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Erschienen in: Forum der Psychoanalyse 2/2013

01.06.2013 | Originalarbeit

Die vakante Sitzung in Psychoanalyse und Supervision

verfasst von: Dr. phil. Marie-Luise Althoff

Erschienen in: Forum der Psychoanalyse | Ausgabe 2/2013

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Zusammenfassung

In der Psychoanalyse und auch in der Supervision wird der Umgang des Psychoanalytikers und Supervisors mit der Frage der vakanten Sitzung und eines möglichen Bereitstellungshonorars in Wort und Tat offenkundig. In der Analyse tauschen sich Analytiker und Analysand aus. In der Supervision läuft die Auseinandersetzung auf zwei Ebenen: Supervisand und Supervisor sprechen über die Therapieprozesse, die zwischen Supervisand und Patient ablaufen, u. a. auch über den Umgang mit vakanten Sitzungen und das Bereitstellungshonorar. Darüber hinaus gibt es einen realen und unmittelbaren Austausch über die Frage vakanter Sitzungen in der supervisorischen Beziehung.
Oftmals bestimmen die eigenen bewussten Vorstellungen des Analytikers, Supervisors und Supervisanden über Unzumutbarkeiten und zu große Härten, welche vermeintlichen Ausnahmen und Kulanzabsprachen sie Supervisanden und Analysanden meinen, einräumen zu müssen, ohne dass diese dabei dann schon „zu Wort gekommen“ sind. In diesem Aufsatz wird dargestellt, wie das (unbewusste) „Zu-Wort-Kommen“ von Analysanden in Behandlung und von Supervisanden in Supervision initiiert werden kann und wie sich dadurch ein tiefergehendes Verständnis der Gefühls- und Konfliktlage des Analysanden und des Supervisanden sowie der Übertragungs- und Gegenübertragungsdynamik in der Analyse und der Supervision ergeben kann. Nicht die Suche nach einer allgemeingültigen idealen Vakanzregel steht dabei im Vordergrund, sondern die Analyse der in der jeweiligen Beziehung auftauchenden Themen, Überzeugungen und Konflikte mittels der kontextbezogenen Methode, die individuelle Einsichten und passende Wege bezüglich des Umgangs mit vakanten Sitzungen und dem Bereitstellungshonorar eröffnen kann.
Fußnoten
1
Auf die Problematik, dass das Einkommen von Therapeuten von ihnen selbst und von Patienten oft falsch eingeschätzt wird und eine übersteigerte Fantasie vom reichen, geldgierigen Therapeuten entsteht, wird hier nicht eingegangen. Hilgers (2010, S. 515) weist auf die in Veränderung begriffenen „Sozialisations-, Lebens- und Arbeitsbedingungen sowohl von Patienten als auch von Psychotherapeuten unter dem Einfluss von Turbokapitalismus und globalen Krisen“ hin.
 
2
Stern et al. (2012, S 118) schreiben dazu: „Besonders relevant für die Untersuchung der Veränderungsprozesse in psychodynamischen Therapien sind die Konzepte der emergenten Eigenschaften und der Attraktorzustände … Ein Attraktorzustand ist ein stabiles Muster, das man sich als den Ort vorstellen kann, an dem das System ‚gerne‘ wäre, aber nicht unbedingt sein muss“.
 
3
Diese Erwartung bleibt unausgesprochen, weil ich mein Gegenüber nicht mit meinen Erwartungen überfordern möchte, so wie ich zum Beispiel auch nicht zu Beginn sage „Ich vermute, dass Sie mindestens 400 Sitzungen brauchen.“ Meine Erwartungen und Vermutungen entsprechen meinen bisherigen Erfahrungen und Vorstellungen und sagen erst einmal nichts über den Einzelfall aus bzw. können mir keine Sicherheit darüber geben, ob meine Erwartungen auch für diesen besonderen Fall, der ja eine Ausnahme sein könnte, zutreffen.
 
4
Damit wird die These vertreten, dass das Auftauchen von neuem und bisher unterdrücktem Material nicht per se eine Form der Validierung ist (Langs 2004, S. 160).
 
Literatur
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Metadaten
Titel
Die vakante Sitzung in Psychoanalyse und Supervision
verfasst von
Dr. phil. Marie-Luise Althoff
Publikationsdatum
01.06.2013
Verlag
Springer-Verlag
Erschienen in
Forum der Psychoanalyse / Ausgabe 2/2013
Print ISSN: 0178-7667
Elektronische ISSN: 1437-0751
DOI
https://doi.org/10.1007/s00451-013-0136-1

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