Erschienen in:
01.09.2013 | Übersichten
Syndromale versus nosologische Diagnostik
verfasst von:
PD Dr. M. Jäger, K. Frasch, T. Becker
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 9/2013
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Zusammenfassung
Vor dem Hintergrund der aktuellen Vorbereitungen für ICD-11 und DSM-5 wird diskutiert, ob syndromale Ansätze die traditionelle nosologische Diagnostik in der Psychiatrie ersetzen sollten. Ein historischer Rückblick zeigt, dass die syndromale Diagnostik als Reaktion auf das Krankheitsmodell Emil Kraepelins entstanden ist. Später gewann der syndromale Ansatz dann vor allem durch die Möglichkeit einer quantitativ-dimensionalen Erfassung und Auswertung psychopathologischer Daten mithilfe der modernen Statistik an Bedeutung. Es ist bisher nicht gelungen, durch multivariate statistische Analysen die traditionellen nosologischen Kategorien auf psychopathologische Syndrome zurückzuführen. Die syndromale Diagnostik ermöglicht eine differenzierte Abbildung des psychopathologischen Querschnittsbefundes. Sie ist jedoch mit der Gefahr verbunden, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Syndrome aufgelistet wird, ohne nach einer sinnvollen Ordnung zu suchen und Verlaufsaspekte ausreichend zu beachten. So sollte der syndromale Ansatz durch eine nosologische Ordnung ergänzt werden, die sich aufgrund des Fehlens konsistenter neurobiologischer Befunde vor allem auf den psychopathologischen Verlauf stützt.