Bedeutung von Impfungen bei rheumatischen Erkrankungen
Totimpfstoffe
Lebendimpfstoffe
Reisen mit rheumatischen Erkrankungen
Ausmaß der Immunsuppression
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Lymphozytenzahl ≥1200/µl und/oder CD4(+)-T-Helferzellen ≥200/µl (ab Alter 6 Jahre) bzw. ≥500/µl (Alter 0 bis 5 Jahre), ergänzend für Patienten nach Rituximab-Therapie: B‑Zellen sollten vor Lebendimpfung wieder im Altersnormbereich sein,
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Immunglobulin G ≥(5–)7g/l im Serum,
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vorhandene Impftiter, z. B. gegen Tetanustoxin (ist dieser niedrig oder negativ, wird ein Booster unter IT mit Verlaufstiterkontrolle empfohlen).
Schweregrad der immunsuppressiven Wirkung | Therapie |
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Keine oder gering | Hydroxychloroquin |
Sulfasalazin | |
Mesalazin | |
Gering | Niedrigdosierte systemische Glukokortikoide – Erw.: <10 mg Prednisolonäquivalent/Tag – Kinder: <0.2 mg/kg/Tag Prednisolonäquivalent – Kurzzeittherapie (<2 Wochen) |
Nicht systemische Glukokortikoide – Topisch (dermal, inhalativ, konjunktival, nasal) – Intraartikulär | |
Niedrigdosierte Basistherapeutika MTX – Erw.: ≤0.4 mg/kg/Woche oder ≤20 mg/Woche – Kinder ≤15 mg/m2/Woche Ciclosporin (≤2.5 mg/kg/Tag) Leflunomid – Erw.: ≤20 mg/Tag – Kinder ≤0.5 mg/kg/Tag Mycophenolat-Mofetil – Erw.: ≤2000 mg/Tag – Kinder ≤1200 mg/m2/Tag Tofacitinib – Erw.: ≤ 5–10 mg/Tag | |
Einige niedrigdosierte Biologika, z. B. Infliximab (≤3 mg/kg/8 Wochen) | |
Schwer | Hochdosierte systemische Glukokortikoide – Dosierung oberhalb der oben genannten Grenzwerte – Therapiedauer ≥2 Wochen – Intravenöse Stosstherapie mit hohen Dosen (z. B. 20 mg/kg/Tag Prednisolonäquivalent über mehrere Tage monatlich wiederholt) |
Hochdosierte Basistherapeutika – Dosierung oberhalb der oben genannten Grenzwerte | |
Azathioprin | |
Biologika mit schwerer Immunsuppressiver Wirkung, z. B. – Infliximab (≥5 mg/kg/4 Wochen bzw. ≥7 mg/kg/8 Wochen) – Abatacept – Rituximab | |
Kombinationen von Immunsuppressiva |
Allgemeine und krankheitsspezifische Impfungen
Impfung gegen | Lebendimpfstoff | Totimpfstoff | Mindestalter und Kommentare |
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Cholera | – | x | DUKORAL® (Valneva Sweden AB, Schweden): 2 J |
Frühsommer‐Meningoenzephalitis | – | x | Encepur® Kinder (GlaxoSmithKline, Vereinigtes Königreich)/FSME-Immun® 0,25 ml Junior (Pfizer Pharma, Vereinigte Staaten): 1 J. <3 J. Fieberreaktionen häufig, individuelle Indikationsstellung |
Gelbfieber | x | – | STAMARIL® (Sanofi, Frankreich): 9 (6) Mo, KI: IT Zugelassen ab 6 Mo., allerdings erhöhtes Enzephalitisrisiko zwischen 6 und 9 Mo, daher strenge Risiko-Nutzen-Evaluation |
Hepatitis A | – | x | Havrix®720 Kinder (GlaxoSmithKline, Vereinigtes Königreich)/VAQTA® Kinder (MSD Merck Sharp & Dohme, Vereinigte Staaten): 1 J. Havrix1440® (GlaxoSmithKline, Vereinigtes Königreich): 15 J. VAQTA® (MSD Merck Sharp & Dohme, Vereinigte Staaten): 18 J. |
Hepatitis A+B | – | x | Twinrix® Kinder (GlaxoSmithKline, Vereinigtes Königreich): 1 J. Twinrix® (GlaxoSmithKline, Vereinigtes Königreich): 16 J. |
Japanische Enzephalitis | – | x | IXIARO® (diverse Hersteller): 2 Mo. |
Meningokokken B | – | x | Bexsero® (GlaxoSmithKline, Vereinigtes Königreich): 2 Mo. Trumenba® (Pfizer Pharma, Vereinigte Staaten): 10 J. |
Meningokokken ACWY-Konjugat | – | x | Menveo® (GlaxoSmithKline, Vereinigtes Königreich): 2 J. Nimenrix® (Pfizer Pharma, Vereinigte Staaten): 6 Wochen |
Poliomyelitis | – | x | IPV Merieux® (Sanofi, Frankreich) /Kombinationsimpfung (diverse Hersteller): Grundimmunisierung gemäß STIKO ab dem Alter von 2 Mo. (idealerweise als Kombinationsimpfung), Reiseindikation beachten |
Tollwut | – | x | Rabipur® (GlaxoSmithKline, Vereinigtes Königreich)/Tollwutimpfstoff (HDC) inaktiviert® (Sanofi, Frankreich): ab Geburt |
Typhus | x (Typhoral®) | x (Typhim Vi®) | Typhim Vi® (Sanofi, Frankreich): 2 J. Typhoral® L Kapseln (Pharma K Medical GmbH; Deutschland): 5 J., KI: IT |
Die STIKO-Standardimpfungen [
27] sowie krankheitsspezifische Impfungen sollten zusätzlich unter Berücksichtigung von KI bei Reisen altersgemäß aktuell sein: | |||
Diphtherie/Tetanus/Pertussis/Poliomyelitis/Haemophilus influenzae Typ b | |||
Hepatitis B | |||
Humanpathogene Papillomaviren | |||
Pneumokokken | |||
MMR – Idealerweise vor IT (2 Dosen) – KI bei schwerer Immundefizienz/IT – Niedrigdosierte Glukokortikoide sind keine KI – Verabreichung laut Fachinformationen und Expertenkonsens im Einzelfall bei geringer Immunsuppression nach individueller Risiko-Nutzenabwägung möglich | |||
Varizellen – Idealerweise vor IT (2 Dosen) – Verabreichung laut Fachinformationen nach individueller Risiko-Nutzenabwägung in Abhängigkeit von der Immunsuppression unter Therapie/in Therapiepausen nach immunologischer Vordiagnostik möglich, wenn ein besonderes Gesundheitsrisiko vorliegt und die Gesamtlymphozytenzahl bei Erwachsenen mindestens 1200/mm3 Blut beträgt (bei Kindern altersabhängige Referenzwerte) und/oder kein anderer Hinweis auf unzureichende zelluläre Immunität besteht | |||
Influenza (KI: nasaler Lebendimpfstoff bei IT) |
Hepatitis B
Humanpathogene Papillomaviren
Reiseimpfungen
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Pflichtimpfungen, die zur Einreise in einzelnen Ländern vorgeschrieben sind (z. B. Gelbfieberimpfung),
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Standardimpfungen, die nach dem STIKO-Impfkalender vorliegen sollten, und
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Indikationsimpfungen, die entsprechend dem Reiserisiko angezeigt sind.
Spezifische Informationen zu einzelnen Reiseimpfungen
Cholera
Frühsommer-Meningoenzephalitis
Gelbfieber
Hepatitis A
Japanische Enzephalitis (JE)
Meningokokken (B, ACWY)
Poliomyelitis
Tollwut
Typhus
Fazit für die Praxis
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Patienten mit rheumatischen Erkrankungen sollten vor internationalen Reisen eine reisemedizinische Beratung erhalten, in der unter Beachtung des individuellen Infektionsrisikos Reiserücktritt, Reisemodifikationen, Schutzmaßnahmen und Reiseimpfungen besprochen werden.
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Die Indikation für eine Reiseimpfung ergibt sich aus reisespezifischen Faktoren, dem allgemeinen Gesundheitszustand, der Art und Aktivität der Grundkrankheit und Dauer, Dosis und Art der immunsuppressiven Therapie.
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Fachinformationen der Impfstoffe und immunsuppressiven Medikamente müssen beachtet werden; auch sind ggf. individuelle Risiko-Nutzen-Abwägungen wichtig.
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Reiseimpfungen mit Totimpfstoffen können bedenkenlos erfolgen, wohingegen Lebendimpfstoffe (z. B. Gelbfieberimpfung) allgemein unter immunsuppressiver Therapie kontraindiziert sind.
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Der Impferfolg, beeinflusst durch Grunderkrankung und Therapie, kann reduziert sein, daher sollten Antikörperbestimmungen 4 bis 8 Wochen nach abgeschlossener Impfserie erwogen werden.
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Zusätzliche Impfdosen können für den optimierten Impfschutz nötig sein (z. B. Hepatitis A).