Erschienen in:
02.01.2020 | Dystonie | Der interessante Fall
Schwindende Sinne – progrediente Ataxie, Taubheit und Blindheit bei einer 42-jährigen Patientin
verfasst von:
M. Borsche, H. Baumann, Prof. Dr. C. Klein, Prof. Dr. T. F. Münte, Prof. Dr. N. Brüggemann
Erschienen in:
DGNeurologie
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Ausgabe 1/2020
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Auszug
Bei gravierender Schwerhörigkeit und ausgeprägter Visusminderung war die Erhebung der Eigenanamnese bei der 42-jährigen Patientin zum Vorstellungszeitpunkt nahezu unmöglich. Fremdanamnestisch konnte aber berichtet werden, dass sich Schwangerschaft, Geburt und Kindheit regelgerecht dargestellt hätten. Im Alter von 10 Jahren sei fraglich eine „Hirnhautentzündung“ aufgetreten, welche damals durch den Vater der Patientin, der selbst Kinderarzt gewesen sei, möglicherweise inadäquat behandelt worden sei. In der Folge sei zunächst eine Verschlechterung des Sehens aufgetreten, insbesondere habe die Patientin schon früh Objekte nur noch eingeschränkt fixieren können. Im Verlauf seien eine langsam progrediente Gangstörung und eine fortschreitende Hörminderung aufgetreten und zu der Fixationsstörung sei eine gravierende Visusminderung hinzugekommen. Zuletzt habe die Patientin beim Lesen mit einem Vergrößerungsglas ein unangenehmes „Zittern der Bilder vor den Augen“ verspürt. Trotz der beschriebenen Beeinträchtigungen habe die Patientin ein Studium aufnehmen und mit einem Magisterabschluss beenden können. Die Kognition sei auch in der Folge zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt gewesen. Dies wurde im Anschluss an die Vorstellung dahingehend bestätigt, dass mit der Patientin eine sehr differenzierte Kommunikation per E‑Mail möglich war. Eine im Vorfeld durchgeführte cranielle Magnetresonanztomographie (cMRT) habe keine gravierenden Auffälligkeiten gezeigt. Die Patientin war aufgrund der zunehmenden Einschränkungen inzwischen berentet worden. Bei unklarer Diagnose war zum Vorstellungszeitpunkt seit mehreren Jahren ein Sozialgerichtsprozess bezüglich der Einstufung der Sehminderung anhängig. Für Bewegungsstörungen oder sonstige neurologische Erkrankungen sei die Familienanamnese leer. …