Erschienen in:
01.09.2014 | Originalien
Evaluation der ambulanten Nachsorge forensischer Patienten (§ 63 StGB) in Nordrhein-Westfalen
verfasst von:
Dr. F. Schmidt-Quernheim, D. Seifert
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 9/2014
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Zusammenfassung
Hintergrund
Qualität und Erfolg der ambulanten Nachsorge forensisch untergebrachter Patienten (§ 63 Strafgesetzbuch [StGB]) interessieren nicht allein die mit Prognosefragen befassten Therapeuten und Gerichte, sondern neben Politik und Öffentlichkeit auch Behandler und Betreuer in der Allgemein- und Gemeindepsychiatrie.
Methode
In einer Evaluation der Nachsorge der Patienten, die im Bundesland Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2002 bis 2006 aus einer Unterbringung gemäß § 63 StGB in Freiheit entlassen (§§ 67d Abs. 2, 6 und 67b StGB) und forensisch nachbetreut wurden, konnten bei insgesamt 225 Patienten nach einem Katamnesezeitraum von im Mittel 4,4 Jahren Daten zur Rückfälligkeit erhoben werden. Bei 115 entlassenen Patienten wurden neben statischen Daten zu Vorgeschichte, Diagnose, Delikt und Unterbringung auch dynamische Daten zum weiteren Lebensweg der Patienten in den verschiedenen Lebens- und Betreuungskontexten analysiert.
Ergebnisse
Die Deliktrückfallrate von Patienten, die fachgerecht nachversorgt wurden, ist im Vergleich zu früheren Untersuchungen (ohne professionelle Nachsorge) deutlich rückläufig, wobei insbesondere der Anteil von Straftaten gegen Leib und Leben sowie von Sexualdelikten (7 von 225 [3,1 %]) als gering zu bewerten sind. Beim Vergleich der Rückfälligen mit den Nichtrückfälligen ließen sich protektive und Risikomerkmale extrahieren.
Schlussfolgerung
Geringe Deliktrückfallraten verweisen auf eine hohe Effektivität der ambulanten Nachsorge, die weiter ausgebaut werden sollte, wobei durchaus Verbesserungsbedarf sichtbar wurde. Die in der vorliegenden Studie gefundenen poststationären Prognosefaktoren sollten Berücksichtigung finden, typische „Fallstricke“ beachtet werden, um das Risikomanagement in der Nachsorge und damit auch die Entlassungschancen bisher vernachlässigter Problemgruppen (insbesondere Patienten mit einer Persönlichkeitsstörung und/oder Sexualdelikten) zu verbessern.