verfasst von:
David Rieger, Mirjam Renovanz, Sylvia Kurz, Paula Bombach, Frank Paulsen, Constantin Roder, Marcos Tatagiba, Maximilian Niyazi, Prof. Dr. Ghazaleh Tabatabai
Das Glioblastom gehört zu den häufigsten primären Tumoren des zentralen Nervensystems und ist mit einer ungünstigen Prognose verbunden. Die Kriterien für eine integrierte Diagnose basieren auf histologischen und molekularen Merkmalen, die in der aktuellen Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation verankert sind. Die postoperative Erstlinientherapie besteht in einer Kombination von Radiotherapie, Temozolomidchemotherapie (je nach molekularem Profil, Alter und klinisch-neurologischem Zustand kombiniert mit Lomustin) sowie Tumortherapiefeldern. Die Therapiestrategie bei Progression wird interdisziplinär abgestimmt, basierend auf verschiedenen Kriterien, darunter der klinische Zustand, die Latenz zur Erstlinientherapie und das bildgebende Progressionsmuster. Klinische Therapiestudien sind in jedem Krankheitsstadium integraler Bestandteil der Glioblastombehandlung. Aktuelle klinische Therapiestudien untersuchen biomarkerbasierte Therapiestrategien, verschiedene Strategien der Immuntherapie oder auch die weitere Optimierung bisheriger Therapiekonzepte.
Hinweise
Wissenschaftliche Leitung
H. Christiansen, Hannover
I. Gockel, Leipzig
M.-O. Grimm, Jena
A. Hasenburg, Mainz
A. Hochhaus, Jena
R. Hofheinz, Mannheim
F. Lordick, Leipzig
C. Röcken, Kiel
D. Schadendorf, Essen
M. Untch, Berlin
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Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
Lernziele
Nach Lektüre dieses Beitrags
sind Sie mit den Grundlagen interdisziplinärer Therapieentscheidungen bei Patienten mit Glioblastom vertraut.
können Sie klinische und bildgebende Befunde von Patienten mit Glioblastom entsprechend den aktuell gültigen Kriterien (Neurologic-Assessment-in-Neuro-Oncology[NANO]-Skala, Response-Assessment-in-Neuro-Oncology[RANO]-Kriterien) interpretieren.
kennen Sie aktuelle klinischen Studien in der Neuroonkologie und neue, innovative Therapieansätze in der Behandlung des Glioblastoms.
kennen Sie das Versorgungsnetzwerk der Zentren für Personalisierte Medizin und die hierdurch geschaffenen biomarkerbasierten und personalisierten Therapieoptionen.
Einleitung
Fallbeispiel
Ein 62-jähriger Patient stellte sich aufgrund einer akut aufgetretenen Hemiparese links mit konsekutiven Stürzen sowie einem Gesichtsfelddefekt nach rechts in der Notaufnahme des heimatnahen Krankenhauses vor. Die initial mit Verdacht auf eine ischämische Genese veranlasste zerebrale Computertomographie (CT) zeigte eine zerebrale Raumforderung rechts parietookzipital mit ausgeprägtem perifokalem Ödem und Mittellinienverlagerung. Die ergänzte Magnetresonanztomographie (MRT) zeigte eine kontrastmittelaufnehmende Raumforderung rechts parietookzipital mit perifokalem Ödem (Abb. 1). Zur Planung und Durchführung der Resektion erfolgte die Verlegung in eine neurochirurgische Klinik. Nach präinterventioneller interdisziplinärer Diskussion im neuroonkologischen Tumorboard wurde eine Resektion empfohlen. Die neuropathologische Diagnose lautete Glioblastom, Grad 4 nach Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Tumoren des zentralen Nervensystems, Isocitratdehydrogenase(IDH)-Wildtyp, Methylguanin-DNA-Methyltransferase(MGMT)-Genpromotor unmethyliert.
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Die postoperative interdisziplinäre Diskussion im neuroonkologischen Tumorboard führte zur Empfehlung einer kombinierten Radiochemotherapie. Der Einschluss in eine klinische Therapiestudie war nicht möglich. Die Radiotherapie erfolgte mit 60 Gy in 30 Fraktionen unter begleitender Temozolomidchemotherapie (75 mg/m2 Körperoberfläche), gefolgt von einer Erhaltungschemotherapie mit Temozolomid nach dem 5/28-Schema (150–200 mg/m2 Körperoberfläche an 5 von 28 Tagen). Nach 3 Zyklen der Erhaltungschemotherapie mit Temozolomid zeigte sich in der klinisch-neurologischen Untersuchung eine Zunahme der vorbestehenden Hemiparese links. Die MRT-Verlaufskontrolle ergab passend zum klinischen Untersuchungsbefund eine Tumorprogression mit neu aufgetretener Schrankenstörung, angrenzend an die Resektionshöhle rechts parietookzipital und sich nach trigonal ausbreitend.
Nach interdisziplinärer Diskussion im neuroonkologischen Tumorboard erfolgte zunächst die Evaluation einer Behandlungsoption im Rahmen einer klinischen Therapiestudie. Eine solche war nicht gegeben. Die konsensuelle Empfehlung lautete: erneute Resektion und anschließende Chemotherapie mit Lomustin (90 mg/m2 Körperoberfläche). Bereits nach einem Lomustinzyklus zeigte sich klinisch eine zunehmende Gangunsicherheit und als bildgebendes Korrelat eine erneute multifokale Tumorprogression mit duraler Infiltration, jedoch ohne Hinweise auf eine leptomeningeale Dissemination.
Gemäß interdisziplinärer Empfehlung nach Diskussion im neuroonkologischen Tumorboard erfolgte aufgrund der Lokalisation außerhalb des initialen Bestrahlungsfelds eine erneute Bestrahlung mit 20 Gy in 5 Fraktionen. Bei erneut fehlender Möglichkeit des Einschlusses in eine klinische Therapiestudie und fehlenden weiteren zugelassenen Therapieoptionen indizierte das neuroonkologische Tumorboard über eines der Zentren für Personalisierte Medizin die erweiterte molekulare Diagnostik, die eine FGFR3-TACC3-Fusion detektierte. Nach interdisziplinären Diskussionen im molekularen Tumorboard und im neuroonkologischen Tumorboard erhielt der Patient basierend auf einer interdisziplinären konsensuellen Empfehlung eine zielgerichtete Therapie mit dem FGFR-Inhibitor Erdafitinib (Evidenzlevel m1c (ein oder mehrere Fallberichte in der gleichen Tumorentität), Klassifikationssystem angelehnt an das Schema des MD Anderson Cancer Center).
Mit einer Inzidenz von etwa 3/100.000 Personen pro Jahr gehören Glioblastome zu den häufigsten primären malignen Tumoren des zentralen Nervensystems (ZNS) im Erwachsenenalter. Glioblastome werden gemäß der überarbeiteten Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für ZNS-Tumoren von 2021 anhand histologischer und molekularpathologischer Kriterien dem ZNS-WHO-Grad 4 zugeteilt [1]. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Der Gipfel der Inzidenz liegt zwischen dem 70. und 85. Lebensjahr [2]. Glioblastome treten überwiegend sporadisch auf. Aktuell bestehen keine Empfehlungen für Präventions- oder Früherkennungsmaßnahmen [1]. Eine Tumorprogression tritt in Abhängigkeit von prognosebestimmenden Faktoren bei der überwiegenden Anzahl der Patienten 6–12 Monate nach Erstdiagnose auf [3].
Wichtige klinische prognostische Faktoren sind das das Alter, der klinische Zustand des Patienten und das Resektionsausmaß [1, 4]. Bei einer 5‑Jahres-Überlebensrate von weniger als 10 % ist die Prognose weiterhin ungünstig, sodass ein hoher Bedarf an klinischen Therapiestudien mit innovativen Therapieansätzen besteht, um die Diagnostik und vor allem auch die Therapiestrategien weiterzuentwickeln. Die Behandlung der Patienten mit Glioblastom sollte in Zusammenarbeit mit zertifizierten neuroonkologischen Zentren erfolgen.
Merke
Zu den wichtigen klinischen prognostischen Faktoren gehören das Alter, der klinisch-neurologische Zustand und das Resektionsausmaß.
Klinische Symptome und Diagnosestellung
Glioblastome wachsen infiltrativ und können funktionstragende (sogenannte eloquente) Hirnareale und Faserbahnen einbeziehen, was zu fokalen neurologischen Symptomen wie Hemiparesen oder Sensibilitätsstörungen (etwa 50–60 %) oder epileptischen Anfällen (etwa 20 %) führen kann. Häufig sind die diagnoseweisenden Symptome sehr subtil und unspezifisch, beispielsweise neurokognitive Störungen (20–30 %), Leistungsabfall bzw. Fatigue (80 %; [5, 6]).
Der Karnofsky-Performancestatus (KPS) und der Performancestatus der Eastern Cooperative Oncology Group (ECOG), zwei in der Onkologie gebräuchliche Skalen, spiegeln die Quantifizierung des klinischen Zustands nicht vollständig wider, da neurologische Symptome in diesen Skalen unberücksichtigt sind. Es wurde daher eine dedizierte Skala zur semiquantitativen Beurteilung der neurologischen Funktionen entwickelt: die Neurologic-Assessment-in-Neuro-Oncology(NANO)-Skala. Diese Skala umfasst 9 Domänen, die in einem Gesamtscore ausgedrückt werden:
Gangbild
Kraft
Ataxie
Oberflächensensibilität
Fingerperimetrisches Gesichtsfeld
Fazialisfunktion
Sprachverständnis und -produktion
Vigilanz
Verhalten
Der NANO-Score kann zwar inter-observer-abhängig variieren, hat jedoch bereits gute Ergebnisse hinsichtlich der Voraussage des Erkrankungsverlaufs bzw. der Prognose erbracht [7].
Merke
Häufig verwendete Skalen für die Quantifizierung des klinischen Zustands sind KPS, ECOG-Performancestatus und NANO-Skala.
Bildgebende Diagnostik
Die Magnetresonanztomographie (MRT) des Neurokraniums mit und ohne Kontrastmittel(KM)-Gabe ist die Bildgebung der Wahl zur Diagnose und Verlaufsbeurteilung von Glioblastomen [1]. Postoperativ wird innerhalb von 24 bis 72 h eine MRT mit und ohne KM-Gabe durchgeführt. Diese dient zur Bestimmung des Resektionsausmaßes und zur Planung der sich anschließenden Radiochemotherapie. Vier Wochen nach Abschluss der Strahlentherapie und begleitenden Chemotherapie wird eine erneute MRT-Untersuchung des Neurokraniums durchgeführt, deren Ergebnisse als Ausgangsbefund für weitere Verlaufskontrollen während der nachfolgenden postoperativen Therapie dienen. Die Beurteilung der MRT erfolgt gemäß den Response-Assessment-in-Neuro-Oncology(RANO)-Kriterien [8]. Zu beachten ist hierbei nicht nur das Ansprechen auf die Tumortherapie im Sinne einer „complete/partial response“ (Abnahme der sichtbaren Tumorlast), „stable disease“ (weder Zu- noch Abnahme der Tumorlast) oder „progressive disease“ (Zunahme der Tumorlast), sondern auch die differenzialdiagnostische Abgrenzung von therapieassoziierten Veränderungen, das heißt „Pseudoprogression“ (Zunahme der KM-Aufnahme und assoziierten T2/Fluid-attenuated-inversion-recovery[FLAIR]-Veränderungen, meist innerhalb von 3 bis 6 Monaten nach Abschluss der Radiotherapie) bzw. „Pseudoresponse“ (Abnahme der KM-Aufnahme und T2/FLAIR-Veränderungen, vor allem häufig beobachtet unter Therapie mit dem Anti-VEGF-Antikörper Bevacizumab). Eine Glukokortikoideinnahme und der klinisch-neurologische Zustand werden auch in den RANO-Kriterien berücksichtigt, das heißt, es zählen nicht nur rein bildmorphologische Parameter. Im Rahmen klinischer Studien mit Immuntherapeutika werden in spezifischen Studien auch die Immunotherapy-Response-Assessment-in-Neuro-Oncology(iRANO)-Kriterien angewendet [9].
Zusätzlich zur MRT ist häufig eine ergänzende Positronenemissionstomographie (PET) entsprechend radioaktiv markierter Aminosäure hilfreich, so etwa bei der Unterscheidung zwischen Progression und therapieassoziierten Veränderungen. Hierbei kommen meist 18F‑Fluorethyltyrosin (18F‑FET) oder 11C-Methionin (11C‑MET) als Tracer zum Einsatz [10]. Zudem kann die FET-PET bei der radioonkologischen Zielvolumendefinition sehr vorteilhaft sein.
Merke
Die RANO-Kriterien ermöglichen eine harmonisierte und vergleichbare Bewertung der MRT-Bildgebung hinsichtlich Verlaufsbeurteilungen unter Therapie.
Erstlinientherapie des Glioblastoms
Die Behandlung von Patienten mit Glioblastom sollte in Zusammenarbeit mit einem zertifizierten neuroonkologischen Zentrum erfolgen. Eine aktuelle retrospektive Auswertung der onkologischen Versorgung in Deutschland (Krebsregister- und Krankenkassendaten) bei verschiedenen Tumorentitäten (Kolon‑, Rektum‑, Pankreas‑, Mamma‑, Zervix‑, Endometrium‑, Ovarial‑, Bronchial- und Prostatakarzinom sowie Kopf-Hals- und neuroonkologische Tumoren) zeigte, dass die Behandlung in einem zertifizierten Zentrum zu einem statistisch signifikanten Überlebensvorteil führt [11]. In jedem Krankheitsstadium, also auch präinterventionell, erfolgt eine Diskussion aller Befunde im interdisziplinären neuroonkologischen Tumorboard. Integraler Bestandteil dieser interdisziplinären Erörterungen ist die Evaluation von Behandlungsmöglichkeiten im Rahmen einer klinischen Therapiestudie.
Die Erstlinientherapie des Glioblastoms außerhalb klinischer Studien erfolgt multimodal durch
Das Resektionsausmaß gehört hierbei zu den wichtigsten prognostischen Faktoren. Die RANO-Resect-Gruppe empfiehlt die Evaluation einer supramaximalen Resektion (Komplettresektion der KM-aufnehmenden Tumoranteile und ≤ 5 cm3 nicht-KM-aufnehmende Resttumoranteile) bzw. die maximal sichere Resektion der KM-aufnehmenden Tumoranteile (≤ 1 cm3 KM-aufnehmender Resttumor). Ihre retrospektive multizentrische Analyse zeigt eine Korrelation mit einem signifikant verbesserten Gesamtüberleben im Vergleich zu einer submaximalen Tumorresektion oder Tumorbiopsie [12].
Dieser Zusammenhang ist aktuell erstmals in einer prospektiven multizentrischen Studie untersucht worden. Durch intraoperative MRT (iMRT) bzw. 5‑Aminolävulinsäure (5-ALA) gestützte Operationstechniken erwiesen sich hierbei als gleichermaßen hilfreich, um eine maximale Tumorresektion unter Erhalt der neurologischen Funktion zu erzielen, jedoch ist die Dauer des operativen Eingriffs unter Anwendung der iMRT verlängert [13].
Bei irresektabler Tumorlokalisation oder eingeschränkter Operationsfähigkeit wird die Möglichkeit einer diagnostischen Biopsie evaluiert.
Merke
Das Ziel der Tumorresektion ist die maximal mögliche sichere Resektion bei gleichzeitigem Erhalt der neurologischen Funktion.
Bei der Entscheidung zur postoperativen Erstlinientherapie sind
Alter,
klinischer Gesamtzustand und
Methylierungszustand des Genpromotors der O6-Methylguanin-DNA-Methyltransferase (MGMT)
Sollte eine Studienteilnahme nicht möglich sein, erfolgt die Einleitung einer kombinierten Radiochemotherapie, bestehend in einer Strahlentherapie mit einer Gesamtdosis bis zu 60 Gy in 30 Fraktionen (2 Gy Einzeldosis) auf die erweiterte Tumorregion und einer begleitenden Chemotherapie mit Temozolomid in einer täglichen Dosis von 75 mg/m2 Körperoberfläche (KOF). Hiernach erfolgt eine Erhaltungschemotherapie mit Temozolomid mit bis zu sechs 28-tägigen Zyklen, wobei die Temozolomideinnahme an den ersten 5 Tagen des Zyklus mit einer Dosis von jeweils 150 bis 200 mg/m2 KOF erfolgt (5/28-Schema). Eine Chemotherapie mit Temozolomid in der Erstlinientherapie über 6 Zyklen hinaus wird in der Regel nicht empfohlen, da dies für die Patienten hinsichtlich des progressionsfreien und Gesamtüberlebens keinen Vorteil bringt [16].
Der Methylierungsstatus des MGMT-Genpromotors ist ein wichtiger molekularer Marker in Glioblastomen. In der Therapie des Glioblastoms werden alkylierende Substanzen wie Temozolomid oder Lomustin (Chlorethyl-Cyclohexyl-Nitrosoharnstoff) eingesetzt, die die DNA-Replikation durch eine Methylierung der DNA-Basen stören. Dem wirkt das Reparaturprotein MGMT entgegen. Bei Patienten, deren Tumorgewebe eine methylierte MGMT-Genpromotor-Region aufweist, wird eine geringere Menge an MGMT-Protein gebildet, sodass der Reparaturmechanismus schwächer ausgeprägt ist und die Patienten durchschnittlich besser auf alkylierende Chemotherapien ansprechen, im Sinne eines längeren progressionsfreien Intervalls und eines längeren Gesamtüberlebens. Der MGMT-Genpromotor-Status ist damit ein molekularer Faktor für das Ansprechen auf die alkylierende Chemotherapie [17].
Bei älteren Patienten über (65–)70 Jahre müssen bei der Therapieempfehlung zusätzliche Faktoren berücksichtigt werden, die eine reduzierte Therapiefähigkeit und Therapieadhärenz bedingen können, beispielsweise
ein reduzierter klinischer Zustand,
Multimorbidität,
eine begleitende Pharmakotherapie und
ein erhöhter Unterstützungsbedarf im Alltag.
Auch hier gilt, dass zunächst die Option einer Behandlung im Rahmen von Therapiestudien eruiert werden sollte. Die Empfehlung für die Erstlinientherapie bei diesem Patientenkollektiv berücksichtigt den klinischen Zustand (KPS ≥ oder < 70 %) und MGMT-Promotor-Methylierungsstatus. Die hypofraktionierte Bestrahlung mit 15-mal 2,67 Gy und begleitender Temozolomidchemotherapie mit einer Gesamtdauer von etwa 3 Wochen gefolgt von bis zu 6 Zyklen Temozolomiderhaltungschemotherapie nach dem 5/28-Schema hat sich als Standard in dieser Patientengruppe etabliert – insbesondere bei Vorliegen eines methylierten MGMT-Genpromotors [18]. Bei älteren Patienten oder jenen, die einen reduzierten klinischen Zustand (KPS < 70 %) aufweisen, kann bei unmethyliertem MGMT-Genpromotor auch eine alleinige Strahlentherapie (34 Gy in 2 Wochen) bzw. bei methyliertem MGMT-Genpromotor eine alleinige Temozolomidchemotherapie erwogen werden [18, 19, 20]. Im Falle eines ausgezeichneten klinischen Zustands ist im Rahmen eines individuellen Therapiekonzepts trotz des höheren biologischen Patientenalters auch eine Erstlinientherapie analog der Therapieempfehlung bei jüngeren Patienten (siehe oben) in Betracht zu ziehen.
Für Patienten unter 70 Jahren mit einem methylierten MGMT-Genpromotor und einem guten klinischen Zustand (KPS ≥ 70 %) kann, basierend auf Ergebnissen der CeTeG/NOA-09-Studie, die intensivierte Erstlinientherapie mit Strahlentherapie und kombinierter Chemotherapie mit Temozolomid und Lomustin zum Einsatz kommen. Dieses intensivierte Behandlungskonzept war in der genannten prospektiven, randomisierten, kontrollierten Phase-III-Studie dem Kontrollarm (Strahlentherapie mit begleitender und adjuvanter Temozolomidchemotherapie) im Hinblick auf das Gesamtüberleben überlegen [21].
Merke
Für die Erstlinientherapieempfehlung außerhalb klinischer Studien werden neben dem molekularen Profil des Tumors auch biografische und klinische Parameter (Alter des Patienten, klinischer Zustand [KPS/ECOG-Performancestatus]) berücksichtigt.
Tumortherapiefelder während der Temozolomiderhaltungstherapie
TTFields sind eine physikalische Therapie mit elektrischen Wechselstromfeldern, von denen gemäß dem aktuellen Wissenstand angenommen wird, dass sie die Mitose stören. In einer 2:1 randomisierten unverblindeten Phase-III-Studie wurde eine Therapie mit TTFields in der Glioblastombehandlung im Rahmen der Erstlinientherapie begleitend zur Temozolomiderhaltungschemotherapie angewendet (EF-14-Studie). Hier zeigte sich im Mittel ein Überlebensvorteil von 4,9 Monaten für die Patienten mit TTFields-Therapie im Vergleich zum Kontrollarm [22]. TTFields-assoziierte Nebenwirkungen blieben in erster Linie auf lokale dermatologische Symptome beschränkt. Etwa 52 % der Patienten hatten milde bis mäßige Kopfhautirritationen von Grad 1 und 2 gemäß den Common Terminology Criteria for Adverse Events (CTCAE). Aktuelle Phase-IV-Studien sollen unter anderem Aufschluss über den Einsatz in der klinischen Routine geben, auch hinsichtlich der Compliance mit der Tragedauer des Geräts von 18 h/Tag und mehr (TTFields In GErmany in Routine Clinical Care [TIGER], ClinicalTrials.gov Identifier NCT03258021). Zudem wird derzeit der Nutzen eines früheren TTFields-Einsatzes bereits während der Radiochemotherapie im Rahmen einer Phase-III-Studie untersucht (EF-32, TRIDENT, NCT04471844).
Merke
Eine physikalische Therapie mit TTFields kann basierend auf der EF-14-Studie bei neu diagnostiziertem Glioblastom zusätzlich zur Standardtherapie in der Erhaltungsphase und bis zur zweiten Progression angewendet werden.
Therapiestrategien in der Progression
Die Therapieempfehlung bei Glioblastomprogression ist abhängig von der zuvor erfolgten Erstlinientherapie, dem zeitlichen Abstand zur Erstlinientherapie, dem klinischen Zustand des Patienten (KPS/ECOG-Performancestatus/NANO-Skala) und der Lokalisation des Tumors (Abb. 2). Auch bei diesem Krankheitsstadium hat in der interdisziplinären Tumorboard-Diskussion die Evaluation möglicher Optionen für klinische Therapiestudien die höchste Priorität. Eine Systemtherapie mit alkylierenden Chemotherapeutika ist prinzipiell sowohl mit Temozolomid als auch mit Lomustin möglich. Eine Temozolomidreexposition kann erwogen werden, vor allem bei methyliertem MGMT-Genpromotor und bei entsprechender zeitlicher Latenz zur Erstlinientherapie. Die Temozolomidreexposition bei methyliertem MGMT-Genpromotor war in der DIRECTOR-Studie mit einem progressionsfreien Überleben nach 6 Monaten von 39,8 % assoziiert, gegenüber 6,9 % bei unmethyliertem MGMT-Promotor [23]. Es steht zudem Lomustin als zugelassenes Therapeutikum zur Verfügung [24].
Der Stellenwert einer erneuten Resektion hinsichtlich des Gesamtüberlebens ist bisher nur retrospektiv untersucht worden [25, 26]. Je nach Lage des progredienten Tumors muss unter Berücksichtigung des zu erzielenden Resektionsergebnisses und möglicher Morbiditätsrisiken eine erneute Resektion kritisch interdisziplinär evaluiert werden. Aktuell rekrutiert zu dieser Indikation europaweit eine randomisierte, prospektive Studie (RESURGE, NCT02394626).
Hinsichtlich des therapeutischen Nutzens einer erneuten Bestrahlung sowie bezüglich deren Modalität (hypofraktioniertes Schema, stereotaktische Bestrahlung) und Dosis gibt es bislang kaum randomisierte Studien [1]. Von klinischer Bedeutung für die Evaluation einer erneuten Bestrahlung sind
der klinische Zustand,
die Lokalisation der Tumorprogression in Bezug auf das ursprünglich bestrahlte Gebiet,
der zeitliche Abstand zur initialen Bestrahlung und
die Abschätzung des Risikos für die Entwicklung einer Radionekrose oder kumulativer Organbelastungen (Sehbahn, Hirnstamm) anhand von Vorbestrahlung, Rezidivausdehnung und begleitenden Therapien [27].
Ob die FET-PET-basierte Planung der erneuten Bestrahlung bei Patienten in der Progression einer konventionellen Planung mittels MRT überlegen ist, wird derzeit in der GLIAA/NOA-10-Studie untersucht (NCT01252459), die kürzlich die Rekrutierung komplettiert hat.
In der Behandlung der Glioblastomprogression entsteht häufig die Situation, dass alle zugelassenen Therapieoptionen erschöpft sind und keine Behandlungen im Rahmen einer klinischen Studie verfügbar sind. Für dieses Szenario bieten die Zentren für Personalisierte Medizin unter bestimmten Voraussetzungen als klinische Versorgungsleistung die Option einer
In Baden-Württemberg fungiert der Verbund der Zentren für Personalisierte Medizin (ZPM) als Versorgungsnetzwerk an den Universitätskliniken. Derzeit erfolgt eine nationale Ausweitung über die onkologischen Spitzenzentren (Comprehensive Cancer Center [CCC]) in Deutschland im Rahmen des Deutschen Netzwerks für Personalisierte Medizin (DNPM).
Voraussetzung für die Möglichkeit einer erweiterten molekularen Diagnostik und MTB-Vorstellung von Patienten mit Glioblastom ist die interdisziplinäre Indikationsstellung im neuroonkologischen Tumorboard. Diese stützt sich auf folgende Kriterien [14]:
Ausgeschöpfte zugelassene Therapieoptionen
Fehlende Möglichkeit einer klinischen Therapiestudie
Hinreichend guter klinisch-neurologischer Zustand und hinreichend gute Lebensqualität
Es erfolgt zunächst eine erweiterte molekulare Diagnostik im zuständigen Universitätsklinikum zur Detektion therapierelevanter Veränderungen im Tumorgewebe. Die molekulargenetischen Befunde werden dann im MTB diskutiert und mögliche biomarkerbasierte Therapieoptionen priorisiert (Abb. 2). Über diesen Behandlungspfad gelingt es natürlich auch, Patienten mit Glioblastom für klinische Studien oder prospektive Beobachtungsstudien mit biomarkerbasierten Einschlusskriterien zu identifizieren, beispielsweise für die prospektive ON-TRK-Beobachtungsstudie (NCT04142437) bei Patienten mit einer Neurotrophic-tyrosine-receptor-kinase(NTRK)-Genfusion [28, 29].
Merke
Die Kriterien für eine erweiterte molekulare Diagnostik und MTB-Vorstellung bei Patienten mit Glioblastom umfassen: Indikation durch das neuroonkologische Tumorboard, fehlende Möglichkeit einer klinischen Therapiestudie, fehlende leitliniengerechte Therapieoption bzw. seltene Tumorerkrankung in jedem Erkrankungsstadium.
Therapieansätze mit Immuncheckpointinhibitoren und therapeutischen Vakzinierungen beim Glioblastom
Zwei Phase-III-Studien mit dem Programmed-cell-death-protein-1(PD-1)-Antikörper Nivolumab in der Erstlinientherapie des Glioblastoms haben zu keiner Verlängerung des Gesamtüberlebens geführt und verfehlten damit ihren primären Endpunkt. In der CheckMate-498-Studie wurde bei Patienten mit unmethyliertem MGMT-Genpromotor die Hinzunahme von Nivolumab zur Standardtherapie untersucht. In der CheckMate-548-Studie erfolgte ein entsprechender Vergleich bei Patienten mit methyliertem MGMT-Genpromotor [30, 31]. In der CheckMate-143-Studie führten Immuncheckpointinhibitoren auch in der Tumorprogression zu keinem Überlebensvorteil [32].
Die Wertigkeit von Immuncheckpointinhibitoren in der Glioblastombehandlung ist also nicht mit jener bei anderen soliden Tumoren zu vergleichen. Als eine Ursache der fehlenden Wirksamkeit wird das immunsuppressive Tumormikromilieu von Glioblastomen diskutiert. Die Angiogenese des Tumors wird durch tumorinfiltrierende myeloide Zellen gefördert, zudem bewirken diese eine Immunsuppression, statt Immunantworten gegen den Tumor zu initiieren [15, 33, 34]. Ein anderer Aspekt könnte auch der Zeitpunkt der Behandlung sein. So erfolgte in Phase-I-Studien eine neoadjuvante Behandlung mit Pembrolizumab (n = 21; [35]) bzw. Nivolumab (n = 29; [36]) vor einer geplanten und verschiebbaren erneuten Resektion bei Glioblastomprogression. Mit neoadjuvantem Pembrolizumab lag das mediane Gesamtüberleben (n = 9) bei 13,5 Monaten vs. 7,5 Monaten im Kontrollarm (n = 12; [35]). In der zweiten Studie zu neoadjuvantem Nivolumab mit 29 Patienten lagen das mediane progressionsfreie und Gesamtüberleben bei 4,1 bzw. 7,3 Monaten [36]. In beiden Studien zeigte sich eine Modifikation des Tumormikromilieus durch die neoadjuvante PD-1-Blockade. Die klinische Wirksamkeit dieser Strategie muss jedoch erst noch durch größere und vor allem gut kontrollierte Studien validiert werden. Zudem steht der direkte Vergleich der Wirksamkeit einer neoadjuvanten vs. postoperativen Behandlung mit PD-1-Antikörpern weiterhin aus.
Merke
Die Phase-III-Studien mit Immuncheckpointinhibitoren in der Erstlinientherapie des Glioblastoms zeigen keine Verlängerung des Gesamtüberlebens.
Die verschiedenen Ansätze einer therapeutischen Vakzinierung, beispielsweise
Peptidvakzinierungen,
mRNA-basierte Vakzinierungen oder
DNA-Vakzinierungen,
werden derzeit in klinischen Studien evaluiert. Aktuell sind 25 Studien auf https://www.clinicaltrials.gov als rekrutierend gelistet (Stand Juli 2023), darunter eine kürzlich geöffnete internationale Phase-I/II-Studie (NCT05938387) mit einem mRNA-Impfstoffkandidaten für neu diagnostizierte MGMT-Genpromotor-unmethylierte Glioblastome und den Subtyp 02:01 des humanen Leukozytenantigens (HLA).
Ein weiterer aktueller Schwerpunkt sind zell- und antikörperbasierte Therapiestrategien bei Glioblastomen. Eine Phase-I-Studie untersucht beispielsweise die Wirkung modifizierter natürlicher Killerzellen mit chimärem Antigenrezeptor (CAR-NK-Zellen) bei HER2-positivem, progredientem Glioblastom (CAR2BRAIN, NCT03383978). Eine andere Phase-I/II-Studie untersucht aktuell die Sicherheit und Wirksamkeit eines Antikörper-Zytokin-Fusionsproteins (L19TNF), eines sogenannten Immunzytokins, in Kombination mit einer Chemotherapie mit Lomustin bei Patienten mit erster Progression eines Glioblastoms (GLIOSTAR, NCT04573192).
Merke
Innovative Therapieansätze mit therapeutischen Vakzinierungen, Zelltherapien und Immunzytokinen werden in aktuellen klinischen Studien untersucht.
Supportive Therapie und psychoonkologische Begleitung
Eine gelungene supportive Therapie setzt bei Patienten mit Glioblastom ein funktionierendes Versorgungsnetzwerk voraus. Die Begleittherapie unter Chemotherapie mit Temozolomid und Lomustin umfasst eine konsequente Antiemese und Obstipationsprophylaxe. Bei zunehmendem Einsatz von zielgerichteten Therapien und Immuntherapien – im Rahmen klinischer Studien oder im individuellen Therapieversuch – spielt auch das frühzeitige Erkennen und Behandeln anderer Symptome wie Mukositis, Hautirritationen, Hand-Fuß-Syndrom oder Diarrhö eine wichtige Rolle, zudem die adäquate Behandlung einer strukturellen Epilepsie [37]. Auch wenn epileptische Anfälle zu den häufigen diagnoseweisenden Symptomen gehören, ist eine primärprophylaktische antikonvulsive Therapie nicht empfehlenswert. Bei erstmaligem epileptischem Anfall erfolgt eine antikonvulsive Therapie mit einem inerten anfallssupprimierenden Medikament, um Medikamenteninteraktionen zu vermeiden. Levetiracetam ist hierbei aktuell häufig das Medikament der ersten Wahl, weil es rasch eindosiert werden kann und zudem auch für intravenöse Applikationen verfügbar ist.
Ist eine Behandlung mit Glukokortikoiden notwendig, wird die 1‑malige morgendliche Gabe von 2 bis 8 mg Dexamethason im Falle von ödemassoziierten klinischen Symptomen empfohlen. In Ausnahmesituationen, etwa bei klinischen Hirndruckzeichen, müssen diese Dosis und Frequenz für kurze Zeit überschritten werden (beispielsweise 1‑malige intravenöse Gabe von 20 bis 40 mg Dexamethason in der Akutphase). Wegen des multifaktoriellen Nebenwirkungsprofils der Glukokortikoidbehandlung sollte stets „so viel wie nötig und so wenig wie möglich“ gegeben werden. Bei Immobilisation ist eine Thromboseprophylaxe aufgrund der hohen Gefahr thromboembolischer Ereignisse bei Patienten mit Glioblastom in Erwägung zu ziehen, insbesondere unter einer Therapie mit Glukokortikoiden. Bei einer chemotherapieinduzierten Thrombopenie < 50.000 Zellen/µl sollte die Prophylaxe gegebenenfalls pausiert werden [37].
Intensive Physio- und Ergotherapie sowie gegebenenfalls eine Logopädie dienen nicht nur der Symptomkontrolle, sondern können dazu beitragen, Fatigue positiv zu beeinflussen und die Lebensqualität zu verbessern. Aufgrund der erheblichen psychosozialen Belastung der Patienten und Angehörigen sind eine sozialrechtliche Beratung und psychoonkologische Betreuung von hoher Bedeutung [38]. Ein wesentlicher Aspekt in der klinischen Routine ist es, den Unterstützungsbedarf adäquat zu erfassen und entsprechende Angebote zu bahnen bzw. bereitzustellen. Hierzu gehört ein regelmäßiges psychoonkologisches Screening, da Patienten selten von sich aus psychosozialen Unterstützungsbedarf äußern und dieser Bedarf aktiv erfragt und erhoben werden muss.
Merke
Die patientenzentrierte supportive Therapie spielt in allen Krankheitsstadien des Glioblastoms eine essenzielle Rolle.
Palliativmedizinische Therapie
In Anbetracht der ungünstigen Prognose ist eine frühzeitige Integration der Palliativmedizin in das interdisziplinäre Behandlungskonzept empfehlenswert [37]. Insbesondere bei klinisch-neurologischer Verschlechterung, hoher Symptomlast oder rascher Progression sollte ein Kontakt mit dem zuständigen Behandlungsteam der speziellen ambulanten Palliativversorgung (SAPV) gebahnt werden [39]. Hierbei ist zu beachten, dass eine palliativmedizinische Mitbehandlung eine Fortführung der tumorspezifischen Therapie keineswegs ausschließt, sondern als ergänzende Behandlungsmodalität zu sehen ist. Das Advance Care Planning, also eine frühzeitige sensible Besprechung der Themen, die in der letzten Krankheitsphase relevant sind, kann zudem eine hilfreiche Unterstützung für die vorausschauende Planung sein [40].
Merke
Eine palliativmedizinische Therapie sollte frühzeitig bei Patienten mit hoher Symptomlast, fortgeschrittenem Alter, schwieriger psychosozialer Situation sowie klinischer und/oder bildgebender Progression evaluiert werden.
Resümee und Ausblick
Die Therapie des Glioblastoms erfordert einen interdisziplinären, multiprofessionellen Therapieansatz [41]. Klinische Therapiestudien sind integraler Bestandteil der Versorgung von Patienten mit Glioblastom und müssen stets in den interdisziplinären Tumorboard-Diskussionen evaluiert werden. Etablierte Behandlungskonzepte sind die maximal sichere Resektion, die Radio- und begleitende Chemotherapie sowie die anschließende Chemotherapiephase, gegebenenfalls unterstützt durch TTFields. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Komplexität von Diagnostik und Therapie mit sich stets weiterentwickelnden Therapiestrategien und zwingend erforderlicher Interdisziplinarität sollte die Behandlung von Patienten mit Glioblastom grundsätzlich an einem zertifizierten neuroonkologischen Zentrum erfolgen.
Aktuelle innovative Therapiestrategien in klinischen Therapiestudien verfolgen vielfältige biomarker-, zell- oder antikörperbasierte Konzepte sowie Ansätze mit therapeutischen Vakzinierungen. Die kürzlich beendete N2M2/NOA-20-Studie untersuchte biomarkergesteuerte, zielgerichtete Therapieansätze für das neu diagnostizierte MGMT-Genpromotor-unmethylierte Glioblastom in einem Umbrella-Design [42]. Zudem analysiert und bewertet die GBM-AGILE-Studie (NCT03970447) mithilfe eines adaptiven, globalen und innovativen Konzepts die klinische Wirksamkeit verschiedener Therapiearme und potenzielle Biomarker [43]. Studienkonzepte mit therapeutischen Vakzinierungen werden aktuell bei MGMT-Genpromotor-unmethylierten Glioblastomen in der CV-GBLM-001-Studie (NCT05938387), bei MGMT-Genpromotor-methylierten Glioblastomen in der Glio-XS15-Studie (NCT04842513) oder bei progredienten Glioblastomen in der ROSALIE-Studie (NCT04116658) untersucht. Ein weiterer Ansatz sind zellbasierte Therapiestrategien oder Immunzytokine, wie in der CAR2BRAIN-Studie (NCT03383978) oder GLIOSTAR-Studie (NCT04573192).
Zudem werden natürlich fortlaufend Ansätze entwickelt, um die gegenwärtige Standardtherapie zu optimieren, so wird beispielsweise in der demnächst beginnenden PRIDE/NOA-28-Studie (NCT05871021) eine isotoxische Dosissteigerung bis 75 Gy unter protektiver Gabe von Bevacizumab in der Radiochemotherapiephase beim unmethylierten Glioblastom untersucht.
Das Spektrum der klinischen Studien ändert sich fortlaufend. Von kompetenten Behandlern wird daher neben der Kenntnis aktueller leitliniengerechter Therapien insbesondere auch eine Kenntnis der aktuellen Studienlandschaft erwartet, damit sie ihre Patientinnen und Patienten gegebenenfalls gezielt für die Evaluation einer Studienteilnahme anderen Zentren zuweisen können.
Fazit für die Praxis
Glioblastome werden durch histologische und molekular-pathologische Kriterien definiert und Grad 4 nach Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Tumoren des zentralen Nervensystems zugeordnet.
Die Behandlung von Glioblastomen sollte an einem zertifizierten neuroonkologischen Zentrum erfolgen.
Klinische Therapiestudien sind integraler Bestandteil des Behandlungskonzepts von Glioblastomen und müssen bei Therapieempfehlungen in jedem Krankheitsstadium berücksichtigt werden.
Die Therapie des Glioblastoms außerhalb klinischer Studien erfolgt multimodal durch neurochirurgische Intervention, radioonkologische Behandlung, alkylierende Chemotherapie sowie Tumortherapiefelder.
Bei meist ausgeprägter neurologischer Symptomatik und hoher psychischer Belastung sind die frühzeitige symptomorientierte Therapie, eine psychoonkologische Betreuung und das Etablieren einer ambulanten palliativmedizinischen Versorgung besonders wichtig.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
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Autoren
P. Bombach: A. Finanzielle Interessen: P. Bombach gibt an, dass kein finanzieller Interessenkonflikt besteht. – B. Nichtfinanzielle Interessen: Angestellte Fachärztin für Neurologie. S. Kurz: A. Finanzielle Interessen: S. Kurz gibt an, dass kein finanzieller Interessenkonflikt besteht. – B. Nichtfinanzielle Interessen: Angestellte Ärztin in Weiterbildung, Universitätsklinikum Tübingen. M. Niyazi: A. Finanzielle Interessen: M. Niyazi gibt an, dass kein finanzieller Interessenkonflikt besteht. – B. Nichtfinanzielle Interessen: Ärztlicher Direktor | Mitgliedschaften: Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO), European Society for Radiotherapy and Oncology (ESTRO), Deutsche Krebsgesellschaft (DKG), Neuroonkologische Arbeitsgemeinschaft (NOA), Arbeitsgemeinschaft Radiologische Onkologie (ARO). F. Paulsen: A. Finanzielle Interessen: F. Paulsen gibt an, dass kein finanzieller Interessenkonflikt besteht. – B. Nichtfinanzielle Interessen: Angestellter Oberarzt für Strahlentherapie | Mitgliedschaften: DEGRO; ESTRO; DKG; NOA; ARO. M. Renovanz: A. Finanzielle Interessen: M. Renovanz gibt an, dass kein finanzieller Interessenkonflikt besteht. – B. Nichtfinanzielle Interessen: Stellvertretende ärztliche Direktorin | Mitgliedschaften: NOA; European Association of Neuro-Oncology (EANO); Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC); European Association of Neurosurgical Societies (EANS); European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC); EORTC Brain Tumor Group (BTG). D. Rieger: A. Finanzielle Interessen: D. Rieger gibt an, dass kein finanzieller Interessenkonflikt besteht. – B. Nichtfinanzielle Interessen: Arzt in Weiterbildung in der Abteilung Neurologie mit interdisziplinärem Schwerpunkt Neuroonkologie, Universitätsklinikum Tübingen | Mitgliedschaften: NOA; Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). C. Roder: A. Finanzielle Interessen: Fa. Medac, Reisekostenerstattung für Kongress. – Fa. Zeiss: Beratertätigkeiten im Auftrag des UKT | Fa. Brainlab: Beratertätigkeit im Auftrag des Universitätsklinikums Tübingen. – B. Nichtfinanzielle Interessen: Angestellter Arzt; geschäftsführender Oberarzt; Universitätsklinikum Tübingen; Klinik für Neurochirurgie. G. Tabatabai: A. Finanzielle Interessen: nur institutionelle Kompensationen an das Universitätsklinikum. – B. Nichtfinanzielle Interessen: Ärztliche Direktorin | Mitglied im Fachkollegium Neurowissenschaften der Deutschen Forschungsgemeinschaft (2023–2024) | Mitgliedschaften: erweiterter Vorstand der NOA; DGN; American Society of Clinical Oncology (ASCO); EANO; Neurowissenschaftliche Gesellschaft; Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung; Schweizerische Gesellschaft für klinische Neurophysiologie. M. Tatagiba: A. Finanzielle Interessen: M. Tatagiba gibt an, dass kein finanzieller Interessenkonflikt besteht. – B. Nichtfinanzielle Interessen: Ärztlicher Direktor | Angestellter Arzt als Klinikdirektor, Klink für Neurochirurgie, Universitätsklinikum Tübingen | Mitgliedschaften: DGNC; Deutsche Gesellschaft für Schädelbasischirurgie.
Wissenschaftliche Leitung
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Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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