Erschienen in:
01.06.2013 | Originalien
„Medizinische Intervention gegen Gewalt an Frauen“
Ergebnisse eines Modellprojekts
verfasst von:
H. Graß, L. Berendes, E. Mützel, R. Preuss, Prof. Dr. S. Ritz-Timme
Erschienen in:
Rechtsmedizin
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Ausgabe 3/2013
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Zusammenfassung
Häusliche Gewalt ist als ein relevantes Gesundheitsrisiko seit vielen Jahren bekannt. Akute und chronische Erkrankungen zeigen sich oft in Kombination mit Gewalterfahrungen. Den Akteuren im Gesundheitsweisen kommt bei der Behandlung der Gewaltopfer und der Prävention der Gewaltfolgen eine wesentliche Rolle zu. Dennoch gibt es vielfältige Barrieren, u. a. auch eine große Unsicherheit niedergelassener Ärzte bei der Versorgung von Gewaltopfern. Auf der Grundlage eigener Erfahrungen und einer Literaturanalyse wurden im vorgestellten Modellprojekt – gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) – ausgewählten Modellarztpraxen folgende Angebote gemacht: 1) Schulung und Sensibilisierung zu Themenfeldern im Kontext Gewalt, 2) Erarbeitung der ärztlichen Handlungsmöglichkeiten und deren Grenzen, 3) Aufbau einer Vernetzung der Arztpraxen mit den regionalen Hilfestrukturen. Als ein wesentliches Ergebnis zeigte sich zum Ende der Modellphase eine deutlich höhere Erkennungsrate von Gewaltopfern als zu Beginn (Anstieg der erkannten Fälle von 1 bis 5 Opfer auf 16 bis 102 Opfer/Quartal und Praxis). Als wertvollste Hilfen wurden von den Ärzten die Zusammenarbeit im lokalen Netzwerk und die professionelle rechtsmedizinische Begleitung zum „Lernen am Fall“ benannt. Das Projekt hat gezeigt, dass unter Beachtung der Bedürfnisse der Ärzte ein kompaktes Schulungs- und zentriertes Unterstützungsprogramm unter Vernetzung mit den lokalen Hilfeinstitutionen möglich ist. Hierdurch kann wesentlich zur Verbesserung der Gewaltopferversorgung in der ärztlichen Praxis beigetragen werden. Wenn dies politischer Wille ist, müssten die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden – auch für die Arztpraxen selbst.