrukturierte Beobachtungs- und Interviewverfahren liegt für das Alter von 0–3, 3–6, 6–10 und 10–15 Jahren vor. Die Gesamtskala des hier verwendeten Early Childhood (EC) HOME umfasst die Skalen Lernmaterial, Sprachstimulation, physische Umgebung, Responsivität, akademische Stimulation, Modellverhalten sowie Variabilität. Das Verfahren wurde validiert und zeigt gute psychometrische Eigenschaften (Bradley und Caldwell 1984; Bradley et al. 1988). Das Home Inventar wird international in vielen Studien auch in der Pädiatrie- und Bildungsforschung eingesetzt (z. B. Gantriis et al. 2019).

Familiendiagnostischer Testbefund

In Anbetracht der Vielzahl an familienzentrierten psychometrischen Verfahren scheint es wichtig zu sein, eine Auswahl zu treffen und zu priorisieren, welche diagnostischen Informationen für die in der eigenen Praxis angewendeten therapeutischen Strategien zur Förderung der Familieninteraktion den wichtigsten Beitrag leisten, um diese dann auch in die eigenen diagnostischen Routinen aufzunehmen. Auf diese Informationsquellen gänzlich zu verzichten scheint in Anbetracht der Bedeutung, die diese Interaktionen für die Entwicklung und Aufrechthaltung von psychischen Störungen haben, nicht geboten zu sein, zumal es in der Praxis schwer ist, diese Informationen in Gesprächen zuverlässig zu erheben. Beim Verfassen des testpsychologischen Befundes und der Weitergabe von Informationen sollte reflektiert werden, welche Informationen von Relevanz sind und bei welchen die Weitergabe das Vertrauen der Familie unnötig verletzt werden könnte.
Der/die behandelnde Arzt/Ärztin oder PsychotherapeutIn ist oft mit dem Dilemma konfrontiert, dass ihm/ihr vertrauensvolle Informationen zur Familieninteraktion im Rahmen einer vertrauensvollen therapeutischen Beziehung von einzelnen Familienmitgliedern anvertraut wurden, die für die weitere Behandlungsplanung und den Verlauf relevant sind. Diese Informationen sollen an Nachbehandler weitergegeben werden, ohne dass sich die Familie falsch verstanden, bloßgestellt oder in der gewachsenen Vertrauensbeziehung verletzt fühlt. Es muss bei der Berichtlegung immer bedacht werden, dass Informationen in einem ärztlichen oder psychotherapeutischen Bericht durch viel Hände gehen. Deshalb ist es wichtig, sich dieser Verantwortung bewusst zu sein und eine gute Balance zu finden, um sowohl die relevanten Fakten zur familiären Interaktion weiterzugeben, aber auch den Schutz der Familie und deren Erfahrung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem psychosozialen Helferssystem zu wahren. Sowohl eine Nicht-Beachtung der Information als auch ein Bruch des Vertrauensverhältnisses wäre weder sinnvoll noch zielführend. Es ist empfehlenswert, in Berichten nicht zu sehr ins Detail zu gehen oder gar Vermutungen oder vage Andeutung zu machen.
Für einen positiven Verlauf einer Weiterbehandlung bei vielleicht mehreren Nachbehandlern, sollte die Wahrscheinlichkeit, dass der nachfolgende Behandler wichtige Aspekte übersieht, aber möglichst minimiert werden.
Hierfür ist empfehlenswert, den Umstand, die Quellen der Information und gegebenenfalls die unterschiedlichen Perspektiven klar und ohne zu werten zu benennen. Es sollten insbesondere keine intimen Details, vage Vermutungen oder Interpretationen in der schriftlich zusammengefassten Familienanamnese beschrieben, sondern nur Informationen, die auch mit allen Beteiligten kommuniziert wurden, wertschätzend und neutral schriftlich zusammengefasst werden.

Fazit

Familienbeziehungen und die Kommunikation in der Familie sind sehr komplex, weil diese nichts Statisches sind, sondern sich kontinuierlich verändern und weiterentwickeln, sich an verschiedene Situationen anpassen und zudem noch abhängig vom kulturellen Bezugsrahmen sind. Als behandelnder Kinder- und Jugendendpsychiater/-psychotherapeut erhält man schon im Rahmen der ersten Gespräche sehr viele Eindrücke aus Beobachtungen und subjektiven Berichten, die mehr oder weniger stark vom Erleben, der psychosozialen Lerngeschichte der Beteiligten und natürlich von psychischen Erkrankungen gefärbt sind. Der/die Kinder- und JugendpsychiaterIn/-psychotherapeutIn muss die verschiedenen Informationen auf Basis seiner/ihrer Erfahrung, seiner/ihrer diagnostischen Fertigkeiten, seinem/ihrem störungsspezifischen Wissen über die einzelnen Krankheitsbilder sowie die Ätiologie und häufigen Verstärkungsbedingungen gewichten.
Gerade die Subjektivität vieler Eindrücke sowie die emotionalen Belastungen und Verletzungen, die viele schwierige Familieninteraktionen bei den Betroffenen hinterlassen, können leicht dazu führen, dass psychosoziale Fachkräfte aufgrund eigener emotionaler Reaktionen, Werthaltung und biografischer Erfahrungen auf bestimmte Informationen besonders sensibel reagieren und diese vor diesem Hintergrund spezifisch gewichten. Jede psychosoziale Fachkraft sollte sich ein Repertoire an familiendiagnostischen Methoden, einigen möglichst validen und reliablen diagnostischen Verfahren (Gesprächs-, Beobachtungstechniken, psychometrische Fragebögen) und Beobachtungskategorien aneignen, mit denen er/sie seine/ihre Einschätzungen möglichst gut objektivieren kann. Zudem sollte jemand, der fachliche Entscheidungen mit Familien verantwortet, durch Selbstreflexion/-erfahrung (Kaufmann 2010; Kämmerer et al. 2011) von sich selbst wissen, welche Informationen und Eindrücke beim Diagnostizierenden selbst, welche Handlungsimpulse auslösen, um die eigenen emotionalen Reaktionen in der Gegenübertragung als Informationsquelle im diagnostischen Prozess nutzen zu können.
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