Erschienen in:
16.05.2018 | Essstörungen | Originalien
Regionale Inanspruchnahme des Versorgungssystems und Behandlungsprävalenz bei Essstörungen
Retrospektive Kohortenstudie mit weiblichen Versicherten im Alter zwischen 11 und 25 Jahren
verfasst von:
Julia Mühleck, M.Sc. Psychologie, Felicitas Richter, Luise Bell, M.Sc. Psychologie, Dr. phil. Katharina Wick, Prof. Dr. phil. Bernhard Strauß, PD Dr. phil. med. habil. Uwe Berger
Erschienen in:
Die Psychotherapie
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Ausgabe 4/2018
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Zusammenfassung
Hintergrund
Essstörungen sind schwerwiegende Erkrankungen mit hoher psychischer und körperlicher Komorbidität. Zu Prävalenzen auf der Basis von Diagnosen sowie zur Inanspruchnahme der Behandlung von Essstörungen im ambulanten und im stationären Sektor gibt es in Deutschland bisher nur wenige Studien.
Material und Methode
Für den Zeitraum von 2010 bis 2014 wurden Sekundärdaten von 2 gesetzlichen Krankenkassen in Thüringen im Rahmen einer retrospektiven offenen Kohortenstudie (n = 66.117 im Jahr 2010, n = 60.687 im Jahr 2014) ausgewertet. Dabei wurden die Häufigkeit von Essstörungen auf Basis von ICD-10-Diagnosen (F50.x) nach einem Arztbesuch bzw. Klinikaufenthalt und die Inanspruchnahme der gesundheitlichen Versorgung von weiblichen Versicherten im Alter von 11 bis 25 Jahren erfasst.
Ergebnisse
Für alle Essstörungen zusammen genommen stiegen die Behandlungsprävalenzen signifikant im 5‑jährigen Beobachtungszeitraum von 0,86 % auf 1,09 %. Gleichzeitig sank das Durchschnittsalter der Patientinnen signifikant von 19,3 auf 17,6 Jahre. Eine ambulante Versorgung durch psychotherapeutische Fachdisziplinen wurde von 25,1 % der Betroffenen in Anspruch genommen. Es wurden 6,6 % der Patientinnen sowohl ambulant als auch stationär behandelt. Eine ausschließlich stationäre Behandlung erfolgte bei 16 % der Betroffenen mit Essstörungen.
Schlussfolgerung
Essstörungen haben im Beobachtungszeitraum innerhalb dieser Studie signifikant zugenommen. Trotz vorhandener Essstörungsdiagnose nahm nur ein Viertel der Betroffenen eine ambulante psychotherapeutische Behandlung in Anspruch. Ein frühzeitiger und lückenloser Übergang von der Diagnosestellung in die psychotherapeutische Fachbehandlung könnte eine wichtige Voraussetzung für den Behandlungserfolg und die Vermeidung einer Chronifizierung bei Essstörungen sein.