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Erschienen in: gynäkologie + geburtshilfe 3/2021

31.05.2021 | Im Blickpunkt

Social Media kann Mediziner unterstützen

"Sie sind doch der Youtube-Arzt"

verfasst von: Joana Schmidt

Erschienen in: gynäkologie + geburtshilfe | Ausgabe 3/2021

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Es kann schon mal passieren, dass Dr. Konstantin Wagner auf der Straße von Fremden nach Selfies gefragt wird. Sein Youtube-Kanal "Richtig schwanger" stößt auf enormes Interesse, das selbst er so nicht erwartet hat.
Kann der mRNA-Impfstoff gegen COVID-19 unfruchtbar machen? Was passiert im Körper, wenn man die Pille absetzt? Wie verändert ein Kind die Partnerschaft? Solche Fragen beantwortet Dr. Konstantin Wagner aus Kassel auf seinem Yotube-Kanal "Richtig schwanger". Mehr als zwei Millionen Mal wurden seine Videos schon angesehen - offenbar sind leicht verständliche, medizinisch korrekte Informationen in den sozialen Medien sehr gefragt.
"Du nimmst mir die Angst vor der Geburt! Danke!" Mira Mel auf Youtube
Neben Youtube ist der 33-jährige Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe auch auf Instagram, Facebook und seiner Website aktiv und postet dort Texte, Bilder und Videos. Begonnen hat er mit Schwangerschaftsbeiträgen, doch bald kamen Anfragen zu weiteren gynäkologischen Themen. Inzwischen gibt es auch Videos mit Tipps für Medizinstudenten oder Assistenzärzte, als nächstes sind Beiträge über Wechseljahresbeschwerden geplant. Am meisten geklickt werden aktuell Themen wie Schwangerschaft und Geburt während der Coronapandemie.
"Das Video spricht so vielen Eltern aus der Seele! Endlich mal ein Paar, dass offen, ehrlich und sachlich über alles spricht." Stefanie Schulz- Rothe auf Youtube
Ein Konzept hatte Konstantin Wagner anfangs dabei nicht. Aus Spaß fing er 2017 mit den Videos an und stieß dabei auf so große und positive Resonanz, dass sich seine Social-Media-Präsenz immer weiterentwickelte.
"Ich finde es klasse, dass du offen und ehrlich auch Tabuthemen ansprichst!!!"" Annis Blog auf Yotube

Geheimrezept: klare Fakten plus Empathie und Offenheit

Konstantin Wagner versucht in seinen Videos, Themen dort so neutral wie möglich zu besprechen. "Es geht weniger um meine subjektive Meinung, als darum, dass die Leute sich informieren und dabei sicher sein können, verlässliche Antworten zu erhalten", erläutert er.
Eine persönliche Komponente gibt es aber doch: Wagner und seine Frau haben selbst eine kleine Tochter. Entsprechend authentisch können sie darüber sprechen, wie sich das Leben nach einer Geburt verändert: Wie das so ist, plötzlich Eltern zu sein, mit allen guten und schlechten Seiten. Diese Offenheit, gepaart mit sachlichen Informationen, sorgt für viel positives Feedback bei den Usern. Aber ist das Thema vielleicht irgendwann auserzählt? "Es gibt immer noch genug offene Themen, da ist kein Ende in Sicht", so Wagner.
Mehr zu Konstantin Wagner und seinen Social-Media-Profilen gibt es unter: www.​richtigschwanger​.​de

Nachgefragt

Authentisch gegen Fake-News

Im Interview verrät Dr. Konstantin Wagner, wie viel Zeit ihn seine Online-Präsenz kostet, ob er damit Geld verdient und wie die sozialen Medien die Arbeit von Ärztinnen und Ärzten unterstützen können.
Wie kamen Sie darauf, einen Youtube-Kanal zu betreiben?
Dr. Konstantin Wagner:In einem hektischen Nachtdienst musste ich mehrere Frauen betreuen. Ich habe schon immer gerne Dinge erklärt, das war aber unter diesen Umständen nur eingeschränkt möglich. Die Frauen hatten Informationen "ergoogelt", die ihnen Sorge bereiteten. Das war völliger Schwachsinn und ich dachte: Das gibt's doch nicht. Es muss doch eine verlässliche Quelle im Internet geben, die Dinge einfach und trotzdem richtig erklärt. Am nächsten Tag habe ich angefangen, das umzusetzen.
Das ist sicher zeitintensiv, zumal Sie auf mehreren Plattformen aktiv sind.
Wagner:Das ist schon ein wahnsinniger Zeitaufwand. Zum Glück sind Instagram und Facebook gekoppelt, sodass ich einen Beitrag für beide Kanäle verwenden kann. Youtube ist natürlich etwas ganz anderes, für so ein Video braucht man schon mal drei, vier oder fünf Stunden.
Welche Aufgaben fallen konkret an?
Wagner:Man muss sich Inhalte überlegen, dazu recherchieren und die Informationen dann aufbereiten, indem man Texte schreibt, Bildmaterial sucht oder Videos dreht. Dann stellt man die Beiträge online und muss sie auch pflegen. Es werden viele Fragen dazu gestellt, die beantwortet werden wollen. Mit der Reichweite wächst auch die Verantwortung: Man muss wirklich aufpassen, dass man da keine Falschaussagen macht.
Welchen Mehrwert bieten Ihnen die Social-Media-Auftritte?
Wagner:Für mich ist sehr wichtig, ausführlich aufzuklären: über Themen, die Patientinnen vor mir nicht unbedingt ansprechen würden, etwa einen Schwangerschaftskonflikt. So können sie sich das anonym angucken und sind trotzdem gut informiert. Ein weiterer Vorteil ist, dass ich bei komplexeren Themen nicht bei null anfangen muss. Wenn eine Frau über Verhütung aufgeklärt werden möchte, könnte ich darüber drei Stunden sprechen, aber die Zeit in der Praxis ist begrenzt. Ist jemand durch die Videos schon vorinformiert, können wir gleich auf Augenhöhe starten.
Verdienen Sie auch Geld damit?
Wagner:Ja, bei Youtube erhält man pro Klick Centbeträge, da dort Werbung geschaltet wird. Allerdings filtert Youtube Beiträge heraus, in denen Geschlechtsorgane erwähnt werden, da gibt es keine Werbung und kein Geld. Insgesamt verdiene ich damit vielleicht etwa 50 Euro im Monat. Des Geldes wegen mache ich das aber nicht.
Es gelingt Ihnen, einen lockeren, unterhaltsamen und trotzdem professionellen Ton zu treffen. Konnten Sie das von Anfang an oder mussten Sie das lernen?
Wagner:Ich mochte es schon immer, Dinge verständlich zu erklären, ohne den Inhalt zu verzerren. Gegenüber Patientinnen versuche ich, Fachtermini wegzulassen. In den Videos spreche ich deshalb, als würde ich einer guten Freundin gegenübersitzen. Vor der Kamera zu sein, musste ich aber erst lernen. Obwohl ich alleine zu Hause saß, war ich anfangs komplett angespannt.
Sie haben inzwischen mehr als 94.000 Instagram-Follower und 87.000 Youtube-Abonnenten. Sind darunter auch Patientinnen?
Wagner:Ja, es sind auch Patientinnen dabei. Manche kommen erst aufgrund der Videos zu mir, weil sie ein Stück weit Vertrauen gefasst haben. Natürlich finde ich das unheimlich schön, aber es war jetzt nicht der primäre Zweck davon, dass mich Leute von weiter her aufsuchen.
Erleben Sie manchmal überraschende Dinge durch ihre Youtube-Präsenz?
Wagner:Am lustigsten finde ich, wenn Patientinnen zu mir kommen, die meinen, mich zu kennen, weil sie mich ja schon oft online gesehen haben. Manche duzen mich sogar, dann bin ich ein bisschen perplex und muss erstmal schmunzeln. Ich kann mich da nie dran gewöhnen, eine öffentliche Präsenz zu haben, wegen der ich aufgesucht oder auch manchmal auf der Straße erkannt werde.
Welche Rolle werden die sozialen Medien zukünftig in der Medizin spielen?
Wagner:Sie werden nicht mehr wegzudenken sein und wir werden nicht drumherum kommen, dass uns informiertere Patienten gegenübersitzen. Wo früher mit den Augen gerollt wurde, weil sie irgendeinen Blödsinn ergoogelt haben, gibt es mittlerweile auch viele Kanäle und Seiten mit guten Informationen. Wenn Patienten also schon tiefer in der Materie stecken als vermutet, sollte man das als positiv ansehen, da man eben im Gespräch nicht bei null anfangen muss.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Joana Schmidt.
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Metadaten
Titel
Social Media kann Mediziner unterstützen
"Sie sind doch der Youtube-Arzt"
verfasst von
Joana Schmidt
Publikationsdatum
31.05.2021
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
gynäkologie + geburtshilfe / Ausgabe 3/2021
Print ISSN: 1439-3557
Elektronische ISSN: 2196-6435
DOI
https://doi.org/10.1007/s15013-021-4082-5

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