Erschienen in:
31.10.2021 | Epilepsie | Leitthema
Hemisphärotomien in der pädiatrischen Epilepsiechirurgie – operative, epileptologische und funktionelle Aspekte
verfasst von:
Dr. med. Till Hartlieb, Manfred Kudernatsch, Martin Staudt
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 2/2022
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Zusammenfassung
Hemisphärotomien stellen mit 16–21 % einen Großteil der epilepsiechirurgischen Eingriffe im Kindesalter dar. Die anatomische Resektion wurde durch deutlich weniger invasive Diskonnektionstechniken mit geringerer perioperativer Mortalität und selteneren postoperativen Komplikationen ersetzt. Heute wird der Eingriff nicht nur von „lateral“ über die sylvische Fissur/Insel, sondern auch über einen vertikal parasagittalen Zugang durchgeführt. Je nach Publikation führen Hemisphärotomien bei 60–90 % der Patienten zu postoperativer Anfallsfreiheit. Trotz Änderung der Operationstechnik stellen Liquorzirkulationsstörungen in 5–15 % der Fälle weiterhin die Hauptkomplikation dar. Hemisphärische epileptogene Läsionen führen meist zu früh beginnenden und therapieschwierig verlaufenden Epilepsien des Kindesalters mit hoher Anfallsfrequenz und Überleitungen epilepsietypischer Potenziale auf die gesunde Hemisphäre. Ziel einer Hemisphärotomie ist daher neben postoperativer Anfallsfreiheit die komplette Abtrennung der geschädigten Hemisphäre. Bei der Entscheidung für eine Hemisphärotomie spielen neben epileptologischen Aspekten besonders die zu erwartenden funktionellen Konsequenzen eine große Rolle. Bei bereits präoperativ vorliegenden Defiziten (Hemianopsie, Hemiparese) oder Reorganisation von Funktionen in die kontraläsionelle Hemisphäre (Sprache) ist durch die Operation kein neues Defizit zu erwarten. Im Hinblick auf Kognition kann eine Hemisphärotomie durch Freisetzen des neuroplastischen Potenzials der gesunden Hemisphäre zu einer Stabilisierung der kognitiven Entwicklung führen. Um negative und oft irreversible Auswirkungen der Epilepsie möglichst gering zu halten und möglichst viel neuroplastisches Potenzial der gesunden Hemisphäre nutzen zu können, ist eine frühzeitige Operation anzustreben.