Erschienen in:
08.11.2019 | Schilddrüsenkarzinome | Hauptreferate: Hauptprogramm der DGP
Individualisierung des chirurgischen Vorgehens als Antwort auf Überdiagnostik und Übertherapie bei differenzierten Schilddrüsenkarzinomen
verfasst von:
Dr. J. I. Staubitz, Prof. Dr. T. J. Musholt
Erschienen in:
Die Pathologie
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Sonderheft 3/2019
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die Weiterentwicklung der diagnostischen Detektionsmethoden bedingt die frühzeitige Entdeckung von Schilddrüsenknoten mit zum Teil nur fraglich malignem Potenzial. Hieraus kann eine Übertherapie von Schilddrüsenneoplasien resultieren, welche eigentlich eine günstige Prognose aufweisen.
Fragestellung
Um eine chirurgische Übertherapie zu verhindern, ist ein individualisiertes, risikoadaptiertes Vorgehen erforderlich. Dieses sollte die jeweilige Tumorbiologie der zugrunde liegenden Entität berücksichtigen.
Material und Methode
Die aktuellen Leitlinien der führenden Fachgesellschaften American Thyroid Association (ATA) und der Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft Endokrinologie (CAEK) werden kritisch diskutiert bezüglich der Fragestellung, inwieweit bei unterschiedlichen Schilddrüsenneoplasien – nach der aktualisierten WHO Klassifikation 2017 – ein risikoadaptiertes und gegebenenfalls konservativeres Management ermöglicht werden kann.
Ergebnisse
Die CAEK empfiehlt bei Schilddrüsenkarzinomen die Thyreoidektomie als Regeleingriff, von dem lediglich bei papillären Mikrokarzinomen sowie minimalinvasiven follikulären Schilddrüsenkarzinomen ohne Angioinvasion Abstand genommen werden kann. Hier wird die Hemithyreoidektomie als Alternative eingeräumt. Entsprechend der Empfehlung der ATA ist bei papillären Mikrokarzinomen ein konservatives Vorgehen im Sinne einer „Active Surveillance“ möglich. Differenzierte Schilddrüsenkarzinome können entsprechend der Empfehlung der ATA bei einer Größe von <4 cm durch eine Hemithyreoidektomie therapiert werden, sollte keine der zusätzlich definierten Risikofaktoren vorliegen.
Schlussfolgerungen
Die pathologische prä- oder intraoperative Diagnose ist von höchster Wichtigkeit, um eine risikoadaptierte Operation bei Schilddrüsenmalignomen zu ermöglichen. Angepasst an die zugrunde liegende Entität kann nach Empfehlung der aktuellen Leitlinien (ATA, CAEK) ggf. eine parenchymsparende Tumorresektion erfolgen oder nach Leitlinien der ATA sogar eine konservative Active Surveillance erwogen werden.