Erschienen in:
27.04.2016 | Originalien
Tonkrugschläge gegen den Schädel
Biomechanische Aspekte des 0,5-l-Tonkrugs als Schlagwaffe
verfasst von:
Assoz. Prof. PD. Dr. S. N. Kunz, E. Tutsch-Bauer, M. Graw, J. Adamec
Erschienen in:
Rechtsmedizin
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Ausgabe 3/2016
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die forensisch-biomechanische Beurteilung von Verletzungen durch Bierkrüge spielt insbesondere im süddeutschen und im österreichischen Raum immer wieder eine wichtige Rolle, v. a. im Zusammenhang mit Vorfällen auf den jährlichen Herbstfesten. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Frage nach dem Verletzungspotenzial dieser speziellen Form der körperlichen Gewalt.
Ziel der Arbeit
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den forensisch-biomechanischen Aspekten von Tonkrugschlägen gegen den Kopfbereich. Relationen zwischen der Art und der Schwere der Verletzungen sowie der Ausführungsart und -intensität des Schlags bzw. der Schläge sollten ermittelt werden.
Material und Methode
Dreißig fabrikneue 0,5-l-Tonkrüge von 3 verschiedenen Brauereien wurden hinsichtlich ihres Bruchverhaltens und des mit ihrer Verwendung als Schlagwerkzeug einhergehenden Verletzungsrisikos untersucht. Zu diesem Zweck wurden die Tonkrüge manuell auf einen Dummy-Kopf (Aluminiumkern eines Hybrid III, überzogen mit einer 8 mm starken Silikonhaut) geschlagen, der auf einer Messplatte fixiert war. Die Kontaktkraft und die Geschwindigkeit des Krugs unmittelbar vor dem Aufprall wurden gemessen. Dynamik und Bruchverhalten der Krüge wurden mit einer Olympus®-i-Speed-3-Hochgeschwindigkeit-Digitalkamera und dem Nikon®-Objektiv AF Nikkor 50 mm f/1,8D erfasst sowie mit der Viewer Software Olympus i‑SPEED 3 analysiert.
Ergebnisse
Unsere Versuchsreihe hat gezeigt, dass die Schlaggeschwindigkeit und die Kontaktfläche des Tonkrugs einen wesentlichen Einfluss auf dessen Bruchverhalten, die übertragene Kraft und somit auch auf das Verletzungspotenzial haben.
Schlussfolgerungen
Dem Bruchverhalten von Tonkrügen zugrunde liegende Gesetzmäßigkeiten lassen vorsichtige Rückschlüsse bei der Rekonstruktion des zu Bruch führenden Vorgangs zu. Schläge gegen den Kopf einer Person mithilfe eines Tonkrugs sind grundsätzlich geeignet, das Leben gefährdende Verletzungen hervorzurufen. Eine forensisch-biomechanische Beurteilung von Tonkrugverletzungen sollte erst nach Kenntnis sämtlicher Informationen, die den Hergang betreffen, erfolgen. Vergleichsversuche können notwendig werden.