Erschienen in:
01.09.2004 | Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
Die tiefenpsychologisch fundierte Methodik in der Praxis
Die Spezifizierung des psychodynamischen Ansatzes in der Richtlinienpsychotherapie
verfasst von:
Prof. Dr. med. Michael Ermann
Erschienen in:
Forum der Psychoanalyse
|
Ausgabe 3/2004
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (tfPT) ist wissenschaftsgeschichtlich ein von der Psychoanalyse abgeleitetes Verfahren, das seit ihrer Einführung 1967 eine praxeologische Eigenständigkeit entwickelt hat. Dieser Beitrag beschreibt die methodischen Grundlagen und die Anwendung im Rahmen der Richtlinienpsychotherapie in Deutschland. Dabei wird ein Standardverfahren für neurotische Konfliktstörungen von der modifizierten tfPT für die Behandlung von Entwicklungsstörungen und posttraumatischen Störungen unterschieden. Die Methode wird durch mehrere Bestimmungsstücke gekennzeichnet: Die aktuellen psychosozialen Probleme werden als reaktualisierte Konflikte oder Folgen struktureller Defizite in ihrer aktualgenetischen unbewussten Dimension bearbeitet. Dabei haben Aufdeckung und Bearbeitung von Außenübertragungen besondere Bedeutung. Die therapeutische Regression wird begrenzt durch die Gestaltung des Rahmens, Fokussierung auf die psychosoziale Realität und Beschränkung der Übertragung. Spezifisch psychodynamische Interventionsformen, insbesondere Deutungen, können mit strukturfördernden oder eklektischen Techniken verbunden werden. Die Orientierung an der unbewussten Dimension des Krankheitsgeschehens ist dabei der zentrale Bezugspunkt der Gesamtstrategie.
Diese Standortbestimmung ermöglicht eine deutliche Abgrenzung gegenüber der analytischen Psychotherapie. Der wesentliche Unterschied ist die Fokussierung auf reaktualisierte Teilbereiche der Psychodynamik und die Dezentrierung der Übertragung.
Die spezifische Methodik erfordert eine besondere Ausbildung, deren Kernstück in jedem Falle eine tiefenpsychologisch fundierte Selbsterfahrung bei einem dafür ausgebildeten Therapeuten sein sollte.