Erschienen in:
20.12.2018 | Begutachtung | Leitthema
Nichtoperative und operative Behandlung der osteoporotischen Wirbelkörperfraktur
Empfehlungen der Sektion Wirbelsäule der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU)
verfasst von:
Prof. Dr. T. R. Blattert, K. J. Schnake, O. Gonschorek, S. Katscher, B. W. Ullrich, E. Gercek, F. Hartmann, S. Mörk, R. Morrison, M. L. Müller, A. Partenheimer, S. Piltz, M. A. Scherer, A. Verheyden, V. Zimmermann, die Sektion Wirbelsäule der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie
Erschienen in:
Die Orthopädie
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Ausgabe 1/2019
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Zusammenfassung
Studiendesign
Prospektive klinische Kohortenstudie (Datensammlung), Expertenmeinung (Erstellung von Empfehlungen)
Einleitung
Behandlungsstrategien für die nicht-operative und operative Therapie osteoporotischer Wirbelkörperfrakturen gehen häufig weit auseinander. Auf Grundlage der existierenden Literatur, dem Wissen von Experten und deren Klassifikation osteoporotischer Wirbelkörperfrakturen (OF-Klassifikation) hat die Sektion Wirbelsäule der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie nun allgemeine Behandlungsempfehlungen herausgegeben.
Material und Methode
Insgesamt wurden 707 klinische Fälle aus 16 Krankenhäusern ausgewertet. Ein auf der OF-Klassifikation basierender Score wurde entwickelt, der die Therapiefestlegung nicht-operativ versus operativ erleichtert. Für jeden Klassifikationstyp werden differenzierte Behandlungsempfehlungen gegeben. Diagnostische Anforderungen werden definiert, um die Reproduzierbarkeit der Empfehlungen zu gewährleisten: Konventionelle Röntgenbilder einschließlich entsprechender Nachuntersuchungen (wann immer möglich in stehender Position), Kernspintomographie und Computertomographie. Die OF-Klassifikation ermöglicht grundsätzlich eine Höherstufung der initial festgelegten Frakturschwere im Fall von Veränderungen im Rahmen der radiologischen Kontrolluntersuchungen. In den Score geht der jeweils aktuelle Klassifikationstyp ein.
Ergebnisse
Ein Score mit weniger als 6 Punkten empfiehlt ein nicht-operatives Vorgehen. Werden mehr als 6 Punkte erzielt, wird ein operatives Therapieregime empfohlen. Oberstes Behandlungsziel ist die schnelle und schmerzfreie Mobilisierung. Aufgrund der in dieser Altersgruppe zu erwartenden Komorbiditäten wird minimalinvasiven Verfahren der Vorzug gegeben. Als allgemeiner Behandlungsgrundsatz gilt, dass Stabilität wichtiger ist als der Erhalt von Bewegungssegmenten. Es ist erforderlich, die physiologische Belastbarkeit der Wirbelsäule wiederherzustellen. Wenn vor dem Frakturereignis eine kompensierte Dysbalance vorlag, genügt die Wiederherstellung des individuellen Ausgangszustandes. Die gewählte Instrumentierungstechnik muss die zu erwartende Minderung der Knochendichte berücksichtigen. Wir empfehlen daher die Verwendung von Zement-Augmentationstechniken oder den Einsatz spezieller Schraubendesigns mit erhöhter Haltekraft. Für besondere Situationen, wie Verletzungen mit neurologischem Defizit, Notwendigkeit einer Fusion, Vorliegen multipler Frakturen, Nachbarsegment- und Anschlussfrakturen sowie Frakturen bei ankylosierender Spondylitis, werden eigene Therapieempfehlungen gegeben.
Schlussfolgerung
Die hier vorgestellten Behandlungsempfehlungen stellen eine verlässliche und reproduzierbare Basis dar, um sich zwischen den verfügbaren Therapiemöglichkeiten zu entscheiden. Unentschiedene klinische Situationen, bei denen keine klare Empfehlung für ein entweder nicht-operatives oder operatives Vorgehen ausgesprochen werden, kommen bei einem OF-Score von 6 jedoch weiterhin vor. Daher können individualisierte Behandlungsentscheidungen nach wie vor notwendig sein. In einem nächsten Schritt werden die vorliegenden Behandlungsempfehlungen im Rahmen einer kontrollierten klinischen Multizenterstudie weiter evaluiert werden.