Kommentar
Die skandinavischen Registerstudien bestechen regelmäßig durch ihre hohen Fallzahlen. Dennoch lohnt sich ein kritischer Blick. Das Durchschnittsalter bei HRT-Start lag in der Postmenopause, was sich auch in der bevorzugt lokalen HRT-Verschreibung widerspiegelt. Die Indikation für die Verschreibung einer systemischen HRT ist unklar, was bei Registerstudien auch nicht anders zu erwarten ist. Allerdings heißt es im Ergebnisteil, dass dies die erste Beobachtungsstudie sei, die Frauen prospektiv beobachte, die eine HRT aufgrund einer klinisch diagnostizierten Depression begannen. Wenn das so stimmte, dann würde die Studie eher den Einfluss einer HRT auf das Hospitalisierungsrisiko (also den Schweregrad) einer Depression untersuchen. Wichtig an der Stelle ist, dass der Studienendpunkt die hospitalisierungspflichtige Depression war. Andere, auch schwächere, vielleicht auch positive Affektveränderungen wurden nicht erfasst. Die Prävalenz einer früheren Anwendung von Psychopharmaka ist deutlich höher als die der im Register dokumentierten früheren Depressionen; diese Diskrepanz wird nicht geklärt. Auch wird für die frühere Anwendung von Antidepressiva nicht adjustiert! Auch zur systemischen HRT bleiben viele Fragen offen: Unklar ist, welche Präparate eingesetzt wurden, welche Gestagene, welcher Applikationsmodus (oral, transdermal), welche Applikationsschemata (sequenziell, kontinuierlich-kombiniert), welche Dosis. Außerdem wird die HRT-Therapiedauer nicht angegeben, da nur in „eingelösten Rezepten“ gerechnet wird. Wie aber ist in Dänemark die Verschreibungseinheit definiert? Wie z. B. in Deutschland mit maximal drei HRT-Packungen pro Rezept? Oder eher wie in der Schweiz, wo vorwiegend Jahresrezepte ausgestellt werden? Oder ganz variabel? Als Fazit bleibt, dass nach wie vor viele Fragen zum Einfluss einer HRT auf die Stimmung offenbleiben. Eine einzelne Studie sollte uns aber nicht davon abhalten, Frauen mit klimakterischem Syndrom die 1st-line-Therapie HRT zu verschreiben.
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