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Thoraxchirurgie
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Publiziert am: 09.03.2022

Mediastinitis

Verfasst von: Sebastian Wiesemann und Bernward Passlick
Die akute Infektion des Mediastinums ist eine Erkrankung mit verhältnismäßig hoher Letalität. Die Schwere der Erkrankung variiert in Abhängigkeit von der Infektursache und des Therapiebeginns. Eine unspezifische Symptomatik verzögert häufig die Diagnosestellung. Die Computertomografie (CT) ist die Diagnostik der Wahl und auch hilfreich bei der Kontrolle des Therapieerfolgs. Prognostisch entscheidend ist die rasche Diagnosestellung mit sofortigem chirurgischem Débridement und Drainage aller betroffenen Gewebekompartimente sowie die konsequente Sepsistherapie.
Die akute Infektion des Mediastinums ist eine Erkrankung mit verhältnismäßig hoher Letalität. Die Schwere der Erkrankung variiert in Abhängigkeit von der Infektursache und des Therapiebeginns. Eine unspezifische Symptomatik verzögert häufig die Diagnosestellung. Die Computertomografie (CT) ist die Diagnostik der Wahl und auch hilfreich bei der Kontrolle des Therapieerfolgs. Prognostisch entscheidend ist die rasche Diagnosestellung mit sofortigem chirurgischem Débridement und Drainage aller betroffenen Gewebekompartimente sowie die konsequente Sepsistherapie.

Einleitung

Die akute Mediastinitis ist meist Folge einer bakteriellen Infektion. Für die verhältnismäßig hohe Letalität der Erkrankung ist die Sepsis mit Multiorganversagen verantwortlich. Verlauf und Prognose hängen entscheidend von Beginn der operativen Therapie und Qualität der Sepsistherapie ab. Die Therapie der Sepsis besteht aus kausaler Therapie und supportiver Therapie. Erstere beinhaltet die Fokussanierung und die antimikrobielle Therapie, letztere insbesondere die Stabilisierung der Hämodynamik und des Gasaustauschs.
Neben der akuten bakteriellen Mediastinitis gibt es auch weniger akut verlaufende, granulomatöse Infektionen des Mediastinums, welche meist durch Pilze oder Mykobakterien verursacht werden und in der Regel konservativ behandelt werden können. In Abhängigkeit von der klinischen Präsentation werden diese Formen der Mediastinitis als subakut, chronisch oder fibrosierende Mediastinitis bezeichnet, wobei eine klare Definition zur konkreten Abgrenzung fehlt.
Die akute bakterielle Infektion des Mediastinums erfolgt über vier potenzielle Wege:
  • direkte Kontamination (Operation, Perforation, Verletzung),
  • intrakompartmentale Ausdehnung eines benachbarten Infektes (Hals oder Retroperitoneum),
  • transkompartmentale Ausdehnung eines benachbarten Infektes (Lunge, Pleura, Perikard, Thoraxwand),
  • hämatogene oder lymphogene Aussaat.
Die Schwere der Erkrankung variiert stark in Abhängigkeit von dem auslösenden Mechanismus, der beteiligten Keime sowie von patientenabhängigen Variablen, wie Immunkompetenz und Komorbidität. Das Spektrum der Entzündungsformen reicht von einem begrenzten Mediastinalabszess ohne septischen Schock bis hin zu einer in wenigen Stunden letal verlaufenden, nekrotisierend-gangränösen Infektion des gesamten Mediastinums.
In der 1938 veröffentlichten Beschreibung der deszendierenden Mediastinitis von Herman E. Pearse wird gleich im ersten Satz auf die Vielfalt der Mediastinitis hingewiesen: „Infection of the mediastinum may originate from so many different sources and have such divergent manifestations that the term ‚mediastinitis‘ means little unless qualified by a description of its type and kind“ (Pearse 1938).
Von thoraxchirurgischer Bedeutung sind insbesondere die deszendierende Mediastinitis (DM) und die Mediastinitis nach Ösophagusperforation.
Diagnose-Kriterien der Mediastinitis (Horan et al. 2008)
Nach der Definition des Center for Disease Control and Prevention (USA) wird die Diagnose einer Mediastinitis gestellt, wenn mindestens eines der drei folgenden Kriterien zutrifft:
1.
Keimnachweis aus mediastinalem Gewebe oder mediastinaler Flüssigkeit
 
2.
Makroskopisch oder mikroskopisch Befund einer Mediastinitis
 
3.
Kombination von je mindestens einem der folgenden klinischen Zeichen oder Symptome:
a.
Fieber >38 °C, sternale Instabilität*, Brustschmerz* (bzw. bei Patienten ≤1 Jahr auch Hypothermie <36 °C, Apnoe*, Bradykardie*)
 
(* ohne andere erkennbare Ursache)
b.
Eitrige Sekretion aus dem Mediastinum, Mediastinalverbreiterung in der Bildgebung
 
 

Deszendierende Mediastinitis (DM)

Pathogenese

Bei der DM liegt der ursprüngliche Infektfokus kranial des Mediastinums. Meist handelt es sich hierbei um einen pharyngealen oder odontogenen Fokus, seltener geht der Infekt von der Wirbelsäule aus. Überwindet der Infekt seine ursprüngliche Begrenzung kann er sich entlang definierter zervikomediastinaler Ausbreitungswege den Schichten der tiefen Halsfaszie folgend in das Mediastinum ausbreiten. Transversale Barrieren zwischen Hals und Mediastinum fehlen. Zusätzlich wird die kraniokaudale Ausdehnung begünstigt durch Schwerkraft, Sogwirkung durch negativen intrathorakalen Druck, schwache Immunabwehr in einem nur gering durchbluteten und lockerem Bindegewebe sowie Dissektion des Gewebes durch Gasbildung und bakterielle Enzyme (Abb. 1).
Tab. 1 liefert einen Überblick über die beschriebenen zervikomediastinalen Faszienräume.
Tab. 1
Überblick über die zervikomediastinalen Faszienräume, über welche sich ein tiefer Halsinfekt in das Mediastinum ausbreiten kann (Furstenberg und Yglesias 1937; Pearse 1938; Corsten et al. 1997; Abb. 1)
 
Begrenzungen
Mündung/kaudale Begrenzung
Beispiele für potenzielle Infektquellen
Häufigkeit der Beteiligung bei deszendierender Mediastinitis
Ventral
Lateral
Dorsal
Kranial
Prätrachealer Raum
Gerade Halsmuskulatur (Fascia prätrachealis)
Karotisscheide
Trachea, Ösophagus
Larynx
Vorderes, oberes Mediastinum
Tracheotomie, Schilddrüsen-OP, Trachea- oder Ösophagusruptur
Selten
Perivaskulärer Raum
Karotisscheide (aus Schichten der tiefen Halsfaszie, beinhaltet A. carotis interna und communis, V. jugularis interna, Anteile der Hirnnerven IX–XII, tiefe zervikale Lymphknotenkette)
Schädelbasis
Vorderes, oberes Mediastinum
Eitrige Lymphadenitis, Thrombophlebitis oder i.v.-Drogenabusus (V. jugularis int.), Übertritt eines Infektes aus dem Parapharyngealraum
Manchmal
Retroviszeraler Raum
Pharynx Ösophagus (Fascia buccopharyngea und visceralis)
Prävertebrale Faszie, vorderes Blatt (Fascia alaris)
Schädelbasis
Hinteres, oberes Mediastinum
Retropharyngealabszess, Übertritt eines Infektes aus dem Parapharyngealraum, Pharynx- oder Ösophagusruptur
Häufig
„Danger Space“
Prävertebrale Faszie, vorderes Blatt (Fascia alaris)
Prävertebrale Faszie, hinteres Blatt (Fascia prävertebralis)
Schädelbasis
Hinteres, unteres Mediastinum
Übertritt eines Infektes aus dem retroviszeralen oder prävertebralen Raum
Prävertebraler Raum
Prävertebrale Faszie, hinteres Blatt (Fascia prävertebralis)
Wirbelkörper
Schädelbasis
Steißbein
Spondylitis, Spondylodiszitis
In den meisten Fällen deszendiert der Infekt über den retroviszeralen Raum, welcher dorsal an Pharynx und Ösophagus grenzt. Er führt ins hintere Mediastinum, wo der Infekt erstmalig etwa auf Höhe des 4.–6. Brustwirbelkörpers anatomisch durch Fusion der Faszien aufgehalten wird. Nicht selten findet man daher die DM zunächst auf das hintere obere Mediastinum begrenzt. Bei Fortschreiten der Erkrankung kommt es zu einem weiteren Faszienübertritt des Infektes in den sog. Danger Space, von wo aus er sich in das hintere untere Mediastinum ausbreitet (Abb. 1 und 2). In Abhängigkeit von der Virulenz des Erregers kann die Mediastinitis aber auch frühzeitig faszienübergreifend andere Räume sowie Pleuren, Perikard und Retroperitoneum befallen. Das Wissen über die Anatomie der zervikomediastinalen Räume ist in diesen Fällen von geringerer Relevanz, da sich das Ausmaß des operativen Débridements an CT- und intraoperativem Befund orientiert.
Entsprechend ihres meist pharyngealen oder odontogenen Ursprungs ist die DM in der Regel eine Mischinfektion aus aeroben (häufig Streptokokken) und anaeroben Keimen (häufig Bacteroides).
Risikofaktoren für das weitere Fortschreiten eines tiefen Halsinfektes in das Mediastinum sind ein pharyngealer Fokus, Gasnachweis in der initialen CT sowie Glukokortikoideinnahme (Kiernan et al. 1998). Als weitere Risikofaktoren werden Alkoholismus, Diabetes mellitus und andere Erkrankungen mit reduzierter Immunabwehr oder beeinträchtigter Durchblutung genannt (Makeieff et al. 2004).
Die Erkrankung ist nicht ausschließlich auf diese Risikogruppen beschränkt und kann auch jüngere Erwachsene und Kinder betreffen.

Klinik

Die DM spielt sich in der Tiefe des Thorax ab und ihr bevorzugter Ausbreitungsweg verläuft in der Tiefe des Halses. Äußere zervikale oder thorakale Zeichen einer Infektion (Rötung, Schwellung, Druckschmerzen, Hautemphysem) sind daher selten und erst bei fortgeschrittener Erkrankung zu sehen oder zu palpieren. Im Vordergrund stehen die Symptome des primären Infektfokus (z. B. Hals- oder Zahnschmerzen, Schluckstörung) sowie die systemischen Zeichen der Sepsis. Diese sind jedoch unspezifisch. Häufig haben betroffene Patienten Atemnot (Makeieff et al. 2004).
Der Schlüssel zum frühen Erkennen einer DM ist ein hohes Verdachtsmoment sowie eine niedrige Schwelle zur Veranlassung der CT.

Diagnostik

Die CT von Hals und Thorax mit intravenöser Kontrastmittelgabe ist die diagnostische Methode der Wahl bei DM. Sie kann mit hoher Sensitivität den Verdacht einer Mediastinitis bestätigen und Lokalisation und Ausmaß der Erkrankung zeigen, was für die Operationsplanung wichtig ist. Darüber hinaus ist die CT für die Therapiekontrolle zur frühzeitigen Erfassung verbliebener Infektareale von Bedeutung (Scaglione et al. 2005).
Die Präsentation der Erkrankung in der CT ist ebenso vielfältig wie die Erkrankung selbst. In Abhängigkeit von dem auslösenden Mechanismus, beteiligten Keimen und patientenabhängigen Variablen zeigt die CT meist eines oder mehrere der folgenden radiologischen Zeichen: Imbibition und Verbreiterung des mediastinalen Gewebes, Abszesse, uni- oder bilateraler Pleuraerguss, Zeichen eines Pleura- oder Perikardempyems, Pneumomediastinum (Abb. 1 und 2).
Cave
Ein Pneumomediastinum in der CT tritt bei der DM eher selten auf und ist zur Diagnosestellung nicht erforderlich. Allerdings gilt: Der Nachweis eines Pneumomediastinums in der CT als Folge einer DM mit Gasbildung ist Zeichen eines akuten Verlaufes und muss ohne Zeitverzögerung operativ therapiert werden.
Zur Keimidentifizierung sollten frühestmöglich und noch vor Beginn der Antibiotikatherapie Blutkulturen abgenommen und auf aerobe und anaerobe Keime untersucht werden. Weitere Proben sollten zum Zeitpunkt der Operation gewonnen werden, auch wenn dann bereits mit der intravenösen Antibiotikatherapie begonnen sein sollte. Ein Keimnachweis gelingt am besten aus Eiter, alternativ muss infiziertes Gewebe eingeschickt werden. Ein Keimnachweis aus einem Abstrich ist am schwierigsten. Die Proben sollten bei Raumtemperatur und maximal für 2–3 Stunden gelagert werden. Eine sofortige Materialverarbeitung kann durch direkte Kontaktaufnahme, beispielsweise mit dem diensthabenden Mikrobiologen, und Organisation eines Taxitransportes erreicht werden.

Therapie

Cave
Verspäteter Therapiebeginn und unzureichende Infektsanierung sind die wichtigsten Mortalitätsursachen bei DM mit Sepsis.
Die entscheidenden und allgemein unbestrittenen Therapiemaßnahmen bei DM (Abb. 3) sind:
  • sofortige kalkulierte intravenöse Breitbandantibiose (Betalaktamantibiotikum der 2. oder 3. Generation und Metronidazol),
  • frühestmögliche Operation mit Débridement und Drainage aller infizierten Kompartimente, sowie Sanierung der primären Infektquelle,
  • supportive Sepsistherapie.
Kontrovers diskutiert hingegen wird in der Literatur, ob bei einer auf das obere Mediastinum begrenzten Mediastinitis die alleinige zervikale Mediastinotomie ausreicht, oder ob ein zusätzlicher thorakaler Zugang erforderlich ist. Auch herrscht Uneinigkeit über die Art des thorakalen Zugangsweges. Die Summe der von den diversen Autoren hierfür vorgeschlagenen Zugänge deckt nahezu das gesamte Spektrum thorakaler Operationszugänge ab (subxiphoidale Inzision, parasternale Mediastinotomie, Thorakoskopie, Thorakotomie, Sternotomie, Clamshell; Wiesemann et al. 2015). Des Weiteren ist unklar, ob und wann bei DM eine Tracheotomie indiziert ist.
Die Autoren leiten aus der vorhandenen Literatur und persönlicher Erfahrung folgende Empfehlungen zur operativen Vorgehensweise bei DM ab:
  • Eine alleinige zervikale Mediastinotomie ist nur bei auf das obere Mediastinum begrenzter und nicht fulminant deszendierender Mediastinitis vertretbar. Die Indikation zur zusätzlichen thorakalen Mediastinotomie sollte großzügig gestellt werden (Petitpas et al. 2012).
  • Auch die Indikation für eine bilaterale Exploration des Mediastinums sollte großzügig gestellt werden, um alle betroffenen Kompartimente zu erreichen.
  • Sofern der Patient eine Seitenlagerung mit Ein-Lungen-Ventilation toleriert und kein Kompromiss bei der Radikalität des Débridements eingegangen werden muss, empfiehlt sich für den thorakalen Zugang ein minimalinvasives Vorgehen via Video-assistierter Thorakoskopie (VATS). Im anderen Falle muss eine Thorakotomie erfolgen.
  • Die Indikation zur Tracheotomie ist eine Individualentscheidung und sollte restriktiv gestellt werden. Häufig kann eine Tracheotomie vermieden werden. Gründe für eine Tracheotomie sind anhaltende Schwellung des oberen Atemweges, schwere Sepsis mit längerer Beatmung und Aspirationsgefahr aufgrund reduzierter Vigilanz oder Beeinträchtigung der Hirnnerven.
Die CT liefert die für die Operationsplanung notwendige Information. Alle betroffenen Kompartimente sollten eröffnet, falls erforderlich debridiert und immer drainiert werden. Tab. 1 beschreibt die anatomischen Begrenzungen dieser Kompartimente, wobei die Differenzierung von retroviszeralem Raum, Danger Space und prävertebralem Raum aufgrund ihrer engen Lagebeziehung und der oft faszienübergreifenden Infektion intraoperativ nicht möglich ist. Meist werden diese drei Räume im klinischen Gebrauch daher vereinfacht als retroviszeraler Raum zusammengefasst.

Zervikale Mediastinotomie

Als zervikaler Zugang eignet sich ein Schnitt entlang des medialen Randes des M. sternocleidomastoideus, von wo aus unter Mobilisierung des Muskels nach lateral und gegebenenfalls Durchtrennen des M. omohyoideus zunächst die Karotisscheide dargestellt werden kann. Im Bedarfsfall kann hier der perivaskuläre Raum eröffnet werden. Nach weiterer Präparation medial der Karotisscheide nach dorsal kann digital die Wirbelsäule palpiert und entlang dieser der Raum bzw. die Räume zwischen Oropharynx/Ösophagus und Wirbelsäule stumpf eröffnet werden. Die Seitenwahl richtet sich nach dem CT-Befund, gegebenenfalls ist eine beidseitige zervikale Inzision indiziert.
Der prätracheale Raum ist bei DM selten betroffen. Er kann im Bedarfsfall unter Erweiterung der Inzision bis zum Jugulum oder über einen zusätzlichen Jugulumschnitt erreicht werden. Die weitere Präparation kann abhängig vom CT-Befund auf der Trachea, aber auch unmittelbar substernal erforderlich sein.

Thorakale Mediastinotomie

Für den thorakalen Zugang empfiehlt sich ein minimalinvasives Vorgehen via Video-assistierter Thorakoskopie (VATS), sofern der Patient eine Seitenlagerung mit Ein-Lungen-Ventilation toleriert. Im anderen Falle muss eine Thorakotomie erfolgen.
Die Zugänge können wie zur Lobektomie mit Lymphadenektomie bei NSCLC angelegt werden.
Leitstruktur für die Eröffnung des retroviszeralen Raums ist der Ösophagus, entlang dessen dorsalen Randes die Pleura inzidiert und der retroviszerale Raum durch stumpfes Spreizen des Mediastinums erreicht werden kann. Ein Zugang von rechts hat den Vorteil, dass der Ösophagus oberflächlicher liegt und der retroviszerale Raum weiter nach kranial eröffnet werden kann. Kranial der V. azygos liegen die Abschnitte, welche auch von zervikal erreicht werden. Falls die zervikal und thorakal eingelegten Drainagen kommunizieren, muss bei spontanatmendem Patienten auch die zervikale Drainage an ein geschlossenes System angeschlossen werden, um Eintritt von Luft in die Pleurahöhle und somit einen Pneumothorax zu verhindern.
Ist eine Eröffnung des prätrachealen, paratrachealen und/oder subkarinalen Raums erforderlich, erfolgt dies analog der mediastinalen Lymphadenektomie. Ebenso können retrosternaler Raum und Perikard von thorakal eröffnet werden, falls der CT-Befund dies indiziert.
Die V. azygos kann in der Regel geschont und zur losen Fixierung der von thorakal eingebrachten Drainage im retroviszeralen Raum genutzt werden.

Antibiotikatherapie bei DM

Bei DM mit akutem Verlauf muss die initiale, empirische Antibiotikatherapie sofort nach Diagnosestellung und Abnahme von Blutkulturen erfolgen. Die Erkrankung wird meist durch eine Mischinfektion aus Streptokokken und Anaerobiern verursacht, gegen welche eine Kombination aus Betalaktamantibiotikum und Metronidazol wirksam ist.
Auf die initiale Verabreichung von Carbapenemen (Meropenem/Imipenem) kann daher verzichtet und so deren wichtige Funktion als Reserveantibiotika bei schwersten, lebensbedrohlichen Infektionen geschützt werden.
Für den Einsatz bei DM geeignete Betalaktamantibiotia sind, aufgrund des erweiterten Spektrums mit Wirkung auch gegen gramnegative Bakterien, Cephalosporine der 2. (beispielsweise Cefuroxim) und 3. Generation (beispielsweise Ceftriaxon).
Die Applikation der Antibiose erfolgt initial intravenös. Nach Keimidentifikation kann die Antibiose gemäß Antibiogramm deeskaliert und nach überstandener Sepsis oralisiert werden, sofern hierfür ein geeignetes Antibiotikum zur Verfügung steht. Nach Erreichen der Infektfreiheit kann die Antibiose beendet werden (Frank und Daschner 2013).

Mediastinitis bei Ösophagusperforation

Pathogenese

Aufgrund seiner Lage im Mediastinum führt eine nicht sofort behandelte Perforation des thorakalen Ösophagus zwangsläufig zu einer Infektion des Mediastinums. Auch eine zervikale Ösophagusperforation kann durch Deszension des Infektes zu einer Mediastinitis führen. Die Infektion erfolgt durch Keime aus Pharynx und Ösophagus und ist meist eine Mischinfektionen.
Die Ursachen der Ösophagusperforation sind vielfältig:
  • iatrogen intraluminal: Endoskopie, TEE, Magensonde, Sengstaken-Blakemore-Sonde, schwierige Intubation,
  • iatrogen extraluminal: Operation, Bestrahlung,
  • traumatisch: stumpf, penetrierend, Fremdkörper, ätzende Substanzen, thermisch,
  • spontan barogen: heftiges Erbrechen, stumpfes Bauchtrauma, Geburt, Gewichtheben,
  • tumor-, oder infektbedingte Arrosion.
Der Ösophagusperforation ähnlich in Klinik und Therapie ist die Anastomoseninsuffizienz nach Ösophagusresektion.

Klinik

Symptome und Zeichen der Ösophagusperforation sind retrosternale Schmerzen, Schluckbeschwerden, gegebenenfalls Hautemphysem und die Zeichen der Sepsis, insbesondere Atemnot und Tachykardie. Die Klinik variiert in Abhängigkeit von Lokalisation und Ursache. Bei thorakaler Perforation ist der Erkrankungsverlauf aufgrund der direkten Kontamination des Mediastinums mit Keimen und gegebenenfalls Magensäure sowie der schnellen Ausdehnung der Infektion auch auf die Pleurahöhle(n) meist akut. Bei zervikaler Perforation hingegen treten Mediastinitis und Sepsis eher verspätet auf. Auch ist beispielsweise eine iatrogene intraluminale Perforation mit meist minimaler mediastinaler Kontamination weit weniger akut als eine durch heftiges Erbrechen verursachte Ösophagusperforation mit direkter, starker Kontamination des Mediastinums mit Nahrungsresten und Magensäure.

Diagnostik

Bei Verdacht auf Ösophagusperforation ist die CT von Hals, Thorax und Oberbauch mit intravenöser und oraler, wasserlöslicher Kontrastmittelgabe die Diagnostik der Wahl. Neben einem möglichen direkten Perforationsnachweis (extraluminales Kontrastmittel) zeigt die CT auch indirekte Zeichen der Ösophagusperforation und Zeichen der Mediastinitis, wie Pneumomediastinum, Imbibition des mediastinalen Gewebes, Flüssigkeitsverhalte, Abszesse, Pleuraerguss oder Zeichen eines Pleuraempyems. Die CT weist somit auch Lokalisation und Ausmaß des Schadens nach, was für die Therapieplanung wichtig ist. Darüber hinaus ist die CT nach der initialen Therapie zur frühzeitigen Erfassung verbliebener Infektareale von Bedeutung.
Die Ösophagogastroskopie erlaubt neben einer direkten Beurteilung des Ösophagusdefektes auch die Platzierung einer transnasal eingeführten Magensonde oder PEG-Sonde sowie unter bestimmten Umständen auch die Therapie der Perforation (Abschn. 3.4).
Auch ein Pleuraaspirat mit einem pH-Wert <6 oder eine Blauverfärbung nach oraler Methylenblaugabe sowie der makroskopische oder mikroskopische Nachweis von Nahrungsresten im Pleuraerguss ist diagnostisch für eine Ösophagusperforation beweisend.
Die Ösophagografie mit wasserlöslichem Kontrastmittel bietet aufgrund der mittlerweile hohen Qualität der CT meist keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn und hat in der initialen Diagnostik eine geringere Bedeutung. Sie ist aber zur Beurteilung der Ösophagusdichtigkeit im Verlauf (beispielsweise nach Stent-Einlage) hilfreich.

Therapie

Die Therapieprinzipien bei Ösophagusperforation sind:
  • Vermeidung einer weiteren Kontamination des Mediastinums durch Nahrung und Magensäure
  • Verschluss, Drainage, oder Beseitigung der Undichtigkeit
  • Aufrechterhaltung einer adäquaten Ernährung
  • Therapie von Mediastinitis und Sepsis
Die Vermeidung einer weiteren Kontamination wird durch eine orale Nulldiät bis zum gesicherten Verschluss der Undichtigkeit sowie durch eine hoch dosierte, intravenöse PPI-Therapie erreicht. Um zusätzlich den Reflux von Magensäure in den Ösophagus zu vermeiden, kann der Magen über eine im Rahmen der Ösophagogastroskopie transnasal oder perkutan eingelegte Magensonde entlastet werden.
Die Wahl für den Verschluss oder die Beseitigung der Undichtigkeit im Ösophagus hängt von der Lokalisation und dem Ausmaß der Perforation, der Dauer bis zum Behandlungsbeginn, sowie von patientenabhängigen Variablen und der Expertise der behandelnden Ärzte ab. Ein allgemeingültiges, standardisiertes Vorgehen gibt es nicht.
Folgende Optionen stehen zur Verfügung:
  • Abwarten der Spontanheilung bei kleinen Defekten.
  • Endoskopisch:
    • Clip,
    • Stent,
    • transösophageale Vakuumtherapie.
  • Operativ:
    • direkte Naht- ± Lappenverstärkung,
    • Exklusion der Perforation mit Speichelableitung,
    • Ösophagusresektion.
Die meisten Ösophagusperforationen können effektiv mittels Stent abgedichtet werden. Zur Auswahl stehen selbstexpandierende Plastik-(SEPS) und Metallstents (SEMS). Letztere können voll- oder partiell ummantelt sein (FSEMS und PSEMS). Die PSEMS haben am Stent-Ende jeweils einen schmalen nichtummantelten Saum, an dem es früh zur Bildung von Granulationsgewebe kommt, das den Stent abdichtet und in seiner Position besser fixiert als FSEMS oder SEPS. Nachteil ist eine möglicherweise erschwerte Stent-Bergung am Ende der Behandlung. Die Behandlungsdauer ist abhängig vom Erkrankungsausmaß und liegt meist zwischen 2 und 6 Wochen. Bei adäquater Therapie der Mediastinitis heilt die Perforation in dieser Zeit aus, sodass der Stent wieder entfernt werden kann. Vor Beginn des oralen Kostaufbaus sollte sowohl nach Stent-Anlage als auch nach Stent-Entfernung die Lumendichtigkeit mittels Ösophagogramm bestätigt werden.
Bei der transösophagealen Vakuumtherapie wird ein industriell- oder selbstgefertigtes Vakuumsystem bestehend aus Schwamm und Sonde endoskopisch gesteuert, transösophageal durch die Perforation in das Mediastinum eingelegt und in etwa 3-tägigen Abständen gewechselt. So kann die Undichtigkeit durch die allmähliche Bildung von Granulationsgewebe verschlossen und das Mediastinum dekontaminiert werden. Auch hier sollte nach Abschluss der Behandlung und vor Beginn des Kostaufbaus die Lumendichtigkeit mittels Ösophagogramm bestätigt werden.
Die Beschreibung der diversen Optionen zur operativen Versorgung einer Ösophagusperforation sind nicht Gegenstand dieses Kapitels.
Die Aufrechterhaltung einer adäquaten Ernährung kann parenteral oder enteral erfolgen. Eine parenterale Ernährung empfiehlt sich bei kurzer zu erwartender oraler Nahrungskarenz. Im anderen Fall ist die Anlage einer postpylorischen Ernährungssonde (Jejunalsonde) indiziert. Eine präpylorische Gabe von Sondenkost sollte wegen eines möglichen Refluxes vermieden werden.
Die Therapie der Mediastinitis und der Sepsis erfolgt wie oben für die deszendierenden Mediastinitis beschrieben. Es gilt, alle in der CT sichtbar infizierten Areale des Mediastinums zu debridieren und/oder zu drainieren. Dies kann operativ, CT-gesteuert und/oder transösophageal erfolgen. Bei früh erkannter und therapierter Perforation mit nur minimaler Kontamination des Mediastinums kann meist auf eine mediastinale Intervention verzichtet werden.
Literatur
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