Erschienen in:
01.11.2021 | Tagungsbericht
Midterm-Symposium der BMBF-Forschungsgruppe SALUS: „Zwang im Voraus planen? Risiken und Chancen von Odysseus-Verfügungen in der Psychiatrie“
Digitales Symposium, 29.–30. September 2021
verfasst von:
Lena Stange, M.Sc.
Erschienen in:
Ethik in der Medizin
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Ausgabe 4/2021
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Auszug
Der Respekt vor der Autonomie von Patient:innen stellt einen fundamentalen Grundsatz der modernen Gesundheitsversorgung dar. Dabei wird Autonomie auf moralisch-rechtlicher Ebene als Anrecht und auf personeller Ebene als psychische Fähigkeit der Selbstbestimmung verstanden. Mit dem Verfassen einer Patientenverfügung können volljährige Bürger:innen in Deutschland von ihrem Recht auf Selbstbestimmung Gebrauch machen, für den Fall, dass eine Einwilligungsunfähigkeit eintritt, sie also in ihrer Selbstbestimmungsfähigkeit maßgeblich eingeschränkt sind. Patientenverfügungen sind fakultativ und können zu jeder Zeit schriftlich oder mündlich widerrufen werden. Im psychiatrischen Kontext kann es in Bezug auf Patientenautonomie zu einer besonderen Situation kommen: Droht bei krankheitsbedingter Einschränkung der Selbstbestimmungsfähigkeit eine Selbst- oder Fremdgefährdung, kann durch Interventionen, z. B. Zwangsmaßnahmen, die medizinische Fürsorgepflicht mit dem Recht auf Patientenautonomie kollidieren. Mit sogenannten Odysseus-Verfügungen liegt ein Konzept vor, das eine besondere Form der Patientenverfügung darstellt, in der Menschen mit psychischen Störungen festlegen können, dass sie in einem Zustand der Einwilligungsunfähigkeit während einer psychischen Krise auch gegen ihren Willen in ein psychiatrisches Krankenhaus gebracht und/oder psychiatrisch behandelt werden wollen. In der medizinethischen Debatte werden zahlreiche Potenziale und Risiken von Odysseus-Verfügungen diskutiert. …